Gustav Mahler in seinem Brief an Richard Batka, 18. November 1896 - wer kann helfen?

  • Ich brauche dringend den Originalwortlaut auf deutsch von Gustav Mahler an Richard Batka. Im Englischen heißt es, seine Musik wäre "a narrative totality" und weiter heißt es "to remove the episode from the larger process is to risk misunderstanding".
    Kann mir jemand mit dem Originalzitat helfen und sagen, in welchem sekundärliterarischen Werk dieses zu finden ist? Vielen Dank!

  • Ich brauche dringend den Originalwortlaut auf deutsch von Gustav Mahler an Richard Batka. Im Englischen heißt es, seine Musik wäre "a narrative totality" und weiter heißt es "to remove the episode from the larger process is to risk misunderstanding".
    Kann mir jemand mit dem Originalzitat helfen und sagen, in welchem sekundärliterarischen Werk dieses zu finden ist? Vielen Dank!

    Hast Du mal in die Ausgabe der Mahler-Briefe geschaut? Ich habe sie leider nur auszugsweise. In einer guten Universitätsbibliothek oder Musikbücherei müsste das zu finden sein.


    Hier gibt es einen Artikel:


    http://www.gustav-mahler.eu/in…6:batka-richard-1868-1922


    :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Google findet die Briefe in der deutschen digitalen Bibliothek, zeigt das Dokument aber nicht mehr an. Ebenso findet Google einen Aufsatz bei JSTOR, der die Briefe anscheinend zitiert.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Der Text lautet:


    Hamburg, Hohe Luft, Bismarckstr. 86, 18.11.96


    Hochgeehrter Herr!


    Sehr gerne stelle ich Ihnen das gewünschte Material zur Verfügung!_um so mehr, als ich seit längerer Zeitschon den Wunsch hege, eine Verbindung mit Ihrer Zeitschrift, die ich bereits mit großem Interesse und Genugtuung auf ihrem kurzen Wege verfolge, herzustellen.


    Wenn Sie einen ausführlichen Bericht über mich wünschen, der von berufener und unterrichteter Seite kommen soll,so würde ich Ihnen die Feder des Herrn Max Marschalk in Berlin, Steinmetzstr. 20, I, empfehlen, der mit meinen Werken und Absichten von allen am meisten vertraut ist. Doch bin ich weit entfernt, Ihnen hierin vorzugreifen.


    Ich bin 1860 in Böhmen geboren, habe den größten Teil meiner reiferen Jugend in Wien verlebt. Seit meinem 20. Lebensjahr gehöre ich meiner äußeren Tätigkeit nach, dem Theater an. Ein Jahr hindurch (85-86) war ich auch als Kapellmeister in Prag tätig, wie Sie sich vielleicht noch erinnern werden. Als schaffender Künstler trat ich zum ersten Male mit der Ausarbeitung und Vollendung der "drei Pintos" von Weber vor die Öffentlichkeit; ein Werk, das seinerzeit auch in Prag unter meiner Leitung in Szene ging.
    Komponiert habe ich seit meiner frühesten Jugend alles, was man nur komponieren kann. - Als meine Hauptwerke bezeichne ich meine drei großen Symphonien, von denen die beiden ersten schon zu verschiedenen Malen, die letzte (III.) nur mit einem Bruchstück - eben dieses "in Schwung gekommen" (Blumenstück) - zu Gehör gekommen ist. - Letzteres wird nun von den Dirigenten der meisten Konzertinstitute verlangt, was ich wohl den guten "Kritiken" zu verdanken habe, mit denen ich bis allhier nicht allzu sehr verwöhnt war. Daß dieses kleine Stück (mehr ein Intermezzo des Ganzen) aus dem Zusammenhange des großen Werkes, meines bedeutend,sten und umfangreichsten, gerissen, Mißverständnisse erwecken muß, kann mich nicht daran verhindern, es einzeln frei zu geben. Es bleibt mir eben keine Wahl, wenn ich endlich einmal zu Worte kommen will, so darf ich nicht zimperlich sein und so wird man wohl in dieser Saison dieses kleine bescheidene Stück noch oft "am Fußgestelle des Pompeius bluten" und mich dem Publikum als "sinnigen", duftigen "Sänger der Natur" vorstellen.
    -Daß diese Natur alles in sich birgt, was an Schauerlichem, Großen und auch Lieblichem ist (eben das wollte ich in dem ganzen Werk in einer Art evolutionistischer Entwicklung zum Aussprechen bringen), davon erfährt natürlich niemand etwas. Mich berührt es ja immer seltsam, daß die meisten, wenn sie von "Natur" sprechen, nur immer an Blumen, Vöglein, Waldesduft etc. denken. Den Gott Dionysos, des großen Pan kennt niemand. So: das haben Sie schon eine Art Programm- d.h. eine Probe, wie ich Musik mache. Sie ist immer und überall nur Naturlaut! Dies scheint mir das zu sein, was Bülow zu mir einst mit dem sinnvollen Worte "Symphonisches Problem" bezeichnet hatte. Eine andere Art von Programm erkenn ich, wenigstens für meine Werke, nicht an. Habe ich denselben ab und zu Titel vorgesetzt, so wollte ich für die Empfindung eineige Wegweiser aufstecken, wo sich dieselbe in Vorstellung umsetzen soll. Ist das Wort hierzu nötig, so ist die menschliche artikulierte Stimme da, welche dann die kühnsten Absichten verwirklichen kann - eben durch die Verbindung mit dem aufhellenden Wort! Aber nun ist es die Welt, die Natur als Ganzes, welche sozusagen aus unergründlichen Schweigen zum Tönen und Klingen erweckt ist.

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Text zweiter TeiL:


    Mehr jemand zu sagen, der meine Werke nicht selbst kennt, dürfte nur die Dunkelheit vermehren, als welche ohnehin vielleicht diese meine Auffassung der modernen Musik erscheinen wird. Ich überlasse es Ihnen, für diesen Sinn den geeigneten Ausdruck zu finden. Wollen Sie sich aber hierfür meiner Worte bedienen, so sei es Ihnen unbenommen. Jedenfalls danke ich Ihnen herzlichst für Ihr gütiges Interesse und bin


    Ihr hochachtungsvoll ergebenster


    Gustav Mahler



    Quelle:
    Gustav Mahler Briefe,herausgegeben von Herta Blaukopf, Zsolnay-Verlag ISBN 3-552-04810-3




    Viele Grüße


    Joachim

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

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