Grand Opéra in Straßburg: "La Juive" von Fromental Halévy

  • Für die aktuelle Neuproduktion einer in deutschen Landen selten zu hörenden , in Frankreich aber als Aushängeschild in Ehren gehaltenen Grand Opéra ließ sich die Leitung der Opéra du Rhin etwas Besonderes einfallen: Als Regisseur holte man den noch immer als enfant terrible gehandelten Peter Konwitschny.
    Doch damit ist noch nicht mal die halbe Miete beglichen; denn das sperrige Stück ist nicht zu stemmen ohne eine ganze Handvoll sehr guter, ja virtuoser Sänger, die den französischen Gesangsstil beherrschen.


    Als Dirigenten hatte man Jacques Lacombe engagiert. Und der erwies sich als erste Wahl für den gewaltigen Fünfakter. Er sorgte dafür, dass dieser dicke Brocken, eine Art gesungener französischer "Nathan", die mehr als dreistündige Aufführung pannenfrei das Finale erreichte. Und das war nicht selbstverständlich:
    Im Programmheft lag das gefürchtete eingelegte Blatt, das verkündete, der Sänger der männlichen Hauptrolle, Roberto Sacca, sei plötzlich erkrankt. Aber es sei gelungen, einen Ersatz zu finden: den Amerikaner Roy Cornelius Smith. Und der erwies sich als nicht nur vollwertig, er wurde zunehmend zum Star des Abends. Dabei hatte er in allen vier Partnern in den übrigen Hauptrollen echte Gesangskünstler um sich: Die beiden Soprane Rachel Harnisch als Rachel (!) und ihr Gegenpart Ana-Camelia Stefanescu als Eudoxie lieferten sich Duett-Duelle von großer Brillanz mit unentschiedenem Ausgang.


    Der Bass Jérome Varnier muss die Aufnahmen von Siepi gut studiert haben, denn der Hüne verströmte die Kantilenen des Kardinal Brogni mit Kraft und edlem Legato, aber auch voll suggestivem Ausdruck. Die beiden Tenöre hatten also an hohem Standard maßzunehmen. Und sie sießen sich nicht lumpen: Robert McPherson als schien einem Rossinischen Tell entsprungen, so glänzte sein geschmeidiger Tenore di grazia bis in höchste Lagen.
    Den Gipfel der Gesangskunst aber lieferte, wie gesagt, der Einspringer. Wie sein Steckbrief schon ankündigte, verfügte er über einen Spinto von enormen Reserven, die er ohne erkennbare Mühe abrufen kann, und war als tragische Nathan-Figur überaus glaubwürdig.


    Bevor ich zur Regie komme, muss ich leider eine Verschnaufpause einlegen, in der sich gern auch fragen ansammeln dürfen. Bis gleich! Sixtus

  • Lieber Sixtus,


    Roy Cornelius Smith ist Ensemblemitglied am Nationaltheater Mannheim. Dort hat er auch den Eleazar gesungen. Außerdem das ganze Spektrum schwerer Partien von Rhadames bis Otello, Calaf bis Dyonisos. Ich habe ihn als Dionysos in den Bassariden und in dem berühmten Mannheimer Ring ( Dirigent: Dan Ettinger; Regie: Achim Freyer) als Siegmund gehört und war durchaus angetan von der Stimme und der dramatischen Gesatltungskraft!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Vom Mittagsschlaf erfrischt, weiter im Text:
    Danke, lieber Caruso, für deine Ergänzungen, die auch der Steckbrief bestätigt. Ich habe mit den Ohren geschlackert, was dieser Mann an Stimme und Gesangskunst zu bieten hatte. Dabei klingt er völlig unverbraucht und frisch. Das verspricht einen echten Heldentenor für die nächste Zeit.


    Nun zum Stück und zur Regie: Ich gestehe, dass ich diese Oper noch nie auf der Bühne erlebt habe. Und ich hatte drei Akte lang einige Mühe, die nach meinem Eindruck etwas indifferente Musik der sperrigen Handlung zuzuordnen. Teilweise schöne Einzelnummern, die sich für mich (noch) nicht zu einer geschlossenen Dramaturgie fügten. Und Konwitschny ließ zunächst auf sich warten, mir dabei zu helfen. Dann aber ging es Schlag auf Schlag. Er hatte einen Steg von der Bühne zum Parkett bauen lassen, über den plötzlich die christlichen Fundamentalisten im Eil-Gänsemarsch mit ihren uniformierten blauen Handschuhen nach vorne stürmten und die vorsorglich frei gehaltenen Plätze besetzten. (Das war wohl eine futuristische Vision, was uns alles von Fanatikern bevorsteht.)
    Dieser Steg erwies sich dann noch zweimal als nützlich: Zuerst marschierte Rachel nach vorn, um ihren Duettpart über das Orchester hinweg zur Bühne zu senden, später bemühte sich Eleazar zum Mittelgang, um seine große Arie publikumswirksam in die Runde zu platzieren. (Eigentlich wäre die Bühne für all diese Demonstrationen groß genug, aber ganz ohne Event geht es eben nicht mehr.


    Im Übrigen verzichtete der Regisseur auf gravierende Eingriffe ins Werk - und beschränkte sich vor allem auf die Demonstration, dass er sein Handwerk versteht (was ich ihm auch gern bescheinige). Die Personenführung war glaubwürdig, die beiden letzten Akte auch ohne Mätzchen überzeugend. Am Schluss freudlicher, für die Protagonisten begeisterter Applaus.


    Dass diese Oper so selten gespielt wird, liegt offensichtlich an ihrem unübersichtlichen Patchwork-Charakter (Wagner: "Wirkung ohne Ursache") - und an den 5 extrem schweren Hauptpartien, die von den meisten Häusern schwer zu besetzten sind. Und mit dem Ende des Februars ist alles schon wieder vorbei!


    Wie sagt man in Wien: A Hetz wars scho! Und es wachsen mehr gute Sänger nach, als man meinen sollte - meint jedenfalls Sixtus

  • Ich habe diese Produktion im letzten Jahr in Mannheim gesehen, dort sang ebenfalls Smith, welcher in Strasbourg eingesprungen ist.


    Den Kommentaren zur Regie kann ich weitestgehend zustimmen. Mich störte lediglich, dass regelmäßig aus dem Publikum gesungen wurde, bzw. der Chor und einzelne Sänger in die Reihen des Publikums gingen. Generell war die Personenführung sehr glaubwürdig und durchdacht, wobei Provokationen vermieden wurden.


    Konwitschny meinte in der Einführung in Mannheim damals, dass die Oper erst erträglich wurde, als er sie stark einkürzte.
    Ich tue mich mit Grand opéra ebenfalls schwer (ob La Juive oder eine der Meyerbeer Opern, wirklich überzeugt hat mich musikalisch noch keine).

  • und in dem berühmten Mannheimer Ring ( Dirigent: Dan Ettinger; Regie: Achim Freyer) als Siegmund gehört

    Angeblich, so hat mir hjemand erzählt, habe Smith in Mannheim den kompletten Siegmund gar nicht gesungen, sondern höchsten im "Ring an einem Abend" die entsprechenden Ausschnitte. Daher meine Frage: Bist du dir wirklich sicher, den Sänger in Mannheim mit dem kompletten Siegmund erlebt zu haben?



    (ob La Juive oder eine der Meyerbeer Opern, wirklich überzeugt hat mich musikalisch noch keine).

    Hast du die "Hugenotten" diese Spielzeit in Berlin erlebt?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber JumpUp,
    es freut mich, dass ich nicht nur dir, sondern sogar Konwitschny zustimmen kann (was mir normalerweise schwerfällt):


    Die Grand Opéra ist, wie ich glaube, als Gattung ziemlich mausetot, weil dieses Ausmaß an Müßiggang, das nötig ist, um so ausufernde "tableaux vivants" zu überstehen - und gar zu genießen, heute kaum noch anzutreffen ist. Und wenn, dann geht man zu dessen Befriedigung kaum in die Oper.
    Striche tragen zwar kaum zur Klärung bei, aber wenigstens zum leichteren Überstehen von 4 bis 5 Stunden, die (anders als bei Wagner) keine dramatische Spannung aufbauen, sondern vor allem ein vielfältiges Panorama ausbreiten - nach dem Motto: Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.


    Den gegenwärtigen aufwendigen Berliner Meyerbeer-Zyklus halte ich für eine zwar ehrenwerte, aber wenig folgenreiche Anstrengung, die kaum Nachfolger finden dürfte. Der Bedarf an sehr guten Sängern ist einfach zu enorm.
    Immerhin trägt der Aufwand zur größeren Popularität des wunderbaren Liebesduetts im 4.Akt der Hugenotten bei - meint Sixtus

  • Bei mir ist es anders herum. Ich finde die vielen Kürzungen unerträglich. Was bringt eis dem Opernbesucher 9 , wenn Reinzi oder Hoffmanns Erzählungen auf die Hälfte der eigentlichen Spielzeit gekürzt werden.

  • Bei mir ist es anders herum. Ich finde die vielen Kürzungen unerträglich. Was bringt eis dem Opernbesucher 9 , wenn Reinzi oder Hoffmanns Erzählungen auf die Hälfte der eigentlichen Spielzeit gekürzt werden.

    Eine ganze Menge! Er hat die Chance, das Stück kennen zu lernen, ohne von der schieren Quantität beim ersten Kennenlernen erschlagen zu werden. Kürzungen waren jahrhundertelang pure Selbstverständlichkeit, und die bestand bis vor wenigen Jahren. Natürlich muss man behutsam und verantwortungsvoll kürzen, aber warum sinnvolle Kürzungen "unerträglich" sein sollen, erschließt sich mir überhauüt nicht. Die meisten Komponisten sahen das ähnlich und haben ihre Werke häufig genug selbst gekürzt...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich glaube, lieber Rodolfo,
    man muss da differenzieren, wo ein Strich (der immer bedenklich ist), ein Werk verfälscht - oder über eine Schwäche (eine Länge) des Werks hinweghilft.


    Wie heißt es im Ariadne-Vorspiel: "Die Oper enthält Längen, gefährliche Längen. Man lässt sie weg!"


    Besonders heikel ist es mit Strichen bei durchkomponierten Stücken (etwa Wagner oder Strauss). Bei der Grand Opéra halte ich es für unerlässlich, manche Teile zu streichen, die nicht unbedingt zum Verständnis nötig sind. Und zwar dann, wenn sie als Einzelteile nicht ins Ganze integriert sind, sondern eher als Farbtupfer oder als Ornamente gedacht sind.

  • Bei mir ist es anders herum. Ich finde die vielen Kürzungen unerträglich. Was bringt eis dem Opernbesucher 9 , wenn Reinzi oder Hoffmanns Erzählungen auf die Hälfte der eigentlichen Spielzeit gekürzt werden.


    Das sehe ich ganz genauso, ich hasse Kürzungen. Ich möchte das Werk so sehen, wie es der Komponist komponiert hat und nicht wie irgendein Dritter meint, dass es am besten verdaulich ist. Wenn der Komponist selber Kürzungen vorgenommen hat, dann muss man im Einzelfall sehen, was der Hintergrund ist. Folgte er damit äußeren Vorgaben, weil er es z.B. sonst nicht hätte aufführen können, oder hat er gekürzt, weil er selber der Meinung war, das Werk sei zu lang? Das macht für mich einen großen Unterschied.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Das sehe ich ganz genauso, ich hasse Kürzungen. Ich möchte das Werk so sehen, wie es der Komponist komponiert hat und nicht wie irgendein Dritter meint, dass es am besten verdaulich ist..



    Das geht mir ganz genauso. Allerdings auch bezogen auf die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme. Da möchte ich auch nicht, dass irgendjemand mir das so präsentiert wie er es für am besten verdaulich hält.

  • Gegen sinnvolle Kürzungen habe ich ja auch nichts. Was mich stört, wenn Arien gestrichen werden , oder ich habe auf DVD eine Aufnahme von Hoffmanns Erzählungen aus Wien, da beträgt die Spielzeit knapp über 2 Stunden.

  • Vielleicht ist es ein wenig Off-Topic, aber heutzutage haben Kürzungen im Opernbetrieb schon ihre Berechtigung.
    Insbesondere muss man sich vor Augen führen, warum man vor einigen Jahrhunderten (Bsp. Barock) lange Opern mit Arien und Rezitativen in großer Menge komponierte.
    Sicherlich nicht, um sie Gesamthaft hintereinander und in voller Konzentration für das Publikum aufzuführen. Barockopern wurden in der Vergangenheit nebenbei gehört, während sich das Publikum mit anderen Tätigkeiten beschäftigte.


    Insofern ist es im Opernbetrieb schon richtig, dass die jeweilige Oper für das verfügbare Ensemble und den ansprüchen des Publikums eingerichtet wird und eben an einigen Stellen gekürzt wird. Dies mag bei Händel und Meyerbeer besser funktionieren, als es bei Wagner oder Strauss möglich ist. Gut, Elektra und Frau ohne Schatten werden heute auch gekürzt gespielt. Dass liegt eher an der Strapazierung der Sänger und nicht, weil die Musik schwachstellen hat.


    Gerade bei Grand Oper (wie gesagt, bin kein Experte) bin ich der Meinung, dass vieles gekürzt werden kann, so dass die elementaren Aussagen des Werks übrigbleiben und die wichtigsten musikalischen Passagen behalten bleiben.
    Insbesondere die Ballette haben keine notwendige Berechtigung in den Opern und wurden auf Druck des Publikums, weniger aus Drang des Komponisten, eingefügt.


    Nichtsdestotrotz gibt es zahlreiche Beispiele, die Belegen, dass Kürzungen auch nach hinten losgehen können, gerade weil an der falschen Stelle gekürzt worden ist. Gelegentlich kürzt man auch die falschen Stellen, so dass nur noch ein Fragment übrigbleibt, welches in sich nicht sonderlich Sinnhaft bleibt. Bestes Beispiel für falsche Kürzungen war 2015 die Alcina in Wiesbaden!
    Nun gab es neulich eine Produktion der Oper "Ezio" von Gluck in der Oper Frankfurt. So schön die Musik auch sein mag, hier wurde viel zu wenig gekürzt, so dass die Vorstellung inklusive Pause bei fast vier Stunden lag. Das ist nur für eingefleischte Barockfans auszuhalten und hat mir leider die Oper (mit wirklich schönen musikalischen Elementen) verdorben.


    Bei der Konwtischny "Jüdin" in Mannheim hatte ich das Gefühl, dass gerade richtig gekürzt wurde und Konwitschny das Stück und die elementaren Aussagen und Personenbeziehungen gut herausgearbeitet hat.

  • Elektra und Frau ohne Schatten werden heute auch gekürzt gespielt. Dass liegt eher an der Strapazierung der Sänger und nicht, weil die Musik schwachstellen hat.

    "Elektra" wird gekürzt gespielt? Wo? Und wie lange dauert dann die Aufführung eigentlich noch? :hahahaha:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es gibt zwei manchmal angewendete Striche. Einer findet sich in der Passage, in der Elektra ihre Mutter in die Ecke drängt und ihr ausufernd ihre bevorstehende Ermordung schildert. Ein anderer befindet sich in der Szene, in der Elektra nach der fälschlichen Nachricht vom Tod des Bruders ihre Schwester überreden möchte, gemeinsam den Mord an Klytämnestra und Aegisth zu begehen. Böhm macht den ersten auf jeden Fall, und auch Thielemann hat die Oper mit Strichen gespielt (weiß aber nicht welchen). Es müsste sich um ca. 6min handeln - ist aber lange her, dass ich mich damit beschäftigt habe...


    Um noch mal zur Jüdin zu kommen. Ich habe das Stück 2013 oder 2014 in einer sehr guten Produktion in Göteborg gesehen. Musikalisch kann es m.E nicht mir Auber oder Meyerbeer mithalten - und die auf 2 1/2 Stunden gekürzte Version fand ich damals schon fast grenzwertig...


    LG
    Christian

  • Vielleicht ist es ein wenig Off-Topic, aber heutzutage haben Kürzungen im Opernbetrieb schon ihre Berechtigung.


    Die sehe ich anders.



    Insbesondere muss man sich vor Augen führen, warum man vor einigen Jahrhunderten (Bsp. Barock) lange Opern mit Arien und Rezitativen in großer Menge komponierte.
    Sicherlich nicht, um sie Gesamthaft hintereinander und in voller Konzentration für das Publikum aufzuführen. Barockopern wurden in der Vergangenheit nebenbei gehört, während sich das Publikum mit anderen Tätigkeiten beschäftigte.


    Das ist zwar richtig, aber zumindest hatten die Zuschauer die Wahl, wann sie zuhören möchten und wann nicht. Die will ich auch haben und mir nicht von jemand anderem abnehmen lassen. Wenn ich mir eine Oper nicht in voller Länge anhören möchte, kann ich nach einer der Pausen gehen.



    Insofern ist es im Opernbetrieb schon richtig, dass die jeweilige Oper für das verfügbare Ensemble und den Ansprüchen des Publikums eingerichtet wird und eben an einigen Stellen gekürzt wird.


    Nein, das ist nicht richtig. Wenn das zur Verfügung stehende Ensemble nicht in der Lage ist, eine Oper in voller Länge zu spielen, sollte man es ganz lassen. Es gibt genug andere Opern, die eine Aufführung lohnen, da muss nicht jedes kleine Haus eine Grand opéra aufführen. Und die Ansprüche des Publikums können wohl kaum dafür entscheidend sein, wieviel von einer Oper gespielt wird. Das zu unterstützen hieße, jede künstlerische Integrität aufzugeben.



    Nun gab es neulich eine Produktion der Oper "Ezio" von Gluck in der Oper Frankfurt. So schön die Musik auch sein mag, hier wurde viel zu wenig gekürzt, so dass die Vorstellung inklusive Pause bei fast vier Stunden lag. Das ist nur für eingefleischte Barockfans auszuhalten


    Ebenso könnte man sagen, dass die viereinhalb Stunden der "Götterdämmerung" nur für eingefleischte Wagner-Fans auszuhalten seien und man doch bitte die Oper auf drei Stunden kürzen möge, um den Ansprüchen des übrigen Publikums gerecht zu werden. Entweder gefällt mir eine Oper oder sie gefällt mir nicht. Im ersteren Falle möchte ich sie auch ganz hören, im anderen Falle besuche ich erst gar keine Aufführung oder, wenn ich es erst vor Ort merke, gehe eben in der zweiten Pause. Damit nehme ich dann wenigstens denjenigen, denen die Musik gefällt, nicht die Möglichkeit, das Werk in seiner ganzen Länge zu hören.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • ]



    Das geht mir ganz genauso. Allerdings auch bezogen auf die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme. Da möchte ich auch nicht, dass irgendjemand mir das so präsentiert wie er es für am besten verdaulich hält.


    Dieser Aussage lieber Knuspi, schliesse ich mich vollinhaltlich an. Es ist für mich ein deutlicher Widerspruch einerseits auf der vollen Länge ("wie vom Komponisten komponiert") , aber andererseits etwas auf der Bühne ansehen zu müssen, was nichts mit dem Orginal zu tun hat.

  • Dass der hier zitierte Satz ""Ich möchte das Werk so sehen, wie es der Komponist komponiert hat und nicht wie irgendein Dritter meint, dass es am besten verdaulich ist" ausgerechnet aus der Feder des glühenden Regietheater-Verfechters "Bertarido" stammt, ist in der Tat hochkurios! :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Es ist für mich ein deutlicher Widerspruch einerseits auf der vollen Länge ("wie vom Komponisten komponiert") , aber andererseits etwas auf der Bühne ansehen zu müssen, was nichts mit dem Orginal zu tun hat.


    Dass der hier zitierte Satz ""Ich möchte das Werk so sehen, wie es der Komponist komponiert hat und nicht wie irgendein Dritter meint, dass es am besten verdaulich ist" ausgerechnet aus der Feder des glühenden Regietheater-Verfechters "Bertarido" stammt, ist in der Tat hochkurios! :D


    Nein, das ist weder ein Widerspruch noch kurios. Es macht einen großen Unterschied, ob man durch Kürzungen in die musikalische und textliche Substanz eines Werkes eingreift oder sich bei der szenischen Realisierung einer Oper von einer bestimmten Interpretation des Stückes leiten lässt. (Und jede Aufführung ist eine Interpretation, ein Original gibt es hier gar nicht, aber das wollt ihr einfach nicht verstehen. :no: ) Ebenso wie es nicht dasselbe ist, eine Beethoven-Symphonie schneller oder langsamer zu spielen oder Teile davon einfach wegzulassen. Aber das ist in irgendeinem der zahllosen RT-Threads auch schon einmal diskutiert worden, und ich habe wirklich keine Lust, auch diesen Thread mit einer RT-Diskussion zu zerschießen, die nicht einmal etwas mit der hier besprochenen Aufführung zu tun hat.


    P.S. Ich finde es übrigens "hochkurios", dass Stimmenliebhaber mich "ignoriert", aber keine Gelegenheit zu einer Anfeindung auslässt, wenn ihm ein Beitrag von mir unter die Augen kommt. Scheinbar braucht er die Ignorierfunktion wirklich, weil er es sonst nicht schafft, auf Beiträge von mir nicht reflexhaft zu reagieren. :D

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Zitat von Knusperhexe: Ich möchte das Werk so sehen, wie es der Komponist komponiert hat und nicht wie irgendein Dritter meint, dass es am besten verdaulich ist..

    Lieber Knuspi,


    auch ich sehe das so. Eine willkürliche Kürzung des musikalischen Inhalts wie auch jegliche Veränderung der Handlung (die Befürworter nennen so etwas beschönigend "Interpretation", die es aber nicht ist, wenn dabei dem Werk durch eine einsame irre Idee eine völlig unpassende andere Handlung übergestülpt wird und es dadurch nicht verständlicher, sondern unverdaulich wird). Und da sind wir nicht allein, sondern eine große Masse der Opernliebhaber wehrt sich dagegen und das geht durch alle Generationen, siehe dich selbst, der dem Alter nach mein Sohn sein könnte oder Figarooo, der schon mein Enkel sein könnte. Leider lenken andere, die von der Oper wenig bis garnichts verstehen, die Geschicke der Oper und zerstören die Meisterwerke, dulden es bzw. subventionieren es sogar. Es ist eine Schande.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Ich finde es übrigens "hochkurios", dass Stimmenliebhaber mich "ignoriert", aber keine Gelegenheit zu einer Anfeindung auslässt, wenn ihm ein Beitrag von mir unter die Augen kommt.

    Kurios finde ich es auch, wenn Du dich als »glühenden Regietheater-Verfechter« bezeichnen lassen musst. Ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass jemand, der sich differenziert zu einer Sache äußert und sie nicht von vornherein verdammt, deswegen noch lange kein glühender Verfechter davon sein muss?

  • Kurios finde ich es auch, wenn Du dich als »glühenden Regietheater-Verfechter« bezeichnen lassen musst. Ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass jemand, der sich differenziert zu einer Sache äußert und sie nicht von vornherein verdammt, deswegen noch lange kein glühender Verfechter davon sein muss?


    Was ich allerdings glühend verfechte, lieber Dieter, ist eine recht weitgehende künstlerische Freiheit von Regisseuren bei der Inszenierung von Opern. Wenn das mit Regietheater gemeint ist, dann hat Stimmenliebhaber sogar recht. Abwegig wäre natürlich die Unterstellung, ich (oder andere) würden jede Inszenierung, die in diese Rubrik fällt, für gut befinden, nur weil sie "Regietheater" ist. Diese Unterstellung scheint mir aber eher in der Bezeichnung als "Regietheater-Jünger" mitzuschwingen, die mir ja auch schon einige Male umgehängt wurde. :) Das sehe ich aber gelassen, da gibt es wirklich schlimmere verbale Entgleisungen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich glaube, es ist an der Zeit, die Grabenkämpfe rechtzeitig vor der Eskalation zu entschärfen, indem wir zum eigentlichen Thema zurückfinden: Hat die Grand Opéra, die in letzter Zeit wiederbelebt wird, eine echte Chance, auf Dauer im Repertoire einen festen Platz zu finden?


    Die Frage steht im direkten Zusammenhang mit dem hier verhandelten Problem, ob Striche schädlich, erlaubt oder gar nützlich sind. Ich glaube, das hängt davon ab, ob das jeweilige Stück ein integrales Werk ist - oder eher eine Art Bilderbuch. Von der Grand Opéra, zu der auch die Jüdin gehört, hat Meyerbeer gesagt, sie stelle "tabbeaux vivants " auf die Bühne, also ein Panorama lebender Bilder, während z.B. Wagners Opern jeweils ein integrales Drama darstellen.
    Daraus ergibt sich, dass man das Panorama wie einen Steinbruch betrachten kann. aus dem man Bilder entnehmen - oder auch weglassen kann, während man z.B. die Meistersinger, trotz ihrer Länge, als ein Ganzes zu betrachten hat, dem jeder Strich eine Lücke, ja eine Wunde zufügt.


    Außerdem glaube ich, dass es vom Grad der Meisterschaft abhängt, ob ein Werk verdient, ungestrichen aufgeführt zu werden. Viele Spielopern, deutsch oder französisch, können nur mit Strichen überleben, wenn überhaupt - besonders was die trivialen Dialoge betrifft.


    Das meint jedenfalls Sixtus