Zitatvon La Roche (6. März 2012)
Und schließlich der Herr Noreika - ich weiß gar nicht, ob den jemand kennt. Aber ich habe eine Platte von ihm, und die Federico-Arie gefällt mir von ihm besser als von allen anderen, die sich daran versucht haben.
Seit La Roche seiner Wertschätzung für Virgilius Noreika Ausdruck verliehen hat, ist etliche Zeit vergangen. Inzwischen sind verschiedene ähnlich positive Äußerungen über den Tenor gemacht worden, aber einen eigenen Thread hat er bis heute nicht gewidmet bekommen. Das will ich jetzt nachholen. Dabei werde ich mich auf Beiträge stützen, die schon früher in das Forum eingestellt wurden.
Norejka, Virgilius (Virgiljus), wurde 22. 9. 1935 in Siauliai (Schaulen) in Litauen geboren; er erhielt seine Ausbildung am Konservatorium von Vilnius (Wilna). Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass Vergilius Noreika Schüler des grossen littauischen Tenors Kipras Petrauskas war. Sein Debut machte 1957 am Opernhaus in Vilnius als Lenski. Ein Jahr später wurde er dort festes Mitglied des Ensembles. In den 60er und 70er Jahren machte er eine sehr glanzvollen Karriere. Er nicht nur in Vilnius und Moskau gesungen sondern in vielen Städten der damaligen Sowjetunion sowie - insbesondere in den 60er Jahren - auch in Mailand und in anderen Städten im Westen. An der Staatsoper Berlin (damals DDR) sang er zwischen 1971 und 1975 Partien wie den Duca, den Rudolfo, Cavaradossi und Pinkerton.
Ab 1976 hat Noreika in Vilnius an der litauischen Akademie gelehrt.
Zu seinen Schülern gehören Sergeij Larin und Algis Janutas.
Später hat er auch eine Zeit lang die Oper in Vilnius geleitet. Ich weiss aber nicht, ob er Intendant war oder das Haus nur kommissarisch geleitet hat.
Heute soll er immer noch bestens bei Stimme sein aber nicht mehr öffentlich auftreten. Dafür fungiert er öfter als Mitglied der Jury bei Gesangswettbewerben.
Dass Noreika hierzulande so wenig bekannt ist, verwundert mich immer wieder. In den USA werden seine Aufnahmen hoch geschätzt, obwohl er meines Wissens nie dort aufgetreten ist.
Zum Glück gibt es ja eine Unmenge von Aufnahmen mit ihm. Darunter mindestens sieben Portrait-LPs und etliche Mitschnitte von Konzerten und Opernaufführungen.
Auf CD ist allerdings bisher nur wenig davon veröffentlicht worden.
Immerhin wurden beim Hamburger Archiv für Gesangskunst einige Arien-Aufnahmen wieder veröffentlicht.
In den USA gibt eine Tosca, auf der er den Cavaradossi neben der grossartigen, damals allerdings nicht mehr ganz jungen Galina Vishnewskaya singt.
Ein recht persönliches, eher russisch romantisch gefärbtes "Pieta, Signore" kann man auf YouTube hören:
Zitat von Caruso41Von den vielen Aufnahmen, die Noreika gemacht hat, finde ich die im italienischen Fach zumeist nicht ganz so idiomatisch und eloquent wie die im russischen Fach.
Die Arie des Vladimir aus Fürst Igor oder das Lied des indischen Gastes aus Sadko und die Arie des Lenski aus Eugen Onegin sind in seinen Aufnahmen ohne Frage schon sehr dicht am Ideal!
Da ist er durchaus erste Wahl und er kann sogar mit Koszlowsky, Lemeshew und Vinogradow konkurrieren.
Zitat von Mme. CorteseVielen Dank für den Tipp "Noreika"! Ich kannte bisher noch nicht einmal den Namen und habe mir nun einige Aufnahmen auf youtube angehört. Ein Tenor, wie ich ihn schätze, lyrisch, des Mezzavoce und der Voix mixte fähig und nicht nur auf Lautstärke und Spitzentöne aus.
Zitat von Caruso41..... nachdem Du das Lamento di Federico in Deiner Liste genannt hattest, habe ich es mir auch gleich noch mal aufgelegt.
Ich habe die LP früher sehr oft gehört und hatte sie noch gut im Ohr und in bester Erinnerung ...... Trotzdem habe ich echt gestaunt, wie gut die Aufnahme des E’ la storia del pastore ist! Irgendwie sind in der Stimme die ganze Verzweiflung und der Weltschmerz einfach präsent! Ein Wunder aber ist die gesangstechnische Souveränität. Wie Noreika die Stimme über die Lagenwechsel führt, wie er Töne anschwellen und wieder abschwellen lassen kann, wie er - darauf hat Mme Cortese mit Recht hingewiesen - das Mezza-Voce-Singen beherrscht und es versteht, der Bruststimme fein dosiert Kopfresonanz beizumischen, das alles ist echt vorbildlich! Faszinierend finde ich besonders die Fähigkeit, Modulationen des Melodieverlaufes durch Färbungen der Stimme zu unterstreichen. Vor allem ist das alles nicht Selbstzweck sondern ganz im Dienst der Interpretation! Das noch größere Wunder aber sind meiner Meinung nach die Ökonomie und der Geschmack mit dem er das heikle Stück singt. Dadurch errreicht er entschieden stärkere Wirkung als manch hoch gehandelter Tenor, der einfach nicht auf die Musik vertraut, sondern Gefühle mit histrionischen Gesten auszudrücken versucht.
Natürlich gibt es noch Etliches mehr auf Youtube mit Noreika.
Für Freunde ausgefallener Besetzungen das Butterfly-Liebesduett und das Otello-Liebesduett mit Noreika und Violetta Urmana! Noreika ist da immerhin 67 Jahre alt!!!
Leider ist das keine Aufnahme, die ihm neue Freunde verschaffen wird! Überraschend gut aber Urmana!
Caruso41