Weltersteinspielung: Strawinskys "Klagelied" (1908) wiederentdeckt und aufgeführt

  • Im Rahmen des 5. Internationalen St. Petersburger Kulturforums führte das Mariinsky-Orchester unter seinem Chefdirigenten Valery Gergiev am 2. Dezember 2016 das für verloren geglaubte "Klagelied" (Chant funèbre) op. 5 (1908) von Igor Strawinsky am St. Petersburger Mariinsky-Theater auf. Das Werk wurde erst 2015 zufällig wiederentdeckt und dann binnen kürzester Zeit als spielbare Fassung rekonstruiert. Es handelt sich insofern um die Weltersteinspielung.



    Strawinsky komponierte das Orchesterwerk zum Andenken an den kurz davor verstorbenen Nikolai Rimsky-Korsakow (1844—1908), der sein eigener Lehrer gewesen war. Nach der Uraufführung des etwa zwölfminütigen Werkes am 17. Jänner 1909 am St. Petersburger Konservatorium geriet es in Vergessenheit und wurde nach den Turbulenzen der Pariser Zeit, des Ersten Weltkrieges, der Oktoberrevolution und des Russischen Bürgerkrieges von Strawinsky selbst für verloren gehalten. Für den Komponisten war das Werk nach "L'Oiseau de feu" sein zweitwichtigstes Werk.


    Dank der Bemühungen von Natalia Braginskaja, der Leiterin des St. Petersburger Konservatoriums, und der Bibliothekarin Irina Sidorenko konnten die Orchesterstimmen des "Klageliedes" tatsächlich unverhofft doch noch aufgefunden werden. Es gelang mithilfe der Orchesterstimmen eine Partitur zu erstellen und das Werk nach über einem Jahrhundert wieder spielbar zu machen.


    Weitere Informationen: https://de.rbth.com/kultur/201…awinskys-klagelied_651707

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Gergiev-Aufnahme ist mittlerweile von YT verschwunden. Offenbar sind die Inhaber des Copyrights sehr allergisch. Eine erste offizielle Veröffentlichung dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein.


    Hier noch eine Liste weiterer geplanter Aufführungen dieses Werks (Quelle):


    Jan 20/21, 2017
    Lotte Concert Hall, Seoul
    (Asian premiere)
    Seoul Philharmonic Orchestra/Markus Stenz


    Feb 16, 2017
    Esplanade Concert Hall, Singapore
    (Southeast Asian premiere)
    Singapore Symphony Orchestra/Charles Dutoit


    Feb 18, 2017
    Royal Concertgebouw Hall, Amsterdam
    (Dutch premiere)
    NTR ZaterdagMatinee series
    Netherlands Radio Philharmonic/Markus Stenz


    Feb 19, 2017
    Royal Festival Hall, London
    (UK premiere)
    Philharmonia Orchestra/Esa-Pekka Salonen


    Feb 24, 2017
    Auditorio Nacional de la Música, Madrid
    (Spanish premiere)
    Philharmonia Orchestra/Esa-Pekka Salonen


    Apr 6/7, 11, 2017
    Symphony Center, Chicago
    (North American premiere)
    Chicago Symphony Orchestra/Charles Dutoit


    May 18, 2017
    Tokyo Opera City, Tokyo
    (Japanese premiere)
    Philharmonia Orchestra/Esa-Pekka Salonen


    May 25, 2017
    Auditorium RAI, Turin
    (Italian premiere)
    Orchestra Sinfonica Nazionale RAI/James Conlon


    May 31, Jun 2/3, 2017
    Philharmonie, Berlin
    (German premiere)
    Berliner Philharmoniker/Sir Simon Rattle


    Jun 29/30, Jul 1, 2017
    Sydney Opera House
    (Australian premiere)
    Sydney Symphony Orchestra/Charles Dutoit


    Sep 7/8, 2017
    Grieghallen, Bergen
    (Norwegian premiere)
    Bergen Philharmonic Orchestra/Edward Gardner


    Oct 19/21, 2017
    Konserthuset, Stockholm
    (Swedish premiere)
    Royal Stockholm Philharmonic Orchestra/Sakari Oramo


    Oct 26/27, 2017
    Gulbenkian Foundation, Lisbon
    (Portuguese premiere)
    Orquestra Gulbenkian/Lawrence Foster


    Dec 8, 2017
    Grand Hall of the Kolarac Foundation, Belgrade
    (Serbian premiere)
    Belgrade Philharmonic Orchestra/Hans Graf


    May 17/19, 2018
    DR Koncerthuset, Copenhagen
    (Danish premiere)
    Danish National Symphony Orchestra/Juanjo Mena

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vorgestern fand die südostasiatische Premiere in Singapur unter Charles Dutoit statt. Ich habe mir die Übertragung mitgeschnitten. Das Orchester, das aus erstaunlich vielen westlich wirkenden Musikern besteht, gab ein weiteres Plädoyer für dieses wiederentdeckte Werk ab. Dank der Gergiev-Aufnahme hat man nun sogar eine erste Möglichkeit zum Vergleich. Und der fällt trotz praktisch derselben Spielzeit (11:50 bei Dutoit, 11:47 bei Gergiev) zugunsten von Gergiev aus. Das Mariinski-Orchester fängt die düstere Atmosphäre des Stücks exemplarischer ein, Gergiev kostet die eruptiven Ausbrüche noch besser aus.


    Heute Abend nun also die niederländische Premiere in Amsterdam unter Markus Stenz, morgen die britische in London unter Esa-Pekka Salonen. Hoffen wird auf weitere Konzertmitschnitte!

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões