Szenisch mißglückte, aber gute sängerische Premiere von Lohengrin am Aalto Theater

  • Gestern abend fand im endlich mal fast ausverkauften Haus die Lohengrin Premiere in der Inszenierung von Tatjana Gürbara statt. Es gab eine große weiße halbovale Treppe zusehen aud der drr Chor rumstand. Die Herren waren natürlich in Bundeswehr Uniformen gekleidet und der Herrrufer hatte die Uniform eines Generals . König Heinrich sah mIt Schärpe aus wie ein südamerikanischer Diktator. Ortrud, mit Hosenanzug, sah aus wie Angela Merkel. Viel los war im ersten Akt nicht, es wurde meistens nur dumm rumgestanden. Einen Schwan gab es such nicht, sondern Lohengrin kam mit Gottfried im Schlepptau. Im zweiten Akt wurde die Treppe kleiner und auf ihr standen kleine beleuchtet Miniaturhäuser. Lohengrin hatte da natürlich die gleiche Uniform an wie König Heinrich und der Herrrufer. Am Ende drehte sich die Bühne und man konnte die komplett leere Bühne des Aalto Theater sehen und Telramund in Privatkleidung. So begriff auch der letzte Depp, daß alles nur Theater ist. Im dritten Akt fing aufeinmal das Kind an zu quengeln und damit Ruhe ist, wirft Elsa ihm ein weißes Laken über den Kopf, welches ausgebreitet die Form eines männlichen Geschlechtsteil hat, das von Elsa auch gleich geküsst wird. Im dritten Akt kommt am Ende Gottfried als Untoter auf die Bühne getorkelt.Thomas Netopil dirigierte einen sehr zügigen Lohengrin, aber mit sehr viel Gespür und vor allem die Blechbläser klangen sehr gut. Jessica Muirhead war eine beeindruckende Elsa, was ihr fehlt ist noch etwas das Dramatische. Daniel Johnsson gab ebenfalls ein sehr guteen Lohengrin. Die Gralserzählung gelang ihm sehr gut, nur ab und an wirkte seine Stimme in den Höhenlagen etwas brüchig. Enttäuschend Almas Svilpa als Heinrich, ihm fehlt die Tiefe, da er ja eigentlich ein Bariton ist. Katrin Kapplusch als Ortrud war kaum zu verstehen. Heiko Trinsinger besaß als Telramund einen prachtvollen Bariton. Am Ende gab es viel Jubel für Sänger und Dirigent und Bravo und einen Buhsturm für das Regie Team.

  • Vielen Dank für Deinen Bericht!


    Es gab eine große weiße halbovale Treppe zusehen auf der der Chor rumstand.


    Tja, im Lohengrin hat's viel Chor und ich meine, das "Problem" jeder Inszenierung, egal welcher Art, ist es u.a. wohl, diesen eben nicht (dumm) herumstehen zu lassen. - Das andere "Problem" ist vermutlich der Schwan, aber das nur nebenbei :hello:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Aha, da haben wir nun den Bundeswehr-grin. Ich vermisse allerdings bisher den Nazi-grin, aber mit dieser beliebtem Masche hat die Deutsche Oper am Rhein ja schon mit dem Nazihäuser schlechte Erfahrungen gemacht. Dafür gab's dann wieder manches, was die modernen Verunstaltungen so würzt bis hin zum Phallussymbol. Wenn es schon Rodolfo, der doch so vieles einfach hinnimmt, szenisch nicht gefallen hat, dann muss es schon mehr als schlecht gewesen sein. Und - lieber Rodolfo - auch bei solch modischen Inszenierungen kann das Rampensingen wohl nicht vermieden werden (auf jeden Fall besser als unmotivierte "action"). Gerade bei diesen modischen Inszenierungen habe ich mehr Rampensingen gesehen als bei konventionellen Aufführungen.
    Im übrigen, lieber Michael, wo liegt das Problem mit dem Schwan? Ich habe einige Lohengrin-Aufführungen gesehen, in denen das Problem mit dem Schwan durch Lichteffekte - ohne Schwan aus Pappmaché - so gut gelöst war, dass es nicht kitschig wirkte. Äußerst kitschig hingegen und am Ende sogar ekelerregend war die Schwanenversion im Bayreuther Rattengrin. Der Schwan ist ein Element des Lohengrin, das man doch nicht einfach hinwegleugnen kann und das geschickte Regisseure auch ohne Kitsch darzustellen vermögen.Nur die modernen Regisseure scheinen dazu - wie zu vielem anderen - kein Geschick mehr zu haben.
    Lieber Rodolfo, danke für die Warnung!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Rudolfo,
    hab dank für Deinen Bericht, den ich mit Interesse gelesen habe. In einem anderen Thread wird darüber geklagt, dass die Rezensenten in den Feuilletons nun knappe Bemerkungen über die Sänger machen. Leider hältst Du Dich auch recht kurz. Hätte mich eigentlich eher interessiert als die Beschreibung der Inszenierung. Aber das sehen andere wohl anders.


    Zum Problem mit dem Chor: Ich habe sicher an die 20 Lohengrin-Inszenierungen gesehen. Eine rundum überzeugende Lösung habe ich nicht gesehen. Am ehesten noch bei Wieland Wagners Berliner Inszenierung.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Im übrigen, lieber Michael, wo liegt das Problem mit dem Schwan.


    Ich wollte lediglich anmerken, dass es ein Problem ist, etwas irreales, wie die Auftritts-Szene des Lohengrin mit dem Schwan adäquat, d.h. plausibel um im Kontext der Inszenierung glaubwürdig auf der Bühne umzusetzen. Insbesondere schrieb ich dabei von jeder Art der Inszenierung, egal ob konservativ, werkgerecht, werktreu, modern, phantastisch oder was auch immer. Im übrigen finden sich in vielen Opern solche und ähnliche "Probleme", die ein Regisseur jeglicher Coluer zu lösen hat. Darüber hinaus habe ich das Wort "Problem" bewußt in Anführungszeichen gesetzt um damit zu verstehen zu geben, dass es sich ersteinmal um eine rein sachlich aufzufassende Schwierigkeit ohne negative Konnotation handelt. - Offenbar war meine Aussage nicht zu verstehen oder nicht deutlich genug, wenn sie ohne große Umschweife als Einsteig zum beliebten Regietheater-Bashing genutzt wird.


    Streichen wir also meinen Einwurf und ich halte zukünftig vielleicht einfach meine Schnauze (die ich mittlerweile ob der zunehmenden Unmöglichkeit, hier überhaupt noch in eine offene Diskussion zu kommen, ziemlich voll habe) oder besser noch verabschiedene mich aus diesem Forum, welches zunehmend nicht mehr auch meines zu sein scheint.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Einen Schwan hab ich nun auch nicht erwartet. Frau Gürbaca hat das so gedeutet, daß der Schwan sich in Gottfried verwandelt hat , ohne natürlich die Verwandlung zu zeigen. . Lieber Caruso, zu den Sängern hatte ich doch schon was geschrieben. Daniel Johansson hat mir als Lohengrin sehr gut gefallen, trotz etwas brüchiger Stimme , lag vielleicht auch an der Premieren Nervosität. Jessica Muirhead, war eine grandiose Elsa, in Spiel und Gesang, . Was fehlt ist noch das Dramatische. Heiko Trinsinger war in der vorigen Lohengrin der Herrrufer und ist jetzt zum Telramund aufgestiegen. Auch er war einer der Pluspunkte des abends mit seinem kraftvollen Bariton . Enttäuschend war die Ortrud von Kathrin Kapplusch, die man kaum verstanden hat und total fehlbesetzt war Almas Svilpa als Heinrich.

  • Ein Aspekt, der zugleich ein Menetekel für den aktuellen Opernbetrieb ist, verdient noch etwas deutlicher hervorgehoben zu werden:


    Schon wieder eine Oper, die (ähnlich wie der Freischütz) zum Kernrepertoire der deutschen romantischen Oper gehört - und die nicht mal in der Premiere ausverkauft ist. Es gab Zeiten, da hätte das einen Aufschrei in der Presse gegeben. Inzwischen wird es wohl als durchaus normal angesehen.


    Wenn ich mir die Inszenierung nach der Beschreibung vorstelle, bin ich froh, dass die Entfernung zwischen Saarbrücken und Essen mich zum Glück daran gehindert hat, womöglich hinzufahren.


    Von Heiko Trinsinger (Telramund) habe ich vor Jahren mal einen hervorragenden Mandryka und einen eindrucksvollen Holländer gehört: eine Stimme wie ein Baum, und dabei von viriler Ausstrahlung. Aber wenn man das mit einem Gottfried an der Leine und mit Genitalien auf der Bühne büßen muss - ekelhaft. Leben wir im Sado-Maso-Zeitalter? Beinahe hätte ich "pervers" gesagt, aber das ist ja auf der braunen Liste...


    meint bedauernd Sixtus

  • ......und ich halte zukünftig vielleicht einfach meine Schnauze (die ich mittlerweile ob der zunehmenden Unmöglichkeit, hier überhaupt noch in eine offene Diskussion zu kommen, ziemlich voll habe) oder besser noch verabschiedene mich aus diesem Forum, welches zunehmend nicht mehr auch meines zu sein scheint.


    Lieber MSchenk!
    Wenn Du auch noch fehlst, wird es ja noch trostloser für Opernafficiados und Melomanen im Forum. Aber ich kann Deine Überlegung gut verstehen, sogar voll nachvollziehen!
    Mir ist inzwischen auch die Lust vergangen. Auch wenn Stimmenliebhaber nicht ganz zu Unrecht mein Lamentieren über den Zustand des Forums kritisiert hat: es ist nicht mehr sonderlich attraktiv, sich noch weiter hier zu engagieren.


    Aber: Lass uns noch mal abwarten. Vielleicht wenden sich ja die Konstellationen und die Qualität der Beiträge mal wieder .


    Beste Grüße
    Caruso41


    Lieber Rudolfo.
    dass Daniel Johansson mit "brüchiger" Stimme gesungen hat, verwundert mich doch. Es gibt ja diverse "klanglich recht passable" Aufnahmen von ihm bei YOUTUBE. Da klingt die Stimme immer gesund und kraftvoll. In den Höhen gar ziemlich imponierend. Vielleicht war es wirklich Premierennervosität. Oder er war indisponiert?
    Von Heiko Trinsinger habe ich in Minden einen guten Alberich gehört. Die übrigen Sänger kenne ich nicht. Aber auf Jessica Muirhead wäre ich neugierig. Es gibt ja auf YOUTUBE interessante Videos von ihr. Eine etwas kühle aber ausgezeichnet gebildete Stimme.
    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Ich bin nun anhand der Bilder und der sehr positiven Premierenkritiken so neugierig geworden, dass ich gerade kurz entschlossen eine Karte erworben habe. Die Regisseurin Tatjana Gürbaca ist mir noch von einer sehr sehenswerten Parsifal-Inszenierung in Antwerpen in guter Erinnerung. Ich werde dann hier berichten :hello: .

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Sixtus:

    Zitat

    Aber wenn man das mit einem Gottfried an der Leine und mit Genitalien auf der Bühne büßen muss - ekelhaft. Leben wir im Sado-Maso-Zeitalter? Beinahe hätte ich "pervers" gesagt, aber das ist ja auf der braunen Liste...


    Lieber Hannes!


    Das habe ich selber schon erlebt und habe lautstark darob protestiert. Aber so geht es doch schon viele Jahre und es gibt noch Liebhaber für solchen Ekel, auch hier im Forum. Für mich als Opernliebhaber nicht mehr zu akzeptieren. Dann verzichte ich besser auf solchen Klamauk!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

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  • Wie man sich über so etwas ereifern kann, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • [...] und es gibt noch Liebhaber für solchen Ekel, auch hier im Forum.

    Mit dieser Formulierung unterstellst Du denjenigen, die so etwas nicht von vornherein verdammen, sondern bereit sind, es eventuell als sinnvollen oder akzeptablen Teil einer Inszenierung anzusehen, dass ihnen das gefällt. Das ist aber eine ziemlich undifferenzierte Unterstellung (oder »Unsinn«, um eine Formulierung von Gerhard zu gebrauchen).

  • Nachdem ich die sehr detaillierte und differenzierende Kritik von Malte Hemmerich über den Essener "Lohengrin" in der FAZ gelesen habe, wäre ich doch richtig neugierig auf die Produktion. Die Beschreibung, Entwicklung und Deutung der Personenbeziehungen klingen höchst spannend! Interessant fand ich auch, was da über die Gleichgestimmheit von szenischer und muskalischen Interpretation gesagt wurde.
    Leider ist die Kritik im Netz wieder mal nicht kostenlos einzusehen. Aber vielleicht schafft es ja jemand, sie hier zu verlinken!


    Ergänzend ganz interessant die Randglossen von Detlef Brandenburg in Die deutsche Bühne.
    Die kann jeder lesen:
    http://www.die-deutsche-buehne…ner/Lohengrin/Randglossen


    Mal sehen, ob eine Fahrt nach Essen noch in meine Pläne passt.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Die Behauptung das der Chor im ersten Akt nur herumstand, muß ich zurücknehmen. Die Chormitglieder kletterten die Treppen rauf und runter und bei der Ankunft von Lohengrin und Gottfried streckten sie ihnen die Hände entgegen und Gottfried wurde über ihren Händen nach unten getragen. Das sollte wahrscheinlich bedeuten, daß beide beide sofort vom Volk ohne groß Nachzufragen vereinmahmt werden. Mein erster Eindruck wr, daß der erste Akt in einer Sekte gespielt hat. Vieles war aber einfach zu platt inszeniert. Die Bundeswehr Uniformen , daß Ortrud im Hosenanzug so aussah wie Angela Merkel , oder das Stielmittell Theater im Theater im zweiten Akt, Und natürlich das schon beschriebene dargestellte Geschlechtsteil im dritten Akt ( oder ich hab einfach nur eine schmutzige Fantasie :)) . Auch das Ende wo Gottfried wie ein Zombie auf Elsa zutorkelt . Da ziehe ich den Lohengrin an der Rheinoper vor szenisch und vor allem sängerisch. Carusos eingestellte Kritik deckt sich zumindestens mit meinen Beurteilungen über die Sänger.

  • Zitat

    Zitat von Michael Schenk: Streichen wir also meinen Einwurf und ich halte zukünftig vielleicht einfach meine Schnauze (die ich mittlerweile ob der zunehmenden Unmöglichkeit, hier überhaupt noch in eine offene Diskussion zu kommen, ziemlich voll habe) oder besser noch verabschiedene mich aus diesem Forum, welches zunehmend nicht mehr auch meines zu sein scheint.

    Lieber Michael,


    wenn du meinst, dass dies nicht mehr dein Forum sei, weil du dich mit deiner Meinung bei verschiedenen Anderen nicht durchsetzen kannst, wenn du meinst, dass man nur über die einseitige Meinung zu einer Diskussion kommen kann, und deshalb das Forum am liebsten verlassen willst, dann tust du mir leid.
    Ich sage meine Meinung hier klar und deutlich und erwarte nicht, dass sich jeder"mit wehenden Fahnen" anschließt. Wenn andere andere Meinung sind, dann sollen sie ruhig dabei bleiben, so wie ich bei meiner Meinung bleibe. Deshalb kann ich doch nicht sagen, dass dies nicht mehr mein Forum sei. Denn das Forum ist für alle, nicht nur für meine Meinung da, und ich schätze weiterhin an diesem Forum, dass jeder seine Meinung sagen darf, auch wenn das Einige am liebsten nicht wahrhaben möchten. Aber das juckt mich nicht und ist für mich kein Grund, auszutreten. Im Gegenteil!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Mir stellen sich bei besagtem sog. Lohengrin zwei grundsätzliche Fragen:
    1. Frau Gürbaca ist "dem Lande wohl bekannt". D.h. wer geht in eine vorn ihr inszenierte Oper, ohne zu wissen, dass er keine vernünftige Darstellung der Wagner'schen Ideen erwarten kann, und ist dann noch empört? Symptomatisch ist es ja, dass sowohl für die Première, wie auch die Folgevorstellungen Plätze in rauher Zahl unbesetzt sind.
    2. Weit wesentlicher aber scheint mir eine Frage zu sein, die im Merkerforum momentan im Zusammenhang mit der von den Bildern her gesehen herrlichen Falstaff-Inszenierung eifrig diskutiert wird. Für wen wird eine Oper eigentlich inszeniert?
    Ist es die Mehrzahl des zahlenden Publikums oder das Feuilleton, bzw. eine kleine Minderheit, für welche ein kulinarischer Opernabend langweilig ist, weil sie mit Oper im Grunde genommen überfordert ist und nichts anfangen kann? Es wird dabei sogar festgehalten, dass Subventionen nur dann berechtigt seien, wenn das Museum abgeschafft werde und das jeweilige Werk in die Jetztzeit verlegt werde und dadurch tiefere Schichten freigelegt würden.
    Glückliches Wien, das noch unverfälschte Opernvorstellungen kennt (und sie auch begeistert akklamiert. Es gab bei besagtem Falstaff keinen einzigen Buhruf!)

  • Bei dem Falstaff aus Wien , den ich mir per Livestream ansehen werde, gab es aber such negative Kritiken wie " werkgerecht aber langweilig ".

  • eine kleine Minderheit, für welche ein kulinarischer Opernabend langweilig ist, weil sie mit Oper im Grunde genommen überfordert ist und nichts anfangen kann?


    Soll ich mich nun zu dieser "kleinen Minderheit" zählen? Wenn "kulinarisch" bedeuten soll: ein bloß auf das Genießen der Stimmen und einer "schönen" Inszenierung hin ausgerichteter Opernabend, dann gehöre ich dazu. Scheinbar folgt daraus nun aber zwingend, dass ich mit Oper überfordert bin und mit ihr nichts anfangen kann. ?( Also ziehe ich mir den Schuh doch nicht an.


    Dass es Menschen gibt, die a) die Oper lieben, sich b) auch an der Musik und am Gesang erfreuen, aber c) gleichermaßen intereressiert an einer zeitgemäßen Inszenierung sind, das scheint nicht in Euer Weltbild zu passen. Aber auch wir gehören zum Publikum, auch für uns wird Oper inszeniert, und wenn wir tatsächlich eine Minderheit sein sollten, dann bestimmt keine verschwindend kleine.


    Mal sehen, ob eine Fahrt nach Essen noch in meine Pläne passt.


    Wenn Du zufällig in die Vorstellung am 28.12. gehen solltest, lass es mich wissen, da bin ich dort. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Zitat

    Zitat von MJoho: das jeweilige Werk in die Jetztzeit verlegt werde und dadurch tiefere Schichten freigelegt würden.

    Lieber MJoho,


    Tiefere Schichten?? Wohl doch nur die des psychischen Zustands des Regisseurs. Freigelegt durch Zertrümmern des Originals. Die Bedeutung der Trümmerteile kann nur noch der Zuschauer erfahren, der sich am Theaterheft orientiert. Eine Minderheit mag sich damit ja begnügen, aber der Kenner wird das wohl kaum akzeptieren. Und viele abhängige Rezensenten orientieren sich daran.
    Aber ich weiß, wie du es gemeint hast.
    Die modischen Verunstaltungen (Anhänger der sogenannten"Political Correctness" an die Front!!) bleiben eine Beleidigung der meisten Opernkenner.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich hatte gestern einen sehr schönen Abend bei einer durchweg gelungenen Lohengrin-Produktion im Aalto-Theater. Eigentlich war ich recht müde, weil ich einen anstrengenden Tag hinter mir hatte, und ich war mir gar nicht sicher, ob ich bis zum Ende durchhalte oder nach dem 2. Akt gehe. Aber die Aufführung hat mich dann so gefesselt, dass davon keine Rede mehr sein konnte.


    Die sängerischen Leistungen fand ich durchweg gut, in der Bewertung kann ich rodolfo fast in allen Punkten zustimmen. Daniel Johansson hat eine fast ideale Lohengrin-Stimme, wobei er im 2. Akt nach meiner Wahrnehmung etwas mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte (das Urteil "brüchig" konnte ich hier nachvollziehen), die aber im 3. Akt dann weitgehend überwunden waren. Nahezu ohne Fehl gestaltete Jessica Muirhead die Partie der Elsa, eine sehr interessante neue (?) Stimme (ich kannte sie vorher nicht, aber das hat nichts zu sagen). Wirklich beeindruckend war auch Heiko Trinsingers Telramund.


    Etwas Substantielles zu der m. E. (mit einigen Abstrichen) sehr überzeugenden Inszenierung von Tatjana Gürbaca zu schreiben, fehlt mir die Zeit (ich stecke gerade in Vorbereitungen für eine längere Fernreise). Besonders die Zeichnung der weiblichen Figuren Elsa und Ortrud und ihrer Beziehung zueinander war sehr interessant und hätte eine genauere Analyse verdient.


    Der Umgang mit dem Chor war gerade eine der Stärken der Aufführung, weder stand er nur dumm herum, noch hat sich die Regie auf Auf- und Abmärsche beschränkt. Über aktuelle Anspielungen der Produktion auf Bundeswehr und Kriegseinsätze kann man geteilter Meinung sein, manches fand ich hier zu plakativ. Schlimmer, als manche Textpassagen im Lohengrin sowieso schon sind, kann es eine Inszenierung gar nicht darstellen.


    Im 3. Akt habe ich dann gespannt auf den Phallus gewartet, der hier vor allem bei denen, die die Produktion gar nicht gesehen haben, für Empörungsorgien gesorgt hat. Zu meiner großen Enttäuschung erschöpfte sich das vermeintliche Phallussymbol darin, dass Elsa ein weißes Bettlaken über den anwesenden Knaben/Schwan warf (man kann verstehen, dass sie sich in ihrer Hochzeitsnacht etwas beobachtet fühlte). An einen Phallus hätte ich dabei nicht gedacht, vielleicht sollte man in diesem Falle Freuds Hinweis beherzigen, dass eine Zigarre manchmal auch nur eine Zigarre ist. :) Und wenn es wirklich so gemeint war, was in dem Kontext Hochzeitsnacht ja nicht ganz abwegig ist, dann war es ein sehr dezenter Hinweis.


    Meine Empfehlung: hinfahren, anhören und anschauen, es lohnt sich.


    Das Aalto-Theater war gestern fast vollständig besetzt, die wenigen freien Plätze lagen im Rahmen der üblichen no-show-Quote.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido. hab Dank für Deinen Bericht, den ich mit Interesse gelesen habe!

    Jessica Muirhead die Partie der Elsa, eine sehr interessante neue (?) Stimme


    Ja, magst Du denn nicht Jessica Muirhead als "Neue Stimme" vorstellen?
    Bei Youtube gibt es einige Aufnahmen von Wettbewerben! Aber auch Bühnenauftritte, unter anderem das Michaela-Jose-Duett aus Carmen mit Bryan Hymel!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hallo!


    Ich habe eben erstmals den Thread gelesen.


    Es ist doch interessant, wie plötzlich zwei unterschiedliche Bewertungen der von den Protagonisten besuchten Oper nebeneinander stehen.


    Abgesehen vom zwischenzeitlichen Abdriften der Äußerungen in den üblichen Schlamm, hat er die Kurve dank der besonnenen Äußerungen einiger wieder gekriegt.


    Ich weiß, im Internetforum wirken Beiträge "attraktiver" wenn sie etwas lautstark daher kommen.


    Es hätte diesem Thread allerdings gut getan, wenn nicht gleich die Überschrift die negative Einschätzung des Eröffnenden als Statement preis gegeben hätte. Dann wären abweichende Äußerungen nicht automatisch in die üblichen Widerspruchsmühlen geraten, sondern Menschen mit unterschiedlichen Meinungen hätten ihre Eindrücke und Argumente ausgetauscht.


    Das macht bei den Konzertkritiken doch auch kaum jemand (habe ich allerdings nicht ausdrücklich überprüft).


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo


  • Lieber Caruso,


    wenn ich aus dem Urlaub zurück bin, mache ich das vielleicht. Dauert aber noch ein paar Wochen.


    Viele Grüße
    Bertarido

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.