Anforderungen an Sänger unserer Zeit - und die daraus resultierenden Folgen

  • Immer wieder werden Stimmen laut, die den Niedergang der Gesangskunst beklagen. Und da muß man sich wohl fragen: Ist da was Wahres dran - oder herrscht hier lediglich eine pessimistische Grundeinstellung vor ?


    So einfach ist die Frage wahrscheinlich nicht zu beantworten - es ist vermutlich eine Frage der Erwartungshaltung.
    Nehmen wir die Sängerriege um 1910 her, dann wird man feststellen, daß bei den Damen bloße Virtuosität sehr verbreitet ist.
    Die "trillernden Nachtigallen" etc. Es gab das "Rampensingen" bzw Gesangsvorträge, die uns heute gelegentlich "theatralisch" vorkommen" In späteren Jahren, nach Einführung der elektischen Tonaufnahme klangen Frauenstimmen ein wenig natürlicher, aber ich würde sagen erst in den späten 30er Jahren war ein Standard erreicht, der Männerstimmen weitgehend unverfärbt und Frauenstimmen einigermaßen unverfärbt aufzeichnen konnte. Von da an gab es eine ganze Reihe geradezu betörend schöner Aufnahmen von Opernarien, deren Qualität in Tontechnischer Hinsicht schon sehr gut war.
    mit Einführung der Sterephonie kamen weitere große Stimmen am Markt - wie man sie heute . glaubt man den Pessimisten - kaum mehr findet. -Ich habe über die Ursachen dieses Problems nachgedacht und bin zu erstaunlichen Schlüssen gekommen. Aber davon später.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    anhand der Rubrik Entdeckung neuer Stimmen, sehen wir ja, das es sehr wohl junge Sänger gibt die gut singen können. Das Problem ist, das die wenigsten der Taminos noch live in die Oper gehen. Denn nur dort kann man einen Sänger genau studieren und die Qualität der Stimme beurteilen.. Studioaufnahmen sind immer etwas künstliches. Dehalb kaufe ich mir meistens auch nur Live DVD`s.

  • Lieber Alfred,


    ich weiß noch nicht, worauf dieses Thema hinausgeht. Wenn ich an die Diskussion in der Matinée in Ölbronn denke, ist das Angebot zu groß. Viele, vielleicht gute Stimmen, verschwinden als Chorsänger oder haben überhaupt keine Chance. Und viele Stimmen werden heute durch die Anforderungen, die Intendanten und Regisseure an sie stellen, schnell verschlissen, vor allem, weil man von ihnen auch die Identfikation und damit die entsprechenden schauspielerischen Leistungen zu nicht zum Werk passenden Rollenauffassungen der Regiseure verlangt. Im Theater ist - wie es Bernd Weikl in seiner neuen Broschüre (2016) zur Kunst und Pressefreiheit in Deutschland (die ich jedem einmal empfehle) schreibt, die 1807 abgeschaffte Leibeigenschaft wieder eingeführt. Intendant, Regisseur und Teile der Presse haben das Sagen und können den Sänger zu den unmöglichsten Dingen zwingen, der Sänger ist vielfach nur der Sklave. Eine eigene Meinung und Rollenauffassung darf er (sie) nicht haben, sonst wird ihnen der Vertrag gekündigt (auch das habe ich von Sängern über rücksichtslose, diktatorische Intendanten gehört). Wer also will es ihnen verdenken, wenn sie das nicht mehr zeigen dürfen, was in ihnen steckt und kaum eine Chance haben, auf die Beine zu kommen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ja, genau! Auch hier ist der wahre Schuldige das Regietheater, welches genaugenommen auch für das schlechte Wetter und den fehlenden Sommer verantwortlich zu machen ist ... Mal ernsthaft: Ich denke, weder die verbesserte Aufnahmetechnik, noch das Regietheater hat etwas mit dem hier angedeuteten Problem eines Niederganges der Gesangskunst zu tun. Vielmehr ist, wie viele ähnlich gelagerte Threads hier imForum immer wieder zeigen, nicht einmal klar, dass es einen solchen Niedergang überhaupt gibt. Und tatsächlich ist es wohl so, dass es spätestens seit der Öffnung des Ostblocks weltweit noch nie so viele junge, vielversprechende Talente im Bereich des (Opern-)Gesanges gegeben haben dürfte, die zudem eine Chance haben, ihre Kunst als Brotberuf auszuüben. Eventuell wird sogar umgekehrt ein Schuh daraus, denn schon allein aufgrund der verfügbaren Menge stellt eine schnell ausgesungene Stimme für den Betrieb kein wirkliches Problem mehr dar, wenn schnell ein adäquater Ersatz gefunden werden kann. Es mag zynisch klingen, aber eine schon in jungen Jahren verschlissene Sängerin ist wirtschaftlich ebensowenig einen Verlust, wie 100.000 Chinesen, die durch ein Erdbeben umkommen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Es war die Gefahr gegeben, daß dieser Thread wieder in eine Regisseurtheaterdebatte mündet, aber das ist nicht die Absicht dieses Threads. Ich möchte - da hier schon mal angesprochen - das Nebenthema Regiesseurtheater kurz streifen. Auch ich bin der Meinung, daß ein beaachtlicher Teil des Opernpublikums vergrault wurde, und der daraus resultierende Schaden sehr groß ist. ABER natürlich kann man nicht all Aspekte und Phänomene dadurch erklären.
    Mann muß -. so ist zumindest meine Meinung - den "Markt" in mehrere Bereiche aufteilen. Aus meiner Sicht sind das im wesentlichen der "Opernbesucher"-Bereich und der "Konservensammler"- Bereich.


    Ich lasse fürs erste den Bereich "Opernbesucher" beiseite - weil der ja besonders anfällig für das Thema "Regisseurtheater" ist, und widme mich zunächächst der Sängern auf Konserve. Als man um das Jahr 1900 herum erstmals begann Opernarien aufzunehmen, so war das keine reale Gefahr für die Künstler, denn die erzielte Qualität der Trichteraufnahmen war samals einfach kathastrophal. Der Tricher erzeugte Verzerrungen, der Sänger musste einerseits hineinbrüllen, andrerseits im Forte- Bereich den Abstand zum Trichter vergrössern, indem er einen Schritt zurück trat oder sich nach hinten beugte.
    1925 folgte die elektrische Aufnahme die ein - aus damaliger Sicht naturgetreueres Abbild der Realität ermöglichte, ein weiterer Schritt war das Tonbandgerät, das ab ca 1936 in Studios Verwendung fand. Um 1950 war man so weit, Stimmen rauscharm und mit annähernd unverfälschtem Frequenzgang aufnehmen zu können. Was hier an Klassikaufnahmen bis in unsere Zeit überliefer wurde ist schon beachtlich. Ab ca 1955 entstanden die ersten Stereoaufnahmen , die dann im Großen vermarktet wurden, allerdings dauerte es ca 12 Jahre bis die meisten Haushalte diese Technik akzeptierten.
    Die berühmten Produzenten jener Zeit waren sich der Bedeutung von Tonaufnahmen bewusst - vielleicht überschätzte man sie sogar. Eine Tonaufnahme war das was heut als "Projekt" bezeichnet würde. Ein technischer und künstlerischer Stab belagerte ein Studio, es wurden - der Akustik wegen - Probeaufnahmen gemacht und anschliesend begann die wirkliche Aufnahme, Gefiel einem wichtigen Mitglied des Aufnahmestabes ein Take nicht, so wurde gnadenlos wiederholt . oft tagelang. Perfektion war angesagt - man nahm ja schliesslich "für die Ewigkeit" auf. Genau diese Betrachtungsweise spornte alle Mitwirkenden zu Höchstleistungen an. Mit "idealen" Sängern wurden Exklusivverträge geschlossen und anschliessend wurden sie dem PT Publikum als "Übermenschen" verkauft. Man war (oft recht erfolgreich) bemüht das wahr zu machen , was Herbert von Karajan (er war sehr Technik-affin) einst behauptet hatte: Gut gemachte Studioaufnahmen klingen besser als wenn man live dabei wäre. Das wurde dem Plattenkäufer solange eingepaukt (ich selbst bin ein Opfer) bis sogar die Werbestrategen selbst daran glaubten.


    Damit hätten wir eine Basis geschaffen auf der wir aufbauen können.
    Viele Fragen aber sind offen geblieben. Das ist auch gut so, denn der Trhead soll ja noch eine Weile bestehen bleiben und dabei interessant sein.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Rudolfo, lieber Alfred,


    Das Problem ist, das die wenigsten der Taminos noch live in die Oper gehen. Denn nur dort kann man einen Sänger genau studieren und die Qualität der Stimme beurteilen.....


    Das ist genau der Punkt, an dem das Forum im Bereich Oper und Gesangskunst krankt.

    ...anhand der Rubrik Entdeckung neuer Stimmen, sehen wir ja, das es sehr wohl junge Sänger gibt die gut singen können.....


    Nur leider hören sich die meisten noch verbliebenen Melomanen im Forum die vorgestellten Sänger nicht mal an. Sonst würden sie ja sicher zumindest kurz was dazu sagen. Aber es äußert sich außer euch beiden kaum Jemand. Sehr sonderbar.


    Es tröstet mich, dass offenbar der Thread bei externen "Besuchern" recht starkes Interesse findet. Sonst hätte ich längst die Lust verloren und meine Bemühungen um diesen Thread eingestellt.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Zitat

    Zitat von Rodolfo: Das Problem ist, das die wenigsten der Taminos noch live in die Oper gehen.

    Ja, das ist schade. Aber das Regisseurstheater hat eben die meisten vertrieben. Auch ich betrete ein Opernhaus nur noch dann, wenn eine vernünftige Inszenierung geboten wird, und das ist leider nur noch selten der Fall. Nur wegen eines bestimmten Sängers gehe ich nicht in ein Opernhaus, wenn die Inszenierung nicht stimmt. Den Sänger kann ich mir auch im Radio, auf CD oder in einem Konzert (live oder im Fernsehen) anhören. Das von dir hier genannte Problem kann sich also nur lösen, wenn die Inszenierungen wieder stimmen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Aber das Regisseurstheater hat eben die meisten vertrieben.


    Eine ganz offensichtlich falsche Behauptung, denn wenn sie stimmte, wären die Opernhäuser fast leer. Meine Erfahrungen sind da ganz andere. Die Vorstellungen, die ich in den letzten Jahren im In- und Ausland besucht habe, waren typischerweise zwischen 80% und 100% besetzt, eine weniger als 2/3 volle Vorstellung habe ich noch nie erlebt. Von "die meisten vertrieben" kann also keine Rede sein. Aber scheinbar gelingt es nicht, diese massenhaft vorhandenen Operngänger für das Forum zu werben.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Aber scheinbar gelingt es nicht, diese massenhaft vorhandenen Operngänger für das Forum zu werben.


    Ich habe eine kleinen, aber feinen Kreis von Leuten, mit denen ich regelmäßig in die Oper und in Konzerte gehe. Natürlich weise ich auch regelmäßig auf unser Forum hin und ein grundsätzliches Interesse würde wohl auch bestehen (Kompetenz ist m.E. ausreichend vorhanden ;) ). Abschreckend wirken tatsächlich die ständigen Regietheaterdiskussion, wobei es weniger der Topos an sich ist, sondern das Gebahren - man höre und staune - der Regietheater-Gegner ... Und da denke sich jetzt jeder seins :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Ja, das ist schade. Aber das Regisseurstheater hat eben die meisten vertrieben.


    Hallo Gerhard!


    Lass bitte Deine Kommentare wenn es nicht um Regietheater geht: Du sagst ohnehin immer gebetsmühlenartig das Gleiche .
    Sie nerven nur noch. Und - was noch schlimmer ist - sie machen jede Diskussion kaputt!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Hallo Gerhard!


    Lass bitte Deine Kommentare wenn es nicht um Regietheater geht: Du sagst ohnehin immer gebetsmühlenartig das Gleiche .
    Sie nerven nur noch. Und - was noch schlimmer ist - sie machen jede Diskussion kaputt!


    Sehr wahr! - Aber auch ohne die allfälligen Invektive gegen das Regietheater ist mir nicht ganz klar, worum es Alfred in diesem Thread eigentlich geht: Wird hier die These aufgestellt, dass sich die Anforderungen an Sängerinnen und Sänger aufgrund der verbesserten Aufnahmetechnik verändert haben? Und falls ja, inwiefern? Und um welche Anforderungen geht es? Anforderungen an das technische Vermögen eines Sängers? Oder doch eher Anforderungen an die Vermarktungsfähigkeit einer Sängerpersönlichkeit? Welche Relevanz sollte hier die Aufnahmetechnik haben, wo doch die allermeisten Sängerinnen und Sänger weniger im Studio stehen um Aufnahmen zu produzieren (wenn dies überhaupt der Fall ist), sondern auf der Konzert- oder Opernbühne an manchen Abenden ihr bestes zu Gehör bringen und an anderen Abenden einfach "nur" Brot und Butter ersingen müssen? - Was im übrigen, wie einige hier schon sehr richtig festgestellt haben - nur dann wirklich zu beurteilen ist, wenn man in Oper geht, statt über die Oper zu schimpfen :hello:


    Und was sollte all dies mit einem Niedergang der Gesangskunst - wenn es denn einen solchen geben sollte - zu tun haben?


    Also, Alfred, wie wäre es mit Butter bei die Fische?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber Alfred, diesen Thread begrüße ich ausdrücklich und ohne Einschränkung! Wir sollten nur seine Ziele noch präziser fassen, besonders von der Diskussion um Regie, Live-Aufnahmen und Konserve abkoppeln, damit wir uns nicht verheddern im Dschungel der Aspekte - und das Entscheidende aus den Augen verlieren. Im Zentrum stehen meines Erachtens Gesangstechnik und Entwicklung einer Stimme.


    Dass nur wenige Opernfreunde zu diesem Forum stoßen, dürfte nicht das Problem sein. Ich selbst wäre z.B. nicht dabei, wenn mich Operus nicht gelockt hätte. Und ich hielte mich, wenn ich ihm nicht gefolgt wäre, trotzdem für einen ernsthaften Diskutanten in Sachen Oper.


    Und, lieber Caruso, bei allem Respekt vor deinem Sachverstand und deinem Einsatz: Ob jemand hier regelmäßig sich einmischt, muss kein Kriterium für den Grad seines Interesses sein. Ich war z.B. vom 19. bis 22.10. vier Tage verreist - und am 23. in Straßburg in der Oper in Sachen Merker. Vielleicht lässt du dich von meiner Rezession der Liebestrank-Produktion dorthin locken. Man kann nicht immer im Forum präsent sein.


    Und, lieber Bertarido, sei mir nicht bös, aber dass die Opernhäuser mindestens zu zwei Dritteln voll sind, liegt doch daran, dass es das Abonnement-System den Leuten so bequem macht, ohne Eigenleistung in die Oper zu gehen. Die Nur-Abonnenten sind in der Regel ohne nennenswerte Kenntnisse. Die meisten Vorstellungen sind zu 50% ausabonniert. Sonst wären die Opernteater wirklich nur viertelvoll. Über die Gründe kann man im Einzelnen streiten. Die Wahrheit liegt vielleicht zwischen dir und Gerhard in der Mitte.


    Ich hoffe, dass ihr diesen Rundumschlag nicht missversteht. Er soll nur dazu dienen, die Sachlichkeit nicht über Gebühr aus den Augen zu verlieren.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Die Nur-Abonnenten sind in der Regel ohne nennenswerte Kenntnisse.


    Ich weiß, dass es nichts mit dem Thema - von dem ich immer noch nicht genau weiß, was es eigentlich ist - zu tun hat, aber läßt sich diese beständig und insbesondere gerne von den "Altvorderen" formulierte These eigentlich irgendwie belegen? Oder hat sie doch eher einen anekdotischen Charakter? Ich bin z.B. selber mehrfacher Konzert- und seit neuestem auch Theaterabonnent, weil ich so tatsächlich eine Menge Geld sparen kann. Ein Opern-Abonnement habe ich nur deshalb nicht, weil hier in Hamburg die Angebote für meine Belange (noch) zu unflexibel sind.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Einerseits wird von den RT-Gegnern gerne das "wir sind das Publikum"-Argument bemüht, wenn es darum geht, unliebsame Inszenierungen und Regisseure zu diffamieren. Andererseits wird dann aber wieder behauptet, das Publikum hätte keinen Sachverstand, da ja "nur" Abonnenten. So, wie es gerade passt...

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  • Zitat

    worum es Alfred in diesem Thread eigentlich geht: Wird hier die These aufgestellt, dass sich die Anforderungen an Sängerinnen und Sänger aufgrund der verbesserten Aufnahmetechnik verändert haben? Und falls ja, inwiefern? Und um welche Anforderungen geht es? Anforderungen an das technische Vermögen eines Sängers? Oder doch eher Anforderungen an die Vermarktungsfähigkeit einer Sängerpersönlichkeit?


    Das Thema ist natürlich zu komplex um alle Fragen auf einmal zu beantworten.
    Natürlich ist einiges subjektiv, anderes indes vermutlich beweisbar.


    Wir konnten uns in den Sängerthreads davon überzeugen, daß es nach wie vor Stimmen erster Wahl gibt.
    Dennoch stoßen sie auf wenig interesse. Das gilt nicht nur für Resonanz im Forum, sondern auch für verkaufte Stückzahlen UND für den Wandel der Gesellschaft.


    Hier ist ein Vergelich mit den Möglichkeiten der Sänger der Vergangenheit hilfreich.
    Zu Zeiten, als es noch keine Tonaufnahmen gab, da MUSSTE der Opernfreund einfach in die Oper gehen. Vergleichsmöglichkeiten gab es wenige, die Stars wurden geradezu angebetet. Einige von ihnen konnten sich sogar Arien auf den Leib schreiben lassen.


    Mit der Tonaufnahme bagann schleichend ein Prozess, der sich für die Karierre von Sängern fürs erste positiv, in Folge indes fatal auswirken sollte.


    Die Sängergeneration, die sich Mitte der 50er Jahre bis etwa 1970 auf dem Höhepunkt ihrer Karriere befunden hatte, bekam ein großes Stück vom Kuchen ab. Sie wurden -vor allem nach Einführung der Stereophonie - immer wieder für Tonaufnahmen eingesetzt - wobei die konkurrierenden "Majors" weder Kosten noch Mühen scheuten die teuersten und besten Sänger zum Einsastz zu bringen. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Aufnahmen mit "legendären" Sängern, die oft bis heute als Referenz gesegen werden. Jeder Sänger der Gegenwart muß sich mit diesen Größen der Vergangenheit messen - wenn er überhaupt Gelegenheit dazu bekommt. Denn das wird nicht immer der Fall sein. Wenn ein Opernfreund
    sich einen Pool von sagen wir mal 100 oder 150 Interpreten in vorzüglichen Aufnahmen zugelegt hat, und er immer wieder mit einstigen Referenzaufnahmen versorgt wird - und das teilweise zum Budgetpreis, dann wird er sich überlegen das Risiko einzugehen eine unbekannte Stimme dazu zu erwerben.


    Ein weiterer Aspekt ist die Klangphilosophie. Es war früher üblich Gesangstimmen ein wenig in den Vordergrund zu holen und ihnen durch subtil eingesetzten Hall die Stimme ein wenig kosmetisch tu "tunen". Nun ist es nicht unbedingt so, daß man das heute nicht mehr könnte, aber man nimmt leider oft LIVE auf, was die Möglichkeiten der Klangmanipulation doch sehr einschränkt. So gibt es im Bereich der Tonträger ein offensichtliches Handycap.
    Der heutige Sänger siehr sich einer unbarmherzigen Tontechnik gegenüber die alle Fehler aufzeigt, aber andrerseits sind stimmenschmeichelnde Filter heute verpönt. Und er muss nicht nur gegen seine lebenden Konkurrenten bestehen, nein viel stärker sind noch die toten, die allmählich zu Legenden mutierten, sacrosankt und unfehlbar- versehen mit einem Hauch von Unsterblichkeit


    Heute wird von einem Sänger üblicherweise ein gutes Aussehen verlangt (natürlich sieht man in Sonderfällen von dieser Forderung ab) und daß er sich den Anweisungen des Regisseurs unterwirft. Zudem sollte er zeitgenössischem Repertoire nicht widerwillig gegenüberstejen, denn das wird von einigen gar nicht gern gesehen, Wieder gibt es Ausnahmen, nämlich die Shooting Stars - da gelten dann überhaupt keine Regeln.


    Der Sänger von heute muß diszipliniert sein, Starallüren, einst ein untrügliches Markenzeichen eines Stars, werden einfach nicht geduldet.


    Und der Konkurrenzdruck ist sehr groß. Bei der in nächster Zeit oft erwähnten Universität für Musik und darstellende Kunst ist die Aufnahmsprüfung relativ streng, weil da mehr als nur die Stimme mit einbezogen wird, sondern auch ob der Aspirant auf für die anderen Anforderungen des Berufs, wie beispielsweise ein starkes Nervenkostüm, verfügt, etc.


    So - das sollte fürs erste genug sein - für Zustimmung und Widerspruch...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Zitat von Caruso: Lass bitte Deine Kommentare wenn es nicht um Regietheater geht: Du sagst ohnehin immer gebetsmühlenartig das Gleiche . Sie nerven nur noch. Und - was noch schlimmer ist - sie machen jede Diskussion kaputt!

    Lieber Caruso,


    ich wollte ja nicht, wie du, persönlich werden, aber:


    1. Ich habe lediglich als Antwort auf das von Rodolfo in Nr. 2 aufgeworfene Problem erklärt worin ich den recht offensichtlichen Grund dafür sehe, was ich hier aus vielen Beiträgen und auch sonst erfahren habe.
    2. Ich kann nirgendwo im Forum deine Berechtigung erkennen, das du mir das verbieten darfst. Habe ich dir oder anderen jemals etwas verboten?
    3. Natürlich wären hier einige froh, wenn wir das Problem nicht immer wieder aufzeigen würden, aber nur so kann man dazu beitragen, dass das Problem endlich beseitigt wird.
    4. Gebetsmühlenartig wird auch von Seite der Befürworter dieser Entstellungen versucht, mich (und andere) zum Schweigen zu bringen. Der Unterschied ist lediglich, dass ich eine Sache immer wieder rüge, während manche – u.a. jetzt du – persönlich werden.
    5. Es zwingt dich niemand, das, was ich schreibe, zu lesen. Wenn du oder einige andere hier genervt sind, ist das ihre Sache. Ich lasse mich von dem, was hier manche schreiben, nicht entnerven.
    6. Es wurden hier schon viele Themen (u.a. auch über das Regisseurstheater) durch endlose von Thema abweichende Erörterungen hoffnungslos zerstört und mussten sogar eingestellt werden.
    7. Ich habe bisher deine Beiträge gelesen und bin auch teilweise darauf eingegangen. Dies war der letzte. In Zukunft werde ich auch deine Beiträge einfach übergehen.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich lese grade einige Beiträge, die, direkt oder indirekt, auf meine Einlassung reagieren. Dazu einige Bemerkungen:


    Lieber Michael, du musst dich nicht rechtfertigen, warum du irgendein Abonnement hast. Aber ich kann nur sagen, dass ich nur einmal in einer Ausnahme-Situation ein Opern-Abo hatte: Es war ein begrenztes Abo für eine Handvoll Gala-Aufführungen in Stuttgart, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Das muss ich nicht begründen. Aber jeden zweiten Mittwoch im Monat einen Opernabend absitzen, weil man irgendwo dazu gehören will, das ist zwar das, was sich die Theater wünschen, um die Kasse zu füllen. Es hat aber nichts mit künstlerischen Aspekten zu tun. Und den Abonnenten macht es nicht zum kundigen Opernfreund, sondern zum Gewohnheitskonsumenten, der applaudiert, wenn (oder weil!) der Vorhang fällt. Und das hat nichts mit Opernkunst zu tun.
    Ich habe mir ab einem bestimmten Zeitpunkt die Vorstellungen nach voraussichtlicher Qualität ausgesucht und wollte nicht Füllmasse für die Kassenbilanz sein. Und ich glaube, dass nur dieses Publikum wirklich zählt - jedenfalls in dem Rahmen, in dem wir hier diskutieren.


    Und, lieber Bertarido, ich stimme dir zu: Wer es nötig hat, "wir" zu sagen, hat ein defizitäres Ich. Aber die Behauptung, solche Sprüche kämen nur von RT-Gegnern, ist nicht zu halten. Die Deppen sitzen auf beiden Seiten. Lasst uns doch von diesen Klischees Abschied nehmen - und uns dem zuwenden, was bei unserem Thema zählt: Haben es Gesangskünstler schwerer als einst - und wenn ja, warum? Da gäbe es, jenseits alter Grabenkämpfe, manches zu sagen. Aber jetzt sage ich erst mal Gute Nacht.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Sixtus schrieb

    Zitat

    Die Nur-Abonnenten sind in der Regel ohne nennenswerte Kenntnisse.


    MSchenk antwortete:
    I

    Zitat

    ch weiß, dass es nichts mit dem Thema - von dem ich immer noch nicht genau weiß, was es eigentlich ist - zu tun hat, aber läßt sich diese beständig und insbesondere gerne von den "Altvorderen" formulierte These eigentlich irgendwie belegen? Oder hat sie doch eher einen anekdotischen Charakter? Ich bin z.B. selber mehrfacher Konzert- und seit neuestem auch Theaterabonnent, weil ich so tatsächlich eine Menge Geld sparen kann. Ein Opern-Abonnement habe ich nur deshalb nicht, weil hier in Hamburg die Angebote für meine Belange (noch) zu unflexibel sind.


    Es ist schon was wahres dran, lässt sich aber nicht verallgemeinern - und in Wien lief das ohnehin ganz anders. Ob das was ich hier beschreibe, heute noch gilt kann ich nicht sagen, aber früher traf das sicher zu.


    Ein Abonnement bei der Wiener Staatsoper war so gut wie nicht zu bekommen, weil die Patrizierfamielen alle mit Beschlag belegt hatten. Sie wurden auch regelmäßig in der Familie weiter vererbt und wer eines sein eigen nannte konnte zur absoluten haute volee Wiens gezählt werden.


    Generell ist es aber so - das liegt in der Natur der Sache, daß das Abonnementpublikum die Auswahl andere für sich treffen lässt. Daraus lässt sich schliessen, daß ihnen das Thema Oper (Konzert) nicht wahnsinnig am Herzen liegt, oder aber, daß´es sich um ein relativ junges Publikum handelt, welches froh ist, die Werke preiswert kennenzulernen, wer da singt ist nicht die Hauptsache. Dann wieder gibt es eine andere art von Abonnenten, das sind jene, die den Opernbesuch zumeist mit einem nächtlichen Restaurants- oder Barbesuch verknüpfen und sich einen schönen kultivierten Abend gönnen wollen. In der Pause ein Glas Sekt und ein Lachsbrötchen, Small Talk mit Freunden, die ebenfalls ein Abonnement der gleichen Serie besitzen "Der X singt diese Arie ja wunderbar, meine Großmutter hat sogar noch den Caruso gehört - der war aber garn icht so gut - hat sie gesagt."


    Aber natürlich können Abonnenten durchaus auch anspruchsvoll sein. Ich selst hatte in meiner Jugend ein Konzertabonnement.(Jeunesse Konzerte - man durfte nur bis 26 teilnehmen) Zwar war es oft die zweite Garnitur, die da musizierte aber im allgemeinen war das Gebotene recht ordentlich, und manchmal sogar mehr.


    Ich komme jetzt über diesen Umweg wieder zum eigentlichen Thema zurück und erwähne eine Eigenschaft des Publikums von heute, die ich in Beitrag Nr 16 vergessem hatte:


    Das heutige Piblikum ist - von Ausnahmen abgesehen - relativ anspruchslos. Diese Eigenschaft ist nicht nur in Bezug auf oper zu registrieren, sie ist Merkmal der gegenwärtigen "Gesellschaft"


    Der Konsument von heiute ist markenlosen Produkten gegenüber ziemlich aufgeschlossen, er akzeptiert kleinere Mängel, mimmt nicht so wichtig. Diese Tendenz kommt aus den USA, wo schon in meiner Jugend Schallplatten relativ billig zu haben waren, allerdings in einer Pressqualität, die hierzulande nicht toleriert wurde. Diese Grundeinstellung zeigt sich auch in Bezug auf Interpreten. Eigentlich bewundert man sich nicht wie unsere Vorfahren das einst taten. Wenn Karajan das Podium betrat verharrte alles in ehrfürchtiger Stille. Unter Brendels scharfem Blick erlosch jeglicher Anflug von Husten im Publikum.
    Heute soll ein Sänger eher freundlich und locker sein, fast hätte ich gesagt "einer wie Du und ich" - er soll nicht unnahbar sei und möglichst über twitter etc mit seinen Fans kommunizieren. Kann man sich sowas von Elisabeth Schwarzkopf vorstellen ? -Ich jedenfalls nicht. Jenes Charisma - ob echt oder künstlich fehlt heutigen Sängern. Das mach sie IMO schwerer vermarktbar als die Größen vor 50 Jahren und früher...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Gerhard.


    2. Ich kann nirgendwo im Forum deine Berechtigung erkennen, das du mir das verbieten darfst. Habe ich dir oder anderen jemals etwas verboten?


    Ich wüßte nicht, warum ich Dich nicht bitten dürfte, Deine Interventionen zu unterlassen, wenn die meiner Mewinung nach kontraproduktiv für die Diskussion in einem Threads sind.


    7. Ich habe bisher deine Beiträge gelesen und bin auch teilweise darauf eingegangen. Dies war der letzte. In Zukunft werde ich auch deine Beiträge einfach übergehen.


    Schade, denn so wirst Du ja auch diesen Beitrag nicht lesen, in dem ich zumindest klarstelle, dass ich Dir nichts verboten habe!


    Auf die übrigen Punkte einzugehen lohnt sich nicht, da Du das ja eh nicht lesen wirst.


    Noch eine gute Zeit im Forum.
    Und vielleicht: bis bald


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Ich habe bisher deine Beiträge gelesen und bin auch teilweise darauf eingegangen. Dies war der letzte. In Zukunft werde ich auch deine Beiträge einfach übergehen.

    Willkommen im Club.


    Zitat

    Eine Ignorierliste habe ich nicht nötig.


    Zitat

    Ich habe bereits - neben den beiden von dir Genannten - heute das Gleiche getan [auf meine Ignorierliste setzen], da ich die ewige Oberlehrerhaftigkeit inzwischen auch leid bin.


    Zitat

    Ich habe bei Erblicken dieser Avatare schnell weitergeschaltet, denn das bloße Gerede interessiert mich nicht mehr.


    Zitat

    Diese kleine Minderheit überschlage ich inzwischen, wenn ich schon den Avatar dieser Leute sehe.


    Zitat

    Für mich ein Grund, solche Leute zu ignorieren.


    Zitat

    Darüber kann ich dann nur lachen und ignoriere denjenigen künftig.


    Zitat

    ignoriere ich seine Beiträge. Auch die ständigen Lobpreisungen für ihnvon dir lese ich nicht mehr.


    Zitat

    und habe ihn auf mein Ignorierliste gesetzt.


    Zitat

    Deshalb lese ich die Einlassungen der beiden einfach nicht mehr.


    Zitat

    ich lese sie tatsächlich nicht mehr


    Zitat

    (leider muss ich ja ab und zu die Zitate lesen, wenn ich die Reaktion anderer verstehen will)


    Zitat

    Aber das ignoriere ich einfach


    Zitat

    Die Beiträge mindestens dreier Mitglieder ignoriere ich einfach.


    Zitat

    Obwohl ich die meisten Beiträge von Stimmenliebhaber übergehe


    Zitat

    Da ich den Beitrag des Initiators dieses Themas nicht gelesen habe und auch nicht lesen werde


    Zitat

    Ich lese die absurden Einlassungen eines Herrn K. zwar schon lange nicht mehr


    Zitat

    die ich in ihrer unerträglichen Arroganz nicht mehr lese


    Zitat

    Wer vernünftig denkt, kann nur eines tun: das alles ignorieren.


    Zitat

    Entweder lächeln und ad acta legen oder ganz ignorieren.


    Zitat

    Und das dann noch zu lesen, geschweige denn darauf einzugehen, dafür ist mir meine Zeit, die ich für bessere Beschäftigungen verwenden kann, einfach zu schade.


    Zitat

    habe ich es schon seit einiger Zeit aufgegeben, mich damit überhaupt noch zu befassen


    Zitat

    Austrocknen lassen ist das einzig Richtige.


    To be continued ...

  • Und tatsächlich ist es wohl so, dass es spätestens seit der Öffnung des Ostblocks weltweit noch nie so viele junge, vielversprechende Talente im Bereich des (Opern-)Gesanges gegeben haben dürfte, die zudem eine Chance haben, ihre Kunst als Brotberuf auszuüben


    Lieber Michael,
    mit dieser Aussage liegst Du vollkommen richtig. Es gab weltweit noch nie ein so großes Angebot gut und professionell ausgbildeter Sänger. Das Angebot und damit die Konkurrenz ist weltweit geworden. Alles drängt auf den deutschen Markt, weil trotz allem Gott sei Dank hier die Zahl und Grundstruktur der Opernhäuser noch stimmt.


    ich weiß noch nicht, worauf dieses Thema hinausgeht. Wenn ich an die Diskussion in der Matinée in Ölbronn denke, ist das Angebot zu groß. Viele, vielleicht gute Stimmen, verschwinden als Chorsänger oder haben überhaupt keine Chance.

    Gerhard spricht hier ein Kernproblem an: Wir diskutierten beim Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft das Thema "Gesangsausbildung in Deutschland" und Berufschancen junger Sänger mit einer qualifizierten Expertenrunde und in einer interaktiven Diskussion mit dem Fachpublikum, darunter ca. 100 Gäste aus dem künstlerischen Bereich. Ergebnisse in Schlagworten: Die Musikschulen in Deutschland produzieren jährlich ca. 300 Sängerinnen und Sänger mit diplomiertem Abschluss. Dazu kommen noch die Privatschulen und -lehrer. Dem gegenüber steht ein jährlicher Bedarf von ca. 150 Stellen an professionellen Solo- und Chorsängern, um die sich auch noch die ausländischen Sänger bewerben. Es wird also Überangebot und Arbeitslosigkeit produziert. Nun ein Marktgesetz: Wie immer wenn Überangebote bestehen haben die Einkaufenden einseitig zu viel Macht. Zur Sängerausbildung in der BRD wurde u. a. als Ergebnis der Diskussion herausgearbeitet. Viel zu wenig Zeit im Studium für Gesangsunterricht. Opernklassen an den Musikhochschulen und Opernstudios sind gute Einrichtungen, aber ein geschützter Raum, der wenig mit der Theaterrealität zu tun hat. Häufig werden Opernstudios dazu benutzt, um billige Sänger an die Opernhäuser zu bekommen. Es wurden haarsträubende Fälle von schamloser Honorardrückerei und jungen gnadenlos ausgenützten Sängern berichtet. Während in Deutschland hauptsächlich Anfänger ausgebildet werden kommen die ausländischen Sänger besonders aus dem asiatischen Raum bereits weit besser ausgebildet und "fertiger" nach Europa. Dafür ein Beispiel: Wir hatten für zwei Konzerte im Jahre 2018 beim DEBUT-Gesangswettbewerb 2 ordentlich dotierte Engagementspreise gestiftet. Der Dirigent, meine Frau und ich trafen die Auswahl. Unter den 8 Finalisten waren 6 Südkoreaner und wenn ich mich richtig erinnere 2 Chinesen. Kein einziger Deutscher! Das Beispiel spricht für sich und zeigt die Misere ganz deutlich auf.

    Zitat


    Die Nur-Abonnenten sind in der Regel ohne nennenswerte Kenntnisse.

    Also hier muss sogar ich einmal ganz energisch widersprechen: Ich bin seit rund 50 Jahren mit für das Programm des Heilbronner Sinfonie Orchesters verantwortlich. Unser Rückgrat sind unsere über 1.400 Abonnenten und das ist bei allen Orchestern und Theatern so. Das sind die interessiertesten Besucher, genau diese Gruppe ist mit dem Orchester am engsten verbunden, Abonnenten beteiligen sich mehrheitlich an den Publikumsbefragungen und besuchen die Einführungsvorträge. Nur über die Abonnements werden weite Teile der Besucher an Theater und Konzert herangeführt. Wobei es heute neben dem klassischen Jahresabonnement eine ganze Reihe anderer Abonnements, wie Jugend-, Schnupper- Auswahlmieten usw. gibt. Die Abonnenten überlegen sich also sehr wohl, welche Konzerte sie wählen und haben in der Regel die durch Erfahrung gestützten Kenntnisse für eine durchdachte, gezielte Konzert- und Werkauswahl. Der deutsche Musik- und Theaterbetriieb funktioniert zum großen Teil auf dem Abonnentensystem.


    Das Thema dieses Threads könnte und sollte also sachlich und sogar teilweise faktengestützt diskutiert werden. Bei uns im Taminoforum ist das Thema "Regietheater" jedoch nicht gelöst. Es ist wie bei einer schwärenden nie ausgeheilten Wunde oder einem nicht verarbeiteten Trauma. Diese unbewältigten Probleme schwappen in fast alle unsere Diskussionen hinein, vergiften das Klima und führen sogar zu persönlichen Konflikten. Dabei ist es im Grund ganz einfach:
    Die Regietheaterfreunde und -befürworter weisen zu recht darauf hin, dass Oper nicht überaltern und museal erstarren darf. Oper muss lebendig bleiben und im Zeitgeist und als Spiegel der Gesellschaft neu gedacht und gestaltet werden. Die meisten traditionellen Operfreunde werden die vorstehende Aussage bedingt bejahen. Sie wehren sich nur, wenn in Opern zu starke Eingriffe in den Stoff, in die Handlung, die Zeitgeschichte oder gar die Musik vorgenommen werden und die Oper bis zur Unkenntlichkeit verändert wird. Besonders protestieren sie gegen Ekel-, Gewalt-, sexistische, einseitg politische oder gar rassistische, nur auf Provokation und Verhöhnung der Oper und des Publikums gerichtete Interpretationen und Inszenierungen. Für die Auffassungen von beiden Seiten sprechen also gewichitige, zum Teil sogar unwiderlegbare Argumente. Wie wäre es denn, wenn wir diese Grundansichten, bei denen es nie eine Einigung geben wird, akzeptieren und uns dann über konkrete Fälle, wo eine Oper gelungen und faszinierend neu erzählt und dargestellt wurde und über die wirklich abzulehnenden Entgleisungen unterhalten würden. Nur mit einer, die andere Ansicht, Einstellung und Persönlichkeit tolerierenden Haltung können wir Gräben überwinden, fruchtbar diskutieren, uns näher kommen und wahrscheinlich teilweise Übereinstimmungen erzielen. Wie wäre es, wenn wir dies bereits und sofort in der Diskussion bei diesem Thema und bei diesem Thread probieren und realisieren würden?


    Herzlichst
    Operus


    Noch eine persönliche Bitte von mir an Gerhard Wischniewski und Caruso: Vergesst den unnötigen Zwist. Ihr beide seid als prägende Persönlichkeiten und für das Forum und vor allem im Opernbereich so wichtig, dass die Diskussion zwischen Euch nicht abgebrochen und keine persönlichen Animositäten aufgebaut werden sollten. Liefert uns bitte ein Beispiel, wie Konflikte durch die von mir vorgeschlagene und für's Forum wichtige Toleranz einvernehmlich und ohne Forderungen an den anderen Partner gelöst werden können. :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Zitat von Operus: Wie wäre es denn, wenn wir diese Grundansichten, bei denen es nie eine Einigung geben wird, akzeptieren und uns dann über konkrete Fälle, wo eine Oper gelungen und faszinierend neu erzählt und dargestellt wurde und die wirklich abzulehnenden Entgleisungen unterhalten würden.


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Lieber Hans,


    du sprichst genau das aus, was andere und ich hier immer wieder gefordert haben. Nicht nur ich, sondern auch andere haben auch in vielen konkreten Fällen unsere Ansichten und Begründungen gegeben und konkrete Antworten dazu gefordert. Ich erinnere mich nur an einen einzigen Fall, in dem von der Gegenseite einmal versucht wurde, zu der völlig vom Werk abweichenden Inszenierung einmal konkret Stellungnahme abzugeben. Ansonsten beschränkte sich das immer auf rein theoretische Ausführungen ohne Bezug zu dem konkreten Werk.
    Ich selbst habe hier mehrfach bekanntgegeben, dass ich gewissen Modernisierungen, nicht abgeneigt bin, wenn sie die Handlung nicht - wie leider üblich - bis zur Unkenntlichkeit verschandeln (siehe auch meine Beiträge zur kürzlich gesendeten "Manon Lescaut" aus dem Royal Opera House von Jonathan Kent, der damaligen Inszenierung "Tristan und Isolde" von Patrice Chereau in der Scala und noch einigen anderen). Ich werde hier als der größte Feind solcher Modernisierungen angesehen, obwohl es hier einige (und wie ich weiß, weit jüngere als wir beide) gibt, die noch weit kompromissloser - auch den kleinsten Abweichungen - gegenüberstehen.
    Ich würde mich wirklich einmal freuen, wenn die Befürworter uns genau erklären würden, worin sie den Sinn für die konkret benannten Entgleisungen der Inszenierung einer konkret und für alle auch im Internet oder bei der Fernsehübertragung nachvollziehbaren Oper sehen und warum das ihnen unbedingt nötig erscheint und nicht nur immer wieder die blassen Theorien vorbringen würden, dass eine ehrliche und werkgerechte Inszenierung heute nicht mehr tragbar sei.
    Eines möchte ich hier noch betonen. Die Abweichung vom Thema begann bereits mit dem Beitrag 2 und inzwischen gibt es hier überwiegend nur noch Abweichungen, wie leider in vielen anderen Themen auch. Deswegen schalte ich mich hier jetzt aus dem Thema aus.
    Im übrigen, lieber Hans, wirst du erkennen, dass es mir um sachliche Dinge ging und ich mich möglichst enthalten habe, dabei persönliche Angriffe gegen ein Mitglied des Forums zu starten, auch da, wo ich schon mehrfach persönlich angegriffen wurde. Ich habe schon manchen persönlichen Angriff ignoriert. Das werde ich auch in Zukunft so halten.

    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • in dem von der Gegenseite


    Lieber Gerhard,


    nun bin ich etwas spitzfindig. Es sind oft ungedachte Kleinigkeiten, die wie ein schädlicher Bazillus wirken. Warum denken,sprechen und schreiben wir von einer Gegenseite? Alle, die hier im Forum vereinigt sind und mitarbeiten sind überdurchschnittlich interessierte und engagierte Musik-, Theater- und Opernfreunde, nur mit teilweise unterschiedlichen Ansichten. Wir sind im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung eine Minderheit unter 10%.
    Deshalb müssen wir uns als Gemeinschaft sehen, verstehen und auch so auftreten , die die wichtige Aufgabe eint, für den Erhalt der Kultur im Opern-, Theater- und Musikbereich zu kämpfen (ich habe das Wort bewußt gewählt).



    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Hans,


    da hast du natürlich recht, leider wird von beiden Teilen so gesprochen. Vielleicht sollte man es feiner ausdrücken, indem man von denjenigen spricht, die anderer Auffassung sind. Oder hast du einen anderen Vorschlag?


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Nur mit einer, die andere Ansicht, Einstellung und Persönlichkeit tolerierenden Haltung können wir Gräben überwinden, fruchtbar diskutieren, uns näher kommen und wahrscheinlich teilweise Übereinstimmungen erzielen.


    Lieber operus, ich bewundere Deine ausgleichende, auf Toleranz und Respekt beruhende Haltung. Du bist für mich so etwas wie der gute Geist dieses Forums und gehörst wahrscheinlich zu den wenigen, die von allen Taminos gemocht und geschätzt werden. :hello:


    Ich fürchte nur, an dem Dauerdisput über das Regietheater wirst selbst Du Dir die Zähne ausbeißen. Die Gräben sind zu tief, die Auffassungen zu unterschiedlich, und inzwischen sind leider auch die persönlichen Zwiste in einem nicht mehr heilbaren Stadium. Ich sehe nur die Möglichkeit, das Thema Regietheater so weit es geht aus anderen Themen herauszuhalten. Hier zum Beispiel gibt es so viel wichtige Aspekte - einige hast Du gerade genannt -, dass es wirklich schade wäre, wenn die Diskussion durch die immer wieder zum (Verzeihung) Erbrechen wiederholten gleichen RT-Einwürfe torpediert würde.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber operus, ich bewundere Deine ausgleichende, auf Toleranz und Respekt beruhende Haltung. Du bist für mich so etwas wie der gute Geist dieses Forums und gehörst wahrscheinlich zu den wenigen, die von allen Taminos gemocht und geschätzt werden. :hello:


    Danke, lieber Bertarido,


    Deine lieben Worte motivieren mich, in der Richtung Ausgleich weiter zu machen. Ich würde jedoch in fast jedem Fall so reagierenn, das es eine nach früheren Aggressionsphasen und zahlreichen Enttäuschungen hart erarbeitete Grundeinstellung von mir geworden ist. Mein phantastischer Traum in der Politik wäre die sogenannte Konsens-Partei. Dort würde man keine politischen Gegner kennen, sondern nur gemeinsam an Problemlösungen Arbeitende, Ziel wäre, bei allen Fragen und Problemen Übereinstimmungen und Konsens zu finden und umzusetzen. Entschuldigung, bin ich jetzt politisch, was nach Forenregeln ja untersagt ist? Ganz sicherlich bin ich auf einer tagträumerischen Fantasiereise. Also wieder runter auf den Boden der Tatsachen und der Realität - hier im Forum wäre ein klein wenig mehr Toleranz, gegeseitiger Respekt und Konsensbereitschaft bereits ein Erfolg, mit dem ich sehr zufrieden wäre, weil wir alle harmonisch und ergebnisorientiert zusammenarbeiten könnten :hello:
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • "Wohl Meister, zur Tagesordnung kehrt"!
    Zur Eingangsfrage, bzw. ob die heutige Sängergeneration im Vergleich mit früheren bestehen kann, muss man doch ein wenig differenzieren.
    Für das lyrische Fach gibt es wohl auch heute eine grosse Zahl an hervorragenden jungen Stimmen und Barockopern können sogar weit besser als gestern besetzt werden.
    Ein grosser Mangel an geeigneten Sängern besteht aber zweifelsohne im Bereich der Spinto-, bzw. Wagnersänger. Während vor ca. 40 Jahren in jedem grösseren Haus ein Ring, bzw. ein Tristan mit "Haussängern" besetzt werden konnte, muss man heute sogar einen Lohengrin, Siegmund mit einem Sänger besetzen, der in früheren Zeiten allenfalls als Spieltenor verwendet worden wäre ;) . Wenn ich, um bei den Tenören zu bleiben bleiben, bedenke, dass damals gleichzeitig Aldenhoff, Hopf, Windgassen, Beirer usw., usw. für das deutsche Fach nebeneinander existierten, gibt es heute nur wenige Sänger die Deutsch als Muttersprache haben und somit meines Erachtens auch nicht die Fähigkeit haben die Texte gänzlich auszuloten. Von der stimmlichen Sicherheit ganz zu schweigen. Natürlich, es existieren Gould und Seiffert, die aber auch nicht alles abdecken.
    Gleiches gilt übrigens auch für die Bässe, Soprane usw.. Wen gibt es noch neben Stemme? Früher sangen Nilsson, Varnay, Mödl, Rysanek, Ligendza, Bjoner parallel.
    Wenn man noch auf die anspruchsvollen Partieen der italienischen Oper zu sprechen kommt, kann man dasselbe konstatieren: Es gibt heute schlankweg keinen Corelli, Bonisolli, Bergonzi.
    Einzig Kaufmann kann für die Spintopartieen, wenn auch unterbrochen durch häufige Stimmkrisen, wirklich zufriedenstellend eingesetzt werden. Natürlich gibt es andere, die diese Partien auch singen,l aber sie erreichen, wenn man die alte Garde im Ohr hat, doch bestenfalls Annäherungswerte.
    Es ist doch symptomatisch, dass ein über 70jähriger Nucci eingesetzt wird, weil nach der Generation Gobbi, Bastianini, Cappuccilli kaum Nachwuchs für das schwere Verdifach herangewachsen ist.
    Also zusammengefasst: Für das Kernrepertoire, die Oper des 19. und frühen 20. Jahrhunderts besteht wirklich ein Mangel und es greift wohl zu kurz, dies mit dem RT zu begründen.

  • Also zusammengefasst: Für das Kernrepertoire, die Oper des 19. und frühen 20. Jahrhunderts besteht wirklich ein Mangel und es greift wohl zu kurz, dies mit dem RT zu begründen.


    Lieber M.Joho!
    Hab Dank für Deinen differenzierenden Beitrag. Da kann ich nur voll zustimmen!


    Ich würde vielleicht ergänzen, dass es bei Rossini, Bellini und Donizetti auch besser aussieht als in unserer Jugend. Erstens wurden kaum Werke von ihnen gespielt und zweitens meistens falsch oder unzureichend besetzt. Heute gibt es doch wirklich ein großes Angebot an fabelhaften Sopranen, Mezzosopranen und Tenören, die in dem Fach reussieren! Nur bei den Baritönern ist das Angebot nicht so eindrucksvoll.
    Ich gehöre zu denen, die die Erweiterung des 19. Jahrhundert-Kernrepertoires sehr begrüßen und genießen!


    Trotzdem schmerzt es natürlich, dass Trovatore und Forza, Simon Boccanegra und Otello kaum angemessen besetzt werden können.


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber operus,
    Ich denke da genau wie du. Nur manchmal ist es wirklich schwierig ruhig zu bleiben,. Die Idee mit der Diskussion anhand einer Inszenierung hatte ich auch schon, nur hat sich auf mein Beispiel La Cenerentola nur Michael gemeldet. Ich versuche auch immer neutral zu bleiben, was mir immer den Vorwurf einbringt, ich wäre wie die neutrale Schweiz und hätte keine eigene Meinung. Und warum muss man sich überhaupt für eine Seite entscheiden, darauf hab ich auch noch keine Antwort bekommen.
    Lieber Gerhard,
    Du hast mir übrigens auch nicht auf mein Beispiel geantwortet. Und deine Behauptung daß die Abweichungen mit meine, Beitrag begonnen haben, sind deshalb falsch, weil sie erst mit deinen Beitrag begonnen haben.

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