(Alb)-Traumberuf Opernsänger

  • Gerade bin ich mitten drin im DEBUT-Gesangswettbewerb, weil die Gottlob-Frick-Gesellschaft in diesem Wettbewerb zur Förderung junger Sängerinnen und Sänger 2 Auftrittspreise ausgeschrieben hat. Meine Frau und ich haben sich sämtliche Sängerinnen und Sänger des Semifinales angehört und auch unsere Preisträger, wenn heute Abend im Finale nichts mehr passiert, gefunden. Es waren fast ausschließlich ausgezeichnete stimmliche Leistungen, selbstverständlich mit gewissen Qualitätsabstufungen. Bei einigen war schon Nervosität erkennbar. Oft war die zweite Arie weit freier als die erste. Besonders bei den Sopranistinnen, die das Teilnehmerfeld zahlenmäßig dominierten, waren die Unterschiede ganz gering. Im Grunde hätte man jede nehmen können. Fazit: Es sind genügend hochbegabte, gut ausgebildete Nachwuchssänger vorhanden. Bei diesem Wettbewerb weit mehr internationale Teilnehmer, die es bis ins Semifinale schafften, als Deutsche.
    Nun beginnt jedoch das Dilemma. Verfolgt man den Karriereweg dieser hoffnungsvollen Kandidaten, dann schaffen es nur die wenigsten zu einem Festengagement in einem Opernchor oder als Solist. Woher kommt diese Misere?
    Sie kommt daher, weil es ein immenes Überangebot an diplomierten Sängerinnen und Sängern gibt. Leider gibt es kaum gesichertes Zahlenmaterial. Das wenige, was bekannt ist wirkt desilussionierend, ja erschreckend. Die deutschen Musikhochschulen produzieren jährlich rund 300 diplomierte Sängerinnen und Sänger. Demgegenüber steht ein Bedarf von ca. 160 Positionen im Chor und Solofach an den deutschen Opernhäusern. Auf die Stellenausschreibung für einen lyrischen Sopran an einer mittleren Bühne sollen sich über 300 Bewerberinnen gemeldet haben. In diesen Zahlen sind die in der Regel exzellent ausgebildeten Nachwuchssänger aus dem Ausland noch nicht enthalten. Das heißt, mindestens die Hälfte der Absolventen von Musikhochschulen findet nach einer der längsten und teuersten Ausbildungen, zu der als Eingangsvoraussetzung seltene Spezialbegabungen gehören, keine adäquate Stelle. Das heißt, man wechselt den Beruf, geht in die Arbeitslosigkeit, macht in dem Wettbewerbstourismus mit, oder lebt auf Studentenniveau weiter und existiert von gelegentlichen Konzerten und Auftritten. Würde jemand von uns bei dieser Situation seinem Kind empfehlen, einen der schönsten Berufe überhaupt zu ergreifen? Wo könnte eine Lösung liegen? Radikale Kürzung der Studienplätze an den Musikhochschulen, angepasst an den Bedarf, (ein böser Vorschlag) Bevorzugung von deutschen Bewerbern bei Einstellungen, strenger numerus clausus für das Studium, Pflichtgespräch vor Einstellung, in dem offen und ungeschminkt die beruflichen Aussichten vor Studienbeginn aufgezeigt werden. Weil dieses Thema brisant ist, steht am 16. Oktober in der Matinee des Künstlertreffens der Gottlob-Frick-Gesellschaft das Thema: "Gesangsausbildung in Deutschland" auf dem Programm. Vielleicht sind wir nach der Diskussion der Experten KS Prof. Jeanne Piland, Prof. Dr. Stefan Mösch, KS Prof. Hans Sotin und Prof. Gert Uecker, Generalintendant i. R. mit dem Fachpublikum etwas gescheiter. Da etliche Taminos anwesend sein werden und Sixtus wahrscheinlich eine Presserezension schreiben wird, werden wir auch hier im Forum berichten. Übrigens ist bei dieser Diskussionam 16. Oktober in der Gemeindehalle Ölbronn der Eintritt frei. Also Taminos auf nach Ölbronn. Wir sollten allerdings bereits jetzt in die Diskussion einsteigen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    voraus meinen verbindlichen Dank für die zuverlässige verbale Unterstützung, die du meinem Treiben hier im Forum regelmäßig angedeihen lässt.
    Inzwischen habe ich allerdings das Gefühl, dass meine Übungsphase ausgereizt ist und dass ich versuchen muss, meine Probeflüge ohne Coach fortzusetzen. Wie soll ich sonst erwachsen werden? Du kannst jetzt deine ganze Kraft dem Sängernachwuchs widmen, und ich freue mich darauf, in Ölbronn die Früchte deiner Arbeit zu genießen und anschließend journalistisch zu würdigen!


    Für deinen neuen Thread wünsche ich dir eine rege Beteiligung (meine eingeschlossen) und eine lebendige Diskussion. Ob es uns gelingt, bei diesem Thema die Quadratur des Kreises zu erreichen, bleibt abzuwarten. Aber du hast hier eine starke Kampftruppe voller Enthusiasmus, die auch in aussichtsloser Lage nach der Devise handelt: "Die Stimmung ist besser als die Lage!" In diesem Sinne


    herzliche Grüße von Sixtus

  • Lieber operus,


    an vielen Opernhäusern gibt es ja , wie an der Rheinoper auch, hervorragende Opernstudios, wo die jungen Sänger in kleinen Rollen ihre Bühnenerfahrungen sammeln können. Viele wollen danach schnell Kariere machen, und nehmen jedes Rollenangebot an, ohne das Pro und Contra abzuwägen. Andere Sänger mit denen ich gesprochen habe, sind ganz froh, Mitglied in einem Ensemble zu sein, wo sie sich in Ruhe entwickeln können, müssen dafür aber Abstriche machen, was die internationale Karriere angeht. Auch ist es für einen Sänger von Vorteil, in einem kleineren Haus im Ensemble zu sein, da er dort häufiger in seinem Fach eingesetzt wird. Wenn ich im online Merker anläßlich einer Kritik zur Wiederaufnahme der Regimentstochter, die ich mir morgen im Livestream ansehen werde, lese, das der Sänger in der Rolle des Hortensius seine bislang beste Rolle gefunden hat, macht man sich als aufmerksamer Leser seine Gedanken, da es sich dabei ja nur um eine winzige Rolle handelt.


    Bestelle Frau Piland doch bitte von mir ganz herzliche Grüße, und sage ihr, dass viele Besucher der Rheinoper es schade finden, dass sie nicht mehr dem Ensemble angehört.

  • Zitat

    Sie kommt daher, weil es ein immenes Überangebot an diplomierten Sängerinnen und Sängern gibt.

    Ich muß gestehen, daß ich der Meinung bin, daß "diplomierter Sänger" in etwa so etwas ist wie "Akademischer Maler" (ein Titel der ja schon a priori etwas hinterhältig Abwertendes in der Definition hat). Irgendwann bekommt jeder, der lange genug Gesangsunterricht bei einem berühmten Lehrer gehabt hat dieses Diplom.
    Über das Timbre der Stimme sagt das allerdings nichts aus.



    Zitat

    Nun beginnt jedoch das Dilemma. Verfolgt man den Karriereweg dieser hoffnungsvollen Kandidaten, dann schaffen es nur die wenigsten zu einem Festengagement in einem Opernchor oder als Solist. Woher kommt diese Misere?

    Von einem Überangebot.
    Und von der allgemeinen Einstellung zur Klassik, wo das Interesse rückläufig ist.
    So sagte mir jemand (wir kennen ihn beide) nach einer Veranstaltung im Schönbrunner Schlosstheater, daß das Interesse der heutigen Nachwuchssänger und Musikschüler an klassischer Musik eher gering sei - wenn es nicht für ihre Karriere nützlich sei. Es gäbe also ein professionelles Interesse - aber kaum einer der Musikschüler wäre dazu zu bewegen in einem Internet-Klassikforum zu schreiben (das war - richtig geraten - der Kernpunkt unseres Gesprächs)



    Zitat

    Würde jemand von uns bei dieser Situation seinem Kind empfehlen, einen der schönsten Berufe überhaupt zu ergreifen? Wo könnte eine Lösung liegen?

    Ich würde das niemandem empfehlen und der Junge Sänger Benjamin Appl sagt in einem Interview zu diesem Thema, jeder der den Wunsch habe Sänger zu werden, solle sich das vorher genau überlegen.


    Meine Meinung dazu ist, daß allzuviele mit mittelmäßigem Timbre sich einer Ausbildung unterzögen und dann als ausgebildetes Mittelmaß ihre "Karriere" gestalten müssten. Wer meint, ich habe hier übertrieben, der horche mal in die Darbietungen von jungen Sängern bei youtube, Oft bedarf es einer ordentklichen Portion Mut, so etwas freiwillig ins WEB zu stellen. Damit sind wir bereits beim nächsten Schritt: Dem Charakter der Sänger. Nicht jedem ist es gegeben sich von (zensiert) Regisseuren zu einer perversen Rollenauffassung zwingen zu lassen. Ich könnte mir vorstellen, dass - wäre ich in einer derartigen Sitution - sagen würde ("Ab in die Gosse Sie Prolo - wo sie eigentlich hingehören - von jemanden wie Ihnen brauche ich keine Belehrungen") Vermutlich wäre meine Karriere dann schnell zu Ende.


    Orignialzitat eines jungen Sängers; "Ich mache was man mir anschafft, sonnst würde ich bald kein Engagement mehr bekommen".
    Aber abgesehen davon braucht ein Sänger der eine Solokarriere anstrebt ein starkes Nervenkostüm - ein Faktor woran viele scheitern. Heutige Sänger müssen zudem in der Regel andauernd reisen - auch nicht jedermanns Sache - und die Konkurrenten sind nicht nur die Altersgenossen sondern vor allem längst verblichene Stimmen von der Schallplatte her.
    Diese hatten teilweise den Vorteil, von einer einschmeichelnden Tontechnik zu profitieren, heutige Digitalaufnahmen sind hier unbarmherzig. Und auch, dass beschönigende Studioaufnahmen (einst eine Selbstverständlichkeit) aus Zeit- und Kostengründen kaum mehr gemacht werden, man schneidet zumeist live mit....


    Würde man a priori alle Leute aussortieren, die kein ansprechendes Timbre, kein stimmliches Durchhaltevermögen, keine Stressresistenz, eine niedrige Frustrationsschwelle haben und vielleicht auch kein Talent zur Darstellung von schauspielerischen Inhalten (auch im Bereich Kunstlied ist dies vonnöten), dann gäbe es IMO kein Überangebot.


    Fordert man dann noch ein ädiquates Aussehen zur vorgesehenen Rolle, dann wird der Kreis merklich enger.


    Ich glaube nicht, daß Opernsänger wirklich ein Traumberuf ist. Vielleicht war er das einst in Hinblick auf die Gagen, aber das wird in Hinkunft (Angebot und Nachfrage) auch kein Argument mehr sein, diesen Beruf zu ergreifen. Zudem - die Statistik zeigt es - sterben Opernsänger relativ jung. Der Traumberuf der Wahl wäre hier Dirigent - und wenn dazu die Voraussetzungen fehlen - Regisseur :hahahaha::hail:


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zit. Alfred Schmidt: "Wer meint ich habe hier übertrieben,..."

    Durchaus nicht! Ich sehe mich oft gezwungen, YouTube anzuklicken, weil mir bei meinen Liedbetrachtungen unter meinen Beständen keine Aufnahme in Original-Tonart vorliegt. Und was ich da zuweilen von Jung-Interpreten und Interpretinnen zu hören bekomme, dreht mir manchmal regelrecht den Magen um. Es ist geradezu schauerlicher Liedgesang.
    Und oft denke ich anlässlich dieser Erfahrungen: Es ist nicht jedem, bzw. jeder gegeben, großes sängerisches Format zu erreichen. Es geht dabei ja gar nicht um das stimmliche "Timbre", auf das hier in den einschlägigen Threads so oft abgehoben wird. Stimmen haben diese jungen Sängerinnen und Sänger ja oft sehr wohl. Nur: Sie können damit nichts anfangen. Damit meine sich nicht die gesangliche Technik, ich meine die Interpretation.
    Den Leuten fehlt es meist nicht an Technik, was den Umgang mit ihrer Stimme anbelangt, - es mangelt ihnen an geistigem und seelischem Format, die Stimme mit dem Inhalt in all seinen Dimensionen zu füllen, der - in Gestalt eines lyrischen Textes oder einer Opern-Rolle - Gegenstand der gesanglichen Gestaltung ist.
    Insofern verstehe ich Alfreds Unbehagen gegenüber dem Titel "diplomierter Sänger" gut.

  • Meine Erfahrung in diesem Gebiet ist diese: junge Sopranistinnen, die auch wirklich was können, gibt es sehr viele. Altistinnen: hier hat man die Wahl; entweder sind sie sehr gut oder sehr schwach. Die Tenöre sind meist sehr schwach, die Bässe ähneln den Altos. Die Erfahrungsbasis dieses Statements: zahllose Kirchenkonzerte, Konzerte und Opern.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Meine diesbezüglichen Erfahrungen aus Oper und Konzert sind mit den genannten durchaus kompatibel:


    Stimmliches Material haben die meisten jungen Sänger. Die technische Beherrschung weist oft noch Lücken auf, die aber sicher meist reparabel sind.


    In der Musikalität zeigen sich dann schon deutliche Unterschiede, ebenso in der Textbehandlung. Beides zusammen ist aber die Basis einer ernstzunehmenden Interpretation. Ncht jeder, der eine Stimme hat, darf sich zum Sänger berufen fühlen. Es gehören auch Allgemeinbildung und geistiges Format dazu.


    Doch die unerbittliche Auslese bringt dann die Praxis im Konzert- und Theaterbetrieb, wie wir in jeder Spielzeit von Neuem erleben können. Nur manchmal wählen sich auch die Intendanten die Falschen aus...


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Inzwischen habe ich allerdings das Gefühl, dass meine Übungsphase ausgereizt ist und dass ich versuchen muss, meine Probeflüge ohne Coach fortzusetzen. Wie soll ich sonst erwachsen werden? Du kannst jetzt deine ganze Kraft dem Sängernachwuchs widmen, und ich freue mich darauf, in Ölbronn die Früchte deiner Arbeit zu genießen und anschließend journalistisch zu würdigen!

    Lieber Sixtus,


    ich werde Anerkennung geben, wenn ich meine, dass diese verdient ist. Sie sollte allerdings auch erwünscht sein. Hier habe ich Deinen Wink verstanden.



    Ich muß gestehen, daß ich der Meinung bin, daß "diplomierter Sänger" in etwa so etwas ist wie "Akademischer Maler"

    Lieber Alfred,
    inzwischen wird an den deutschen Musikhochschulen mit Bachelor oder darauf aufbauendem Master abgeschlossen. Da war mit diplomiert gemeint. Jedoch auch keinerlei Garantie für Karriere.



    Ich glaube nicht, daß Opernsänger wirklich ein Traumberuf ist. Vielleicht war er das einst in Hinblick auf die Gagen, aber das wird in Hinkunft (Angebot und Nachfrage) auch kein Argument mehr sein diesen Beruf zu ergreifen

    Die Gagen sind für Nachwuchssänger heute schon beschi..... Junge Sänger sind für die Theater die ideale Masse, um auch die Älteren beim Honorar zu drücken. Richtig Kohle verdienen nur die Arrivierten und die einen gewieften Agenten haben. Ich wehre mich bisher mit Erfolg gegen das Ausnutzen junger Sänger. Gottlob-Frick-Gesellschaft und Heilbronner Sinfonie Orchester zahlen gerade jungen Sängern bewußt "gute" Gagen. Wobei vor dem Fachpublikum, das bei den Künstlertreffen der GFG anwesend ist, möchten die meisten jungen Sänger singen und bestehen. Wir bekommen immer wieder Angebote des Singens ohne Honorar. Dies wurde noch nie von uns angenommen. Um mal Zahlen zu nennen: Die beiden Sänger, die wir gerade beim DEBUT-Gesangswettbewerb ausgewählt haben, bekommen für jeweils 2 Konzerte € 1.000 pro Auftritt, also insgesamt € 2.000 plus € 500 Fahrtkosten. Übernachtung und Verpflegung wird auch vom Veranstalter übernommen.
    Ich kann die Zahlen so offen nennen, weil sie gestern Abend bei der Preisübergabe öffntlich genannt wurden. Ausserdem habe ich vor den Taminos kaum Geheimnisse.



    Zitat

    Bestelle Frau Piland doch bitte von mir ganz herzliche Grüße, und sage ihr das viele Besucher der Rheinoper es schade finden, das sie nicht mehr dem Ensemble angehört.

    Lieber rodolfo,
    gerne richte ich dieser fabelhaften, charmanten Persönlichkeit Grüße von Dir aus. Nur sollte ich dazu wissen, wie Du wirklich heißt. ich glaube nicht, dass sie Dich unter dem Nick-Name kennt.



    Nur manchmal wählen sich auch die Intendanten die Falschen aus..

    Ach und nun noch zum Schluss: Die beiden Sänger, die wir übereinstimmend ausgewählt haben sind keine Preisträger geworden. Wir hätten anders votiert als die fachlich hochkarätige Jury. Ist ein Beleg dafür, dass das Niveau recht ausgeglichen war. Wir sind dennoch der Meinung, dass der Bariton und die Mezzosopranistin für uns die Richtigen sind. Wurde uns auch von Freunden aus der Jury bestätigt.Sicherlich noch interessant: Unter den 6 Finalisten waren 4 Südkoreaner, eine Französin und eine Sopranistin aus Slowenien. Kein einziger Deutscher im Finale.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Dass viele Sängerkarrieren viel zu früh enden (genauer: bevor sie richtig begonnen haben), liegt meiner Meinung nach daran, dass sie entweder von ihren Managern zu früh zu Partien verlockt werden, für die sie als Persönlichkeit (oder ihre Stimme) noch nicht reif sind - oder dass sie selber, durch Ehrgeiz und falsche Selbsteinschätzung, zu früh solche Partien anstreben.
    Die Gründe: Selbstüberschätzung, Geldgier, Ruhmsucht. Diese Fehlentscheidungen müssen dann oft durch den vorzeitigen Ruin der Stimme (und damit der Karriere) bezahlt werden.


    Manchmal liegt es auch an einer unfertigen oder falschen Stimmtechnik, wodurch die Stimme nicht belastbar ist und vorzeitig verschleißt. Das erlebt man besonders oft bei Tenören. Nicht nur weil die Tenorlage besonders heikel (sensibel und anfällig) ist, sondern weil die Sänger zu viele Angebote zu früh annehmen. Die große Gage ist oft unwiderstehlich. Unter den Gescheiterten finden sich auch illustre Namen wie José Cura und Rolando Villazon. Mit etwas Glück schwindeln sie sich dann noch eine Weile in einem "kleineren" Fach durch (Villazon als Mozartsänger) oder zehren von ihrem Star-Namen (Cura). Die weniger Bekannten unter ihnen hangeln sich in den Theatern von einem Jahresvertrag zum nächsten bis zur Rente durch - schlimmstenfalls mit Hartz IV.


    Mit einem Wort: Eine ruhige, stetige Karriere ist in unserer schnelllebigen Zeit eher die Ausnahme als die Regel; der Sängerberuf wird oft vom Traum zum Albtraum...


    Ein Rezept dagegen gibt es nicht, nur einen guten Rat: Geduld, langer Atem - und oft ein NEIN! Doch guter Rat ist bekanntlich kein Schnäppchen, sondern teuer - und wird deshalb gern in den Wind geschlagen.


    Traurig, aber wahr, meint, mit herzlichen Grüßen, Sixtus

  • Lieber Sixtus, liebe Freunde,


    Wir haben in der Matinee beim Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft am Sonntag 16. Oktober 2016 um 11.00 Uhr in der Gemeindehalle Ölbronn das Thema "Gesangsausbildung in Deutschland" als Programm. Unter der Moderation von Thomas Voigt dikskutieren die Sänger und Gesangspädagogen KS Prof. Jeanne Piland, Musikhochschule Düsseldorf. Prof. Dr. Stephan Mösch, Musikhochule Karlsruhe, Prof. Siegmund Nimsgern, Musikhochschule des Saarlandes und Prof. Gerd Uecker, Genaralintendant i. R. über dieses Thema. Eine Stunde diskutieren die Experten auf dem Podium, danach kann sich das Publikum einschalten. Ich habe in den rund 20 Jahren, in denen ich die Matinee- Programme gestalte, noch nie so viele Anmeldungen gehabt, von hochkarätigen Fachleuten aus dem Publikum, die sich in jedem Fall an der Diskussion beteiligen wollen. Das Thema hat also Brisanz, in der Diskussion liegt Zündstoff. Sicherlich werden auch Meinungen zum "Traumberuf Opernsänger" geäußert. Schön wäre es, wenn Erkenntnisse und Lösungsvorschläge zur effektiven Sängerausbildung in Deutschland herauskämen.
    Ich werde Sixtus bitten, der ja für eine Fachzeitschrift berichtet, dass er über die Matinee schreibt und seine Erkenntnisse auch im Forum einstellt.
    Wer kommen möchte ist gerne eingeladen. Der Eintritt in die Matinee ist kostenlos. Es gibt am Ende der Veranstaltung mit einem kostenlosen Imbiss sogar etwas zu futtern und dabei ergibt sich die Gelegenheit mit Sängerlegenden zu plaudern. Zahlreiche Taminos sind ebenfalls anwesend und Operus kann zusätzlich Auskünfte geben und Verbindungen knüpfen. Also Ölbronn ist am 16. Oktober eine Reise wert! :hello:


    Herzlichst Ingrid und Hans A. Hey (Operus) als Gästebetreuer


    Gerade weist mich Ingrid darauf hin: Wer bereits am Samstag 15. Oktober anreisen kann ist auch herzlich um 15.00 Uhr - 15.30 Uhr zum Festakt mit Verleihung der Gottlob-Frick-Medaillen und ab 16.30 Uhr zum Konzert "Zauber der italienischen Oper" eingeladen. Es sind noch einige Restkarten da. Wer zum Konzert kommen möchte sollte sich bitte auch - vielleicht am unkompliziertesten hier im Forum in diesem Thread - anmelden. Ich schreibe dann Näheres. Beim Konzert sind Taminos persönliche Gäste von Ingrid und mir.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Genau! Eigentlich sind die Sänger ja selber schuld an der Misere: "Selbstüberschätzung, Geldgier, Ruhmsucht.", dass muß es sein, denn "Die große Gage ist oft unwiderstehlich." - Schonmal darüber nachgedacht, dass bei einem Durchnittsgehalt von ca. 2.700 Euro brutto (so gerade in einer Ausgabe der Opernwelt nachgelesen) das Singen auch (noch) ungeeigneter Rollen die reine Notwendigkeit (Stichwort: Lebensunterhalt) sein könnte? Und jetzt behaupte bitte nicht wieder, Du wolltest lediglich überspitzen und polemisieren und überhaupt verkennte ich nur die "offensichtliche" Ironie Deines Beitrages.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.