Wolfgang Amadeus Mozart - Klavierstücke: Spuren eines Genies oder entbehrliche Hobelsplitter von der Werkbank?


  • Liebe Musikfreunde, beim Hören dieser CD - die die Firma Brilliant Classics lizensiert und in ihre Mozart-Gesamtaufnahme aufgenommen hat - kam mir die Fragestellung zu diesem Thread in den Sinn: ich persönlich finde diese Miniaturen, die teilweise gerade einmal 15 Sekunden dauern, ganz bezaubernd. Sie werden auf dieser Einspielung mit unterschiedlichen Intrumenten dargeboten, Orgel, Tangentenflügel, Clavichord und Cembalo, um für größere Abwechslung zu sorgen. Die Frage ist dabei natürlich: braucht man so etwas? Zeigt sich da schon die Ahnung der großen Werke in diesen Fingerübungen? Lohnt es sich, diese kleinen und kleinsten Werke zu hören? Kennt ihr sie, besitzt ihr Aufnahmen davon, spielt ihr sie vielleicht teilweise sogar selbst, wenn ihr Klavier spielt? Oder sind sie letzten Endes doch bedeutungslos und nur für Sammler, Mozartforscher und hoffnungslose Komplettisten interessant? Muss jeder noch so kleine Fitzel Mozart eingespielt und bejubelt werden, oder sollte man nicht vielmehr andere, vielleicht zu Unrecht vergessene Werke sonstiger Komponisten aus der Zeit in den Blickpunkt rücken? Meine Haltung ist wahrscheinlich keine Überraschung: ich zähle mich da zu den hoffnungslosen Komplettisten, die allein schon aus Interesse an der Person Mozart jeden von ihm komponierten Ton einmal hören möchten...

  • Das Ganze ist IMO ein wenig problematisch. In der Tat wird es nur wenige interessieren, werden doch im allgemeinen sogar die frühen (kompletten) Mozart Sinfonien von den Hörern ignoriert. Aber das ist nur EIN Problem. Die CD ist offenbar wirklich nur im Rahmen einer Mozart Gesamtaufnahme erhältlich. Es gibt bei den Werbepartnern kein Cover, keine Eintragung - eigentlich nichts. Es wird sicher Liebhaber geben die derlei interessiert, In einer Geamtaufnahme aller Werke Mozarts ist dergleichen aber sicher gut aufgehoben, weil damit auch die Zielgruppe der Hörer erreicht wird.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    ich kann das nur bestätigen, in meiner GA von Brillant Classics ist im Volume 13 auf 10 CD's alles enthalten, was das Herz begehrt, angefangen von der Fantasie f-moll KV 608 auf CD 1 bis zu Mozarts Orgelwerken! auf CD 10:


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich freue mich immer wieder aufs Neue, wenn ich in meiner 170 CD-Box wieder eines dieser Kleinodien entdecke, von deren Existenz ich bislang keine Ahnung hatte.
    Gekauft hätte ich mir diese GA-Sammlung vermutlich nicht, doch ich bin froh über dieses Geschenk meines Sohnes. :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Dann schau mal in die Volumes mit den Operngesamtaufnahmen, lieber Siegfried, welche Perlen du da erst entdeckst, z. B. einige Opern mit Sir Charles Mackerras oder Sigswald Kujken. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Die Frage ist dabei natürlich: braucht man so etwas? Zeigt sich da schon die Ahnung der großen Werke in diesen Fingerübungen? Lohnt es sich, diese kleinen und kleinsten Werke zu hören? Kennt ihr sie, besitzt ihr Aufnahmen davon, spielt ihr sie vielleicht teilweise sogar selbst, wenn ihr Klavier spielt? Oder sind sie letzten Endes doch bedeutungslos und nur für Sammler, Mozartforscher und hoffnungslose Komplettisten interessant? Muss jeder noch so kleine Fitzel Mozart eingespielt und bejubelt werden, oder sollte man nicht vielmehr andere, vielleicht zu Unrecht vergessene Werke sonstiger Komponisten aus der Zeit in den Blickpunkt rücken?


    Im Grunde genommen muss das Jeder für sich entscheiden. Für mich persönlich dienen gewisse Werke meiner Lieblingskomponisten eher nur zur historischen Information, zu Analysezwecken inwiefern man auch schon anhand solcher kleineren Werke das Talent bzw. die überdurchschnittliche Veranlagung heraushören/erkennen kann, welche Entwicklung möglicherweise zwischen später folgenden, bedeutungsvolleren Werken steht. Mich damit genussvoll auf dem Wohnzimmersofa berieseln zu lassen geht aber garnicht, dazu läßt mich sowas im Regelfall emotional ziemlich kalt. Ich hab ja auch schon bei Beethoven in einige der Hess- sowie WoO-Werken hineingehört...interessanter finde ich jedoch hier sein Skizzenmaterial wo man die Entwicklungsstufen großer Werke nachvollziehen kann, bei Mozart auch seine Fragmente wie zB bei diesen beiden CD´s:




    (o.k. bei zweiter CD erscheint leider kein Bild, warum auch immer aber man kann auf dieses Kästchen klicken, dann kann man sich ja wenigstens überraschen lassen was sich wohl dahinter verbirgt :D )


    Die Stücke sind dort teils auch sehr kurz aber dieser plötzliche Abbruch hat halt seinen gewissen Reiz, eine Herausforderung sich darüber Gedanken zu machen wie es weitergehen könnte und warum es zu diesem Abbruch kam.
    Außerdem stammen manche Fragmente aus seinen besten Jahren, d.h. als er auf der Höhe seiner Kunst war...keine Kinder- oder Teenagerwerke (und m.M. nach kann man das meist auch heraushören) Zugegebenermaßen aber
    auch eher was für Kompositionsanalytiker oder Mozart-Freaks. (was aber Beides nicht zwingend schlecht sein muss wenn man Anderen damit nicht auf die Nerven geht ;) )

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Hier habe ich doch ein recht anmutiges Andante & Variationen KV 501 aus dem Jahre 1786 entdeckt, hier gespielt von Bart van Oort auf einem fortepiano (secundo):



    Die Aufnahme aus der Gesamtausgabe von Brillant Classics entstand am 11. - 13. Juli 2001 im Remonstrantse Doopsgezinde Gemente Deventer.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Um die Eingangsfrage zu beantworten wäre es hilfreich festzustellen WELCHE "Klavierstücke "hier gemeint sind ,Mozarts Klavierstücke sehe ich nicht als "Hobelsplitter" - aber ob man hier die "Souren eines Genies" erahnen oder hören kann ist zweifelhaft - und in letzter Hinsicht eher unbedeutend. Es wird nur wenige Musikfreunde der Gegenwart geben, die an Hand der Klavierstücke und ähnlicher "Nebenwerke" die "Entwicklung " von Mozarts nachverfolgen, wie unse Mitglied "âme" das tut.

    Wenn ich schreibe, daß ich ganz gern auch die Musik von "Genies" zu "Unterhaltung" höre, so wird das einige Hardliner erschrecken, andere Musikfreunde werden aber die Angst vor den großen "Ikonen der Musikgescichte" verlieren.

    Wenn aber Mozart etwas niedergeschrieben hat, so hat er (in Fragen des Musikalischen Geschmacks war er unbarmherzig) es für wichtig genug erachtet, daß man es aufschreibt... (was er nicht immer gemacht hat)

    Ich war erstaunt wie groß die Anzahl an "Klavierstücken" Mozarts eigentlich ist, denn normalerweise werden sie immer - nach Lust und Laune des Pianisten- oder der Produktionsfirma zu den Klaviersonaten "dazugemogelt"


    Man kann allerdings auch etwas veröffentlichen, wo ich sehr skeptisch bin, ob sich das in passablen Stückzahlen verkaufen lässt.

    Hier eine (gewiss interessante) Box mit 7 !! CDs . nur mit MKlavierstücken. Der Verkaufspreis entspricht dem von 7 Vollpreis CDs - und ich zweifle daran, daß der Kreis jener, die bereit sind 130 Euro en Block dafür hinzulegen besonders groß ist...(???)


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Spontan würde ich sagen: Weder noch, um die Eingangsfrage dieses Threads zu beantworten. Doch sicher finden sich in der Fülle der unterschiedlichen Stücke auch Spuren eines Genies, aber man muß sie nach meiner Meinung nicht unbedingt haben.

    In meiner Sammlung befindet sich die alte Gieseking-Ausgabe aus den 1950er Jahren:

    MOZART: COMPLETE SOLO PIANO WORKS (INC. PIANO SONATAS) - Walter Gieseking - 8CD BOX SET- EMI

    die unter der Regie von Walter Legge in London aufgezeichnet wurden. Es sind durchgängig Mono-Aufnahmen, doch da es sich um Solo-Klavierstücke handelt, spielt das IMO keine entscheidende Rolle, zumal die Monotechnik zu dieser Zeit auf ihrem Höhepunkt angelangt war. Aber, ehrlich gesagt, gehört habe ich nur einen Teil dieser Werke, mir ging es hauptsächlich um die Sonaten, die alle in der Ausgabe enthalten sind.


    Vor einiger Zeit erschien diese CD-Box von hänssler auf dem Markt:

    deren Inhalt wahrscheinlich identisch ist mit der oben gezeigten EMI-Ausgabe. Das geht aber leider weder aus dem Titelblatt noch dessen Rückseite klar hervor. Trotzdem wird es sich um eine Lizenzedition handeln, denn ich kann mir schlecht vorstellen, daß Walter Gieseking diese Werke zweimal eingespielt hat.

    In einer Rezension bei Amazon warnt ein Kunde eindringlich vor dem Kauf. Er wollte angeblich seine alte LP-Ausgabe damit ersetzen, schreibt aber, die CDS der hänssler-Box klängen deutlich schlechter als diese, mehr nach späten 1920ern. Das kann ich weder bestätigen noch dementieren.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • deren Inhalt wahrscheinlich identisch ist mit der oben gezeigten EMI-Ausgabe. Das geht aber leider weder aus dem Titelblatt noch dessen Rückseite klar hervor. Trotzdem wird es sich um eine Lizenzedition handeln, denn ich kann mir schlecht vorstellen, daß Walter Gieseking diese Werke zweimal eingespielt hat.

    In einer Rezension bei Amazon warnt ein Kunde eindringlich vor dem Kauf. Er wollte angeblich seine alte LP-Ausgabe damit ersetzen, schreibt aber, die CDS der hänssler-Box klängen deutlich schlechter als diese, mehr nach späten 1920ern. Das kann ich weder bestätigen noch dementieren.

    Die Box (Neuauflage der verghriffenen EMI-Box) hatte ich mir vor etlichen Wochen zugelegt, lieber Nemorino! Sie ist ja ein Klassiker - und das komplette Klavierwerk von Mozart auch noch gespielt von Gieseking, was will man mehr? :) Aber bei Mozart geht es mir dann letztlich doch anders als bei Beethoven: Während ich wirklich alle Beethoven-Sonaten hören muss, brauche ich bei Mozart nur eine Auswahl, die ich allerdings wirklich erhebend finde als großer Mozart-Liebhaber! Es gibt noch einige Rundfunk-Aufnahmen von Gieseking, die ich auch noch habe.


    Liebe Grüße

    Holger

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  • bei Mozart geht es mir dann letztlich doch anders als bei Beethoven: Während ich wirklich alle Beethoven-Sonaten hören muss, brauche ich bei Mozart nur eine Auswahl

    Lieber Holger,


    der Satz könnte glatt von mir stammen! Mozarts Sonaten habe ich komplett nur mit Gieseking, und - mehr als abschreckendes Beispiel - von Glenn Gould! Letztere standen in den 1970er Jahren lange Zeit im Fokus des Interesses, wohl vor allem weil sie so polarisierten. Ich habe sie mir allerdings erst später, Anfang der 90er, auf 4 CDs angeschafft. Nun ja, man sollte, aber man muß sie nicht gehört haben. Selbst als Gould-Verehrer gerate ich da an meine Grenzen, sein Spiel klingt nach allem Möglichen, nur nicht nach Mozart. Ich bin - die Bartoli-Freunde mögen mir verzeihen - immer wieder an eine ratternde Nähmaschine erinnert, wie es mir ähnlich bei Cecilia Bartolis Barockarien (zumindest einem großen Teil) geht.

    Zurück zu Mozart: Die kleinen Stücke sind, wenigstens überwiegend, nette "Zugaben", aber man muß sie nicht unbedingt haben. Wenn sie nicht von Mozart stammten, würde längst kein Mensch mehr von ihnen Notiz nehmen. Es ist erstaunlich, daß ein Pianist vom Format Walter Giesekings sie sämtlich eingespielt hat. Zu dieser Zeit waren ja dicke Gesamtausgaben noch eher rar, und wer hatte in den 1950er Jahren die Moneten, für Mozarts Gelegenheitswerke so tief in die Tasche zu greifen?


    Zum Schluß noch eine Frage: Klingen die "hänssler"-CDs wirklich so grottig, wie das ein "Rezensent" bei Amazon glauben machen will? Die EMI-Originale jedenfalls sind klanglich, natürlich zeitbedingt, gut gelungen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zum Schluß noch eine Frage: Klingen die "hänssler"-CDs wirklich so grottig, wie das ein "Rezensent" bei Amazon glauben machen will? Die EMI-Originale jedenfalls sind klanglich, natürlich zeitbedingt, gut gelungen.

    Lieber Nemorino,


    für mich klingen die Aufnahmen gut! Bei solchen Rezensionen bin ich vorsichtig - da wird oft viel Unsinn geschrieben. Ich habe noch drei wirklich sehr schöne Gesamtaufnahmen der Mozart-Sonaten: Alicia de Larrocha, Claudio Arrau und Maria Joao-Pires.





    Günstiger ist diese Box, die ich habe:



    Von Gould habe ich wenn überhaupt nur ein paar Einzelaufnahmen. Zu Mozart hatte er ja ein ziemlich gespaltenes Verhältnis. Wenn man alles an der Elle von Bach misst.... ^^ Da muss ich mal schauen! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • drei wirklich sehr schöne Gesamtaufnahmen der Mozart-Sonaten: Alicia de Larrocha, Claudio Arrau und Maria Joao-Pires.

    Lieber Holger,


    danke für den Hinweis!

    Von Alicia de Larrocha habe ich eine Einzel-CD mit vier Mozart-Sonaten in meinem Fundus:

    De Larrocha Piano Sonatas K.282 330 331 & 332 CD günstig kaufen | eBay

    Das sind aber DECCA-Aufnahmen, also wohl nicht identisch mit der von Dir gezeigten RCA-GA. Eine sowohl klanglich wie auch künstlerisch gelungene CD, die ich sehr gerne höre.


    Nun sind die Mozart-Sonaten nicht unbedingt meine Favoriten, deshalb werde ich mir z.Zt. keine weitere GA zulegen. Wenn später vielleicht doch, so käme wohl am ehesten die mit Claudio Arrau infrage.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Das sind aber DECCA-Aufnahmen, also wohl nicht identisch mit der von Dir gezeigten RCA-GA. Eine sowohl klanglich wie auch künstlerisch gelungene CD, die ich sehr gerne höre.

    Nein, lieber Nemorino. Die RCA-Aufnahmen sind später gemacht! Alicia de Larrochas Mozart war zu Recht berühmt - auch die Konzert-Aufnahmen, die sie gemacht hat, sind Spitze!

    Nun sind die Mozart-Sonaten nicht unbedingt meine Favoriten, deshalb werde ich mir z.Zt. keine weitere GA zulegen. Wenn später vielleicht doch, so käme wohl am ehesten die mit Claudio Arrau infrage.

    Das sind ganz späte Digitalaufnahmen von ihm! Unbedingt empfehlen kann ich Dir Maria Joao-Pires, die habe ich freilich noch gar nicht ganz gehört. Vor Wochen habe ich eines Sonntags morgens mal eine Platte gespielt und war wirklich entzückt! :hello:


    Schöne Grüße

    Holger