Wege zur Oper - wie Taminos ihre Liebe zum Musikdrama entdeckten

  • An anderer Stelle tauschen wir uns gerade darüber aus, wie wir zur Oper gefunden haben – ein Thema, das ich so interessant finde, dass es einen eigenen Thread verdient. Liebe Opernfreunde, wie war das damals bei Euch: In welchem Alter hattet Ihr die ersten Kontakte mit der Kunstform Oper? Wie sind diese zustande gekommen? Was war Eure erste Opern- Schallplatte, welche Oper habt ihr zuerst auf der Bühne gesehen, und wo war das? Wart ihr sofort Feuer und Flamme für die Oper oder bedurfte es mehrerer Anläufe? Welche Komponisten / Stilrichtungen / Epochen haben Euch damals besonders begeistert und welche Sängerinnen und Sänger? Und in welche Richtungen hat sich Eure Opernbegeisterung seitdem entwickelt? Gibt es Werke, die Euch damals überhaupt nicht interessiert haben, die ihr heute aber zu schätzen wisst? Sind umgekehrt "erste Lieben" vielleicht im Laufe der Jahre erkaltet? Ich bin sehr gespannt auf hoffentlich viele persönliche Erfahrungen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Meine ersten Kontakte mit der Oper waren in den 80er Jahren die TV-Übertragungen von den Bayreuther Festspielen, ich muss damals 15 oder 16 Jahre gewesen sein. Sie gehörten auch zu meinen ersten Berührungen mit klassischer Musik überhaupt. Ich habe als Kind und Jugendlicher immer mit Begeisterung alle Arten von Heldensagen gelesen, so dass mir der Stoff der meisten Wagnerschen Musikdramen zumindest vordergründig vertraut war und mich sofort ansprach. Der "Ring des Nibelungen" in der Chereau-Inszenierung hatte es mir besonders angetan, aber auch der "Lohengrin" mit Peter Hofmann in strahlender Silberrüstung und "Tristan und Isolde" in der poetisch-schönen Ponelle-Inszenierung mit René Kollo haben mich begeistert (heute stehen diese Aufnahmen natürlich alle als DVD in meinem Regal). Der Chereau/Boulez-Ring war dann auch meine erste Oper auf Schallplatte, vier schwarze Philips-Boxen, für die ich mein Taschengeld jeweils eine Weile sparen musste. Wagner war damals genau das richtige für mich, sowohl von den spannenden Handlungen her als auch musikalisch, denn in dem Alter suchte ich spektakuläre Ereignisse auf der Bühne und im Orchestergraben, und mit aufgedrehtem Lautstärkeregler erfreute ich mich bei Walkürenritt und anderen orchestralen Ausbrüchen an dem, was ich damals für eine gute HiFi-Anlage hielt. (Auch meine sonstigen Erkundungen der klassischen Musik führten zunächst zu spätromantischen Orchesterwerken, z.B. Strauss' symphonischen Dichtungen).


    Mein erster Opernbesuch war dann ein "Parsifal" , und zwar an der Deutschen Oper Berlin. Ich begleitete meine Eltern auf einer kurzen Städtereise und bekam im Hotel ein Programm der Deutschen Oper in die Finger, was meine Eltern eine Eintrittskarte kostete (sie selbst hatten kein Interesse daran, förderten aber die hochkulturellen Neigungen ihres Sprösslings). Die Titelrolle sang James King, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, ansonsten habe nur noch sehr vage Erinnerungen daran.


    Was ich damals gar nicht mochte waren alle Arten von Musik, die ich als altbacken und verstaubt und meiner Eltern- oder Großelterngeneration zugehörig betrachtete: Operetten und deutsche Spielopern, komische Opern mit gepuderten Perücken, und bei Sendungen wie "Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre" o.ä., die auch meine Eltern geschaut haben, verließ ich fluchtartig das Wohnzimmer...


    Wagner war dann noch viele Jahre das Zentrum meiner Opern-Welt, ergänzt durch die frühen Strauss-Werke (Salome, Elektra), ein wenig Mozart kam dazu, irgendwann Puccini, den ich sofort geliebt habe, relativ bald auch die Barock-Oper mit Händel und Purcell und Ausflüge in das 20. Jahrhundert. Die Opern-Besuche häuften sich, oft war ich in Düsseldorf, dann während eines Studienjahrs in England auch das eine oder andere Mal in den beiden Londoner Opernhäusern. Das Spektrum wurde immer breiter, nur die italienische Oper vor Puccini blieb mir lange fremd. Dem Belcanto habe ich mich erst vor wenigen Jahren genähert, und Verdi vermag mich noch heute nicht so recht zu begeistern. Wagner ist nach wie vor einer meiner Fixsterne am Opernhimmel, auch wenn ich einigen Werken (z.B. dem Parsifal) heute distanzierter gegenüber stehe als damals. Manches, was ich damals todlangweilig fand, weiß ich heute zu schätzen (z.B. die "Verkaufte Braut" und manche Opera buffa), zu anderen Stilrichtungen wie der deutschen Spieloper habe ich bis heute keinen Zugang gefunden. Aber das kann sich auch noch ändern.


    Von Anfang an stand das dramatische Element bei mir stärker im Vordergrund als der schöne Gesang, ich war nie ein eigentlicher Stimmenliebhaber und höre Opern auch so gut wie nie auf CD, weil ich das Geschehen auf der Bühne brauche, damit mich eine Oper packt. Das Regietheater hat in Form des Chereau-Rings meinen Einstieg in die Oper geprägt, vielleicht ist das ein Grund dafür, dass ich nie Berührungsängste damit hatte und überfrachtete historische Kulissen immer schon als Ablenkung empfand.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Meine erste Begegnung mit der Oper waren als relativ kleines Kind ein oder zwei Platten meiner Eltern mit "Schönsten Opernchören". Besonders erinnere ich mich an die bekannten aus dem Fliegenden Holländer (Steuermann und Spinnerinnen). Das war auch beinahe meine erste Begegnung mit klassischer Musik überhaupt, obwohl auch ein paar instrumentale Wunschkonzertplatten (u.ä.) da waren. Auch ein Zauberflötenquerschnitt, da konnte ich aber als Grundschüler meiner Erinnerung nach nicht viel mit anfangen (ich erinnere mich nur, dass ich allein den Titel "Der Hölle Rache" so unheimlich fand, dass ich die Musik gar nicht hören wollte...)


    Bei meinem eigentlichen Einstieg in die klassische Musik später mit etwa 15 Jahren spielte die Oper eine untergeordnete Rolle (und das tut sie eigentlich bis heute). Zwar war ich von einigen Stücken sehr angetan (Don-Giovanni-Querschnitt), schätzte nach wie vor einige der Chöre und ich hörte mir auch weitere Sammelplatten mit Opern und Operettenarien an, aber zentral waren andere Stücke (Sinfonien u.a. von Tschaikowsky, dann Haydn, Mozart und Beethoven). Mein Vater war etwas mehr an Opern interessiert (aber auch nicht an Gesamtaufnahmen und eher "leichteren" Werken); ich weiß noch, dass ich ihm in der CD-Anfangszeit Querschnitte der Zauberflöte und Butterfly geschenkt habe. Ich weiß nicht mehr, welche Oper ich als erstes auf der Bühne gesehen habe; die erste komplette Oper könnte eine konzertante Don-Giovanni-Aufführung gewesen sein, in die mich ein Freund mitgenommen hatte. Die erste gekaufte komplette Oper auf CD war ziemlich sicher Fidelio, da ich von Beethoven mehr oder minder alles haben wollte. Wagners Tristan habe ich einige Jahre später, mit knapp 20 gekauft und die Ring-Opern konnte ich mir irgendwann von einem Freund ausleihen. Das ging aber alles eher langsam. Zwar begeisterten mich diese Wagner-Opern durchaus, aber es gab und gibt immer so viel anderes zu hören, dass ich mir schon lange nicht mehr recht die Zeit dafür genommen habe.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mein erste Berührung mit klassischer Musik war das Kurzwellen Radio meiner Eltern, wo sie fast jeden Samstag die Übertragungen aus der MET gehört haben. Dann haben meine Eltern mir im Bertelsmann Club die 5. Und 9. Sinfonie von Beethoven als Bernstein als Dirigent gekauft, dir ich mir selbst ausgesucht habe. Und mir 6 oder 7 Jahren haben mich meine Eltern mit nach Duisburg in die Oper genommen und zwar in La Boheme, welche bis heute meine Lieblingsoper ist. Ich kann mich noch an dis schönen Bühnenbilder erinnern, vor allem daran, da es zu Beginn des zweiten Aktes Szenen Applaus gab, als dich der Vorhang geöffnet hat. In meiner Schule war ich der Einzige, de klassische Musik als Hobby hatte, auch noch mit 18, wo alle anderen in die Disco gegen sind. Und je älter ich wurde , umso mehr hab ich dann angefangen die unterschiedlichsten Gattungen der Oper zu entdecken, bis auf die SpieleOper,. Zar und Zimmermann hatte ich schon in eine sehr schönen Inszenierung an der Rheinoper gesehen, das ist jetzt aber nicht unbedingt eine Oper wo ich häufiger rein gehen würde. Da hat mich zu Beispiel Hoffmanns Ezählungen mehr gepackt. Wagner hat mich schon von Anfang an interessiert, da mein zweiter Opernbesuch die Meistersinger waren. Die LP's habe ich heute noch und meine DVD Sammlung erweitert sich ständig . Heute dank jpc oder amazon ist das ja einfach, früher war das komplizierter. Bei Bertelsmann mußte man glaub ich immer für inne bestimmten Betrag im Monat einkaufen. Meine Eltern und ich haben uns dann immer abgewchselt. So weit ich mich erinnern kann, gab es bei Bertelsmann hauptsächlich klassische Langspielplatten von der DGG.

  • In der Hoffnung, mich nicht mehr als nötig zu wiederholen, hier mein Weg zur Oper:


    Mein Elternhaus war ziemlich nüchtern (Bauernsohn von jenseits der Neiße), aber die Lektüre von Schiller-Balladen in der 7.Klasse und ein Klassenkamerad, der mich mit 15 ins Stadttheater lockte, lösten bei mir eine Initialzündung aus: Innerhalb von Wochen lernte ich den Wildschutz und den Don Carlos kennen. Beides traf jedesmal einen Nerv bei mir: Lortzings Edeltrottel Baculus weckte meine Lust an der Komödiantik (zumal ich auch gern meinen passablen Bassbariton traktierte) - und Verdis Figuren vertieften meine Schiller-Begeisterung.


    Als nächstes kam eine große Liebe zu Schubert über eine Winterreise, gesungen vom Philipp-Darsteller des Stadttheaters, die ich anschließend schon mal vorstudierte (denn ich wollte natürlich Sänger werden). Eine Walküre (im Stadttheater Zittau!) entflammte mich schließlich für Wagner. Später, in Stuttgart, kam dann noch ein weiterer Fixstern hinzu: Mozart. (So ging jegliche Popkultur ziemlich spurlos an mir vorüber.)


    Nach dem Abitur und meiner anschließenden Flucht nach Westdeutschland lernte ich in Stuttgart das dortige Repertoire gründlich kennen, nahm Gesangsstunden, bestand (knapp) eine Opernprüfung - und legte meine großen Rosinen bezüglich Karriere zu den Akten. (In dieser Zeit, mit etwa 20, bekam ich auch erstmals Gelegenheit, Berichte für den Merker zu schreiben. Dann wurde mein Leben prosaischer: Ich heiratete, wurde Hauptschullehrer und nützte meine reichliche Freizeit für Theaterbesuche und Musikhören - und erfreute mich neidlos an Sängern, die offensichtlich besser waren, als ich es geworden wäre. Mein Trost: besser ein guter Zuhörer als ein mäßiger Sänger! Meine Reisen führten mich verständlicherweise oft nach Wien, Bayreuth, Salzburg - und Italien!


    Im Ruhestand ging ich ins Saarland, lernte zufällig Siegmund Nimsgern kennen (u.a. Wotan Bayreuth 83-86; Telramund auf CD unter Karajan und unter Solti; Pizarro unter Masur), freundete mich mit ihm an. Beim Künstlertreffen in Ölbronn traf ich nicht nur auf Hans Hey, sondern auch auf Sieglinde Pfabigan vom Merker(!), die mich nach der Lektüre meines Erstlings "engagierte". Schließlich lockte mich Operus, der Fuchs, in euer Forum. Da fühle ich mich, nach einigen anfänglichen Stolperschritten, inzwischen ziemlich wohl und grüße alle, mit denen ich zu tun hatte und habe, ganz herzlich.


    Sixtus

  • Meine Quellen waren vielfältig. Wunschkonzert im Radio, wo ich dann die Arien nachsang; da war ich damals schon auf Tenöre fixiert wie Peter Anders und Rudolf Schock. Eine wichtige Quelle war, dass ich von der Mittelstufe ab selbst in der Theatergruppe meiner Schule mitspielte, in Benrath; die galt als die beste Truppe in Düsseldorf, wir spielten Thornton Wilder und Shakespeares Wintermärchen: 4 Stunden mit Pause. Wir alle konnten damals den gesamten Text auswendig! Wenn einer stecken blieb, schallte ihm ein Chor aus dem Zuschauerraum bei der Probe herauf. Meine Mutter spielte Laute und sang im Kirchenchor die großen Werke von Händel, Bach, Brahms, Mendelssohn. Da war ich dann auch dabei. Daneben gab es über unsere Musiklehrer ständig billige Karten für die Deutsche Oper am Rhein; das war dann der letzte richtige Anstoß für mich, Opern zu sammeln. Sogar die "Sache Makropulos" war 1956 schon dabei, davon habe ich aber nichts verstanden. Dann kamen damals aus Wuppertal Grischa Barfuß (Intendant), Georg Reinhardt (Regie) und Heinrich Wendel mit seinen sensationellen Bühnenbildern nach Düsseldorf. Er war einer der ersten, der mit Lichtregie arbeitete. Der große Monteverdi - Zyklus und der erste Janacek - Zyklus außerhalb der Tschechoslowakei waren hier zu sehen - beiden Komponisten bin ich seitdem verfallen - wie hier die meisten ja wissen. Im Studium gönnte ich mir nach Tübingen ein Semester in Wien; dort waren meine Hörsäle die Staatsoper und das Josefstädter Theater. Viele große Namen waren dort auf der Bühne zu finden! Die meisten leben nicht mehr und tauchen hier bei William zur Erinnerung auf; da weiß ich, dass ich jetzt auch zur gerade auslaufenden Generation gehöre.
    Leider liegt meine Opernleidenschaft aus gesundheitlichen Gründen im Moment etwas brach, wobei ich durchaus im Förderkreis des "Musiktheaters im Revier" bin, das eine wesentlich bessere Form hat als Schalke 04. Die andere Sache ist ja auch kein Geheimnis; das ist die Verachtung des Regietheaters (keine Verachtung von moderner Regie).

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Genau betrachtet bin ich das exakte Gegenstück zu Bertrarido. Ich kam über Opernchöre-Langspielplatten und Opernquerschnitte zur Oper. Zudem war es in meiner Jugend üblich Opern im Fernsehen zu übertragen, seien es Übertragungen von den Salzburger Festspielen, der Wiener Staatsoper oder Studioproduktionen.Im Prinzip war ich aber immer ein Liebhaber von Schallplatten (heute CDs)
    Ich mochte weder Wagner noch Puccini, noch Richard Strauß, keine Opern der Moderne und auch keine Opern des Verismo überhaupt.
    Ja um Himmels Willen, was bleibt denn da übrig ? Mozart war schon zu Beginn mein Fixstern um den sich alles drehte, gefolgt von Verdi. die nächsten sind Rossini, Donizetti, Bellini. Dann natürlich Auber s "Fra Diavolo" hier in einem Spielfilm in einer sehr entstellenden Version. Aber der elegante Räuber in der Maske des "Marquis von SanMarco hatte mich bezaubert, die Kombination von Räuber mit Schönheit und Elegance - und natürlich Aubers volkstümliche Musik(ich war damals 13 oder 14) Später - als ich einen Plattenspieler hatte (mit 16)suchte ich lange nach einer Einspielung - aber ich konnte in Wien keine Finden, das geschah dann erst später.Ich liebte die Opern von Lortzing, von Weber, von Boïeldieu, Offenbachs Hoffmans Erzählungen, Beethovens fidelio - und als Ausnahme; Wagners "Fliegender Holländer"
    Ich ging selten in die Oper, weil ich mein Geld für Schallplatten und immer aufwändigere Abspielgeräte, Boxen und Verstärker ausgab.
    Meine ersten beiden Schallplatten waren "Die schönsten Opernchöre" und "Der Barbier von Sevilla" in deutscher Sprache.
    Meine erste Opernaufführung war in der Wiener Staatsoper "Die Zauberflöte" - wenn ich michrichtig erinnere mit Fritz Wunderlich und Wilma Lipp, meine zweite "Der Barbier von Sevilla" - die Inszenierung läuft noch heute.
    Operetten mochte ich durchaus, man konnte sie an der Wiener Volksoper oder aber auch am Wiener Raimundtheater sehen. Die Aufführungen waren aus heutiger Sicht eher schlecht bis mittelprächtig, den Unterhaltungswert mindert dies indes kaum.
    Mein Geschmack in Sachen Oper hat sich kaum verändert, ich habe indes einige Komponisten dazu kennengelernt.
    Dittersdorfs "Doktor und Apotheker, Cimarosa, Paisiello, Pacini, Salieri, johann Christian Bach, Johann Simon Mayr. Alle kann ich natürlich nicht nennen. Derzeit sammle ich DVDs und Blue Ray Aufnahmen von Opern die NICHT durch Regietheaterinszenierungen verunstaltet wurden.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Völlig andere Opernkarriere. Ich stamme aus einer alten österreichischen Schauspieler-/Sängerfamilie. Mein Großvater war in Stuttgart Oberspielleiter, also durfte ich in vielen Stücken mitmachen, so auch als Anführer im Kinderchor der "Carmen".
    Weitere "tragende Rollen" folgten, z. B als Sarotti-Mohr in "Der Entführung aus dem Serail". Ich durfte Früchte auf einem Tablett hereintragen. Viele andere im Schauspiel, Oper und Konzert bereits als kleiner Junge. Wo tut man den Bub hin, wenn die Eltern selbst auf der Bühne stehen müssen. Man nimmt ihn mit in die Probe oder die Aufführung. Dann das erste prägende Opernerlebnis: Oma schleppt den 14/15 jährigen mit nach Salzburg. "Don Giovanni" und dann passiert es. Auf machtvolle Töne kommt der Komtur herein, hält dem Bösewicht mit orgelndem Bass eine Standpauke und murkst ihn dann ab. Grandios! Erzieherisch sehr lehrreich, ab da wußte ich was passiert, wenn man nicht folgt. Danach Klavierunterricht, wurde aber nichts, weil kein Klavier zum Üben da war ( und der Kerl auch noch nicht leicht lernte.) Nächster Versuch: 3 Semester Privatunterricht bei einem renommierten Tenor. Leider verstarb der Maestro dann. ( Die Schlussfolgerung "Er wäre an meinen Gesangskünsten gestorben" wäre fies und böswillig.) Danach war die so hoffnungsvolle Künstlerkarriere war zu Ende. Völlig anderen Beruf ergriffen. Aber Künstlergene sind offenbar resistent. Ich kam von der Kunst nicht los. Seit 1948 Konzertbesuche, 45 Jahre 1. Vorsitzender des Heilbronner Sinfonie Orchesters, heute schneeweisser Ehrenvorsitzender, Konzertdesigner, Kritiker, Buchautor, Präsident der Gottlob-Frick-Gesellschaft, Ehrenpräsident, Moderator, Freund unendlich vieler Sänger und Instrumentalisten, begeistertes Tamino-Mitglied und unverbesserlicher Musiknarr und das wird er bleiben, bis ihm der große musikalische Abschied beschieden wird. Ich glaub' jetzt reichts - aber "Wessen Herz voll ist, läuft der Mund über".
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Dieses Thema kommt für mich leider zu spät, denn ich habe die Geschichte hier schon mehrfach erwähnt und will mich nicht dem Vorwurf aussetzen. mich zu wiederholen. Deshalb nur in Stichworten: engagierter Musiklehrer, Freischütz, einzige damals zur Verfügung stehenden Hilfsmittel: Eine Baracke als Musiksaal, ein Klavier, die Stimmen des Musiklehrers und eines mit ihm befreundeten Amateursängers.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Dieses Thema kommt für mich leider zu spät, denn ich habe die Geschichte hier schon mehrfach erwähnt und will mich nicht dem Vorwurf aussetzen. mich zu wiederholen.


    Lieber Gerhard, schade, die Geschichte ist sehr schön. Ich erlaube mir, hier zumindest einen Link auf eine längere Fassung einzufügen: http://www.tamino-klassikforum…&postID=578586#post578586

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Noch ein kleiner Nachtrag zu meinem Opernstart:
    Richtig süchtig wurde ich nach einem zufälligen Besuch von "Land des Lächelns" (welch ein Unterschied zum vorher gesehenen!) und einer "Tosca" (mit Stella, Raimondi und Taddei).
    Aber was einen damals Fünfzehnjährigen noch begeistern kann, ist der unermessliche Fundus an jugendlichen weiblichen Fans (damals bei Minich, Liewehr und Wächter), die man - wie man heute zu sagen pflegt - anbaggern kann.


    Sozusagen ein Hobby mit mehrfachem Nutzen!


    Liebe Grüße -
    Erich

  • Lieber Bertarido,


    danke für das Einstellen des Links. Etwas ausführlicher habe ich das Schlüsselerlebnis zur Oper und zur klassischen Musik damals bereits in meiner Vorstellung geschildert und dieses Erlebnis auch noch in anderen Zusammenhängen erwähnt. Daher wollte ich mich nicht noch einmal wiederholen.
    Ganz besonders hat mich als Jugendlicher auch ergriffen, als die Stadt kurz vor meinem Abitur der Schule ein Radio (Stereo gab es damals noch nicht), einen Plattenspieler und zwei Platten schenkte und diese an einem Sonntag feierlich im Beisein der Prominenz der Stadt eingeweiht wurden, wozu auch interessierte Schüler geladen waren. An die beiden Schallplatten erinnere ich mich noch. Es war die 7.Sinfonie von Beethoven (die den Herren von unserem Lehrer eingehend erläutert wurde) und "La Création du monde" von Darius Milhaud. Die 7.Sinfonie von Beethoven ist noch immer eine meiner Favoriten.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich weiß nicht, ob es anderen ähnlich geht. Aber was mich bei meinen lebenslangen Wanderungen durch die Welt der Oper am meisten wundert: dass ich es nie zu einem echten Fan gebracht habe. Und ich bin froh darüber. Denn das ist ja eine Abkürzung für Fanatiker - und ob das so erstrebenswert ist...?


    Manchmal erschrecke ich sogar über meinen Rigorismus. Selbst bei meinen "Hausgöttern" Mozart, Verdi und Wagner bin ich längst der Überzeugung, dass auch sie einmal klein angefangen - oder mal ein schwaches Stück in die Welt gesetzt haben. Ich denke an Stücke wie Finta giardiniera oder Stiffelio, bei denen ich keinen großen Wert auf eine wiederholte Begegnung lege. Ähnlich ging es mir neulich mit dem Liebesverbot. Mir fällt da immer der Spruch ein "Das Bessere ist der Feind des Guten" - oder, wie Kesting sagt, "Das Urteil kommt aus dem Vergleich".


    Bei aller Begeisterung für Wagner bin ich nie Wagnerianer geworden, weil darin für mich eine Geringschätzung der italienischen Oper mitschwingt. Und da sei der große Giuseppe vor! Und dann müsste ich ja auf die Wonnen einer schönen Così fan tutte (bzw.tutti!) verzichten. Und das ginge entschieden zu weit, nein: zu eng!


    Ich kann mir vorstellen - und wünsche mir, dass ich mit dieser Sicht nicht ganz allein stehe. (Das wäre ja furchtbar!)


    Herzliche, wenn auch bange Grüße von Sixtus

  • ei aller Begeisterung für Wagner bin ich nie Wagnerianer geworden, weil darin für mich eine Geringschätzung der italienischen Oper mitschwingt. Und da sei der große Giuseppe vor! Und dann müsste ich ja auf die Wonnen einer schönen Così fan tutte (bzw.tutti!) verzichten. Und das ginge entschieden zu weit, nein: zu eng!


    Mein lieber Sixtus,


    Ingrid und ich sind begeisterte und eingefleischte Wagnerianer. Aber das heißt doch nicht, dass wir für andere Opern nicht ebenso begeistert sind. "Fidelio" ist eine meiner allerliebsten Opern, auch wegen der humanistischen Ideen. Wir beide lieben die so herrlich melodiösen Italiener. Ich bin bekennender Spielopernfan und versuche, wo es geht die wundervollen Kleinodien aus diesen Werken in Konzertprogrammen unterzubringen. Jetzt im Juli haben wir ein Open-Air-Konzert mit einer Hälfte Spielopernhits aus "Zar und Zimmerman" und "Der Wildschütz". Das Programm ist auf meinem Mist gewachsen. Ich bin musikalisch ein "Allesfresser", das geht so weit, dass ich mich für ein gut gesungenes Silcherlied begeistere. Sogar Elvis, Beatles bis hin zu guter Blamusiik höre ich gerne. Probleme habe ich oft mit Musicals. Wenn ich für teures Geld Karten für z. B. "Miss Saigon" erstanden habe, dann denke ich bei diesem geklauten Machwerk ständig an "Madam Butterfluy" und beschimpfe mich innerlich, dass ich mir das antue. Ich meine auch wir Älteren sollten lebenslang für alle Musikrichtungen offen sein. Gerade die Vielfalt ist doch das Faszinierende.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Zitat von Operus: Ich bin musikalisch ein "Allesfresser", das geht so weit, dass ich mich für ein gut gesungenes Silcherlied begeistere. Sogar Elvis, Beatles bis hin zu guter Blamusiik höre ich gerne. Probleme habe ich oft mit Musicals.

    Lieber Hans,


    da haben wir beide - neben den allerbesten Ehefrauen - eine weitere Gemeinsamkeit (was ich allerdings bei dir schon wusste).
    Auch bei Musicals geht es mir ähnlich. Es gibt einige, die ich sehr mag, wie z.B. Cats, das Phantom der Oper, Evita, My fair Lady u.a., während ich z.B., obwohl ich Abba auch gern höre, nicht mag, was das Musical wie "Mamma mia" daraus gemacht hat. Und was die Verwertung eines schon vertonten Stoffs betrifft: Miss Saigon kenne ich nicht und kann kein Urteil dazu abgeben. Allerdings gefällt mir sehr die "West-Side-Story", die ja den Romeo und Julia-Stoff verwertet, aber im Gegensatz zu dem, was heutige Regisseure mit älteren Meisterwerken anstellen, auch eine eigene Handlung und eine eigene Musik besitzt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Operus, da haben wir offenbar unterschiedliche Definitionen von -ianern. Nach meiner Kenntnis - und Erfahrung! - haben -ianer jeder Art einen Hang zur Ausschließlichkeit und zur Heiligenverehrung, verbunden mit Geringschätzung Andersdenkender (zuletzt erlebt in Straßburg bei der Premiere des Liebesverbots). Mir ist auch das Wort Fan suspekt, weil es unkritische Verehrung suggeriert, die in der Popmusik gang und gäbe ist.


    Wichtig ist aber, dass wir inhaltlich übereinstimmen. Nach meinem Sprachgebrauch bist du kein Wagnerianer, sondern ein kenntnisreicher Opernfreund, der zwischen Gut und Schlecht unterscheiden kann. In diesem Sinne


    herzliche Grüße von Sixtus

  • Lieber Operus, da haben wir offenbar unterschiedliche Definitionen von -ianern. Nach meiner Kenntnis - und Erfahrung! - haben -ianer jeder Art einen Hang zur Ausschließlichkeit und zur Heiligenverehrung, verbunden mit Geringschätzung Andersdenkender (zuletzt erlebt in Straßburg bei der Premiere des Liebesverbots). Mir ist auch das Wort Fan suspekt, weil es unkritische Verehrung suggeriert, die in der Popmusik gang und gäbe ist.


    Wichtig ist aber, dass wir inhaltlich übereinstimmen. Nach meinem Sprachgebrauch bist du kein Wagnerianer, sondern ein kenntnisreicher Opernfreund, der zwischen Gut und Schlecht unterscheiden kann. In diesem Sinne


    herzliche Grüße von Sixtus


    Lieber Sixtus,


    gut gebrüllt Löwe. Lassen wir es so stehen, denn mit dieser Definition kann ich gut leben. Dennoch sind die Werke Wagners und Verdis für Ingrid und mich der Kulminationspunkt der vielleicht reichsten musikalischen Epoche.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Allerdings gefällt mir sehr die "West-Side-Story", die ja den Romeo und Julia-Stoff verwertet, aber im Gegensatz zu dem, was heutige Regisseure mit älteren Meisterwerken anstellen, auch eine eigene Handlung und eine eigene Musik besitzt.


    Lieber Gerhard,


    Mit "My fair Lady" und vor allem der "West-Side-Sory, "Das Phantom der Oper" könnte man bedingt auch noch dazurechnen, sprichst Du Werke an die meilenweit über den sonstigen oft geschickt-gefäligen Mix des Musicals hinausgehen. Bernstein gelingt in der Vertonung des Stoffes von Romeo und Julia eine Meisterleistung. Besonders zu bewundern, wie virtuos er verschieden Musikstile verwendet, um die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungen herauszuarbeiten. (Komponist und Songschreiber agieren hier fast "wagnerianisch" in einem anderen Genre). Etwas gewagt: Ich frage mich, während ich die Zeilen schreibe: Kann die "West-Side-Story" überhaupt als Musical im Sinne leicht verständlicher musikalischer Kost verstanden werden? Ist das Werk durch seine Tiefe und Dramturgie in der Handlung nicht weiit mehr? Interessant in diesem Zusammenenhang, dass die erste deutschsprachige Aufführung 1968 in Wien in der Volksoper stattfand.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich bin auch Wagnerianer, schätze aber trotzdem alle anderen Opern Gattungen und akzeptiere, wenn jemand andere Vorlieben hat. Und nebenbei höre ich auch noch Popmusik, da aber hauptsächlich Musik aus den 80 Jahren und Soul und Jazz. So sind zum Glück die Geschmäcker doch unterschiedlich. Das Musical Les Miserables ist mein Lieblingsmusical und meiner Meinung nach auch keine leichte Kost, schon alleine wegen der Handlung. Deshalb wurde es leidet nach 2 Jahren in Duisburg abgesetzt.