Moritz: Unverzichtbare Klassikaufnahmen

  • Auch bei mir zunächst ein paar einleitende Worte.


    Ich beschäftige mich vor allem mit Werken für Klavier, solo bzw. mit Orchester, das Hauptaugenmerk liegt - grob und ohne feste Abgrenzung - im Bereich Klassik bis Spätromantik.
    Ich möchte hier ebenfalls noch hinzufügen, wie Alfred bereits schrieb, dass ich keineswegs einen Anspruch darauf erhebe, hier die 'besten' Interpretationen der vorgestellten Werke zu nennen. Ich nenne lediglich Aufnahmen, die ich für unverzichtbar halte und auf keinen Fall missen möchte, wobei mir völlig klar ist, dass die Meinungen selbstverständlich auseinander gehen werden. Aber darauf wird in den entsprechenden Threads ja zur Genüge eingegangen.


    Hier nun meine Empfehlungen:

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Sergej Rachmaninov - Klavierkonzert No.3 in d-moll, op.30


    1. Allegro ma non tanto
    2. Intermezzo. Adagio
    3. Finale. Alla breve


    Martha Argerich, piano
    Radio-Sinfonieorchester Berlin
    Riccardo Chailly


    Aufnahme 1982






    Diese Aufnahme des dritten Klavierkonzert Rachmaninovs ist trotz der enormen Konkurrenz für mich doch konkurrenzlos. Bereits in der Kadenz des ersten Satzes dieses unglaublich schwierigen Werkes triumphiert Martha Argerich über alle anderen, lässt selbst Horowitz hinter sich. Was im 2. und 3. Satz folgt sind für mich Sternstunden des Klavierspiels. Ein sehr schönes Adagio (auch hier nicht nur braves Schwelgen sondern pianistische Eruptionen) und das reinste Feuerwerk im Finale.
    Als weitere Leistung muss man anerkennen, dass Martha Argerich den 'schwülstigen' Momenten, für die das 'Elefantenkonzert' in manch anderen Interpretationen ja durchaus anfällig sein kann, durch das wirklich zügige Tempo, eine hier erfrischende 'Herbheit' und den wuchtigen Zugriff den Garaus macht.
    Auch das Orchester, dem die Argerich wirklich eine enorme Flexibilität abverlangt, begleitet diesen Husarenritt ganz vorzüglich, auch wenn man stellenweise hört, was für eine schwierige Aufgabe das gewesen sein muss. Die Frage 'Was hat sie als nächstes vor?' dürfte nicht nur Riccardo Chailly den Schweiss auf die Stirn getrieben haben.


    Ich erinnere mich gerade daran, gelesen zu haben, diese Aufnahme sei wegen störender Publikumsgeräusche 'umstritten'. Man hört zwar ab und zu einen Huster, es tut dem Genuss jedoch ( zumindest für mich) nicht den geringsten Abbruch.
    Dass dies eine Live-Aufnahme ist, lässt einen vor der grossartigen pianistischen Leistung noch mehr erbleichen.


    Mein Fazit ist also klar... wenn eine Aufnahme des Konzertes, dann diese!


    Liebe Grüsse, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Franz Liszt - Klaviersonate in h-moll, S. 178


    Emil Gilels, piano


    Aufnahme 1970, Salzburger Festspiele





    Die Klaviersonate in h-moll zählt für mich zu den grössten Kompositionen für Klavier überhaupt, Franz Liszts sowieso. Ich liebe diese Sonate und besitze mittlerweile in zahlreichen Interpretationen. Eine der mir allerliebsten Aufnahmen ist diese. Fast alles, worauf es in dieser Sonate ankommt, ist im entsprechenden Thread


    Franz Liszt: Die Klaviersonate in h-moll


    bereits gesagt worden, wesentlich erscheinen auch mir das Zusammenhalten der einzelnen Teile der Sonate, der Aufbau von Spannung und eine stringente Interpretation, in der das virtuose Moment auf keinen Fall zu Kurz kommen DARF. Ich mag beispielsweise die Interpretation des sonst von mir hoch geschätzten Maurizio Pollini überhaupt nicht.


    Etliche Künstler haben grossartige Interpretationen geschaffen, alleine durch die Länge der (einsätzigen) Sonate versteht es sich, dass die eine oder andere Stelle in der einen oder anderen Interpretation hervorsticht.


    Als homogenes Ganzes betrachtet, scheint mir aber diese Aufnahme Emil Gilels fast unschlagbar zu sein. Auch wenn auf diesem Niveau der Interpretation viele 'gleich gut' sein mögen, meiner Meinung nach ist bei h-moll keiner besser als Gilels (obwohl es sehr wahrscheinlich ist, dass diese Sonate bei meinen Vorstellungen nochmals auftauchen wird).


    Und bevor hier wieder eventuelle Fragen auftreten, ich beziehe mich nur auf die h-moll Sonate von Franz Liszt auf dieser Cd ;) .


    Liebe Grüsse, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Frederic Chopin - Walzer


    Artur Rubinstein, piano


    Aufnahme 1963




    Nachdem ich diese Aufnahme nach einiger Zeit gestern wieder gehört habe, war mir völlig klar, dass sie hier hingehört.


    Zunächst sei darauf hingewiesen, dass auf der hier vorliegenden Einspielung nur die vierzehn 'ofiziellen' Walzer, d.h. jene die vom Komponisten mit Opuszahlen versehen wurden. Insgesamt komponierte Chopin wohl zwanzig Walzer, von denen fünf erst nach seinem Tod veröffentlicht wurden und einen sechsten, der verloren gegangen ist.


    Nun zum Eigentlichen. Arthur Rubinstein ist als einer der grössten, wenn nicht der grösste Chopin-Interpret weltberühmt. Diese Aufnahme untermauert die 'Rechtmässigkeit' dieses Nimbus aufs Eindrucksvollste.
    Ein wunderbarer Klang, das Klavier blüht in allen Farben, wie es wohl nur Rubinstein vermochte.
    Wem das noch nicht genügt, dem seien Einspielungen der Mazurken, Nocturnen oder der Polonaise As-dur ans Herz gelegt. Bemerkenswert ausserdem, dass Rubinstein zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits 76 Jahre alt war.


    Eigentlich möchte ich keines dieser Kleinode hervorheben, wenn ich es denn müsste wären es wohl die Walzer opp. 34 No.1 As-dur, 64 No.2 cis-moll und op.70 No.1 Ges-dur.


    Schlicht und ergreifend eine der schönsten Klavieraufnahmen, die ich kenne.

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Robert Schumann - Kreisleriana op.16


    Vladimir Horowitz, piano


    Aufnahme 1. Dezember 1963



    Ich gebe zu, die Konkurrrenz ist enorm, es gibt wohl wenige Stücke in der Klavierliteratur, deren Interpretation eine derartige Geschmackssache ist, wie jene der Kreisleriana von Robert Schumann.
    Mein Favorit ist und bleibt Vladimir Horowitz' Aufnahme von 1969.


    Zunächst zur Kreisleriana selbst. Schumann schrieb das Werk 1838 in nur vier Tagen. Der Titel ist in Anlehnung an die Figur des 'halb-verrückten' Kapellmeisters Kreisler aus einem Roman E.T.A Hoffmanns gewählt. All das ist bekannt und von Uwe zur Einleitung seines entsprechenden Threads bereits erwähnt worden.


    Robert Schumann: Kreisleriana


    Schumanns eigene Worte (in Briefen) und die Geschwindigkeit, in der er seine Komposition fertigstellte, zeugen von einem wahren 'Kreativitätsrausch', in dem er sich befunden haben muss. Zusammenhänge mit seiner Krankheit werden des öfteren konstatiert, ich will darauf nicht näher eingehen. Klar ist wohl, dass Schumanns Liebe zu Clara Wieck bei der Komposition eine entscheidende Rolle gespielt haben muss, wie er es in Briefen auch unmissverständlich zum Ausdruck bringt - ' denke, seit meinem letzten Brief hab ich wieder ein ganzes Heft neuer Dinge fertig. ›Kreisleriana‹ will ich es nennen, in denen Du und ein Gedanke von Dir die Hauptrolle spielen und will es Dir widmen - ja Dir und Niemandem anders - da wirst Du lächeln so hold, wenn Du Dich wiederfindest' (und für mich hat Schumann mit 'Chiarina' aus seinem Carnaval op.9 eine weitere und mit die schönste musikalische Liebeserklärung der gesamten Geschichte geschrieben - allerdings nicht für Clara). Nur ihre für ihn wohl ernüchternde Rezeption brachte ihn anscheinend schliesslich dazu, das Werk entgegen seiner ursprünglichen Absicht nicht ihr, sondern 'seinem Freund Frederic Chopin' zu widmen. Die Kreisleriana hatte wohl Momente, die Clara Wieck verschreckten.
    Ohne das näher begründen zu können, schien mir immer das siebte Stück der Kreisleriana 'sehr rasch', mit seinem durch das vorhergehende 'sehr langsam' betont eruptiven Charakter das in diesem Zusammenhang verstörendste Element der gesamten Komposition zu sein (und keine andere andere Aufnahme, die ich kenne stellt die hier aufkommende Tragik und Verzweiflung dar wie diese), vor allem in den mich fast an Bach erinnernden kontrapunktischen Motiven im Mittelteil.


    Nun zur Interpretation.
    Horowitz sagte nach einer Überlieferung, dass das Geheimnis 'Schumann richtig zu spielen' darin läge, seine Musik wie in einer 'organisierten Improvisation' darzustellen. Diese Aufnahme zeigt meiner Meinung nach genau, was er damit meinte.
    Ich will an dieser Stelle auf die Anfeindungen, denen Horowitz immer wieder ausgesetzt war, nicht mehr groß eingehen. Ich denke, seine Meisterschaft und sein einzigartiges Können sind mittlerweile unumstritten, den besten Beweis liefert diese Aufnahme (von seinen Liszt- und Rachmaninov-Aufnahmen ganz zu schweigen).
    Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, das Werk im Konzert aufzunehmen, erfolgte die Aufnahme in nur einer, eben jener des 1. Dezember 1969, Aufnahmesession (in übrigens ausgezeichneter Klangqualität, das wirklich minimalste Grundrauschen ist nicht der Rede wert). Die technische Brillianz und souveräne Virtuosität sind wirken geradezu selbstverständlich, sind, um auch diese Plattitüde in einem wirklich zutreffenden Kontext zu benutzen, niemals Selbstzweck. Horowitz spielt ungemein konzentriert und fokussiert, nie droht das Werk auch nur im Ansatz auseinander zu fallen, dennoch ist eine Art Freiheit und zugleich eine enorme Würde zu spüren, die dieses Werk (und auch Horowitz' Spiel) hier so einzigartig macht. Gerade die Stellen, in denen das singende, poetische Moment zum Tragen kommt, stellt Horowitz dar wie kein anderer. Einzig Wilhelm Kempff hat für mich hier ähnlich starke Ansätze.


    Ein Fazit schenke ich mir angesichts meiner Lobgesänge.


    Gruss, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

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