Symmetrie im geometrischen Sinn kennen wir alle: Sie beherrscht die Architektur barocker Schlösser und Kirchen und ist mathematisch definiert - als Achsensymmetrie oder als Kreissymmetrie.
In Musik und Literatur, und damit auch in der Oper, finden wir eine Variante davon: weniger die Spiegelung als die Entsprechung. Fehlt sie in einer Oper, muss sie durch eine andere Qualität ersetzt werden.
In Bizets "Carmen" etwa werden die 4 Akte immer kürzer: von ca. 50 Minuten über 40, 30 bis zu ca. 20 Minuten strafft sich die Dauer - und gibt der Handlung eine zunehmende Spannung. Noch deutlicher tritt das zutage bei Einaktern wie "Salome", wo sich das Geschehen von der Milieuschilderung allmählich zur Katastrophe zuspitzt.
Andere Stücke setzen auf Symmetrie. Die 3 Akte von Wagners "Tristan" bilden mit je ca. 80 Minuten eine auffällige Symmetrie, in deren Mitte das große Liebesduett des 2. Aktes steht. Verdis "Ballo" greift (unabhängig davon) zum gleichen Stilmittel. Der Mittelakt mit dem Liebesduett ist umrahmt von 2 Akten mit je 2 Bildern. Und der "Trovatore" mit seinen 4 Akten mit je 2 Bildern ist sogar ein Musterbeispiel für Symmetrie.
Vollends Mozarts Da-Ponte-Opern gliedern sich wie von selbst in 2 Akte (oder 2x2 Akte) zu je ca. 90 Minuten. Und es sind nicht zufällig seine Meisteropern - wie überhaupt alle genannten Werke zu den bedeutendsten dieser Komponisten zählen.
Hinzu kommen Fälle von gleichsam spiritueller (oder transzendenter) Symmetrie wie der mysteriöse Auftritt des geheimnisvollen Mönchs (der als Karl V. gedeutet wird), der am Beginn und am Schluss des "Don Carlo" das Werk wie eine Klammer umschließt.
Mit diesem Phänomen der Symmetrie in der Gattung Oper lohnt es sich zu befassen, zumal sie auffällig oft in bedeutenden Meisterwerken zutage tritt. Gehört sie womöglich zu den Merkmalen von Meisterwerken?
Es lohnt sich, diese Beispiele näher zu beleuchten weitere aufzuspüren und deren Funktion zu ergründen.
Dazu lädt alle Opernfreunde im Forum herzlich ein
Sixtus