Liederabend Joyce DiDonato – Wiener Staatsoper, 13.4.2016

  • A Journey through Venice
    Liederabend Joyce DiDonato – Wiener Staatsoper, 13.4.2016


    Joyce DiDonato, eine der weltweit gefeiertsten Mezzosopranistinnen, die von der Wiener Staatsoper seit vielen Jahren sträflichst vernachlässigt wird, gab einen vom Publikum gefeierten Liederabend unter dem Motto “A Journey through Venice”. Unter diesem Titel subsummierte sie – gemeinsam mit ihrem Begleiter David Zobel – Werke, die einerseits von Venedig handelten, andererseits in Venedig spielten und von einem venezianischen Komponisten geschaffen wurden.


    Über zwei Stunden (inklusive Pause) zeigte sie ihre stupende Technik, ihre enorme Wandlungsfähigkeit im Ausdruck und den Beweis, dass sie in ihrem Fach zur Zeit die absolute Nummer Eins ist. Es ist wirklich kaum zu glauben, dass DiDonato erst ein einziges Mal – als Rosina im Jahr 2009 – für eine Produktion engagiert wurde. Ich hatte das Vergnügen sie damals zu sehen und auch meine letzte Begegnung mit ihr – sie sang die Maria Stuarda in Barcelona, war ein besonderes Hörerlebnis.


    An diesem Abend begann sie mit zwei Arien des Venezianers Antonio Vivaldi, beide aus der 1723 uraufgeführten Oper Ercole sul Termodonte. Beide Stücke zeigten gleich, welch bombensichere Höhen, welch tragfähige Mittellage und welch profunde Tiefen die Amerikanerin hat. Es folgten fünf elegische Stücke von Gabriel Fauré, der besonders durch sein Requiem bekannt ist. Vor der Pause dann noch drei Piecen von Gioachino Rossini – „La Regatta Veneziana“. Hier zeigte sie erstmals auch ihr komödiantisches Talent, indem sie die Kommentatorin der Lieder namens Anzoleta wunderbar verkörperte. Anzoleta beobachtet eine Regatta und leider mit ihrem Geliebten Momolo mit, aber schlussendlich geht alles gut aus und er gewinnt diese.


    Mit Rossini ging es auch gleich nach der Pause weiter. „Assisa al pié d’un salice… Deh, calma“ aus dem dritten Akt von Otello. DiDonate gab viele Erklärungen zu den Stücken bzw. Zyklen ab, so sprach sie viel und enthusiastisch über die „Three Songs of Venice“ von Michael Head, die für sie persönlich von großer Bedeutung sind und eine Art Auslöser für ihr Gesangsstudium waren. Wie schon die Stücke von Fauré sind die Lieder impressionistisch angehaucht und geben in wunderbarer Art und Weise die Stimmung der Stadt – abseits der Touristenpfade – wieder.
    Nach dem besinnlichen, dem lustigen und dem dramatischen Venedig beendete sie ihr offizielles Programm mit fünf romantischen Stücken, die von Reynaldo Hahn geschrieben wurden. Sie erzählte dazu die Anekdote, dass der Komponist den Zyklus „Venezia“ selbst uraufgeführt hatte – er ließ ein kleines Klavier auf eine Gondel transportieren, ließ sich durch die Kanäle führen, und spielte und sang selbst… Auch hier kam ihre komödiantische Ader zum Vorschein.


    Naturgemäß ließ das Publikum sie nicht einfach gehen – und so kam es in den Genuss einer Arie aus „La Donna del Lago“, die ihre Fähigkeiten in Bezug auf „geläufige Gurgel“ unterstrich.
    Danach verließ sie thematisch das Wasser, um ein Lied zu singen, das in ihrer Heimat Kansas spielt. „Somewhere over the Rainbow“ – der Klassiker aus „The Wizard of Oz“ – wurde derart gefühlvoll gesungen, dass das Publikum sichtbar bewegt war. Ein absoluter Höhepunkt eines aus vielen Höhepunkten bestehenden Programmes. Was besonders dabei auffiel – sie kann, wenn notwendig, ihre Stimme zurücknehmen, sodass sie hier nicht als Opernsängerin klang, sondern schon sehr nahe an das – meiner Meinung nach bis dato noch nicht übertroffene – Original von Judy Garland kam.


    Leider musste ein Idiot eine gefühlte Hundertstelsekunde nach dem Verklingen des letzten Akkords sofort „Bravo“ schreien (anscheinend gehen gewisse Leute in Konzerte nicht um zu hören, sondern um gehört zu werden…), sodass es nicht möglich war, ein paar Sekunden die Stille auf sich wirken zu lassen.
    Nachdem man noch immer nicht gewillt war sie gehen zu lassen, kam es noch zu einer nicht geplanten Zugabe – „Morgen“ von Richard Strauss.


    Zwei persönliche Anmerkungen zum Schluss –
    1) Das Programmheft um nicht wohlfeile EUR 4,80 beinhaltete zwar die deutschen Übersetzungen der Liedtexte. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn man die Originaltexte auch inkludiert hätte
    2) Auch in der nächsten Saison wird DiDonato nicht an der Staatsoper singen. Das ist einfach eine Schande – ich hoffe, dass dies in den darauffolgenden Jahren nachgeholt wird – man darf nämlich nicht vergessen, dass die Sängerin in dem Jahr geboren wurde, in dem die aktuelle Produktion von „Il Barbiere di Siviglia“ Premiere hatte..

    Hear Me Roar!