• Auf dieses Thema bin ich gekommen beim Ansehen einer Dokumentation über die Loire-Schlösser, im speziellen Fall über Chambord. Ich erinnere mich gut, wie ich vom westlichen Parkplatz, der das Schloss noch verbarg, näher heranging und auf einmal dieses gewaltige Bauwerk mir den Atem verschlug, obwohl oder gerade weil auch ein Hauch Disney dabei war. Der Sprecher zählte neben Chambord noch andere gigantische Bauwerke auf und verwendete das Wort "Giganten" dabei. Da dachte ich sofort daran, dass es das in der Natur, in der bildenden Kunst und auch in der Musik geben muss.
    Wie immer ist es ein "weiches" Thema. Es wird, was ihr daraus macht.
    Ein paar Hinweise möchte ich aber doch geben. Es kommt nicht darauf an, ob es spektakulär ist. Ich kann mir vorstellen, dass für einen Geiger oder Liebhaber der Geigenmusik die Bachschen Solo-Partiten dazu zählen (ich habe sie in Duisburg vor Jahren von H.P. Zimmermann gehört; er selbst bezeichnete sie als den "Himalaya der Violinmusik"). Man kann auch Teile auswählen; so würde ich das ganze "Lied von der Erde" nicht dazuzählen, wohl aber "Der Abschied". Und, ihr werdet lachen, die 9. von Beethoven wäre bei mir auch dabei, die "Lucia" eher nicht. Noch eine Bitte: Giganten gab es nicht nur im 18. und 19. Jahrhundert. Noch ein Trost: ich verzichte darauf, nach den Opern mit den Giganten das Experiment zu wiederholen, dass jeder alle seine "Giganten" aufzählt und dann jede Woche einen streichen muss.
    Letzte Bitte: pro Beitrag nur ein Werk und eine Aufnahme dazu, denn in der Regel liebt man diese Giganten auch in einer "gigantischen" Einspielung. Begründung ist schön, aber nicht Pflicht.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Von der Marienvesper gibt es mehr als 40 Aufnahmen. Ich selbst habe nur 2, einmal die mit Suzuki, die tadellos ist, dann vor allem die mit Ralf Otto, die mit Chor, Orchester und Solisten gleich gut besetzt ist. Ralf Otto war Lehrer für Chordirigieren an der Essener Folkwanghochschule für Musik. In dieser Aufnahme ist vor allem ausgeprägt, was ich in anderen threads den "Gabrieli-Faktor" genannt habe: also Prunk und Pracht. Und auch das Pingelsche Rasiermesser findet Anwendung, ich höre immer erst Nr. 8 (Nisi Dominus, Ps. 126) und "Ave maris stella" (Nr. 12). Das ist die Prüfung, die jede Aufnahme bestehen muss. Da fallen bei mir die stärker minimalistischen Ensembles durch (etwa L´Arpeggiata", Christina Pluhar). Es klingt einfach zu dünn.


    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Grandioser Chor- und Orchestersound (nicht HIP, ich weiß...) und dazu ein Solistenquintett, das keine Wünsche offen lässt.


    Das Werk selbst ist für mich einer der riesigsten "Giganten" der abendländischen Musikgeschichte.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Bei der Matthäus-Passion bin ich sofort dabei. Sie wäre auch mein erster "Gigant" gewesen, allerdings in einer noch weniger hip-en Aufnahme, als unter Richter:



    Ursprünglich als LP-Version vom mühsam ersparten Taschengeld gekauft und dann vom ersten Ton an wie paralysiert auf dem Boden gelegen und gehört.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.


  • Wenn es um gigantische Werke und gigantische Interpretationen geht, darf diese h-Moll-Messe von Bach nicht fehlen. Für Otto Klemperer soll es die schönste Musik gewesen sein, die jemals komponiert wurde. Die Aufnahme ist wohl eine Art Glaubensbekenntnis. Monumentalter als in dieser 1967er Einspielung mit dem New Philharmonia Orchestra und mehr als namhafter Besetzung klang es nie und wird es auch nie wieder klingen. Wie in Marmor gemeisselt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Du denkst Dir wirklich immer sehr schöne Sachen aus, lieber Doctor. Ich kann mir vorstellen, dass Du auch irritieren und verwirren willst. Gut so. Das ist ein Kompliment. Ich weiß nicht, ob der Reiseführer für das Schloss Chambord mit "Gigant" das passende Wort gefunden hat. Für mich ist es ehr ein Umgetüm. Ist ein Gigant ein Ungetüm? Für manchen schon. Ich beobachte im Fernsehen sehr oft, dass Begrifflichkeiten daneben gehen. Dann lieber sich noch bei der Beschreibung einer Speise ins unverbindliche "lecker" flüchten, um ein Beispiel zu geben. Das ist zumindest nicht falsch. Ich gehe gern zu den Giganten ins Berliner Pergamonmuseum. Ich bin auf ihrer Seite und erinnere mich lebhaft an "Die Ästhetik des Widerstands" von Peter Weiss. Das zumindest dem Umfang nach "gigantische" Buch beginnt genau dort. Ich weiß nicht, ob ich es je wieder lesen kann. Viel Zeit ist darüber gegangen.


    Musik kann nach meinem Verständnis gigantisch klingen. Ist das aber erstrebenswert? Wenn ja, ist das betreffende Werke aber doch noch kein Gigant. Wollte ich Deiner Lesart folgen, ich hätte formal gesehen viele Zwerge im Angebot. "Auch kleine Dinge können uns entzücken." Damit sind wir bei Wolf. Ich müsste einige seiner Lieder nennen. Um auf Gigantisches in der Musik zurückzukommen, müsste es schon Mahler sein oder Bruckner. Es gibt einen Mitschnitt der 4. Sinfonie von 1988 aus München unter Celibidache, eine Alternative zur EMI-Box. Jenem Menschen, der mir die Aufnahme einst nachebrachte, bin ich unendlich dankbar. Die Coda, die ist dann doch ein Gigant. Nie vorher und nie nachher habe ich die wieder so gehört. Es ist, als würde sich die Musik himmelwärts erheben wie ein Dom. Dabei so klar. Selbst Celibidache ist das nicht immer so gelungen.


    Du siehst, ich bin mir bei dem Thema gar nicht sicher.


    Dir zum Gruß! Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Letzte Bitte: pro Beitrag nur ein Werk


    Die Regel hast Du selbst allerdings gleich gebrochen, caro dottore :D
    Ich bin aber brav und halte mich daran, obwohl mir ganze viele "Giganten" einfallen. Ein Gigant setzt dann für mich aber schon ein gewisses Format voraus, ein Schubert-Lied würde ich hier also nicht nennen wollen. Eine Symphonie, Messe oder Oper passt da schon eher. Und herausragen sollte ein Gigant wohl auch irgendwie, aber auch gegenüber den anderen Werken desselben Komponisten? Kann man eine Symphonie von Beethoven oder Mahler als Gigant herausgreifen, ohne nicht gleich mindestens drei andere ebenfalls zu nennen? Gar nicht so einfach.


    Ich fange trotzdem mal an und gehe gleich ins 20. Jahrhundert. Strawinskys Le Sacre du Printemps ist zweifellos ein Gigant und überragt m.E. auch alles andere, was er komponiert hat. Gute Aufnahmen gibt es viele, zu den besten zählt für mich immer noch die alte Bernstein-Einspielung mit dem NYP:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich bin sehr angetan, wie sich das hier entwickelt, und überrascht dazu. So kommen Bach und Klemperer (und Richter) zusammen, was mich erstaunt, denn ich höre da nur noch Herreweghe. Dieser thread aber dient mir auch dazu, das (Bach und Klemperer) zu akzeptieren; verwirren und irritieren will ich eigentlich nicht, das ergibt sich von selbst. Und jetzt kommt der Hammer: bei Don Giovanni bin ich auf Klemperer und Ghiaurov "sozialisiert". Das ist die düsterste, eruptivste Aufnahme dieser Oper, die es gibt. Und ich muss sagen: neben Siepi, den ich als leichteren Don Giovanni live in Wien gesehen habe, deckt Mozart auch die Lesart von Klemperer absolut ab.



    Sehr gefallen hat mir, was Michael schrieb, dass er "wie paralysiert auf dem Boden gelegen hat". Das genau ist es, worum es geht. Giganten werden zu solchen, indem wir sie dazu machen. Das können in anderen Augen dann Zwerge sein. Ein vordergründig verblüffendes Beispiel werde ich in meinem nächsten Beitrag geben, denn es gibt auch subtile Giganten. Euch wird es nicht verwundern, dass ich dazu einiges aus der alten Musik zitieren werde, und auch mein Freund Janacek wird dabei sein.
    Die Sache mit nur einem Beitrag würde ich schon verteidigen, auch wenn in meinem ersten, einleitenden Beitrag mehrere Beispiele zitiert wurden. Das sollten aber nur die Leitlinien sein. Ich fände es auch schön, wenn wir keine Sammler wie etwa die Beethovenschen Sinfonien nennen würden; da verdient jede einzelne ihren Rang. Die Einzelnennung hat auch den Sinn, das Thema schön lang zu ziehen, was bedeutet, dass man ein Werk, was schon dran war, selber ruhig noch mal nennen kann.

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  • Allmählich wird das ja zum "Otto-Klemperer-Beweihräucherungs-Thread". :D Aber was soll's: er war einfach einer der Giganten. Und ich setzte sogar nochmal etwas drauf:



    Ich will nicht behaupten, dass diese Aufnahme der 5. Symphonie von Beethoven mit den Wiener Philharmonikern unter Klemperer aus dem Jahre 1968 die "beste" ist. Aber wenn ich an dieses Werk und das Attribut "gigantisch" denke, kommt mir zuallererst diese in den Sinn.


    Die Aufnahme, ein Stereo-Mitschnitt aus dem Goldenen Saal des Musikvereins anlässlich Klemperers letztem Auftritt in Wien, wurde zurecht bereits vor über zwanzig Jahren von der DG in der Reihe "150 Jahre Wiener Philharmoniker" aufgelegt, ist als Einzelaufnahme aber lange vergriffen. Dank des Labels Testament ist sie in der 8 CDs umfassenden Gesamtbox zahlreicher Live-Auftritte Klemperers in Wien in den Jahren 1958 und 1968 wieder greifbar.


    Wer jetzt auf die berühmtere EMI-Studioaufnahme verweist, dem sei gesagt: die ist live nochmal deutlich besser. Klemperer spielt hier sogar die Wiederholungen im Kopf- und im Finalsatz, was er in seinen späten Jahren meist nicht tat. Die Wiener Philharmoniker klangen nie besser und übertreffen hier auch die etwa zeitgleich entstandenen Einspielungen von Schmidt-Isserstedt und Böhm.


    Kurzum: Eine Fünfte für die Insel. Höchste Bewertung für die Interpretation bei sehr guter Klangqualität.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zu den Giganten unter den Musikwerken gehört für mich auf jeden Fall Gustav Mahler's Neunte Symphonie. Unter auch hier geht die Palme an Leonard Bernstein in seiner einzigen Aufnahme aus Berlin. Erschütternder geht es m.E. nicht mehr.


  • Eine ergänzende Bemerkung zu meinem Beitrag: Mir ging es in erster Linie tatsächlich um das gigantische Werk (musikalisch, nicht der Länge wegen). Dass ich zusätzlich mit einer in vielerlei Hinsicht gigantischen Aufnahme sozialisiert worden bin, ist dann der Zufall, der das berühmte Tüpfelchen auf dem "i" ausmacht. Vermutlich wäre es mir mit einer historisch informierteren Aufnahme ähnlich ergangen.


    p.s. Meine Zweitaufnahme der Matthäus-Passion war übrigens die von Stimmliebhaber gezeigte Richter-Einspielung :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Auch ein gigantisches Werk im positiven Sinne: Mahlers "Zweite"!


    Hier in meiner Lieblingseinspielung unter Vaclav Neumann:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zu den Giganten unter den Musikwerken gehört für mich auf jeden Fall Gustav Mahler's Neunte Symphonie. Unter auch hier geht die Palme an Leonard Bernstein in seiner einzigen Aufnahme aus Berlin. Erschütternder geht es m.E. nicht mehr.



    Danke - das wäre mein nächster Gigant gewesen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Hallo!


    Ich beziehe mich auf das Klassische Kalenderblatt, das ich heute eingestellt habe und nenne die Leningrader Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch als einen der "sinfonischen Giganten" dieses Jahrhunderts. Zwingend in seinem historischen Rahmen zu sehen und dennoch (oder dadurch?) einzigartig. Wann hat ein anderes Werk so schnell derart weltweite Bekanntheit erlangt?


    Ich höre üblicherweise Mariss Jansons:



    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

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  • Ich habe verschiedene Aufnahmen von Bruckners Achter, aber keine hat mich von Anfang an so gepackt wie diese Einspielung (vom Schleswig-Holstein-Musik-Festival), wobei mein Cover anders gestaltet ist (das sich jedoch nicht einstellen lässt - warum auch immer). Wenn es mich nach dieser Sinfonie "gelüstet", kommt nur diese in Frage, bleiben alle anderen im Regal stehen...
    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich habe damals diese Aufnahme live, im Wohnmobil sitzend, am Ellenbogen auf Sylt, was rundherum absolute Stille garantierte, Weißwein auf dem Tisch, geöffnete Schiebetür, laue Nacht, gehört, und es ist auch mein Non-plus-Ultra. Natürlich nicht wegen Sylt, sondern wegen Günter Wand.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Einer meiner Hauptgiganten in doppelter Form und etwas spitzfindig mit Anführungsstrichen versehen oder nicht. Palestrina ist ja einer der berühmtesten Komponisten der Vokalpolyphonie und eines seiner berühmtesten Werke ist die Missa Papae Marcelli. Sie ist für mich persönlich wichtig geworden, weil sie das erste große polyphone Werk war, das ich in meinem Leben gesungen habe, als ich 1982 in mein altes "Vokalensemble Fulerum" in Essen kam. Bisher war mein musikhistorischer Hintergrund mit Schütz zu Ende, jetzt wurde er entscheidend auch nach hinten erweitert. Ich sang die Messe im 2. Tenor, und das erste, was ich lernte, war, dass der genauso wichtig war wie der erste Tenor, ja, dass auch der erste Sopran nur eine Stimme unter den anderen ist. Als nächstes lernte ich, diese Musik zu singen, was nur am Anfang schwer ist. Dann kam die Phase, zu lernen, in dem Geflecht der Stimmen die Übersicht nicht zu verlieren, weil es erstmal ganz schön durcheinander geht. Was ich zuletzt lernte, war, wieder reinzukommen, wenn man mal raus ist. Das ist bei der Polyphonie das allerschwerste.
    Wir haben diese Messe ganz oft gesungen, auch im Rahmen von katholischen Messfeiern, was für mich als waschechten Protestanten aber eine große Bereicherung war. Als sich unser Vokalensemble von 20 Personen auf 10 verringerte, haben wir uns, auf meinen Vorschlag hin, "Palestrina-Ensemble" genannt. In manchen Programmen wurde das dann zu Palästina-Ensemble verballhornt, aber auch früher war die alte Musik schon so unbekannt wie teilweise hier im Forum.



    Mit dieser Aufnahme kann man nichts falsch machen; sie enthält auch noch das "Stabat mater" von Palestrina für zwei Chöre, ebenfalls ein großartiges, berühmtes Werk (wir sind ja bei den Giganten), das wir auch oft aufgeführt haben. Was man hier lernt, ist, dass Giganten zu singen noch schöner ist als sie nur zu hören; auch wenn jetzt die Masse und Lautstärke eine nicht so wichtige Rolle spielt wie die Subtilität.


    Jetzt zu "Palestrina". Das ist die berühmte Pfitznersche Oper, in der er die Legende von der Missa Papae Marcelli erzählt, die nämlich auf dem Konzil zu Trient die "Figuralmusik" (die Polyphonie) gerettet haben soll. Im ersten Akt wird die Messe auch zitiert; Engel geben sie dem Komponisten ein, nachdem ihn eine Erscheinung von 8 alten Meistern (darunter Josquin und Heinrich Isaac) gedrängt hat, dieses Werk zu schreiben.
    Es gibt einige Aufnahmen des Werkes, die in Teilen sehr gut sind; so z.B. ein Wiener Mitschnitt, bei dem Fritz Wunderlich den Palestrina singt. Ich habe live eine Aufführung in Wien gesehen mit Hans Hotter als Borromeo und später in Düsseldorf eine Aufführung mit dem schwedischen Tenor Sven Olof Eliasson, der sehr gut war.
    Dennoch gilt hier das Pingelsche Rasiermesser, und das heißt: KUBELIK. Das Orchester des Bayrischen Rundfunks, nach meiner Ansicht in Deutschland die Nummer 2 nach Berlin, spielt; dazu 40 Männerrollen, bis in die kleinste hervorragend besetzt. Nicolai Gedda als Palestrina, Fischer-Dieskau als Borromeo, Helen Donath als Ighino.



    Es versteht sich, dass ich diesen Giganten komplett mitsingen kann!

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  • Auch ein gigantisches Werk - nicht von Umfang oder Besetzung her, sondern bezüglich Ausdrucksdimension und musikgeschichtlicher Bedeutung: Schuberts "Winterreise", hier in meiner Lieblingseinspielung:



    Was nun Pfitzners "Palestrina" betrifft, bleibe ich lieber bei der Suitner-Einspielung mit dem Solistenensemble der Deutschen Staatsoper Berlin, da diese Sängerinnen und Sänger, voran Peter Schreier in der Titelpartie und Siegfried Lorenz als Borromeo (im Gegensatz zu Gedda und Fischer-Dieskau bei Kubelik), ihre Rollen wirklich auf der Bühne verkörpert haben, was man positiv merkt (so wie ich es bei Kubelik negativ merke):



    Ob diese Oper wirklich ein "Gigant" ist, darüber kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Inzwischen schätze ich sie sehr, würde aber nicht so wiet gehen wollen, die als "Giganten" zu bezeichnen, auch wenn die Ausmaße und die Besetzungsliste gewiss etwas Gigantisches haben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die vielleicht gigantischste Symphonie überhaupt: Mahlers Achte, die "Symphonie der Tausend":



    Jascha Horensteins legendäre Aufnahme mit dem London Symphony Orchestra von 1959 live aus der Royal Albert Hall, bereits in für diese Zeit beeindruckendem Stereo, ist bis heute die Messlatte für jede andere Einspielung Sie wurde vielleicht von dieser oder jener neueren Aufnahme erreicht, aber insgesamt m. E. doch niemals übertroffen.

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    – Luís de Camões

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  • Bevor ich mich in Bruckner und Günter Wand verliere, komme ich lieber zurück auf Bach und auf ein Werk, das mir nicht nur deswegen Schauer über den Rücken jagt, weil ich es selbst schon mit aufgeführt habe, sondern wegen der Vorlage, mit der ich geübt habe:



    Eine hammermäßigere Interpretation des Chores "Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen" habe ich nie wieder gehört und ich habe damals zu unserem Dirigent gesagt, dass ich es so gerne interpretiert haben möchte, und ich denke, er ist weitgehend darauf eingegangen. Das ist so explosiv und natürlich alles andere als Lallen und ein beredtes Beispiel für die unnachahmliche Art, mit der Harnoncourrt aus den Bachschen Partituren Funken zu schlagen vermochte. Doch auch die Choräle, die eigentliche Seele des Weihnachtoratoriums, waren uns Vorbild, und gerade auch die Choräle sind bei unserer Aufführung überaus gut beim Publikum angekommen, weil wr vor allem die Aussage des Textes glaubhaft vermitteln wollten.


    Also für mich ist diese Aufnahme ein wahrhafter Gigant und fürwahr nicht der Einzige in Hanrnocourts reiche Diskogrraphie.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Es gibt auch kammermusikalische Giganten, und dazu gehören für mich einige der späteren Schubert-Werke. Ich schwanke, welches ich hier nominieren soll: das Streichquartett Nr. 13 „Rosamunde“, Nr. 14 "Der Tod und das Mädchen" oder das Streichquintett - alle drei hätten es verdient. Weil ich es gerade gestern gehört habe, nenne ich jetzt das Streichquartett Nr. 14 d-moll, op. post., D 810. Meine liebste Einspielung ist immer noch die des ABQ, in der ich es kennengelernt habe:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Stimmenliebhaber,
    die Winterreise ist ein sehr gutes Beispiel, wie auch subtile Musik in dieses Thema gehört, da stimme ich dir absolut zu. Allerdings habe ich hier meine ultimative Aufnahme noch nicht gefunden. Ich habe aber einmal in Essen Siegfried Lorenz live als Don Alfonso in "Cosi fan tutte" erlebt. Das war der beste Don Alfonso, den ich je gehört habe.
    Über Palestrina brauchen wir uns nicht zu streiten; Thomas Mann hat ja sehr Aufschlussreiches dazu geschrieben. Die Berliner Aufnahme mit Schreier habe ich auch. Beim nächsten Hören werde ich mal auf den Gesichtspunkt mit der Bühnenpräsenz achten. Ich weiß aber noch sehr genau, dass mir das Orchester als dem Kubelikschen gleichwertig vorkam.

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  • Kullervo, eine gewaltiger Zwitter aus Symphonie und Tondichtung für Mezzosopran, Bariton, Männerchor und Orchester von Sibelius, steht trotz seiner gigantischen Ausmaße (passt knapp auf eine CD) noch immer im Schatten anderer Werke der Spätromantik. Die bis dato monumentalste Aufnahme hat Leif Segerstam mit dem Helsinki Philharmonic Orchestra 2007 für Ondine eingespielt. Wer das beeindruckende Werk noch nicht kennt, sollte sich beizeiten diese Einspielung zulegen. Man wird nicht enttäuscht werden.

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    – Luís de Camões


  • Ich habe verschiedene Aufnahmen von Bruckners Achter, aber keine hat mich von Anfang an so gepackt wie diese Einspielung (vom Schleswig-Holstein-Musik-Festival), wobei mein Cover anders gestaltet ist (das sich jedoch nicht einstellen lässt - warum auch immer). Wenn es mich nach dieser Sinfonie "gelüstet", kommt nur diese in Frage, bleiben alle anderen im Regal stehen...
    :hello:


    Das ist eine vorzügliche Aufnahme, fürwahr. Indes fand ich immer Wands Interpretation aus dem Lübecker Dom am beeindruckendsten von allen seinen vielen Aufnahmen dieses Werkes. Die Akustik der Kathedrale passt ideal zur "apokalyptischen" Stimmung der Achten von Bruckner. Und nirgends klingen die Blechbläser in der finalen Coda imposanter und energischer als hier. Wieso ausgerechnet diese Wand-Aufnahme seit Jahren vergriffen ist, kann ich mir nicht recht erklären.


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    – Luís de Camões

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  • Dem könnte ich mich anschließen, llieber Jseph, aber ich fand auch dese Aufnahme immer gigantsch:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Dieses Werk darf unter den "Giganten" auch nicht fehlen, darauf hat Dr. Pingel in seinem Einleitungsbeitrag selbst hingewiesen:



    Vielleicht ist das Gigantische und Existentielle, der Ausnahmerang dieses Werkes in dieser Aufnahme (trotz Textänderung!) besonders gut nachzuvollziehen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • In dieser Aufführung wirkte ein veritabler Tenor mit, gell?


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Auch das, ja! ;)


    Aber die ohnehin schon große Relevanz dieses Werkes war sicherlich selten so groß wie zu dieser Zeit an diesem Ort. Und zehn Monate später war Bernstein tot, es ist also auch von ihm ein besonderes Dokument.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das ist der Fall, lieber Stimmenliebhaber, undie meisten Aufnahmen seiner letzten Jahre habe ich in Bild und Ton, und das ist schon ganz etwas Besonderes, wie er auch als todkranker Mann für die Musik noch glühte. Das erschüttert mich manchmal regelrecht.
    Ein solches Dokument ist auch auf dieser DVD enthalten, das nur wenige Monate vor Benrsteins Tod entstand, und in dem Thomas Hampson die Lieder eines fahrenden Gesellen, die Rückertlieder und die Kindertotenlieder sang:



    Eine solch enge, innige Synthese zwischen Dirigent, Solist und Orchester entstand, dass ich jedesmal tief gerührt bin, wenn ich diese Aufnahme sehe und höre. Deshalb werde ich auch nachher, wenn ich nach Hause zurückkehre, diese DVD wieder auflegen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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