Als ich vor ein paar Jahren Paolo Fanale in Modena als Romeo zum ersten Mal hörte, war mir eines sofort klar: dem Mann werde ich bald in den großen Zentren der Opernwelt wieder begegnen. Ich behielt Recht! Inzwischen habe ich ihn als Mozarts Tito Vespasiano in Paris und als Donizettis Nemorino in Berlin gehört. Er singt längst auch in Venedig, Paris, London und New York. Kommenden Monat ist er in Wien angekündigt als Lucio Silla, bei den Salzburger Festspielen wird er den Don Ottavio singen und im September wird er an der Deutschen Oper Berlin als Ferrando in der Neuinszenierung der Cosi fan tutte zu hören sein. Ein flotter Aufstieg.
Was ist das für ein Sänger, der da scheinbar aus dem Nichts auftaucht und auf den Opernbühnen reüssiert? Welche Talente und Fähigkeiten bringt er ein? Was zeichnet ihn aus?
Nach meinen bisherigen drei Begegnungen kann ich natürlich erst mal nur einige vorläufige Beobachtungen mitteilen:
Zunächst einmal hat Paolo Fanale ein glänzendes Aussehen und eine fabelhafte Bühnenpräsenz. Er ist ein Strahlemann und Herzensdieb, ein Typ, der sofort sein Publikum für sich einnimmt. Das Bild, das man gleich zu sehen bekommt, wenn man seine Homepage (http://paolofanale.com/) aufruft, vermittelt etwas von seiner Präsenz und seinem Charisma. Er bewegt sich sicher und verfügt über beachtliches darstellerische Vermögen. Als jungendlicher Held und Liebhaber ist er eine Traumbesetzung, aber auch als der Kaiser Titus vermag er zu überzeugen, weil er der Figur Autorität und Größe gibt, aber auch die Gefühlstiefe und die so wichtige Humanitas nicht schuldig bleibt.
Die Stimme ist angenehm - auch wenn sie etwas wenig Schmelz und Süße besitzt. Sie ist technisch bestens beherrscht und wird kunstvoll und stilsicher geführt. Vor allem auch mit viel Geschmack. Wie er die messa di voce einzusetzen versteht, wie er mit weit gesponnenen Pianophrasen die Zeit still stehen lässt, wie er seiner eher hellen klaren Stimme Nuancen und Farben abgewinnt, das verspricht schon einiges! Natürlich gibt es auch Schwächen, - etwa in der Intonation, in der rhyhmische Stabilität, im Timing, vielleicht auch in dem guten Sitz der Höhe. Noch gibt es also manches zu verbessern oder zu erarbeiten. Hoffen wir, dass der Mann sich dafür Zeit nimmt und auch die Korrepititoren und Dirigenten, Regisseure und Spielleiter findet, die ihn weiter voranbringen.
Allerdings sollte er sich durch den gerade um ihn entstandenen Hype nicht irre machen lassen. Ein von ihm gesungener Ausschnitt aus Rossinis „Stabat Mater“ (begleitet von dem Orchestre de Paris unter Jesús López Cobos) fand seit September auf Youtube 1,3 Millionen Zuschauer und wurde in den sogenannten sozialen Netzen zigtausenfach weitergereicht. Das sind sicher nicht alles Opernfreunde. Viele fahren wohl eher auf den Typ ab. Schon wird ihm das Etikett „Sexiest Man Alive“ angeheftet. Und Zeitungen und Zeitschriften In Italien, Frankreich und Spanien reißen sich darum, ihn zu portraitieren oder zu interviewen.
Hoffen wir, dass Paolo Fanale auf dem Teppich bleibt - oder besser: auf den Brettern der Opernbühnen. Seine bisherige Biofgrafie sieht eigentlich richtig solide und zielstrebig aus:
Geboren 1982 in Palermo. Studium zunächst dort am Conservatorio “Vincenzo Bellini”, dann bei Domenico Sanfilippo und Miquel San Moreno. 2006 Debut in Kurt Weills "Die sieben Todsünden". Dann Auftritte an vielen kleineren italienischen Bühnen in Mozart- und Gluckpartien, im Belcantofach und in französischen Opern. Mit dem Fenton und dem Duca hat er seine ersten Verdipartien gesungen, Alfredo wird noch in diesem Jahr folgen. Seit 2011 trat er zunehmend auch in Frankreich und Spanien auf, so in Valencia und Barcelona, Straßburg, Marseille und Paris. An der Met hat er den Fenton, an der Scala den Hylas und in Covent Garden den Rinuccio gesungen.
Schallplattenaufnahmen oder Videomitschnitte sind von ihm meines Wissens noch keine im Handel. Ich bin froh, dass ich die Rundfunkübertragung von Ambroise Thomas' "Mignon" mitgeschnitten habe, da singt Fanale neben Damrau und Koch einen sehr hörenswerten Wilhelm Meister.
Bei Youtube sind inzwischen einige Videos zu finden, die ihn in kurzen Szenen vorstellen. Nicht durchweg in guter Qualität. Ja, und dann gibt es vor allem natürlich das immer wieder angeklickte Video:
Bin gespannt, wer noch was über den Tenor berichten kann.
Caruso41