Der neue Weg: Rekonstruktion?

  • Die MET erstellt - nach der vom Publikum abgelehnten Neuinszenierung der Tosca - eine Neuproduktion, die auf Bühnenbildern um 1900 beruht. Die Salzburger Festspiele rekonstruieren "Die Walküre" von Schneider-Siemssen. Kennt ihr weitere Beispiele? Welche Inszenierungen würdet Ihr gerne mal sehen, die es aber de facto gar nicht mehr gibt?


    http://www.nytimes.com/2016/03…do-for-david-mcvicar.html


    Meine Hitliste aus Köln:
    Rienzi in der Felsenstein-Inszenierung
    Die Afrikanerin in der Inszenierung von Rémond
    Königskinder (Diese Inszenierung galt Humperdinck als vorbildlich und wenn ich die Bühnengrundrisse sehe, kann ich es verstehen)

  • Ich würde liebend gern die m. E. großartige Ringinszenierung von Wolfgang Wagner (1960 - 1964 ) wieder erleben. Hier gelang der Spagat zwischen Wahrung der Tradtion und modernen Ideen vorbildlich. Diese Großtat einer durchdachten wirkungsvoll in Szene gesetzten Personen-Ausstattungs- und Lichtregie wurde allerdings bereits damals von interessierten Kreisen und der Presse nicht ihrem Rang entsprechend gewürdigt, sondern wenn möglich
    angegriffen und kaputt geschrieben.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Die Karajan'sche "Walküre" von 1967 wird 2017 wiederauferstehen. Klingt fast zu schön, um wahr zu sein.


    Ob das ein generell neuer Weg ist, da bleibe ich eher skeptisch. Zum einen wird der Kostenfaktor eine Rolle spielen, zum anderen wird es von gewissen Kreisen als reaktionärer Aufguss abgetan werden.


    Auf Bayreuth hoffe ich da leider nicht. Beim derzeitigen Regiment dort ist es wohl undenkbar, dass eine der schönen alten Inszenierungen aus der Wieland- und Wolfgang-Wagner-Zeit nochmal aufgelegt werden. In Salzburg könnte sich schon eher ein Gegenpol etablieren, was zu begrüßen wäre, gäbe es dann doch wieder ein Mekka für die Anhänger traditioneller Inszenierungen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Karajan'sche "Walküre" von 1967 wird 2017 wiederauferstehen.

    Nach meinen Informationen werden lediglich die alten Bühnenbilder von Schneider-Siemsen "wiederauferstehen", sie werden also rekonstruiert, nachgebaut. Das Karajan samt seiner Inszenierung "wiederaufersteht", halte ich für ein Gerücht, es inszeniert in den Schneider-Siemsen-Bühnenbildern Vera Nemirova.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach Auskunft Alexander Schneider-Siemssens, dem Sohn von Günther Schneider-Siemssen, mussten sich die Osterfestspiele, Frau Nemirova und Herr Kilian dazu verpflichten, die orginale Regie und das Bühnenbild möglichst detailgetreu zu rekonstruieren, da die Erben (=Familie Schneider-Siemssen) sonst die Rechte zur Rekonstruktion nicht genehmigt hätten. Alexander Schneider-Siemssen wird im Auftrag der Erben diese Rekonstruktion begleiten, und darauf achten, dass diese im Sinne seines Vaters geschieht.

  • Derlei ist sicher eine interessante Teillösung - und in vielen Fällen machbar.
    Aber es ist dennoch nicht die Lösung aller Probleme. In Wien Laxenburg wurde Mozarts Figaro in der Originalausstattung der Uraufführung gezeigt, mit dem Bemühen den Zeitgeist der damaligen Zeit zu treffen, bzw sich ihm anzunähern.


    Allerdings sollte man es nicht übertreiben. Auch ich bin der Meinung, daß man neue Bühnenbilder und Kostüme braucht, auch wurden zu allen Zeit ANSPIELUNGEN an die jeweilige Gegenwart gemacht, irgendwo habe ich vor Jahren eine Opernszene mit einer Menschenansammlung (Kreuzfahrer, Volksfest etc ?) gesehen, wo unter all den Flaggen, parodistisch eine mit einem zwar modifizierten, aber doch gut erkennbaren Logos eines multinationalen Frißkonters, zu sehen war. Ein Augenzwinkern, versteckte Werbung oder versteckte Kritik, mehr nicht.


    Aber auch das ist nicht wirklich nötig. Es kann nicht sein, daß wir nur alte Inszenierungen mehr sehen, sondern wir brauchen auch heutige. Allerdings verstehe ich etwas anderes darunter als die "Modernisierer" Pier Luigi Pizzi ist hier ein gutes Beispiel.
    Natürlich will ich auch weiterhin Hampe sehen, der etwas "konservativer" ist - aber auch er lebt noch und kann seinen Stil weiter fortsetzen, das Gilt auch für Schenk und Zeffirelli.
    Dennoch braucht die Oper auch neue Inszenierungen - wie schon zu allen Zeiten - allerdings - und das betone ich - im vorgegebenen Rahmen, also am Libretto orientiert.


    Das Publikum schätz durchaus das "Neue" sofern es "vertraut" ist.
    In meiner Jugend war es so, daß es zahlreiche Neuinszenierungen und Ausstattungen gegeben hat, die zwar alle unterschiedlich waren, aber das Publikum schon nach Öffnen des Vorhangs mit Blick auf das erste Bühnenbild zu Beifallsstürmen hingerissen hat.....


    Fazit: Man könnte also von EINEM neuen Weg, nicht aber von DEM neuen Weg sprechen......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Zitat von Kusperhexe: Kennt ihr weitere Beispiele?

    Hier möchte ich auch die Rekonstruktion der Aida von 1913 (im Jahr 2013) in der Arena von Verona aufführen. Eine wundervolle Inszenierung, die jedem etwas geben konnte und wohl auch von den modernen Menschen durchaus verstanden worden ist, anders als der im gleichen Jahre von Las Fura dels Baus inszenierte Aida-Zirkus.
    Ich muss allerdings auch Alfred Recht geben, dass es auch modernere Inszenierungen geben sollte, wenn sich diese im Rahmen des Librettos bewegen.
    Ich würde mich auch riesig freuen, wenn es 2017 in Salzburg die Inszenierung der Walküre in den Bildern von Schneider-Siemssen (danke Dr. Pingel, dass du bewiesen hast, dass auch Oberlehrer Fehler machen, die sie anderen unbedingt immer mit scharfen Worten ankreiden müssen) und den Kostümen der Karajan Inszenierung gezeigt würde


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Rekonstruktionen von historisch bedeutsamen Inszenierungen können sicher sehr informativ sein. Ich habe seinerzeit in New York eine Rekonstruktion der Originalchoreographie in den Originalkostümen von Roerich von Stravinsky's "Le Sacre du printemps" gesehen und fand das sehr aufschlussreich. Aber mehr beeindruckt haben mich modernere und auch gewagtere Choreographien der Neuzeit. Das eine kann das andere nicht ersetzen.


    Interessieren würde mich eine Rekonstruktion des Visconti-Inszenierung von La Traviata an der Scala. Und sei es nur um zu sehen, wieviel Zefirelli davon in seinen Film hat einfliessen lassen.

  • "Verzeiht, vielleicht schon ginget ihr zu weit!"


    Obwohl ich mich als "gemäßigt konservativ" einstufen würde, muss ich gestehen, dass ich von dieser Idee der Rekonstruktion alter Inszenierungen etwas befremdet bin. Was mich bei dem Gedanken irritiert, ist die Vorstellung, dass dabei zu viel Aufwand (an Arbeit und Geld!) für den Nachbau unwichtiger, heute überholter Details verschwendet wird. Mir würde, wenn überhaupt, eine Rekonstruktion dem Geiste nach (statt buchstabengetreu) genügen.


    Außerdem kann eine solche Rekonstruktion etwas sehr Wichtiges nicht nachbauen: die musikalische Seite des Originals. Einfach deshalb, weil sich der Gesangsstil geändert hat und die Orchesterbesetzung von damals uns Heutige womöglich eher belustigen würde. Eher eine teure Spielerei -


    meint, diesmal als Bedenkenträger,


    Sixtus

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