Der Moment des unwiederholbaren Augenblicks in Bezug auf die klassische Musik

  • MSchenk schrieb hier:
    Ultimative Notizen aus dem Opernmuseum


    Zitat

    Wenn ich also eine Opernaufführung dem musealen zuordne, gebe ich damit genau das auf, was ich an einer Opernaufführung so sehr schätze: den Moment des unwiederholbaren Augenblicks.


    Ganz sehe ich die Logik hier nicht, denn der Idealfall wäre eine Aufzeichung einer optimalen Aufnahme, die dann als "immerwährende Referenz" gelten kann - wobei es im Laufe der Jahre immer wieder PARALLEL laufende Referenzen geben könnte. Genau diese Situation haben wir im Bereich der Schallplatte (CD)
    Ich möcht hier ein wenig vom Thema Regietheater wegkommen, vielleicht auf das Thema "unwiederholbarer Augenblick" in der klassischen Musik hin fokussieren.
    Seit Menschengedenken war es der Wunsch der Komponisten, daß ihre Werke so notiert werden, daß sie an jedem Ort und zu jeder Zeit - somit auch in fernen zukünftigen Tagen- wieder ORIGINALGETREU REPRODUZIERT werden kann.
    Zahlreichen Komponisten war der Begriff schon an sich zuwider. Wer war es noch der da gesagt hatte: "ich beauche keine Interpreten, man soll das Stück so spielen, wie ich es aufgeschrieben habe"
    Das ist natürlich ein unerfüllbarer Wunsch, denn die Notenschrift ist nicht exakt genug um feinste Nuancen der Aufführung festzuhalten. - auch wenn dies ursprünglich der Wunsch war. Wenn wir diese Aussage akzeptieren, dann folgt fürs erste daraus, daß "Interpretation" eigentlich ein notwendiges, unvermeidbares Übel ist, welches naturgemäß eine Verfälschung des Werkes zu Folge hat.
    Es hat aber immer wieder Aufführungen gegeben, die das Wohlgefallen des Komponisten (so er noch lebte), des Publikums UND der Kritik gleichermaßen hervorriefen. Diese Aufführungen, einmal aufgezeichnet, könnte man als "Idealfall", als "Referenz" betrachten - unverrückbar für alle Zeiten. Wenn hier nun eine Welle des Protestes über mich hinwegfegt, dan weise ich darauf hin, daß dies der EIGENTLICHE Sinn einer Tonaufnahme ist: Den "unwiederholbaren Augenblick" für alle Ewigkeit festzuhalten und für spätere Generationen zu konservieren


    Schon Kaiser Franz Joseph I von Österreich hat das - allerdings nur auf Sprechstimmen historisch interessanter Persönlichkeiten bezogen - schon 1903 erkannt:


    Zitat

    Erfreulich ist es die Fortschritte zu verfolgen, welche im Laufe der letzten Jahrzehnte das Ineinandertreiben von Wissenschaft und Technik erzielten. So war es, unter Anderem, die Zeichensprache des Telegraphen, durch die hoerbare des Telephons ergaenzt. Und nun gelang es auch mit Phonographen, gesprochene Worte bleibend festzuhalten, um sie selbst nach vielen Jahren, späteren Geschlechtern wieder vorzufuehren. Wohl sind die Konstruktionsschwierigkeiten des letzteren (????s) Apparates noch nicht vollstaendig ueberwunden. Doch wird es dessen ungeachtet, von Interesse sein, auch in dieser, nicht ganz vollkommenen Weise, die Stimmen hervorragender Persoenlichkeiten aus frueheren Zeiten zu vernehmen und deren Klang und Tonfall, sowie die Art des Sprechens, gewissermassen als historisches Dokument, aufbewahrt, zu erhalten. Aehnlich wie im Anderen - Stimme, Sprache und Portraet - ist es sehr wahr. Und Wenn die Lehre, die Akademie der Wissenschaften, jetzt darangeht saemtliche Sprachen und Dialekte unseres Vaterlandes phonographisch zu fixieren, so ist das eine Arbeit die sich in der Zukunft sicherlich lohnen wird. Es hat mich sehr gefreut, auf Wunsch der Akademie der Wissenschaften, meine Stimme in den Apparat hineinzusprechen und dieselbe dadurch der Sammlung einzuverleiben.



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn wir diese Aussage akzeptieren, dann folgt fürs erste daraus, daß "Interpretation" eigentlich ein notwendiges, unvermeidbares Übel ist, welches naturgemäß eine Verfälschung des Werkes zu Folge hat.


    Nein, die Interpretation ist kein Übel, sondern liegt in der Natur von Musik, denn diese existiert nicht als fertiges Objekt, sondern erst in der Aufführung. Und eine Aufführung ist auch keine Verfälschung, denn es gibt kein interpretationsunabhängiges Objekt, das verfälscht werden könnte. Man kann Kriterien dafür entwickeln, ob Interpretationen gut oder schlecht sind, aber es bleiben immer Interpretationen. Und auch dann, wenn ein Komponist sein Werk selbst aufführt, interpretiert er es. Und seine Interpretation ist keinesfalls die einzig gültige oder auch nur immer die beste.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Bertarido

    Zitat

    Nein, die Interpretation ist kein Übel, sondern liegt in der Natur von Musik, denn diese existiert nicht als fertiges Objekt


    Lieber Bertarido,
    Ich verstehe sehr gut, was Du meinst, aber das Über liegt ja gerade darin, daß die Musik nicht 100%ig aufgezeichnet werden konnte. Das war nie angestrebt. Es war auch jeder bemüht, die Noten möglichst ohne eigene subjektive Färbung zu spielen ( was natürlich nur ansatzweise erreicht werden kann) Erst die Virtuosenmode machte Extremdeutungen populär, wo ABSICHTLICH die Grenzen von Kompositionen ausgekostet wurden, Eine zweite Welle kam in den achzigern . ausgelöst durch die (relative) Vervollkommnung von Tonaufnahmen. Um 1970, und kurz danach, klangen eine Zeitlang alle Neuaufnahmen weitgehend ähnlich, erst mit Einführung der CD suchte man Interpreten mit alternativen Lesarten bevorzugt ins Programm zu nehmen, denn schliesslich wollte man CDs verkaufen......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich verstehe sehr gut, was Du meinst, aber das Über liegt ja gerade darin, daß die Musik nicht 100%ig aufgezeichnet werden konnte.


    Lieber Alfred, macht nicht gerade das den Reiz von Musik aus? Dass sie - von mancher elektronischer Musik abgesehen, wo alles genau festgelegt ist - offen für ganz unterschiedliche Interpretationen ist? Wie langweilig wäre es doch, wenn die Komponisten Möglichkeiten gehabt hätten, exakt zu notieren, wie ihre Werke klingen sollen. Auch für Dich als Forenbetreiber nicht wünschenswert - alle Threads, in denen es um Interpretationen von Werken geht, fielen weg ;)


    Von einigen neueren Komponisten haben wir ja Aufzeichnungen von Aufführungen unter deren persönlicher Leitung. Ich denke zum Beispiel an Benjamin Britten, der (fast?) alle seine Werke selbst aufgeführt hat, die Aufnahmen liegen bei Decca vor. Sollen nun alle späteren Interpreten Brittens eigene Aufführungen kopieren, da diese ja die "originalgetreuen" seien? Natürlich nicht! Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass die Erschaffer von Werken deren einzig legitimierte oder auch nur deren beste Interpreten seien. Eine Aufführung kann anders klingen, als der Komponist sich gedacht hatte, und sie kann trotzdem gut und werkgerecht sein. In der philosophischen Hermeneutik gibt es eine Tradition, die es geradezu als Aufgabe des Textinterpreten ansieht, einen Autor besser zu verstehen, als er sich selbst verstanden habe. Ähnlich könnte man für die Musik formulieren, dass ein Interpret das Werk eines Komponisten besser verstehen kann, als dieser es selbst verstanden hat. Man könnte auch sagen: ein Werk ist größer als sein Erschaffer.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich greife mal das Thema "Britten" auf, den Bertarido erwähnt hat. Eines seiner schönsten Chorwerke ist die "Hymn to St. Cecilia", die ich in verschiedenen Chören mitgesungen habe. In einer Anweisung verlangt Britten, dass die vier Solopartien von Sängern aus dem Chor gesungen werden sollen, vor allem der Sopran soll im 3. Teil ("O dear white children") hell und mädchenhaft klingen. Ich habe eine ganze Reihe von Aufnahmen dieses Werkes, aber am besten war die 18jährige Tochter unserer stellvertretenden Chorleiterin! Eine Reihe von Aufnahmen hat Solisten, die das Werk wie eine Oper singen. Und noch eine Pointe: Brittens eigene Aufnahme ist eine der schlechtesten: sein Chor ist zu groß und zu unbeweglich und klingt altbacken.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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  • Lieber Alfred,


    Natürlich verlangt niemand eine museale Aufführung. Das Werk als solches ist aber natürlich museal. Die Komposition ist in fertigen Noten festgelegt, und die sind für meine Begriffe unantastbar wie ein Gemälde oder ein literarisches Werk im Museum. Doch diese Noten ergeben noch keine hörbare Musik. Sie müssen also verlebendigt werden, wobei es in der Darstellung bestimmte Nuancen (Tempo, Betonung, Hervorhebung bestimmter Orchesterfarben usw.) geben kann, denn wohl keiner weiß, wie genau es nicht mehr lebende Komponisten gemeint haben, es sei denn, es gäbe noch Aufnahmen, in denen der Komponist selbst dirigiert. Aber im Gegensatz zur Oper bleibt des Werk erkennbar.
    Bei der Oper ist daneben auch das Libretto fertig und endgültig, und daher auch museal. Hier ist ein für alle Male festgelegt, wie der Komponist und sein Librettist (mit dem er ja vor oder noch während der Komposition einig geworden sein muss) sich das Werk vorgestellt haben. Daher hat für mich in der Einheit der Oper aus Musik und Handlung das Libretto einen ähnlichen Wert wie die Noten. In der Inszenierung wird das Werk verlebendigt. wobei es auch Nuancen beim Bühnenbild und bei den Auftritten der Darsteller geben kann, die aber nach den Forderungen des Librettos zu geschehen haben. Dabei habe ich bereits die unterschiedlichsten Darbietungen derselben Oper gesehen, die sich aber alle im Rahmen des Librettos bewegten, und alle waren für mich "unwiederbringliche Momente". Erst in den letzten Jahren wurde immer mehr von den Vorgaben des Werks bis hin zur völligen Unkenntlichkeit abgewichen. Schon die Verlegung von Ort und Zeit, aber mehr noch die willkürliche Veränderung der Handlung ist ein grober Verstoß und eine Anmaßung gegenüber dem Komponisten und Librettisten, ja eine Beleidigung. Ich kann es auch nur mit der Übermalung eines Bildes im Museum durch einen Schmierfink betrachten.
    Für mich ist die Inszenierung genau wie die Ausstellung fertiger Bilder, die unverändert dann lebendig werden,indem sie im passenden Ambiente und im passenden Rahmen dargeboten werden.
    Die wenigen verunstalteten Werke, die ich - damals im Abonnement - über mich ergehen lassen musste (weil ich sie leider bezahlt hatte und es nicht genügend Vorabinformationen gab) habe ich schnell wieder vergessen, um meinen Ärger herunterzuspülen. Sie sind für mich keine "unwiederbringlichen Momente."


    Die Ansicht, Inszenierungen entsprechend Libretto und Musik seien museal, finde ich nur lächerlich.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Bertarido,


    der Ausspruch, auf den Alfred sich bezog, war der Vergleich von Inszenierungen die Michael Schenk als museal ansieht (was auf Inszenierungen überhaupt nicht zutrifft) zu modischen Inszenierungen (die ich selbst nicht mit "Regietheater" bezeichne). Wie du erkennen wirst habe ich in erster Linie das angesprochen, was ich als "museal" ansehe und wie auch andere museale Werke einer passenden Verlebendigung bedürfen. Dabei habe ich auch rein musikalische Darbietungen und die Darbietung fertiger Bilder miterwähnt.
    Ich nenne noch eine andere Art der Darstellung von musealen Werken: Literatur. Beim Vorlesen von Literatur oder dem Vortragen von Gedichten gibt es auch Nuancen. Sie können je nach Vortragsweise sehr lebendig aber auch sehr langweilig wirken. Aber verändert sind sie nicht mehr das Werk (genauso wenig wie veränderte Partituren oder Libretti).


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • der Ausspruch, auf den Alfred sich bezog, war der Vergleich von Inszenierungen die Michael Schenk als museal ansieht (was auf Inszenierungen überhaupt nicht zutrifft) zu modischen Inszenierungen (die ich selbst nicht mit "Regietheater" bezeichne).


    Bis auf die "Kleinigkeit", dass ich in meinem Originalbeitrag nichts zu (musealen) Inszenierungen geschrieben habe ... Vielmehr ging es mir darum, dass ich wenig von dem Vergleich zwischen Oper und Museum halte (siehe die entsprechenden Folgebeiträge ebd.) und insbesondere eine (lebendige) Opernaufführung nicht für ein museales Objekt halte.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • ....die Interpretation ist kein Übel, sondern liegt in der Natur von Musik, denn diese existiert nicht als fertiges Objekt, sondern erst in der Aufführung. Und eine Aufführung ist auch keine Verfälschung, denn es gibt kein interpretationsunabhängiges Objekt, das verfälscht werden könnte. Man kann Kriterien dafür entwickeln, ob Interpretationen gut oder schlecht sind, aber es bleiben immer Interpretationen. Und auch dann, wenn ein Komponist sein Werk selbst aufführt, interpretiert er es. Und seine Interpretation ist keinesfalls die einzig gültige oder auch nur immer die beste.


    Bertarido hat hier eine sehr wichtige, richtige und grundlegende Erkenntnis in wenigen Worten zusammengefasst, die sich meine eigenen Erfahrungen mit lebenden tonal und in herkömmlicher Schreibweise arbeitenden Komponisten deckt. Ich habe mehr als einmal erlebt, dass Organisten oder Pianisten die Werke von Komponisten anders spielten, als die Komponisten selbst. In so manchem Fall war dieses "Anders" auch besser, was sogar manchmal vom Komponisten spontan geäußert wurde. Ebenso habe ich erlebt, dass Komponisten ihre eigenen Sachen durchaus nicht immer gleich interpretieren, also hinsichtlich Tempo, Dynamik, Charakter....etc.


    Die Musik von Renaissance bis Romantik liegt in einer dürren Notenschrift vor. Während man bei der Romantik oder der Wiener Klassik noch gewisse Anhaltspunkte für die Aufführung vom Komponisten schriftlich mit auf den Weg bekommt ( das Meiste fehlt aber immer noch), gibt es z.B. in Partituren des Frühbarocks kaum irgendwelche Hinweise dazu, wie man es spielen soll.
    Wenn man es wirklich technisch mathematisch korrekt wie mit Sinustönen einmal hören will, dann muss man sich quantisierte Mididateien aus einem Software-Midesequenzer anhören. Es hat mit Musik absolut nichts zu tun und ist auch nicht neutral oder irgendwie originalgetreu.


    Nur bei Komponisten der Moderne gibt es so etwas wie den Ausschluß der Interpretation, wenn sie z.B. bis auf die Sekunde gewisse Zeiten vorgeben, statt solcher vergleichsweise "schwammiger"Begriffe wie "Andante".


    Von daher ist jede Interpretation ein unwiederholbarer Augenblick, den beim nächsten Mal spielt der Mensch oder das Orchester, der Sänger....etc. es schon wieder etwas anders.
    Manchmal liegt da eine Spannung wie Elektrizität in der Luft, wenn große Interpreten musizieren. Ob man das immer so wirklich mit Tonaufnahmen einfangen kann, ist noch die Frage. Ich meine jedenfalls, dass eine Konzertatmosphäre desto besser als Aufnahme nacherlebt werden kann, wenn die Aufnahme- und Wiedergabetechnik so gut wie nur irgend möglich ist. Das Paradoxe an der bestmöglichen Technik ist ja, dass man sie braucht um genau dieses Medium der Technik möglichst zu vergessen. Ich kann mir akustisch manchmal bei guten SACDs oder Blue-rays vorstellen, z.B. in diesem berühmten Konzertsaal in Wien zu sitzen, gerade wenn von der Seite und von hinten auch noch Informationen kommen.


    Es gibt Aufnahmen, die wirklich kostbare, unwiederbringliche Momente festgehalten haben, und wir können froh sein, dass sich die Technik, die das ermöglicht, sich in dieser Hinsicht immer noch weiter verbessert, obschon es in gewissen Fällen mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden wäre, jeden Evolutionsschritt nachzuvollziehen ( z.B. über einen Raum zu verfügen, in dem man hochwertige Lautsprecher sogar von oben strahlen ließe - Dolby Atmos...)
    Aber auch mit klassischer Stereofonie kann man großartige Musikerlebnisse genießen, wie auch mit Kopfhörern ( normal oder binaural) oder sogar auch im Auto, wenn die Anlage dort einigermaßen gut ist und gerade dann, wenn die Aufnahme nur mittelgut ist und auf High-End-Anlage die Schwächen zu störend hervorträten. Gerade heute und gestern hatte ich zwei sehr sehr musikalische und begeisternde Fahrten mit lauter Musik eines gewissen Herrn Beethoven....


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Aber bleiben wir - zur Sicherheit - mal bei der Instrumentalmusik.


    Mir ist völlig klar, daß sie interpretiert werden MUSS !!

    Zitat

    Doch diese Noten ergeben noch keine hörbare Musik. Sie müssen also verlebendigt werden, wobei es in der Darstellung bestimmte Nuancen (Tempo, Betonung, Hervorhebung bestimmter Orchesterfarben usw.) geben kann, denn wohl keiner weiß, wie genau es nicht mehr lebende Komponisten gemeint haben..


    Aber das war URSPRÜNGLICH nicht angestrebt. Wer das anzweifelt, den erinnere ich an die Erfindung des Metronoms.
    Als man draufkam, daß die Tempobezeichungen eigentlich eine recht freie Deutung der Tempi zuliessen, versuchte man den Notentext weiter zu zu standardisieren und zu objektivieren. Genau nach Tempoangabe des Konmponisten sollte ab jetzt gespielt werden, Daß dies zu Verwunderung aller, nicht wirklich funktionierte, da die Darstellung und das Empfinden von Tempo und Rhytmus eine sehr subjektive Sache ist, die sich Messungen weitgehend entzieht - ist inzwischen bekannt.
    Wer entscheidet aber, ob eine Interpretaton gelungen oder mißlungen ist ?
    Eine Frage auf die es vielerlei Antworten gibt, die aber dennoch nicht schlüssig beantwortet werden kann....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Man kann es sich natürlich leicht machen und die Oper als verstaubtes Museum sehen und darüber gelehrt und ausgiebig diskutieren.

    Aber dieses "Museum", das wir Opernfreunde im Herzen tragen, ist doch lebendig und jeden Abend wieder neu. Kein Komponist kann (oder konnte) voraussehen, welche Stimmen sich seiner Komposition annehmen werden. Es ist doch ein Unterschied, ob eine Stimme wie z.B. Del Monaco, Wunderlich oder Kraus dieselbe Partie singen. Welcher kommt dem vom Komponisten gedachten Original näher? Welchen hätte der Komponist vielleicht nicht akzeptiert?


    Daher ist Oper immer wieder und jeden Abend neu und kann auch mit geschlossenen Augen (oder aus der Konserve), um nicht wieder ins Regietheater zu fallen, beurteilt werden.


  • Seit Menschengedenken war es der Wunsch der Komponisten, daß ihre Werke so notiert werden, daß sie an jedem Ort und zu jeder Zeit - somit auch in fernen zukünftigen Tagen- wieder ORIGINALGETREU REPRODUZIERT werden kann.


    Wie kommst Du auf diese Idee? Das mag Kaiser Franz um 1900 so gesehen haben, aber es spricht sehr wenig dafür, dass das ein Wunsch (oder ein wesentliches Anliegen) der meisten Komponisten zwischen 1200 und 1900 gewesen wäre.
    Ich behaupte mal, dass den meisten Komponisten vor der Erfindung der Tonwalzen etc. ein solches Denken vollkommen fremd gewesen ist. Das ist eine reine Rückprojektion aus unserem Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit.


    Orgelwalzen gab es schon zur Zeit Händels, trotzdem hat Händel ein Werk wie "Messiah" nahezu für jede Neuproduktion umgearbeitet und es deutet nichts darauf hin, dass er die späteren Fassungen als "besser", als Perfektionierungen in Richtung EINES für alle Zeiten feststehenden Werks gesehen hätte. Ähnliches findet sich auch noch im 19. Jhd., als Opern für Neuproduktionen oft auch musikalisch revidiert wurden.
    Vor dem 19. Jhd. ist sowieso klar, dass die Musiker, Dirigenten, Kantoren etc. vor Ort Werke bei Neuaufführungen immer den jeweiligen Gegebenheiten anpassen, arrangieren, umstellen usw. und ohnehin ein erheblicher Anteil der Musik (Besetzung, Ornamente etc.) gar nicht festgelegt war, sondern sowieso jedesmal neu von den aufführenden Musikern entschieden wurde.


    Das Metronom ist auch ein gutes Beispiel. Beethoven begrüßte die Erfindung des Metronoms, aber es gibt ebenso kritische Kommentare von seiner Seite: Das Tempo würde nur für den Anfang gelten und müsste sich dann ständig ändern, Musik sei nicht durch Mechanik zu erfassen usw.
    Und meines Wissen ist kein einziger berühmter Komponist des späteren 19. Jhds. Beethoven darin gefolgt, konsequente und systematische Metronomangaben vorzuschreiben. Wenn es überhaupt welche gibt, sind sie sporadisch, oft mit Qualifikationen oder Einschränkungen versehen. Beinahe alle Komponisten der Romantik scheinen das Metronom weit kritischer gesehen zu haben als Beethoven.


    Die Denkweise, die ein für alle Zeiten festgelegtes Artefakt in den Mittelpunkt stellt, ist die eines Sammlers von CDs oder DVDs, nicht eines Musikers. Das scheint mir auch für heute noch zu gelten. Man kann das ja so sehen, aber man sollte es nicht den Musikern und Komponisten unterstellen, schon gar nicht denen vergangener Zeiten, die, allein weil sie die Option der Fixierung nicht hatten, vermutlich kaum je groß darüber nachdachten. Dass das ihr "Ideal" gewesen sein soll, ist eine reine Fantasievorstellung.

    Struck by the sounds before the sun,
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    The morning breeze like a bugle blew
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    (Bob Dylan)

  • [quote='Alfred_Schmidt','index.php?page=Thread&postID=567988#post567988']

    Vor dem 19. Jhd. ist sowieso klar, dass die Musiker, Dirigenten, Kantoren etc. vor Ort Werke bei Neuaufführungen immer den jeweiligen Gegebenheiten anpassen, arrangieren, umstellen usw. und ohnehin ein erheblicher Anteil der Musik (Besetzung, Ornamente etc.) gar nicht festgelegt war, sondern sowieso jedesmal neu von den aufführenden Musikern entschieden wurde.



    In der venezianischen Oper war das so; die Sangeslinien standen fest, durften bzw. mussten aber auch verziert werden. Das lässt sich gut studieren an Cavallis "La Calisto". In der Gesamtaufnahme von Jacobs singt Maria Bayo andere Verzierungen als in den Ausschnitten der neuen Pluhar-CD Nuria Rial oder Hana Blazikova. Auch das instrumentale Klangbild ist anders. Ich sehe das als Chance, denn jeder neue "Orfeo" oder "Giasone" unterscheidet sich dadurch von seinem Vorgängern.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

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  • Wie kommst Du auf diese Idee?


    Ich denke, Alfred sucht nach Argumenten, um seine Haltung gegenüber dem Regietheater stützen zu können, so wie er das ja immer wieder einmal versucht (zuletzt mit seinem Beitrag Nr. 63 in »Ultimative Notizen aus dem Opernmuseum«, wo er sich von Stimmenliebhaber sagen lassen musste, dass er ziemlich falsch lag). Dass es den Anschein hat, als ob Alfred daraus nichts lernen würde, liegt wohl an einer Eigenschaft des menschlichen Gehirns: Wir sind Meister darin, das auszublenden, was uns nicht ins Konzept passt.

  • Ich habe das Wort Regietheater hier mit keinem Wort erwähnt, und ich brauche mir auch nichts "sagen zu lassen" - Es ist eine Fehlinterpretation, anzunehmen, daß ich mich "geschlagen" gebe wenn ich nicht antworte. Es ist lediglich meine Natur oder meine Erziehung. Im realen Leben ziehe ich dann die Augenbrauen hoch und drehe mich weg. Den linken Flügel der Klassikwelt werde ich wohl kaum gewinnen können, der rechte ist ohnedies auf meiner Seite. Punktum
    Und natürlich brauche ich meine Haltung in Bezug Regietheather nicht zu Stützen oder zu verteidigen. Ich habe sie mehrfach klargelegt. Wer nicht verstehen kann oder will, daß ich Veränderungen an Libretti nicht akzeptiere - mit dem brauche ich nicht zu diskutieren, Das habe ich übrigens auch nie versucht. Ich habe meinen Standpunkt klargemacht . und dazu brauche ich keine Rechtfertigung und keine Gegenargumente


    Aber kommen wir zum Thema diese Threads zurück. Ich bin beispielsweise nicht der meinung von Johannes Roehl, wenn er sagt:

    Zitat

    Wie kommst Du auf diese Idee? Das mag Kaiser Franz um 1900 so gesehen haben, aber es spricht sehr wenig dafür, dass das ein Wunsch (oder ein wesentliches Anliegen) der meisten Komponisten zwischen 1200 und 1900 gewesen wäre.
    Ich behaupte mal, dass den meisten Komponisten vor der Erfindung der Tonwalzen etc. ein solches Denken vollkommen fremd gewesen ist. Das ist eine reine Rückprojektion aus unserem Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit.


    Das glaube ich nicht. Es ist zwar richtig, daß Tonaufzeichnungen nicht möglich waren, aber allein die Tatsache, daß Kunstlieder in Noten gesetzt wurden und die dazugehörigen Texte notiert wurdenm deuten sehr wohl darauf hin, daß man sich eine - entprechend den Möglichkeiten der Zeit - Aufzeichnung für kommende Generationen gewünscht hat.


    Die Tonaufzeichnung auf dem Phonographen war quasi ein Schock, eine Sensation, so tiefgreifend, daß man teilweise die Existenz solch eines Gerätes als Werk des Teufels sah. Das ist in der Tat der Fall gewesen, Ein hoher Geistlicher meinte, der Trichter sei eine Verbindung mit dem Teufel, der die gesprochenen Worte "nachäffe"
    Edison, selber halb taub, dachte vorerst nicht an die Wiedergabe von Musik, sondern sah zu Beginn den Phonigraphen als eine Art Diktiergerät.
    Der raschen Verbreitung standen Probleme bei der Vervielfältigung von Wachswalzen und die extrem schlechte Tonqualität entgegen - vom Preis wollen wir erst gar nicht sprechen......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Metronom ist auch ein gutes Beispiel. Beethoven begrüßte die Erfindung des Metronoms, aber es gibt ebenso kritische Kommentare von seiner Seite: Das Tempo würde nur für den Anfang gelten und müsste sich dann ständig ändern, Musik sei nicht durch Mechanik zu erfassen usw.
    Und meines Wissen ist kein einziger berühmter Komponist des späteren 19. Jhds. Beethoven darin gefolgt, konsequente und systematische Metronomangaben vorzuschreiben.

    Ein Beispiel dafür ist Gustav Mahler. Wie Zeitzeugen berichten, schwankte er bei den verschiedenen Aufführungen seiner eigenen Symphonien erheblich in der Wahl der Tempi. Und bei jeder Neuaufführung gab es Änderungen in der Partitur... :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Was ist denn hier mit "linker Flügel" und "rechter Flügel" gemeint?


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

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  • Was ist denn hier mit "linker Flügel" und "rechter Flügel" gemeint?


    Uwe


    Hier zu sehen:



    Die Frage ist: Welche Seite ist sympathischer: links=mit wallendem Haar und weiblich oder rechts männlich-blond (bzw. schon ergraut zum Silberschweif)? Jedenfalls spielen Links und Rechts ganz gut zusammen! :D :hello:

  • Auf diesem Bild erkenne ich nur, dass der linke Flügel nach vorne schaut und der rechte zurück.

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Die Möglichkeit der Notenschrift ist NICHT gleichbedeutend mit ewiger Konservierung (Mumifizierung?) für künftige Generationen. Natürlich gehört die Möglichkeit der teilweisen Fixierung in der abendländischen Musik seit 1000 Jahren dazu (und es spricht einiges dafür, dass das ein ganz wesentlicher Faktor bei ihrer Entwicklung ggü. den viel stärker auf "mündlicher" Überlieferung basierenden orientalischen u.a. Musiktraditionen gewesen ist). Aber dass "künftige Generationen" und eine möglichst genaue Festlegung aller Details ein zentrales Anliegen gewesen wären, scheint mir unhaltbar.


    Es scheint mir auch einigermaßen verzweifelt bis pervers, dass ein Musiker erhebliches Interesse an "künftigen Generationen" haben sollte. Da bis ins 19. Jhd. ALLE Musiker in Zeiten lebten, in denen zeitgenössische Musik dominierte, hatte kaum einer überhaupt Anlass zu glauben, seine Musik werde in künftigen Generationen von mehr als ein paar Freaks, die Interesse an alter Musik hatten, gespielt. (Denn er hätte, wie auch wir, normalerweise aus Vergangenheit und Gegenwart auf die Zukunft geschlossen und kaum eine solche Entwicklung des Musklebens zu "alter" Musik vermutet.) Warum sollte eine möglichst exakte Konservierung für die Nachwelt zentral sein?


    Wie gesagt, war ein etabliertes Notationssystem über Jahrhunderte in der Praxis ganz verträglich mit (aus heutiger Sicht) "Eingreifen" der aufführenden Musiker in das "Werk".

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    (Bob Dylan)

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  • Mir fällt in diesem thread ständig der Aufsatz von Walter Benjamin ein "Das Kunstwerk in der Zeit seiner technischen Reproduzierbarkeit". Für den Wortlaut des Titels kann ich nicht garantieren, gelesen habe ich es auch noch nicht, es wäre schön, wenn ein Kundiger uns das mal erklären würde. Als Kundiger fällt mir natürlich Holger ein, denn ich muss ehrlich gestehen, dass ich mit der Philosophie nicht so gut befreundet bin und mit Walter Benjamin schon gar nicht. Nur sein Grab an der spanisch-französischen Grenze habe ich mehrmals besucht.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Mir fällt in diesem thread ständig der Aufsatz von Walter Benjamin ein "Das Kunstwerk in der Zeit seiner technischen Reproduzierbarkeit". Für den Wortlaut des Titels kann ich nicht garantieren, gelesen habe ich es auch noch nicht, es wäre schön, wenn ein Kundiger uns das mal erklären würde. Als Kundiger fällt mir natürlich Holger ein, denn ich muss ehrlich gestehen, dass ich mit der Philosophie nicht so gut befreundet bin und mit Walter Benjamin schon gar nicht. Nur sein Grab an der spanisch-französischen Grenze habe ich mehrmals besucht.

    Lieber Dr. Pingel,


    bei Benjamin steht folgendes - passend zum Thema:


    Noch bei der höchstvollendeten Reproduktion des Kunstwerks fällt eines aus: das Hier und Jetzt des Kunstwerks - sein einmaliges Dasein an dem Orte, an dem es sich befindet.


    Die künstlerische Authentizität besteht für Benjamin in der Unwiederholbarkeit, welche die technische Reproduktion tendentiell aufhebt. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zitat Holger Kaletha


    Zitat

    "Die künstlerische Authentizität besteht für Benjamin in der Unwiederholbarkeit, welche die technische Reproduktion tendentiell aufhebt."


    Das ist vollkommen richtig, interessant ist aber auch der Ausgangspunkt, von dem aus Benjamin argumentiert, weil das direkte Auswirkungen auf die Gedanken hat. Es ist die die Photographie, die ihn bewegt hat "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" zu verfassen: es geht um künstlerische Reproduktionstechniken, während das Musizieren ja eine künstlerische Produktionstechnik ist. Es geht Benjamin eher um einen "Wandel der Bildlichkeit" (daher mein Interesse an ihm). Im Prinzip ist der Gedanke auch für die musikalische Produktion interessant, das würde aber wohl eine längere Auseinandersetzung erfordern.
    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Zitat Holger Kaletha



    Das ist vollkommen richtig, interessant ist aber auch der Ausgangspunkt, von dem aus Benjamin argumentiert, weil das direkte Auswirkungen auf die Gedanken hat. Es ist die die Photographie, die ihn bewegt hat "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" zu verfassen: es geht um künstlerische Reproduktionstechniken, während das Musizieren ja eine künstlerische Produktionstechnik ist. Es geht Benjamin eher um einen "Wandel der Bildlichkeit" (daher mein Interesse an ihm). Im Prinzip ist der Gedanke auch für die musikalische Produktion interessant, das würde aber wohl eine längere Auseinandersetzung erfordern.
    Mit bestem Gruß
    JLang

    Das ist alles hoch spannend und interessiert mich ebenfalls sehr, lieber Jörn! Das wäre etwas für einen gemeinsamen Benjamin-Lesekreis! :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Zitat

    "Das Kunstwerk in der Zeit seiner technischen Reproduzierbarkeit"


    Man muß dazu sagen, daß Kunstwerke - ich beziehe mich im Augenblick auf Gemälde und Zeichnungen - immer schon "reproduziert" wurden - wenngleich nicht auf technischem Wege. Gemälde wurden oft kopiert, teilweise sogar vom eigentlichen Künstler selbst. Ob diese Kopie nun ein Kunstwerk ist oder nicht, darüber wurde schon vor Jahrhunderten gestritten, So beschwerte sich die Witwe Dürers bein Digen von Venedig über die schlechten Kopien, die italienische Stecher von Dürers Stichen anfertigten, was der Reputation Dürers schade und dessen Kunden verärgere. Der Doge setzte eine Komission ein, welche zu dem Schluss kam, die Kopien wären vom Original nicht unterscheidbar - und die Klage wurde abgewiesen. Interessant ist, daß man heute solche Kopien auf technischem Wege machen kann, diese aber per Definition keine Kunstwerke sind. Bei Gemälden ist es auf technischem Weg bis heute nicht möglich eine Kopie herzustellen - sie wird immer als solche erkennbar sein, und auch händische Kopien sind schnell als solche entlarvt.


    Jetzt kommt eine hypothetische Betrachtung, die vielleicht sogar Empörung hervooufen wird, die aber IMO ins Schwarze trifft.
    Wenn wir eine Sacher-Torte aus dem Hause Sacher vorgesetzt bekommen, völlig identisch mit dem seinerzeitigen Originalrezept (ich weiß, es gibt 2 Versionen - aber das spielt in unserem Beispiel keine Rolle) so muss man sich die Frage stellen, ob es sich hier um das "Kunstwerk Original Sachertorte) oder um ein Massenprodukt handelt. Kommen wir zum Schluss, daß ersteres der Fall ist, dann ist die Unwiederholbarkeit als Gegensatz zum Kunstwerk in Frage gestellt, das "Kunstwerk Sachertorte " gibt es in millionenfacher wenngleich streng autorisierter Auflage.
    Stellen wir uns aber auf den Standpunkt, nur das Original sei das Kunstwerk gewesen, dann war dies ein sehr vergängliches Kunstwerk und hat eigentlich nur sehr kurz existiert. Tatsache ist indes, daß dieses Produkt - Kunstwerk oder nicht - streng nach Rezept hergestellt werden muß, was auf Grund der Geheimhaltung nur dem eigentlichen Rechteinhaber möglich ist. Es ist abzuwarten, ob einst ein kreativer Pâtissier auf die Idee kommt die Torte . unter Beibehaltung des Namens aber Veränderung des Rezpts (z.B. durch Zugabe von Sardellenringen oder Senfgurken) zu verbessern und als "Künstler" in die Geschichte der Pâtisserie einzugehen......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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