Ich folge hier dem Beispiel von Alfred, interessante Äußerungen von Taminos als Aufhänger für neue Threads zu verwenden. Das Zitat von Glockenton ist der Diskussion um Beethovens Siebte entnommen. Tobias antwortete darauf:
ich, der ich natürlich ebenfalls mit Karajan (77!) sozialisiert wurde [...]
Dass wir individuell durch bestimmte Interpreten geprägt wurden, scheint mir nicht verwunderlich zu sein. Wenn also Glockenton und Tobias nur über ihre eigenen Karajan-Sozialisierungen berichtet hätten, wäre das noch kein Anlass für diesen Thread gewesen. Aber "Wer ist das nicht?" und "natürlich" legen nahe, dass Karajan eine ganze Generation von Beethoven-Hörern geprägt hat, und das finde ich interessant, denn für mich gilt das überhaupt nicht, obwohl ich wahrscheinlich zur gleichen Altersgruppe wie die beiden gehöre. Wie prägend also war Karajan für die Beethoven-Rezeption oder auch diejenige von anderen Komponisten? Gibt es noch andere Interpreten, welche die Rezeption von Werken oder Werkgruppen bestimmter Komponisten stark beeinflusst haben? Wie sind Eure individuellen Prägungen verlaufen - immer nur Karajan, oder gibt es auch andere dominante Einflüsse? Bei mir war es zum Beispiel Leonard Bernstein, dessen Aufnahmen mich lange Zeit als maßstäblich begleitet haben und meinen Geschmack bei Mahler, Beethoven und Brahms immer noch prägen. Eine weitere interessante Frage: Wie kontingent ist das ganze? Wird man meistens durch die Aufnahmen oder Aufführungen geprägt, die man - vielleicht zufällig - zum ersten Mal hört? Oder kommt es auch öfter vor, dass der erste Höreindruck keine tiefgreifenden Wirkungen entfaltet und die prägenden Hör-Erlebnisse erst später einsetzen?