Es lässt mich nicht mehr los - ich kann es nicht mehr hören

  • Dieses Thema ist - wie viele meiner Themen - ein "weiches Thema", d.h. es ist nicht genau präzisiert, sondern gibt dem Einzelnen einen gewissen Spielraum.
    1. Hier soll nur Musik vorkommen, die man gut kennt.
    2. Man nimmt eine Triage, eine Dreiteilung, vor.
    3. Teil 1: welche Musik, die ich gut kenne, kann ich einfach überhaupt nicht mehr hören, weil die Musik mir zuwider geworden ist. Mein Beispiel: Tschaikowskis 6., die Pathétique (Achtung! Das ist ein subjektives Thema!! Die Lucia taucht hier nicht auf, weil ich sie nicht gut genug kenne).
    4. Teil 2: Welche Musik höre ich selten, die ich sehr kenne und liebe, aber die ich zu gut kenne. Daher braucht es eine Pause von (Monate, Jahre, bitte selbst einsetzen). Mein Beispiel: Alle Sinfonien von den großen Bs, Brahms, Beethoven, Bruckner. Die Länge der Pause ist verschieden. Die Qualität der Musik wird nicht angefochten.
    5. Teil 3: bei welcher Musik gibt es keine Pause des Hörens, weil ich ihr so verfallen bin, dass ich gar nicht genug davon bekommen kann.
    Mein Beispiel: normalerweise wären das jetzt die Janacek-Opern, aber ich nehme etwas anderes, nämlich die Motte "Ne israscaris Domine", von William Byrd. Vor vier Wochen brachte unser Chorleiter dieses Stück mit, wir werden es am Sonntag mit unserem Männerensemble aufführen. Gleichzeitig lernte ich dieses Stück in einer unglaublichen Fassung mit dem Vokalensemble "Stile antico" kennen (12 Sänger, kein Dirigent, Sitz in London; im Moment ist dort eine Tenorstelle frei. Das wäre was für mich, aber nur wenn ich noch mal 30 und ein besserer Tenor wäre).
    Dieses Stück höre ich mit den Noten (damit ich mitsingen kann) jeden Tag seit vier Wochen zwei Mal., und ein Ende ist noch nicht abzusehen.
    Vielleicht habt ihr schon gemerkt, dass es wirklich nur um Teil 3 geht, weil es der interessanteste Teil ist. Er beschreibt schließlich unsere Obsessionen. Wer allerdings auch die Teile 1 und 2 bedienen will, dessen Beiträge werden auch gelesen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • die Motte "Ne israscaris Domine", von William Byrd. Vor vier Wochen brachte unser Chorleiter dieses Stück mit, wir werden es am Sonntag mit unserem Männerensemble aufführen


    Lieber Dr. Pingel, wo führt Ihr denn die "Motte" heute auf (wenn es nicht schon zu spät für diese Frage ist)?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Gruppe 3 gibt es bei mir heute praktisch nicht mehr. Selbst in meiner Anfängerzeit, als ich tatsächlich nur zwischen ein paar dutzend LPs und Kassetten, dann einigen wenigen CDs auswählen konnte, fallen mir nicht viele Stücke ein. Hauptsächlich Beethovens 5. unter Kleiber, nachdem ich die zum 16. Geburtstag geschenkt bekommen hatte.
    Das letzte, woran ich mich erinnern kann, müsste ca. 2002 oder 2003 gewesen sein. Da habe ich eine CD mit Haydn-Trios eine Zeitlang beinahe täglich gehört und auch sehr häufig eine Doppel-CD mit italienischen Kantaten Händels (Brilliant/hungaroton). Das waren aber jeweils drei oder vier unterschiedliche Stücke, nicht bloß ein Werk.


    Gruppe 1 gibt es, das wären bei mir auch einige Tschaikowsky-Sinfonien. Ich kann die zwar hören, aber nur in sehr begrenztem Maße. Als ich vor ein paar Jahren mal die 4. oder 5. im Vergleich hören wollte, habe ich nach anderthalb Durchläufen abgebrochen...
    (Die Rokoko-Variationen höre ich mir gar nicht freiwillig an, das Stück mochte ich aber noch nie, während ich Tschaikowskys 5. und 6. als Teenager sehr schätzte.)


    Gruppe 2 gibt es auch, wobei ich da nicht bewusst Pausen mache. Mir ist eine Sinfonie von Beethoven oder Brahms nie zuwider, auch wenn ich sie sehr gut kenne. Die Pausen entstehen sozusagen automatisch, weil es so viel andere Musik zu hören gibt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich beteilige mich gerne an diesem Thread, werde aber stark auf die Konzeption als "weicher" Tread zurückgreifen, da meine Einteilung eine etwas andere ist.
    Die Phase, wo ich eine BEWUSSTE -teilweise jahrelang andauernde - Hörpause bei meinen Lieblingskomponisten Mozart und Beethoven eingelegt habe, weil ich subjektiv übersättigt war, ist schon Jahrzehnte vorbei. Diese Pause war IMO notwendig - und sie hat mir langfristig die Liebe zu diesen Komponisten gerettet.

    ------------------------------------------------


    Ich habe über das Problem nachgedacht, und bin zu dem Schluß gekommen, daß eine derartige Gefahr bei mir nun nicht mehr besteht.
    Warum nicht ?
    Die Antwort ist ganz einfach: Üblicherweise steigt die Anzahl an Platteneinspielungen im Laufe des Lebens, sodaß man gar nicht mehr so viel Zeit für die "Top"-Komponisten aufbringen kann. Da hilft natürlich auch die Tonträgerindustrie, welche statt der 278. Einspielung von Mozarts "Eroica" :P lieber in den Archiven und Bibliotheken verblasster Adelsgeschlechter kramt und dort mit Sinfonien und Konzerten von (beispielsweise) Johann Hasenhüttl (1755-1803) oder dem Mahler-Zeitgenossen Wilfried Ochsenzahn (1860-1912) - sein Stern erlosch beim Untergang der Titanic - fündig wird. Diese musikalischen Raritäten und Kostbarkeiten werden dann dem anspruchsvollen Musikfreund erstmals seit Menschengedenken zugänglich gemacht. Natürlich verbraucht man beim Abhören dieser Schätze einen Teil jener Zeit, die man ansonsten mit (beispielsweise !!!) Beethoven verplempert hätte. Die Balance, wie sie real in vergangenen Jahrhunderten existierte - wo musikalische Genies - Großmeister - Halbmeister, Mittelmaßmeister -Kleinmeister - Winzigmeister und Garnichtmeister in friedlicher Eintracht - oder weniger friedlicher Zwietracht - das muisikalische Feld bestellten ist als zumindest im Tonträgerbereich in wesentlichen Zügen wiederhergestellt.


    Bleibt noch der dritte Bereich. Einen "bevorzugten" Bereich, wo ich immer wieder dieselben Werke höre - weil sie mir so gut gefallen, habe ich nicht - und ich habe auch nicht vor einen sochen anzulegen oder gar käuflich zu erwerben - ist er doch der Nähboden aller Übersättigung, eine saure Wiese gewissermaßen.
    Natürlich kommt es vor, daß ich urplötzlich innerkich ein ohrwurmartiges Thema vor mich hinsumme (oder still in mich hineinsumme) Das vergeht aber meist nach 6 -8 Stunden völlig automatisch.
    Meist fällt mir aber das Werk und der Komponist nicht ein - sodaß ich manchmal den Verdacht hege, es sei ein von meinem kreativen Geist geschaffenes Themea, eine Eigenkomposition gewissermaßen - Die Welt eird es leider nie erfahren..... :(:untertauch:


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich wollte nicht auf die Stilblüte hinweisen, sondern ggf. die Aufführung besuchen :hello:


    Und ich hatte eher das Gefühl, du wolltest nochmal auf der "Motte" rumreiten - so gut sich auf Motten eben reiten lässt... :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe hier auch nach längerem Überlegen nichts beizutragen. Zuwider geworden ist mir bisher überhaupt keine klassische Musik, selbst Beethoven-Symphonien (die ich gerade sehr oft höre), Vivaldis "Vier Jahreszeiten" und ähnlich populäre Werke kann ich immer wieder hören, ohne eine Abneigung dagegen zu entwickeln. Das ist für mich auch ein Zeichen für die Qualität dieser Musik. Daher brauche ich auch keine Zwangspausen (Rubrik 2). Und verfallen in dem Ausmaß, wie Dr. Pingel es bei seiner Byrd-Motette schildert (täglich mehrfach hören) war ich einem Musikstück nie. Natürlich gibt es Komponisten oder einzelne Stücke, die ich relativ oft höre, aber in dieser Häufigkeit würde es mir dann doch schnell zuviel werden.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Bei mir ist es so, dass sich manche Werke (meist eher komplexer Natur oder solcher bei denen ich mit der Tonsprache/den Stilmitteln einfach noch nicht vertraut bin) erst erschließen wenn ich sie wiederholt höre, mich jedoch auch besonders an den eingängigen Werken bei denen die Melodik stark im Vordergrund steht (und insbesonders bei denen die dazu noch relativ kontrastarm bzw. wenig abwechslungsreich sind, mangelnden Detailreichtum aufweisen,...) auch nach anfänglichem Gefallen schnell satthören kann wenn ich diese zu oft höre. 3. Punkt kann ich eher ausschließen, am ehesten noch gewisse Fugen wo ich mich dann in dem Fall eher analytisch auf das Werk konzentriere. Punkt 1 gibt es schon ein paar Kandidaten, einst geschätzte Werke an denen ich mich (aufgrund ihrer meist sehr einprägsamen Melodien) einfach sattgehört habe, wie zB Tschaikowksy 1, 3-6 (die 2. mochte ich noch nie besonders), Rachmaninoff 3. KK, Dvoraks 9., Mendelssohns "Italienische" Sinfonie, die Ungarischen Tänze von Brahms,...
    Beim 2. Punkt fallen mir noch mehr Werke ein, denn meist schätze ich dann doch ein Werk so sehr, dass ich es zum. in größeren Abständen hören kann wie zB Mozarts Requiem (zwar schon seit einigen Jahren nicht mehr gehört...aber ich habe das überwiegend in meinem Kopf wie so einige andere Werke die in diese Kategorie fallen, da möchte ich dann lieber Werke hören die mich noch überraschen können, an denen ich etwas Neues entdecken kann), Vivaldi 4 Jahreszeiten, Mozart KV 466, 488, 491, Beethoven 3.-5. KK, 3.-7. sowie 9. Sinfonie (wobei hier der Anfang des letzten Satzes auch eher zu Punkt 1 gehört), Brahms 2. und 3. Sinfonie, Bach d-moll Cembalokonzert, Violinkonzete a-moll und E-Dur, Brandenburg.Konzert Nr.3 u. 6; Schuberts 5.,7. und 8. Sinfonie,....
    Mahler ist ein spezieller Fall für sich, durch die Überlängen seiner Sinfonien entdecke ich doch immer wieder etwas Neues dass mir bislang noch nicht auffiel (und ehrlich gesagt höre ich seine Sinfonien sowieso nicht sehr oft, da ich schon mal nicht so oft Zeit finde um mir eine ein bis eineinhalb stündige Sinfonie reinzuziehen), aber an gewisse vereinzelte Sätze (Adagietto der 5., 3. Satz der 1., 1. Satz der 4.) habe ich mich auch schon etwas sattgehört. Doch ich kenne mich natürlich gut genug und weiss dass ich je nach Werk nur eine gewisse Zeit benötige (kann von einige Monate bis einige Jahre varriieren) um es dann wieder mit absolutem Genuss hören zu können. Es gibt ja noch abseits der bekannten Werke soviel Gutes dass man zwischendrin hören kann und ich liebe generell die Abwechslung (paßt dann wieder in den anderen Thread "Wie teilt ihr Eure Hörsitzungen ein")

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Die "Motte" haben wir heute um 11.30 hier in Mülheim aufgeführt, da war es wirklich zu spät. "Herumreiten" würde ich nicht sagen, ich hatte den Lapsus Samstagmorgen selbst entdeckt, musste aber sofort in die Probe, um die Motte gut zu können. Natürlich gehört sie auf jeden Fall in die "Stilblütenarena"; dieser Thread ist auch ein Ruhmesblatt unseres Vereins. Außerdem weiß doch jeder, wie derlei zustande kommt. Ich selber bin ganz gut im Korrigieren (ich finde mit einem Blick auf einer ganzen Zeitungsseite den einzigen Druckfehler), aber bei eigenen Texten schaffe ich nicht immer alles. Ich muss da mal die Forenleitung sehr loben für die Funktion "Bearbeiten", da kann man manches wieder löschen.
    Ich bin sehr froh, dass ich dieses Thema als "weiches" vorgestellt habe, denn das Ergebnis zeigt ja, wie unterschiedlich wir da sind. Meine Obsession bei einiger Musik stellt sich vor allem als Obsession für Vokalmusik heraus, und dann dort für Stücke, die ich schon selber gesungen habe. Hier sind allerdings auch Lücken; ich würde gerne noch einmal die Matthäuspassion oder die Marienvesper von Monteverdi singen. Dazu wird es aber leider nicht mehr kommen, denn mit 2 Frauen und 8 Männern, also 2 Sänger pro Stimme, mit denen man den Byrd gut singen kann, kommt man bei den anderen nicht weit.
    Das tägliche Hören, bei dem ich die Noten vor mir habe und meine Stimme mitsinge und die anderen zum Teil verfolge, hat natürlich den Vorteil, dass einem ein Stück so vertraut wird wie es dem bloßen Hörer niemals gelingen kann. Diese Vertrautheit führt natürlich auch zu einer besseren Aufführung.
    Übrigens stellt sich diese Obsession nicht bei jedem Werk ein. In meinem anderen Vokalensemble singen wir die "Fest- und Gedenksprüche" von Brahms, die ich sehr mag, und eine Messe für zwei Chöre von Rheinberger. Das ist gut komponierte Musik, sie lässt mich aber kalt.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Obsessionen gehen oft seltsame Wege. Von meiner Sozialisation bin ich ein waschechter Protestant, das gilt auch für die Musik. Seltsamerweise bin ich in meinem Studium der Theologie dem Katholizismus ausgewichen (bis auf ein Mal, da habe ich eine Vorlesung in Münster bei einem gewissen Professor Ratzinger, später Benedict 16, gebucht). Auch katholische Kirchenmusik war mir immer fremd, nach meiner Meinung konnte sich da keiner mit Schütz und Bach messen. Mit 40 ging ich in mein Essener Vokalensemble; die ersten Werke, die dort zu singen waren, waren die Missa Papae Marcelli, die Missa de Beatae Vergine und das Stabat Mater von Palestrina. Das war der Startschuss für eine Reise in eine neue Welt, die der Vokalpolyphonie, die ja trotz der Reformation 1517 durchaus katholisch war. Ich erinnere an das Lob Martin Luthers für Josquin! Als ich dann in mein jetziges Vokalensemble kam, stellte ich fest, dass dieser Chor (geleitet vom Domkantor in Xanten, Wolfgang Schwering) sehr katholisch geprägt war. Wir sangen dann auch einige katholische Musik, die mir ausnehmend gefiel, wenn es polyphonische war, weniger die des 19. Jahrhunderts.
    Der Katholizismus ist ja eine synkretistische Religion (ich weiß nicht mehr, wer das so dargestellt hat): in ihr mischen sich jüdische Elemente, die Lehre von Jesus, die Theologie des Paulus, aber auch Wunderglaube und Dogmatismus. Besonders auffällig ist die Marienverehrung. Intellektuell ist das für einen Protestanten überhaupt nicht zu verstehen, aber: die Musik, die sich vor allem in der Marienverehrung auf die Gottesmutter bezieht, ist die schönste und tiefst empfundene überhaupt. Davon legt fast jeder Komponist des 16. Jahrhunderts Zeugnis ab, mit dem Höhepunkt der Marienvesper von Monteverdi. Es ist seltsam: ich als kritischer Protestant bin "süchtig" nach dieser Musik.
    Besonders drei Werke sind es, die ich immer wieder höre, jetzt schon jahrzehntelang, und derer ich noch nie überdrüssig geworden bin. Und was hinzukommt: in genau diesen drei Einspielungen!




    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Karfreitag ist ja ein besonderer Tag, vor allem, was die Musik angeht. Eigentlich gehört natürlich die Matthäuspassion oder die Johannespassion ins Repertoire. Aber dieses Jahr singe ich selbst, und zwar im Chor der Markuspassion, die Reinhard Keiser zugeschrieben wird, aber wohl von dem Hamburger Kirchenmusikdirektor Brauns stammt. Bach hat sie besonders geschätzt und auch ein wenig bearbeitet, weshalb man den Klavierauszug auch unter den Bachschen Werken ("von Bach bearbeitet") findet. Der Chorpart ist nicht schwer; er enthält neben den rasanten Turbae auch wunderschöne Choräle. Man braucht allerdings vier gute Solisten, das Orchester ist klein (Streicher, Basso Continuo mit Orgel und Cembalo, dazu 2 Oboen).
    Zum Hören habe ich mir wieder etwas vollkommen anderes aufgelegt, eine Musik, wie sie strenger und katholischer überhaupt nicht sein kann. Dazu von einem kleinen Männerensemble gesungen, auch meist nur dreistimmig. Hier wird größte Intensität und Reinheit erzielt. Die Aufnahme stammt von 1978 und wurde 1988 digitalisiert. Ein Kritiker bezeichnete sie damals als konkurrenzlos, was ein sehr berechtigtes Lob ist. Ich kann nicht zählen, wie oft ich sie gehört habe, sinnigerweise 1984 zum ersten Mal in einem schwedischen Sommer.


    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Hallo,


    ich wurde sehr ev. erzogen, bin aber mit zunehmendem Alter immer kritischer gegenüber den christl. Religionen (und auch anderen) geworden; es ist mir inzwischen ziemlich egal, welche religiöse Richtung sakrale Musik hat - auf die Musik kommt's an und bei textgebundener religiöser Musik - was ja meist der Fall ist - "verwende" ich den Text um die Gründe zu kennen, warum der Komponist genau diese Musik komponiert hat, verinnerliche aber den Text nicht, übernehme ihn nicht in meine Gläubigkeit.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber zweiter bass,
    das geht mir ganz genauso. Aber trotzdem hat ja die geistliche Musik, ob es jetzt Bach, Schütz, Palestrina oder Victoria ist, eine geistige Dimension, die über die oft sehr beschränkten geistlichen Texte hinausgeht. Nicht zu Unrecht ist ja Bach als der 5. Evangelist bezeichnet worden, denn die Evangelien als Literatur sind ja nicht gerade von Spiritualität und geistiger Weite gekennzeichnet, von dem Dogmatismus eines Paulus gar nicht zu reden. Und da sagt die Musik, "was man mit Worten nicht ausdrücken kann, was aber auch nicht verschwiegen werden kann" (wird hier öfter zitiert).
    Für mich als Theologen heißt das, dass ich keinen Gottesdienst besuche, in dem es nicht große spirituelle Musik gibt oder in dem ich diese nicht selber singen kann.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)