Zeitgenossen Haydns, Mozarts bis Beethovens: orchestrale Meisterwerke aus der zweiten Reihe

  • Nachdem hier ja in Fülle cpo-Einspielungen vorgestellt werden, von denen mir viele nichts sagen, eine Bitte: Können die, welche sich mit den (nein, ich sag nicht Kleinmeistern!) weniger bekannten Komponisten der Wiener Klassik beschäftigt haben, mal jeweils drei favorisierte Werke solcher Komponisten nennen?


    Voraussetzung wäre:


    a) es geht um Orchestermusik, also von Serenaden bis zu Sinfonien und Konzerten


    b) der Nennende hat das Werk mindestens zwei Mal gehört - nur das ist für mich ein Indikator von Zuneigung zu einem Werk...


    Ich bin gespannt auf Empfehlungen!


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Also ein absoluter Hammer war für mich kürzlich diese Entdeckung; das ist erstklassige Musik, die sich vor niemandem zu verstecken braucht. Und wenn Du hier schaust, siehst Du, dass ich mit der Meinung nicht alleine bin.



    Anmerkung MOD 001 Alfred:

    Die ursprünglich gezeigte CD ist gestrichen

    Als Ersatz dient nun die Doppel CD mit erweitertem Programm

    Davon ist zum ZeitPunkz der Threadrestaurierung (4.7.2021)

    nur noch EIN Stück verfügbar

  • Also ein absoluter Hammer war für mich kürzlich diese Entdeckung; das ist erstklassige Musik, die sich vor niemandem zu verstecken braucht. Und wenn Du hier schaust, siehst Du, dass ich mit der Meinung nicht alleine bin.


    Danke, den Komponisten kannte ich noch nicht - gefällt mir von den Schnipseln bei Amazon sehr gut, gleich Naturbilder im Kopf - bestellt.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • J.M. Kraus: Sinfonie c-moll (NICHT die Sinfonie funebre, die ist auch hörenswert, aber anlassbezogen ungewöhnlich)



    In der Mozart-Generation ist Kraus m.E. der originellste Instrumentalkomponist unter den weniger bekannten. Vanhal, Rosetti und Kozeluch sind auch gut, aber doch eher am "normalen" Zeitstil, während Kraus Sinfonien nach Glucks Opern klingen: pathetischer, exaltierter und "ernsthafter".

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe mir vor Kurzem die Klavierkonzerte von Ferdniand Ries (1784-1838) angeschafft, dem man ja eine gewisse Nähe zu Beethoven nicht absprechen kann :D :
    Als Beispiel für die Frische dieser Werke, für ihre kraftvolle Tonsprache mag diese CD mit dem Klavierkonzert C-dur op. 123 (1806) und dem Klavierkonzert As-dur op. 151 (1826) dienen:


    Hier liegen sie in einer sehr schönen Einspielung des New Zealand Symphony Orchestra unter der Leitung von Uwe Grodd, Klavier: Christopher Hinterhuber, vor:



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hier liegen sie in einer sehr schönen Einspielung des New Zealand Symphony Orchestra unter der Leitung von Uwe Grodd, Klavier: Christopher Hinterhuber, vor:


    Op. Dreistellig - meine Güte, Herr Ries war fleissig! Da werde ich hineinhören, danke!


    Beste Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • In der Mozart-Generation ist Kraus m.E. der originellste Instrumentalkomponist unter den weniger bekannten. Vanhal, Rosetti und Kozeluch sind auch gut, aber doch eher am "normalen" Zeitstil, während Kraus Sinfonien nach Glucks Opern klingen: pathetischer, exaltierter und "ernsthafter"


    Für 2,xx € bestellt - danke!

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."




  • Op. Dreistellig - meine Güte, Herr Ries war fleissig! Da werde ich hineinhören, danke!


    Meiner eigenen Erfahrung nach gehe ich schwer davon aus, daß Du an den Klavierkonzerten Gefallen finden wirst! Wo Du oben schon Naturmotive erwähnst: ich empfehle zum Einstieg das wunderbare Pastoral-Konzert, op. 120. Im Anschluss daran könntest Du Deine Aufmerksamkeit auch noch den 8 Sinfonien widmen, die Herr Ries ebenfalls schrub:



    Natürlich haben sie ganz ähnlich den Konzerten merkbar Beethoven-Schlagseite, gehen aber auch nicht als reine Kopie durch. Ich habe sie jedenfalls genossen, und meiner Erinnerung nach ist auch die Qualität der Einspielung unter Howard Griffiths durchaus bemerkenswert. :) Zum Reinhören: der Kopfsatz seiner 4. Sinfonie.

  • Ich muß natürlich bei Ries nachhaken.
    Immer wieder wird betont, wie sehr er doch Beethoven imitiert. Ich stelle das gar nicht in Abrede, das haben ja viele Zeitgenossen versucht, aber ausser Ries und Schubert (Die Große C-dur Sinfonie) ist das niemandem gelungen
    Ries hatte übrigens durchaus seinen eigenen Tonfall, aber besonders bei seiner 5. sinfonie kommt das Vorbild besonders gut zum Vorschein. Beethovens Sinfonie Nr lugt an allen Ecken und Enden herbor, wobei Ries den Spagat schafft, sie überhaupt nicht wirklich zu "zitieren"
    Für mich ist Ries neben Beethoven und Schubert der größte Komponist der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.



    man beachte bitte folgende Threads:
    RIES Ferdinand: Sinfonie Nr 2 in c-moll op 80
    RIES Ferdinand: Sinfonie Nr 5 in d-moll op 112 - epigonales Meisterwerk ?
    RIES Ferdinand: Sinfonie WoO 30 in Es-Dur - die "Achte" mit Vorbehalt
    RIES Ferdinand: Klavierkonzerte (Doch kein Schüler Beethovens ?]
    RIES Ferdinand: Klaviersonaten - Der Lieblingsschüler von Beethoven ]
    RIES Ferdinand: Die Streichquartette - Aus dem Schatten Beethovens
    RIES Ferdinand - Wer kennt den schon ? - Ferdinand Ries - ein Beethoven Epigone


    Lieblingswerke der "Wiener Klassik" jenseits der "großen Vier"
    Zeitgenossen Beethovens - Die Sinfoniker und Allrounder
    Wie konkurrenzfähig waren Mozarts Komponistenkollegen ?


    Weitere Empfehlungen folgen


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dann sollten wir mal Herrn Clementi eine Chance geben, ich liebe vor allem sein Klavierkonzert sehr, das soweit ich weiß auf einer seiner Klaviersonaten basiert, ählich wie Mozarts erste Klavierkonzerte, die im Kern ja eigentlich von Johann Christian Bach waren.
    Clementis Klavierkonzert - ebenso wie die entzückende Sinfonie op 18 Nr 1 (man höre in den 4. Satz !!) sind eigentlich nicht wirklisch Mozart- oder Haydn nah - und schon gar nicht Schubert oder Beethoven. Hier hören wir den typischen quirligen Clementi-Stil.
    Vergessen wir Mozarts "Urteil" - es war eine Gehässigkeit gegen einen - ihm TECHNISCH im Klavierspiel überlegenen Kollegen. ("nicht für einen Kreutzter guten Geschmack") - zudem bezog es sich auf den Pianisten Clementi - und nicht auf den Komponisten.....


    mfg aus Wien
    Alfred


    PS: Die Klangbeispel des Klavierkonzerts wurden bei jpc versehentlich als "Sonate" deklariert......

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    William B.A.:Ich habe mir vor Kurzem die Klavierkonzerte von Ferdniand Ries (1784-1838) angeschafft, dem man ja eine gewisse Nähe zu Beethoven nicht absprechen kann :D :

    Lieber Alfred,


    mit dieser Einlassung will ich keineswegs ausdrücken, dass Ries Beethoven imitiert hat, sondern er war ja, wie wir alle wissen, für eine gesisse Zeit unter Beethovens Fittichen, und es ist ja völlig klar, dass er gewisse kompositorische und interpretatorische Züge Beethovens in sich aufgsaugt hat, ebenso, wie Beethoven das seinerseits auch getan hat, und zwar aus sich selbst heraus. Natürlich muss uns allen klar sein, dass Beethoven mit dem, was er an Vorbildern vorfand und dem, was in sinem Inneren vorhanden war, einen ganz anderen eigenen iinnovatiiven Weg gehen konnte als Ries, aber wie es schon anklang, außer Beethoven und Schubert war auf dem Gebiet zu der Zeit nur Ries vorhanden, und ich finde auch, dass er durchaus, jedenfalls was die Klavierkonzerte betrifft, zu einem eigenen Weg gefunden hat und dass sie ihren Platz in der Klassik verdient haben.



    Zitat

    Alfred Schmidt: Für mich ist Ries neben Beethoven und Schubert der größte Komponist der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

    Das möchte ich allerdings so nicht stehen lassen, lieber Alfred, denn neben Ries waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrunderst sowohl Mendelssohn als auch Chopin und größtenteils auch Schumann sowie Carl Maria von Weber, der allerdings noch nach Ries geboren wurde, aber vor diesem starb, am Start.
    Also, ich glaube nicht, dass du an Schumanns und Mendelssohns Symphonien sowie an Chopins und Schumanns Klavierwerken und letztlich auch nicht an Mendelssohns Vokalwerken sowie an Schumanns Liedern und Vokalwerken vorbeikommst, wenn du Ries richtig einordnen willst. Auch Weber hat ja außer dem Freischütz noch Einiges von Rang geschaffen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo WilliamBA


    So interessant die Bemerkung über Chopin, Schumann und Mendelssohn in Bezug auf Ries ist - ich werde das nicht hier beantworten, sondern innerhalb der nächsten Tage einen geeigneten Thread starten, damit dieser hier von Nebenthemen frei bleibt.


    Heute möchte ich auch auf eine wunderbare CD mit Werken von Ignace Pleyel hinweisen.
    Im Infotext von jpc wird Fonoforum zitiert:

    Zitat

    H. Grünewald in FonoForum 8 / 97: "Dass Pleyel Haydn und Mozart ebenbürtig war, zeigen die drei zum ersten Mal eingespielten Werke deutlich.


    Dem ist eigentlich nichts hinzuzuzfügen, zumindest haben das Mozart und Haydn ebenso gesehen - das ist schriftlich belegt.
    Pleyels Tonsprache wird gerne mit jener von Haydn verglichen - das ist aber nur bedingt richtig.
    Pleyel war eine Generation nach Haydn - nämlich in jener von Mozart, den er aber um 40 Jahre überlebte.
    Pleyel ist "gefälliger" und - wenn das möglich ist - "noch eingängiger" als Haydn.
    Die vorliegende CD aus der Chandos Serie "Contempories of Mozart" ist nunmehr knapp 20 Jahre am Markt. Die Serie wurde inzwischen gestoppt und einige Veröffentlichungen zum halben Preis abverkauft.

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    das war ein hervorragender Tipp. Sie sit schon bestellt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
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  • John Abraham FISHER (1744-1806)


    Hier ist ein idealer Platz für diesen Geigenvirtuosen und Komponisten. Denn die sechs relativ kurzen (zwei davon sind absolut kurz) Sinfonien sind wohl die einzigen. Wir wissen von einem Oratorium und einigen Werken für die Oper, siwie von einigen Liedern und 3 Violinkonzerten. Ob die erhalten sind, darüber schweigen sich die Quellen aus. Fisher war das, was man einen schillernde Persönlichkeit nennt, durch seine erste Heirat mit einer "Miss Powel", der Tochter eines Miteigentümers erhielt er 1/16 Anteile an Covent Garden Opera House und setzte seine Talente für dieses Unternehmen ein. Nach dem frühen Tod seiner Frau verkaufte er aber seine Anteile und begab sich auf eine Tournee die ihn durch Frankreich, Deutschland, Russland bis Wien führte, wo er 1784 eintraf. Seine Genialität, seine brillianten Konzerte und sein exzentrisches Auftreten verschaffte ihm bald Zugang zu Hofe. Kritiker beleidigte er mit an Scharlatanerie grenzender Attitüde.In jener Zeit heiratete er ein zweites Mal, nämlich die bekannte Sängerin Anna ("Nancy") Storace, welche 21 Jahre jünger war.

    Als es sich herumsprach, daß er seine Frau verprügelte geriet er in Verruf. ER besuchte Mozart, der Fishers Standpunkt vertrat*), aber es half alles nichts: Kaiser Joseph II begünstigte die Trennung und verwies Fisher des Landes, der daraufhin nach Irland reiste. Nancy Storage war schwanger von Fisher. Das Mädchen wurde im Jänner 1785 geboren und star etwa 6 Monate später.


    Nun aber zur Kernfrage: Wie klingen die Sinfonien ? Ich fand sie als sehr eingängig, frisch und Lebendig, es gibt einen Einfluß der Mannheimer Schule , wobei verwunderlich ist, daß er sie gekannt hat. Wer will kann bei gewissen Stellen Anklänge an den frühen Joseph Haydn vermuten. Aber damals klang ja so ziemlich alles nach Haydn.....


    Alles in allem eine erfreuliche Ergänzung des sinfonischen Repertoires um 1770/75(?)

    Als das Tamino Klassikforum gegründet wurde hätte ich nicht gewagt zu hoffen was uns die Nischenlabels an Kostbarkeiten liefern würden....


    mfg aus Wien

    Alfred


    *) wäre interessant, warum das so war. Vielleich war Nancy Storage zickig und zänkisch - und Mozart wusste das (??)




    clck 2.200

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da Fisher aus bekannten Gründen über keinen eigenen Thread verfügt, erwähne ich ihn hier erneut, damit er in Erinnerung bleibt, vermutlich dann auch noch bei den "Best Buys".

    Ich habe mit gestern erneut seine Sinfonien angehört und möchte meine Ausführungen erweitern. Zunächst hatte ich vergessen zu erwähnen, daß sie dreisätzig sind.

    Dann möchte ich noch die Bemerkung erweitern, es gäbe hier Anklänge an Joseph Haydn. Schon im obenstehenden Beitrag habe ich das relativiert, möchte aber hier noch etwas nachtragen: Das Pauschalurteil: "erinnert an Haydn" muß eingeschränkt werden auf: "eher frühen Haydn"

    Aber es gibt auch Unterschiede: Fisher ist sehr auf "Wirkung" bedacht, allzu "Gelehrtes " liegt ihm nicht. Wenn man Fisher als schillernde Persönlichkeit, als selbstbewussten Charakter mit hohem Selbstwertgefühl beschreibt, dann würde ich sagen, daß sich dies stellenweise in seinen Sinfonien (die komplett nicht länger als 57 Minunten dauern) niederschlägt.

    Zum Wiedererkennungswert: Obwohl zahlreiche eingängige Themen darunter sind, kann ich mich 24 Stunden nach Abhörtermin an kein einziges mehr erinnern. Das mag aber auch der Fall sein, wenn man die unbekannteren Sinfonien Haydns hört, ditto bei Vivaldi etc...

    Generell ist es zu bedauern, daß Fisher nicht mehr Sinfonien geschrieben hat.

    Ob wir seine 3 Violinkonzerte je hören werden - da hab ich so meine Zweifel...


    mfg aus Wien Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !