Goethes Werke in der klassischen Musik

  • Hallo!


    In dieser Woche hörte ich (zugegeben - im Auto) diese Scheibe:



    Dabei fiel mir wieder auf, wie toll die Vertonung des Zauberlehrlings durch Paul Dukas anzuhören ist. Allerdings bekomme ich auch das Bild von Micky Mouse als Zauberlehrling aus dem Film Fantasia nicht mehr aus dem Kopf.


    Da man so alleine außer Fahren und evtl. telefonieren nichts aktives beim Fahren unternehmen kann, dachte ich darüber nach, welche CDs mit Bezügen zu Werken von Johann Wolfgang von Goethe ich noch besitze.


    Spontan fiel mir Beethovens Musik zum Trauerspiel Egmont ein:



    Außerdem die Vertonung von Goethe - Gedichten durch Franz Schubert in der Interpretation von Mauro Peter:



    Später - bei genauerer Suche im CD-Regal wurde die Reihe doch deutlich länger: Liszt / Richard Strauss / Mendelssohn / Mahler




    Auch meine Orfeo-Sammlung bot mir das Eine oder Andere:



    Im Hinblick auf die großen Opern kann ich bislang nur mit einzelnen Arien aufwarten.


    Bedeutend für mich allerdings noch die Alt-Rhapsodie von Johannes Brahms.



    Sicherlich gibt es noch sehr viele Werke, die sich direkt oder indirekt auf Goethe und seine Werke beziehen. Wäre schön, wenn Ihr Lust und Zeit hättet, aus Eurer Sammlung das Eine oder Andere rauszuziehen und zu ergänzen.


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Hector Berlioz war sehr beeindruckt von Goethes Faust, Erster Teil, den er 1828 in französischer Übersetzung las. Daraus entstand sein Opus 1, eine Suite, in der Berlioz acht Szenen aus diesem Werk vertonte: "Huit Scenes de Faust". Hier eine Einspielung von Charles Dutoit:



    Wesentlich bekannter und öfter aufgeführt ist sein späteres Werk La damnation de Faust (op. 24), welches sich wie so viele Stücke dieses Komponisten einer eindeutigen Zuordnung zu den bekannten Genres entzieht. Die "légende dramatique" ist eine Mischung zwischen Oratorium und Oper. Auch wenn Goethes Drama hier immer noch die wohl wichtigste Inspirationsquelle war, weicht Berlioz von der Vorlage ab, besonders am Ende, wo er Faust in die Hölle fahren lässt. Von diesem Werk gibt es zahlreiche Aufnahmen, so natürlich auch mehrere des Berlioz-Spezialisten Sir Colin Davis:


    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Das Label cpo hat eine musikalische Ausgrabung öffentlich gemacht:
    Louis Theodore Gouvy (1819-1898) hat Goethes Drama Iphigenie auf Tauris vertont. Er nennt das Werk Iphigenie en Tauride. Dramatische Szenen nach Goethe für Soli, Chor & Orchester. Es ist sein Opus 7.
    Das Spezielle ist, dass die Texte in der vorliegenden Aufnahme französisch gesungen werden. Bei Breitkopf und Härtel erschien das Werk zweisprachig.



    Christine Maschler, Ekkehard Abele, Benjamin Hulett, Vinzenz Haab, Kantorei Saarlouis, Le Grande Societe Philharmonique, Joachim Fontaine
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Zwei Liedvertonungen des 20. Jahrhunderts, sehr unterschiedlich auf ihre Weise:


    Hans Eisler: Der Schatzgräber



    Hans Sommer: Goethe-Lieder für Orchester



    Beides sehr hörenswert.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang die Oper Faust von Louis Spohr (1784 - 1859), die im 19. Jahrhundert sehr erfolgreich war und an allen großen europäischen Opernhäusern bejubelt wurde.


    Vor einer Reihe von Jahren habe ich in der Kölner Oper eine sehr gelungene Inszenierung gesehen, die ich mir gerne noch ein zweites Mal angeguckt hätte, wozu es aber leider nicht kam.




    Liebe Grüße


    Portator

  • An kürzeren, aber bedeutenden Chorstücken wäre noch Brahms "Gesang der Parzen" und Schuberts "Gesang der Geister über den Wassern" zu nennen. Außerdem Beethovens "Meeresstille und glückliche Fahrt", worüber es auch eine (rein instrumentale) Ouvertüre Mendelssohns gibt.
    Die Anzahl der Klavierlieder nach Goethe dürfte nahezu unüberschaubar sein. Allein von Schubert fällt einem ohne Mühe ein: Erlkönig, Ganymed, Wanderers Nachtlied(er), Gretchen am Spinnrade usw.
    Außerdem Mephistos Flohlied: Beethoven, Mussorgsky (und auch Berlioz in seinem Faust)


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Und natürlich die beiden bekanntesten "Faust"-Opern:


    Gounod: "Faust"


    Boito: "Mefistofele"

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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  • Hallo Taminos,


    ich erinnere mich, in der Literatur gelesen zu haben, daß es irgendwann im 19. Jahrhundert zwischen deutschen Komponisten eine unausgesprochene und ungeschriebene Übereinkunft gab, die Werke der Dichterfürsten Goethe und Schiller nicht durch Veroperung zu "entweihen". Der Gedanke kam offensichtlich nach Louis Spohr auf. Hat jemand Ähnliches gelesen?


    Gruß,


    Antalwin

  • Außerdem Mephistos Flohlied: Beethoven, Mussorgsky (und auch Berlioz in seinem Faust)

    Und Richard Wagner!



    "Erwin und Elmire" von Reichardt.

    Und von Othmar Schoeck!



    Als das DSO vor gut fünf Jahren Schumanns "Faust"-Szenen in der Berliner Philharmonie aufführte, erfuhr ich in Werkeinführung und Programmheft, dass der Komponist Heinrich Zöllner den kompletten(!) Goethe-"Faust" vertont habe. Eine Aufnahme davon scheint es allerdings nicht zu geben.


    Der Komponist Karl Goldmark schuf die Oper "Götz von Berlichingen", erst vor drei Jahren von Ingolf Huhn in Annaberg-Buchholz wiederaufgeführt. Ich habe davon einen (eigentlich) hausinternen Generalprobenmitschnitt auf DVD rumliegen, aber noch nicht reingesehen bzw. reingehört.


    Die Oper "Mignon" von Ambroise Thomas geht auf den Goethe-Roman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" zurück.


    Auch Mahlers VIII. Symphonie fußt auf "Faust II".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang die Oper Faust von Louis Spohr (1784 - 1859), die im 19. Jahrhundert sehr erfolgreich war und an allen großen europäischen Opernhäusern bejubelt wurde.

    Mit Goethe hat allerdings Spohrs Faust nicht wirklich viel zu tun. Das Libretto stammt von dem Journalisten Josef Karl Bernard und nimmt Motive aus alten deutschen Volksstücken auf. Ganz dezidiert steht es in der Tradition der Besserungsstücke, wie sie im Wiener Volkstheater gängig waren.



    "Erwin und Elmire" von Reichardt.

    Und von Othmar Schoeck!

    "Erwin und Elmire" ist noch etliche Male als Vorlage für Singspiele und Opern benutzt worden.
    Zuerst übrigens wohl von Johann André!!!


    Dass Goethes Stoffe gerade in Frankreich oft als Anregung für Opernlibretti und Opernkompositionen genommen wurden, ist ja schon durch die Nennung von Gounods "Faust", Thomas "Mignon" und Massenets "Werther" angedeutet worden. Es gib aber viele weitere Beispiele, die ich allerdings erst mal genau verifizieren muss, damit mich die Pingels hier im Forum nicht wieder wegen meiner falschen Schreibung von Komponistennamen tadeln müssen.


    Deshalb begnüge ich mich jetzt mit dem Hinweis, dass Verdi auch Goethes Verse vertont hat. Unter anderem Verse des Gretchen aus dem "Faust" und ich finde es einfach hinreißend, dass die jetzt auf der neuen CD von Rolando Villazon gejammert werden und dass der NDR, diese Produktion als CD des Monats ständig über den Sender schickt!!


    Na ja, Goethe wird es nicht grämen!
    Er hat sich wohl auch damit arrangiert, dass Lehar in höchstselbst auf die Bühne gebracht hat:



    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • ich erinnere mich, in der Literatur gelesen zu haben, daß es irgendwann im 19. Jahrhundert zwischen deutschen Komponisten eine unausgesprochene und ungeschriebene Übereinkunft gab, die Werke der Dichterfürsten Goethe und Schiller nicht durch Veroperung zu "entweihen". Der Gedanke kam offensichtlich nach Louis Spohr auf. Hat jemand Ähnliches gelesen?


    Das nicht, aber ich meine, mal eine Anmerkung gelesen zu haben, dass Gounods Faust im deutschsprachigen Raum manchmal als Goethes unwürdig gesehen worden wäre (daher auch der üblichere, distanzierende Titel "Margarete").


    Vielleicht ist ein banaler Grund eher der, dass zu etlichen Stoffen relativ bald recht erfolgreiche Vertonungen vorlagen wie Spohrs Faust und Rossinis Tell, später dann Verdi und Gounod (bzw. wie bei Iphigenie Gluck schon vorher da war), mit denen man ungern konkurrieren wollte. Und wem, außer Wagner, würde man im Rückblick überhaupt eine überzeugende Schiller/Goethe-Oper zutrauen? Lortzing, Flotow??
    Warum sowohl Berlioz als auch Schumann den Faust nur als Beinahe-Oper (oder was auch immer, letztlich als Stücke sui generis) vertonten, weiß ich auch nicht.

    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Auch Mahlers VIII. Symphonie fußt auf "Faust II".


    Dieses Werk war sogar mein allererster Gedanke zu diesem Thema. Mich wundert beinahe, dass es erst so spät genannt wurde.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Lieber Johannes,


    von solch einer "Vereinbarung" - wie unausgesprochen auch immer - habe ich nichts gehört bisher.
    Richtig ist aber , dass man in Opernführern und musikwissenschaftlichen Abhandlungen des 19. Jahrhunderts immer wieder lesen kann, dass französische Opern nach Goethe (wie die von Gounod und Thomas) nicht auf der Höhe der Vorlagen stehen und dem geistigen Reichtum und der Tiefe des Gedanken, die der Deutsche am deutschen Dichterfürsten schätzt, nicht gerecht würden .


    Das scheint dies auch der Grund, warum Gounods "Faust" als Margarethe über die Bretter ging!


    Immerhin noch in unserer Zeit!
    Zum Beispiel:


    Dass übrigens die angebliche Furcht, Goethe könnte durch Veroperungen entweiht werden, irgendetwas mit dem Faust von Spohr zu tun haben kann - wie Antalwin vermutet - ist natürlich Unsinn, da Spohrs Faust ja mit Goethe gar nichts zu tun hat!
    Das hatte ich ja bereits oben richtig gestellt!


    Hier noch ein Hinweis auf eine Datenbank, in der man sehen kann, wer in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts alles für Goethes Singspiele und Theaterstücke Musik geschrieben hat:
    http://www.oper-um-1800.uni-ko…ist.php?id_librettist=410


    In der selben Datenbank kann man auch sehen, dass in der Zeit neben Spohr noch weitere Komponisten den Faust-Stoff zu Opern genutzt haben.
    Unter anderem Ignaz Ritter von Seyfried und Johann Georg Lickl!
    Würde mich wundern, wenn eine davon sich auf Goethe stützt! Habe ich aber nicht geprüft!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Hallo!


    Mahlers 8te hatte ich bereits in meinem Eröffnungsbeitrag, allerdings ohne den Zusammenhang näher auszuführen.


    Heute morgen war in SWR2 - Teffpunkt Klassik Extra war Heribert Germeshausen, Operndirektor am Theater Heidelberg zu Gast. Er wünschte sich unter anderen ein Stück aus der Oper Iphigenie in Tauride von Tommaso Traetta. In einem Artikel der Welt, den ich daraufhin fand, wird erwähnt, dass es über diesen Goethe - Stoff 12 Opern gäbe!


    Hier der Link auf die Aufführung im Rahmen des Schwetzinger Winters:


    http://images.google.de/imgres…JAhXFOQ8KHQ00ATwQrQMIRTAN


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Mahler 8 wird im Eingangsposting genannt. Früher geht nicht.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
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  • ......Er wünschte sich unter anderen ein Stück aus der Oper Iphigenie in Tauride von Tommaso Traetta. In einem Artikel der Welt, den ich daraufhin fand, wird erwähnt, dass es über diesen Goethe - Stoff 12 Opern gäbe!


    Ist ja völlig klar, lieber WoKa, dass die Geschichte von Iphigenie auf Tauris wieder und wieder - auch - in Opern thematisiert wurde.
    Aber welche davon sollte denn einen direkten Bezug zu Goethes Werk haben?
    Mir fällt keine ein!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Von Donizetti gibt es einen "Torquato Tasso", dessen Handlung sich zumindest in den ersten beiden Akten an Goethe anlehnt.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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  • Hallo!


    Wie schwer überschaubar vor allem die Vertonung von Goethe - Gedichten ist, zeigt sich beim Gedicht "Das Veilchen":

    Ein Veilchen auf der Wiese stand,
    Gebückt in sich und unbekannt;
    Es war ein herzigs Veilchen.
    Da kam eine junge Schäferin
    Mit leichtem Schritt und muntrem Sinn
    Daher, daher,
    Die Wiese her, und sang.
    2. Ach! denkt das Veilchen, wär ich nur
    Die schönste Blume der Natur,
    Ach, nur ein kleines Weilchen,
    Bis mich das Liebchen abgepfückt
    Und an dem Busen mattgedrückt!
    Ach nur, ach nur
    Ein Viertelstündchen lang!
    3. Ach! aber ach! das Mädchen kam
    Und nicht in acht das Veilchen nahm,
    Ertrat das arme Veilchen.
    Es sank und starb und freut' sich noch:
    Und sterb ich denn, so sterb ich doch
    Durch sie, durch sie,
    Zu ihren Füßen doch.
    Das arme Veilchen!
    Es war ein herzigs Veilchen.


    Vertonung durch Clara Schumann



    Vertonung durch W.A. Mozart



    Vertonung durch Johann Friedrich Reichardt



    Die Liste ließe sich fortsetzen...


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Ein gutes Thema – doch in seiner Komplexität kaum zu fassen. Goethe hat fast alle Komponisten seiner Zeit und nach ihm beeinflusst. Beispiele sind bereits viele genannt. Seine tiefsten Spuren hat der Dichter in der Lied-Literatur hinterlassen. Dort gehen die Beispiele in die Hunderte, wenn nicht in die Tausende. Komponisten fühlten sich einerseits von seiner Sprache und seinem Denken angezogen, andererseits ergab sich daraus ein gewisser Respekt, vielleicht sogar eine Scheu, seinem Wort musikalisch zu genügen, noch etwas hinzufügen zu können, was nicht schon da war. Das ist mein Eindruck. Richard Strauss möchte ich in diesem Zusammenhang nennen. Der hatte eine sehr intensive innere Beziehung zu Goethe. Es sei kam ein Tag vergangen, berichten Zeitzeugen, an dem er nicht etwas von ihm gelesen habe. Strauss besaß die prachtvolle Propyläen-Ausgabe der Werkle Goethes in mehr als dreißig Bänden, die noch heute in seinem Haus in Garmisch vorhanden ist. Andererseits hat er nach meiner Zählung kaum zwanzig Gedichte von ihm vertont und ist oft auch auf sehr schlichte Vorlagen ausgewichen, denen er seine Musik offenbar besser "aufsetzen" konnte. Franz Schubert, von dem Goethe nichts hielt, hatte weniger Berührungsängste. Bei ihm finden sich mehr als siebzig Lieder nach Goethe, darunter überwältigende Meisterwerke. Hugo Wolf sind einige seiner besten Lieder auf Gedichte Goethes gelungen. Er fühlte sich durch ihn inspiriert. Ich denke ganz konkret an die "Mignon"-Gesänge und an "Ganymed" mit der nach oben steigenden Linien "Hinauf! Hinauf strebt’s." Das lässt einen doch nie wieder los. Dafür gebe ich den ganzen zweiten Teil der 8. Sinfonie von Mahler, was etwas heißen will!


    In meiner Aufzählung darf natürlich auch Carl Loewe, den ich sehr schätze, nicht fehlen. Aus seiner Feder gibt es fünfunddreißig Lieder und Balladen nach Goethe, darunter gleich im Opus 1 den "Erlkönig". Loewe ist Goethe auch selbst begegnet – und zwar in Jena. Nicht, dass er gebeten gewesen wäre. Er hat sich einfach Zutritt verschafft und hat wohl auch auf den Dichter Eindruck gemacht. Sie hätten über die Vorzüge von Balladen gesprochen, berichtet Loewe. Er sei von Goethe nach Weimar eingeladen worden. Dazu ist es aber nicht gekommen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zit.: "Ein gutes Thema – doch in seiner Komplexität kaum zu fassen. "


    Ja, lieber Rheingold, so ist es! Ich bin erst einmal erschrocken, als ich das Thema dieses Threads las. Mein erster Gedanke war: Da hat sich einer übernommen.
    Denn die "Komplexität" dieses Thema ist ja doch nicht nur eine quantitative, sondern vor allem und in erster Linie eine qualitative. Es ginge ja doch darum, wollte man diesen Thread sich nicht im Auflisten von Werken sich erschöpfen lassen, in denen Goethe so oder so thematisch vorkommt, dass man sich vor allem mit der Frage beschäftigt, wie und in welcher Form er in diesem oder jenem musikalischen Werk "vorkommt".


    Goethe, - das ist primär ein Thema dichterischer Sprache, erst sekundär eines der literarischen Werke, in denen sie sich gleichsam niedergeschlagen und konkretisiert hat. Infolgedessen ist das weiteste Feld, das hier zu "beackern" wäre, das des Liedes. Es gibt keinen der großen Liedkomponisten, der sich nicht in dieser oder jener Weise - und in diesem und jenem Umfang - mit der Lyrik Goethes auseinandergesetzt hat. Dem wäre nachzugehen (Nebenbei: Es gibt im Liedforum dazu einiges, sogar nicht einmal wenig!). Und es wäre überdies auch noch zu fragen, wie nun in all den anderen Werken, die hier schon erst einmal in Gestalt ihrer Namensnennung und der zugehörigen CD-Covers aufgelistet wurden, sich Goethes dichterische Sprache in ihrer jeweils konkreten literarischen Gestalt im einzelnen Werk niedergeschlagen hat.
    Und da ist noch etwas, was zu verfolgen wäre: Der Aspekt der Inspiration der Komponisten klassischer Musik durch Goethe, - dies im weitesten Sinne.


    Na denn! Viel Spaß und Vergnügen beim Bewältigen dieser Lebensaufgabe!

  • Hallo lieber Helmut!


    Um das Thema wirklich komplett zu erfassen würde es wahrscheinlich nicht ausreichen, ein Buch zu schreiben. Ich denke (und das ist in keiner Weise kritisch gemeint!) darin unterscheiden wir uns. Mein Impuls war - wie ich geschrieben habe - zunächst Neugierde. Was habe ich selbst im Plattenschrank stehen? Und diesen Impuls an andere weiter zu geben. Ich finde es schön, dass verschiedene Aspekte auftauchen, Werke genannt werden, die ich zum Teil auch nicht kannte und auf die ich neugierig werde. Wenn einzelne Facetten eine Vertiefung finden, ist das toll. Ich habe allerdings nicht den Anspruch des umfassenden Abhandelns des Themas.


    Was ich beispielsweise nicht überschauen kann, ist, ab wann im Liedschaffen die Vertonung von Goethe-Gedichten nachgelassen hat. Wie weit beziehen sich die Komponisten der zweiten Wiener Schule oder zeitgenössische Komponisten auf ihn?


    Und an Caruso:
    Zu Deiner Frage werde ich mich noch äußern, gebe allerdings zu, dass ich das nicht "aus der Hüfte" kann. Ob ich Deiner Fragestellung dann gerecht werden kann, weiß ich noch nicht.


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Du hast ja recht, lieber WoKa!
    Ich habe, wie Du an dem Wort "erschrocken" sehen kannst, ganz mit meinen eigenen Augen auf dieses Thread-Thema geblickt. Und wenn Du darauf hinweist, dass wir uns unterscheiden, so kann ich nur sagen: Glücklicherweise. Denn dächten alle hier in so verklemmter Weise wie ich, ein potentielles Thema betreffend, käme so mancher Thread überhaupt nicht zustande, - so wie dieser hier, der ja sichtlich auf großes Echo und Interesse stößt.
    Auf Deine Frage, welche Bedeutung Goethe für die "Zweite Wiener Schule" hat, werde ich noch kurz eingehen (wenn ich mit dem Lied fertig bin, an dem ich mir gerade wieder einmal die Zähne ausbeiße).

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  • Ich bedanke mich für die kenntnisreichen Antworten! Ich wollte übrigens nicht ausdrücken, daß die Zurückhaltung bei der Veroperung der Werke Goethes und Schillers in Deutschland etwas mit dem Werk von Louis Spohr zu tun hat. Ich tendiere zur Meinung von Johannes Roehl, daß einfach Franzosen und Italiener für die Werke von Goethe und Schiller in der Operngeschichte zündendere Ideen hatten: Übrigens, Johannes Roehl, eine Werther-Oper von Richard Wagner wäre ein faszinierender Gedanke!


    Gruß,


    Antalwin

  • Nur weil WoKa dieses Thema angesprochen hat (Beitrag 24), möchte ich (wie versprochen) kurz darauf eingehen.
    Als „Lieferant“ von Texten zur Liedkomposition spielt Goethe bei den Vertretern der „Zweiten Wiener Schule“ nur eine geringe Rolle. Bei Alban Berg und Arnold Schönberg finden sich nur jeweils zwei Lieder, denen ein Gedicht von Goethe zugrundeliegt: „Erster Verlust“, „Mignon“ und „Mailied, Deinem Blick mich zu bequemen“. Besprechungen dieser Lieder finden sich in den diesen beiden Komponisten gewidmeten Threads im Liedforum.


    Dahinter steht bei den Vertretern der Zweiten Wiener Schule nicht eine Geringschätzung Goethes, vielmehr liegt die Ursache für die geringe Berücksichtigung seiner Lyrik in der grundsätzlichen liedkompositorischen Intention dieser Gruppe: Sie ist ausgerichtet auf die liedmusikalische Erfassung des Zeitgeistes, wie er sich in der zeitgenössischen Lyrik niedergeschlagen hat. Dabei geht man so weit, dass der Aspekt der literarischen Qualität zu einem sekundären wird. Der primäre ist für den Schönberg-Kreis der Grad an gleichsam zeitgeistlicher Repräsentativität. Wenn sie sich – wie das im Fall von Schönberg bei Dehmel und George der Fall ist - auch mit literarischer Qualität paart, dann nimmt man das gerne hin. Goethe ist aber aus diesem liedkompositorischen Blickwinkel weit weg. Es sei denn, man findet sich in einzelnen seiner Gedichte in seinem modernen Lebensgefühl wieder. Die oben erwähnten Lieder Bergs und Schönbergs zeigen das sehr deutlich. Aber das sind sozusagen singuläre Zugriffe auf das lyrische Werk Goethes, entspringen nicht einem grundsätzlichen liedkompositorischen Interesse an demselben.


    Einen Sonderfall stellt in diesem Zusammenhang Anton Webern dar. Goethe war für ihn der Dichter, in dem er sich nicht nur in seiner theosophischen Weltsicht, sondern auch in seinem musiktheoretischen Denken in hohem Maße wiederfand. Die späte Lyrik, daneben aber auch die „Farbenlehre“ und die „Metamorphose der Pflanzen“ schätzte er überaus. Goethes naturphilosophischen Entwurf von „Urphänomen“ und „Metamorphose“ war für ihn gleichsam die Vorlage für die musikphilosophische Einordnung seines kompositorischen Konzepts der dodekaphonischen Reihe. Er sah sich von Goethe in der Auffassung bestätigt, dass es sich in der „Reihe“ und den darauf basierenden Variationen um eine Art musikalisches „Naturgesetz“ handele. Dieses dodekaphonische Grundprinzip stifte in ähnlicher Form eine Einheit in der Vielfalt der musikalischen Formen, wie das auch – worauf eben Goethe hingewiesen hat – das „Urphänomen“ im Prozess und Kreislauf der Metamorphose zu leisten vermag.


    An seine im Alter so wichtige Brieffreundin Hildegard Jone (deren lyrische Texte er auch vertonte, worauf ich im Anton Webern-Thread noch eingehen werde) schrieb er am 20.5.1942:
    „Stelle Dir vor: da sind sechs Töne gegeben, in einer Gestalt, die durch die Folge und den Rhythmus bestimmt ist, und was nun kommt … ist nichts anderes als immer wieder diese Gestalt!!!“
    Und er zitierte danach, was Goethe zum „Urphänomen“ ausführte:
    „ideal als das letzte Erkennbare,
    real als erkannt,
    symbolisch weil es alle Fälle begreift,
    identisch mit allen Fällen.“


    Nur aus dieser intensiven Auseinandersetzung mit Goethes theoretischen Schriften und seiner späten Lyrik wird die These Anton Weberns verständlich, dass „zwischen Naturprodukt und Kunstprodukt kein wesentlicher Gegensatz herrscht, sondern daß es dasselbe ist.“
    Goethes Lyrik wurde von ihm vertont im Rahmen seines Klavierlied-Opus 12 („Gleich und gleich“, auch das wird im Webern-Thread vorgestellt werden) und dem Opus 19 (Zwei Lieder für Chor, Celesta, Gitarre, Geige, Klarinette und Bassklarinette).


  • Ist ja völlig klar, lieber WoKa, dass die Geschichte von Iphigenie auf Tauris wieder und wieder - auch - in Opern thematisiert wurde.
    Aber welche davon sollte denn einen direkten Bezug zu Goethes Werk haben?
    Mir fällt keine ein!


    Beste Grüße


    Caruso41


    Hallo Caruso!


    Ich habe zwar an anderen Stelle allen Taminos schon einen guten Rutsch in 2016 gewünscht, dann fiel mir ein, dass ich Dir noch eine Antwort schuldig bin. Die Antwort ist ganz einfach: Du hast natürlich (wie so oft) recht: Ich gehe davon aus, dass sich alle Opernschreiber von Gluck über Händel und wie sie alle heißen, auf Euripides "Iphigenie bei den Taurern" beziehen. Ebenso wie Goethe es tat.


    Eine interessante Schrift habe ich dazu gefunden:


    https://books.google.de/books?…ethe%20als%20oper&f=false


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

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