Wer war eigentlich dieser Charles Valentin Alkan ?

  • Und schon wieder ein neues Mitglied in unserere beliebten (?) Serie: Wer war eigentlich .....?
    Wenn es je eine Berechtigung gegeben haben mag solch einen Thread über einen Komponisten ins Leben zu rufen, dann war es Charles Valentin Alkan. Denn jede Menge Widersprüche finden wir in seinem Lebenlauf. Erfolg und Mißerfolg liegen eng beieinander. Und vor allem muß man sich die Frage stellen: Warum ist dieser interessante Komponist HEUTE beinahe vergessen ? Üblicherweise finden wir immer ähnliche Erklärungsversuche, beispielsweise: Er war hinter seiner Zeit zurück, er war eigentlich recht durchschnittlich, ein Epigone, hatte keine originellen Themen, verbreitete gepflegte Langeweile.
    All das trifft auf Alkan nicht zu. Er stammte aus einer jüdischen musikalischen Familie und trat schon mit 12 Jahren als Konzertpianist auf. Er war ein ebenbürtiger Rivale von Liszt und Thalberg. Er war mit Frederic Chopin und Ferdinand Hiller befreundet. Schumann schrieb 1837 eine vernichtende Kritik über die Trois morceaux, op. 15. - was imo durchaus verständlich ist, denn Schumanns Klangwelt war eben eine andere. Es wird immer wieder behauptet, der hohe Schwierigkeitsgrad von Alkans Werken sei Schuld an der geringen Verbreitung seiner Werke. Das ist möglich - aber in unserer Zeit sollte dieses Argument eigentlich keines mehr sein - im Gegenteil.
    Hier in diesem Thread sollte über Verhaltensweisen, Erfolge und Mißerfolge Alkans geschrieben werden. Über seine Aufnahmen und Werke gibt es bereits einen anderen Thread:


    Alkan und seine merkwürdigen Verbindungen für das Klavier


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat Alfred Schmidt

    Zitat

    Hier in diesem Thread sollte über Verhaltensweisen, Erfolge und Mißerfolge Alkans geschrieben werden. Über seine Aufnahmen und Werke gibt es bereits einen anderen Thread:


    Eine schöne Idee: möglicherweise liegt auch hier ein Schlüssel zur geringen Verbreitung der Werke (an der Qualität kann es eigentlich nicht liegen). Alkan hatte sich ja schon sehr jung aus dem Virtuosenzirkus zurückgezogen und war immer weiter in seine Klangwelten abgetaucht, die sich anderen kaum erschlossen und für die sich nur wenige praktizierende Anwälte fanden (Freund Busoni war hier eine Ausnahme). Seine musikalische Experimentierfreude (etwa die Integration jiddischer Melodien in die Musik) trugt das Ihre dazu bei, dass er als kauzig angesehen wurde. Neben der Musik widmete er einer Übersetzung von Bibel und Talmud viel Zeit (anscheinend beherrschte er altgriechisch und hebräisch gleichermaßen). Aus dem selbst gewählten Rückzug (er bezeichnete sich in einem Brief selbst gar als misanthropisch) kehrte er er spät in seinem Leben mit einigen Konzerten zurück.
    Man wünscht dem Komponisten, dass ihm wieder mehr Achtung zukommt. Aber da habe ich Hoffnung. Liszt galt über längere Zeit als verpönt, bis nicht zuletzt Alfred Brendel ihm einen Weg ebnete ...


    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Über "vergessene" Komponisten ist es schwer Daten zu sammeln, den die einschlägige Literatur behandelt sie nur knapp - wenn überhaupt. Aber da gibt es glücklicherweise oft sehr gute Booklets, wo Enthusiasten ihr recherchiertes Wissen - oder zumindest Teile davon preisgeben. Im Falle von Vincento Maltempo ist es der Pianist selbst, ebenso wie Alan Weiss interessantes mitzuteilen hat. Soeben habe ich zu meiner Freude entdeckt, daß A.W. über das angeblich "skurille" in Alkans Werk eine ähnliche Meinung vertritt wie ich selbst. Es wäre ein Cliché, dessen man sich gerne bediente, und das von Generation zu Generation weitergereicht würde. Es gäbe wohl Werke auf welche das zuträfe, aber das wären eher wenige.
    Franz Liszt hat uns ebenfalls etwas über (den jungen) Alkan zu berichten, der damals als Pianist sehr berühmt war. Er meine, Alkan habe die beste Technik besessen, die er je bei einem Pianisten gesehen habe, und er, Liszt, fühle sich jedesmal unbehaglich, wenn er einem seiner Konzerte beiwohnte......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !