Elektronische Verstärkung in Open Air-Aufführungen?

  • Ich komme gerade aus einer Aufführung der "Turandot" in den Caracalla-Termen. Ich habe so gut wie keine Erfahrungen mit Open Air-Aufführungen von Opern und ging bis heute immer davon aus, dass auch auf Freilichtbühnen die unverstärkten Stimmen der Sänger ausreichen müssen, um zu den Zuschauern zu dringen. Bei der Aufführung eben waren aber alle Stimmen (und auch das Orchester) verstärkt, was mich doch sehr gestört hat. Daher würden mich die Erfahrungen von Taminos interessieren, die öfter in Open-Air-Aufführungen gehen. Wie ist es in Verona, in Bregenz, in Macerata, Pesaro und Aix und an anderen Orten, an denen Opern im Freien gespielt werden? Ist es dort üblich, Stimmen und Instrumente zu verstärken, geht es vielleicht auch gar nicht anders? Dann werde ich wohl nie ein großer Freund solcher Aufführungen werden. Auch davon abgesehen hat die trockene Akustik ohne Reflexionsschall der Musik gar nicht gut getan. :(

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wie ist es in Verona

    Unverstärkt, das geht aber auch nur wegen der römischen Arena.



    in Bregenz

    Verstärkt, die Mikroports waren heute deutlich zu sehen.



    in Macerata

    Ich war nur einmal da, 1996, und wähne mich zu erinnern, dass es verstärkt war.



    Pesaro

    Da war ich noch nie, zumindest nicht bei den Festspielen. Spielen die da überhaupt draußen???



    und Aix

    Da war ich auch noch nie.


    Generell ist Verstärkung bei Freilichtaufführungen absolut gängig (Ausnahme, wegen des akustisch günstigen Ortes: Verona. Vielleicht gibt es weitere Ausnahmen, aber die Regel ist: verstärkt)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Danke, lieber Stimmenliebhaber. In Macerata bin ich in ein paar Wochen selbst zum ersten Mal und werde es dann sehen bzw. hören. Beim Rossini-Festival in Pesaro habe ich immer gedacht, dass die "Adriatic Arena" ein offenes Stadion ist, aber ich habe gerade nachgeschaut: das war ein Irrtum.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Wir hatten vor Jahren in Verona die letzte Vorstellung erwischt und waren erstaunt, wie gut die Stimmen ohne Verstärkung auch auf der 2. Gradinata zu hören waren. Allerdings hatten wir bei dem Orchester den Eindruck, dass es etwas blechern klang.
    Am nächsten Tag haben wir die Arena noch einmal besucht um sie uns bei Tageslicht einmal anzusehen. Da gerade die Bühne abgebaut wurde, fiel ein Brett hin und es gab einen lauten Knall. In der Arena, die von allen Seiten geschlossen ist, geht das ohne Verstärkung.
    Bei der Seebühne in Bregenz, die wir viermal besucht haben, ist das wohl kaum möglich, da diese nach den Seiten offen ist und die Stimmen wahrscheinlich nur bei bestimmten Stellungen der Sänger zum Publikum hin deutlich zu vernehmen wären. Das trifft sicher auf viele Freilichtveranstaltungen zu. Man darf diese wohl kaum mit einer Veranstaltung im dafür eigens eingerichteten Saal vergleichen, und auch da gibt es bekanntlich akustische Unterschiede.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • So wird es wohl sein.
    Doch anstatt hier nicht rum zu jammern, könntest Du Dich in den neuen Thread "Dirigenten und ihre Schlagtechnik" begeben. Ein Thema für Eingweihte.


    Manchmal auch ein Thema für Eingeweide 8-)

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ob Verstärkung ja oder nein kommt auf den Ort der Aufführung und die Stimmen der Sänger an. Leider gibt es wenige Orte, die akustisch so ideal sind, dass die Stimmen zumindest bei Orchesterbegleitung befriedigend durchkommen, also ist Verstärkung notwendig. Wenn schon, dann muss diese ganz intensiv geprobt, abgestimmt und ausgesteuert werden. Es muss ein homogener Gesamtklang erreicht werden. Wir haben morgen Abend ein großes Open-Air-Konzert im Heilbronner Deutschhof. Da sind 2- 3 Stunden für die Klangregie eingeplant. Außerdem muss der Tontechniker Erfahrung haben - voll besetzt klingt auch im Freien anders als musizieren vor leeren Bänken.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Verstärkung an Orten im Freien (z. B. Seebühne in Bregenz) ist ja ganz selbstverständlich, oder wie sonst sollte man die Sänger bis zu den Sitzplätzen hören oder das Orchester, das ganz woanders im Inneren sitzt. Interessant fände ich die Diskussion (gibt es dieses Thema?), ob und warum in Opernhäusern verstärkt wird - anscheinend ein großes Tabu.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Die auch hier übliche Verstärkung wird nicht hinausposaunt. Als Grund wird angegeben, dass die Orchester heute höher stimmen würden. In der Regel ist das keine Verstärkung über einfache Mikrofone oder Head Sets. Die klangaufnehmenden Elemente (also Spezialmikrofone. Ich kenne den Fachausdruck nicht) sind so angebracht, dass sie den Gesamtklang ingesamt anheben und verstärken. Zumindest wurde es mir so erklärt, als ich bei einer Bühnenbesichtigung neugierig fragte, was denn die rundum angebrachten Elemente seien. Vielleicht weiß jemand noch Genaueres? :?:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Verstärkung an Orten im Freien (z. B. Seebühne in Bregenz) ist ja ganz selbstverständlich, oder wie sonst sollte man die Sänger bis zu den Sitzplätzen hören oder das Orchester, das ganz woanders im Inneren sitzt. Interessant fände ich die Diskussion (gibt es dieses Thema?), ob und warum in Opernhäusern verstärkt wird - anscheinend ein großes Tabu.

    Ich kenne die Situation in Bregenz nicht. Bei meiner Aufführung gestern in den Caracalla-Termen fand ich es nicht selbstverständlich, denn die Bühne war von den Zuschauern nicht weiter entfernt als in einem Opernhaus, und auch das Orchester war nicht irgendwo anders, sondern ganz normal vor und unterhalb der Bühne platziert. Trotzdem kann es gut sein, dass aufgrund der Freifeld-Akustik die Verstärkung unumgänglich war.



    Die auch hier übliche Verstärkung wird nicht hinausposaunt. Als Grund wird angegeben, dass die Orchester heute höher stimmen würden. In der Regel ist das keine Verstärkung über einfache Mikrofone oder Head Sets. Die klangaufnehmenden Elemente (also Spezialmikrofone. Ich kenne den Fachausdruck nicht) sind so angebracht, dass sie den Gesamtklang ingesamt anheben und verstärken. Zumindest wurde es mir so erklärt, als ich bei einer Bühnenbesichtigung neugierig fragte, was denn die rundum angebrachten Elemente seien. Vielleicht weiß jemand noch Genaueres? :?:


    Herzlichst
    Operus

    Eine Verstärkung der Stimmen in einem Opernhaus, ohne dies bekannt zu geben, fände ich skandalös. Mir ist dergleichen bisher auch noch nirgends aufgefallen, es gibt ja doch typische Anzeichen dafür: die Lokalisation der Stimme auf der Bühne geht verloren, die Stimme wird nicht leiser, wenn der Sänger sich nach hinten dreht usw.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Die klangaufnehmenden Elemente (also Spezialmikrofone. Ich kenne den Fachausdruck nicht) sind so angebracht, dass sie den Gesamtklang ingesamt anheben und verstärken. Zumindest wurde es mir so erklärt, als ich bei einer Bühnenbesichtigung neugierig fragte, was denn die rundum angebrachten Elemente seien. Vielleicht weiß jemand noch Genaueres? :?:


    Es gibt etwas, das nennt sich "Raum-Verstärkung" (also keine an den Leuten befestigte Mikrophone, sondern welche an der Decke, im "Raum") und wird dann eingesetzt, wenn zum Beispiel ein kleiner Chor aus Inszenierungsgründen sehr weit hinten postiert ist. Bei Hintergrundorchestern, Hintergrundchören etc. sind Mikrophone, die verstärken, ganz normal geworden, weil sonst nichts oder zu wenig im Saal ankommt. Ein Fafner als Riesenwurm oder ein toter Komtur werden auch gerne mal verstärkt, wegen der Wirkung, aber in der Regel(!) wird in den mir bekannten Opernhäusern und Theatern nicht verstärkt bzw. nur in den beschriebenen Ausnahmefällen. (Und meistens merkt man es dann ohnehin.)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vor einigen Tagen habe ich eine Opern-Aufführung beim Macerata-Festival besucht und kann nun als Augen- und Ohrenzeuge bekunden, dass (zu meiner großen Freude) dort keine elektronische Verstärkung von Stimmen und/oder Instrumenten stattfindet. Da ich einen Platz recht nahe an der Bühne hatte, kann ich zur Hörbarkeit auf den weiter entfernten Plätzen nichts sagen, aber ich nehme an, dass die Akustik des Sferisterio mit seinen rundum geschlossenen hohen Wänden ähnlich gut ist wie die der Arena in Verona.

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