Die Wiener Klassikszene - Eine abgeschirmte Insel?

  • Manchmal sucht man nach neuen Themen für das Forum - manchmal fallen sie einem direkt in den Schoß.
    So ist der Initiator dieses Threads - wenn auch nicht beabsichtigt - Caruso41. Im Thread über Orozco-Estrada schrieb er in bezug auf Wien:


    Zitat

    Hier im Forum ist von den Erfolgen in Wien und Niederösterreich so gar nicht angekommen. Orozco-Estrada wird wohl verschiedentlich erwähnt, aber dass man auf ihn aufmerksam gemacht wurde, kann man nicht gerade behaupten.


    Und er hat recht. Wien ist in Sachen klassischer Musik (die Oper klammere ich hier aus) einerseits ein guter Boden - andrerseits ist hier eine vom internationalen Geschehen doch weitgehend abgeschirmte Insel. Es gibt und gab hier immer schon eine Menge von erstklassigen Interpreten, welche oft auch international bekannt sind, aber keine "Star"-Karriere gemacht haben - wobei die Grenzen hier fliessend sind.


    Ich nehme hier einen der IMO berühmtesten österreichischen Pianisten der Gegenwart, Paul Badura Skoda als erstes Beispiel.
    Ein hervorragender Pianist mit Schwerpunkt Wiener Klassik, zudem Spezialist für historische Klaviere und deren Eigenheiten, Musikwissenschafter und Komponsit etlicher Kadenzen von zu Klavierkonzeten der Wiener Klassik, anerkannt und beliebt.
    Es gibt auch jede Menge von Tondokumenten von ihm, es müssen über 300 sein. Jedoch finden wir ihn all über die Jahre auf keinem wirklich "berühmten" Label, wie DGG, DECCA. EMI, CBS, SONY, harmonia Mundi., es gab keinen "Exklusivvertrag" er war kein Aushängeschild für ein Label, welches ihn als "Lokomotive" vermarktet hätte. Dennoch - für Insider eine topsichere Adresse für höchste Spielkultur.
    Diesem Beispiel könnten viele folgen. Die österreichischen Künstler waren oft regelrecht abgeschnitten von der "internationalen" Szene - vermutlich oft auch auf eigenen Wunsch. Denn in Wien blüht die Klassikszen geradezu. Wer hier Karriere macht, der braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen zu machen, das Wiener Publikum ist kritisch bis bösartig, kann eklig sein, aber wen es einmal akzeptiert oder noch besser - erkoren hat, zu dem hält es in unverbrücklicher Nibelungentreue.
    Die Lage ist insofern interessant, da es nach Verbleichen des Wiener Labels "Amadeo" seit etlichen Jahren wieder ein independent Label (Gramola) hierorts gibt, welches sich besonders um österreichisch Künstler verdient gemacht hat - dazu zählen auch Wahl-Österreicher.
    Schon der Threadtitel ist dazu geeignet Widerspruch auszulösen - das könnte interessant werden. Andrerseits können wir Aufnahme mit Künstlern der "Wiener" Szene präsentieren. Auch wenn das meiste auf "Gramola" erscheint, so gibt es doch neuerdings einige wenige Kleinstlabel, die ebenfalls in Wien ihren Sitz haben und gelegentlich interessante Veröffentlichungen bringen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Lage ist insofern interessant, da es nach Verbleichen des Wiener Labels "Amadeo" seit etlichen Jahren wieder ein independent Label (Gramola) hierorts gibt, welches sich besonders um österreichisch Künstler verdient gemacht hat - dazu zählen auch Wahl-Österreicher.


    Ich erlaube mir daraufhin zu weisen, dass sich seit einigen Jahren auch das renommierte col legno Label in quasi Wiener Hand befindet.

  • Ja - aber das ist wiederun eine abgeschirmte insel auf einer abgeschirmten Insel. Ich wage zu behaupten, daß, wenn Du dich nach einem zufällig ausgewählten Konzert im Wiener Musikverein an den Ausgang stellst und die Konzertbesucher - also an sich schon eine ausgewählte Gruppe mit dem Namen des Labels Col Legno konfrontierst, sie es vermutlich nicht kennen. Da hast Du vermutlich in Deutschland mehr Erfolg. Col Legno hat (laut eigener Website) DREI Sponsoren
    1) SKE
    Soziale und kulturelle Einrichtungen der austro mechana.
    2) Österreichischer Musikfond
    3) Bundesministerium für Unterricht und Kunst.


    Das Label bekennt auf seiner Website, dass es ohne diese KONSEQUENTEN Förderungen nicht lebensfähig wäre.


    Warum ist das so? Weil die Nachfrage nach dessen Produkten sich in überschaubaren Grenzen hält.


    Nein - ich hatte schon Label mit normalem kommerziellen Background gemeint, die von ihren Produkten leben können, die auch im Ausland verfügbar sind, die aber PR-mässig nicht besonders gepusht werden, eben, weil sie nicht darauf Wert zu legen scheinen um jeden Preis zu den "Global Players" zu gehören, weil man hier ja auch sehr gut von den verkauften Produkten leben kann....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Label bekennt auf seiner Website, dass es ohne diese KONSEQUENTEN Förderungen nicht lebensfähig wäre.

    Nein, das bekennt es nicht! Wörtlich steht dort: "Unsere Auswahl und Dokumentation der Gegenwartsmusik wäre ohne konsequente Förderungen durch SKE, Musikfonds und BMUKK nicht möglich:". Das bezieht sich auf Gegenwartsmusik, deren Dokumentation ohne Sponsoring gar nicht stattfinden würde - aber das ist ja nicht das einzige, was dieses Label aufnimmt ...



    Zitat

    Nein - ich hatte schon Label mit normalem kommerziellen Background gemeint, die von ihren Produkten leben können, die auch im Ausland verfügbar sind, ...

    Ich denke, sehr wenige Labels werden ohne kommerzielle Hintergedanken gegründet. Und auch mit der Verfügbarkeit ist es gar nicht so schlecht bestellt. So gibt es Vertriebe für das ganze westliche Europa, sowie für Japan, China, Taiwan, Australien, Neuseeland und ganz Nordamerika - also für praktisch alle Länder, wo man noch hoffen kann, CDs zu verkaufen ....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Also, lieber Alfred, ich bin verwundert, dass Du meine beiläufige Anmerkung zum Anlass für einen Thread nimmst.

    Allerdings ist es tatsächlich frappierend, dass man von neuen interessanten Musikern, die sich in Wien durchsetzen, oft wenig mitbekommt.
    Ob dabei die Frage wo und wie sie Aufnahmen machen, wirklich eine zentrale Rolle spielt, bezweifele ich.


    Dass Wien andererseits soetwas eine abgeschirmte Insel ist, fällt schon auf. Das ließe sich natürlich noch genauer beschreiben.
    Es fragt sich nur: von wem denn abgeschirmt? Und: gegen was abgeschirmt?
    Da ich viel Ö1 höre, fehlt es mir eigentlich nicht an Informationen.
    Gleichwohl hatte ich wirklich nichts davon mitbekommen, dass da beim Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester ein Dirigent arbeitet und auch in Wien besondere Aufmerksamkeit gefunden hat, der zu außerordentlichen Hoffnungen Anlass gibt.


    Ich habe einige Vermutungen, was die von mir und Dir diagnostizierte - nennen wir es weiter - 'Abgeschirmheit' der Wiener Klassikszene angeht.


    • In den überregionalen Tageszeitungen ( z. B. in Deutschland, England und Frankreich) wird über Opernaufführungen in Wien wenig, über Konzertaufführungen fast überhaupt nicht berichtet. Man findet wohl nicht 'interessant', was da an der schönen blauen Donau passiert. Mag ungerecht sein, hat sicher auch nichts mit Niveau oder Qualität zu tun. Eher schon mit Zeitströmungen und Moden.
      Insofern wäre Wien nicht "eine abgeschirmte Insel" sondern eher ein aus der Zeit gefallenes Arkadien. Es mag schön dort sein - aber man interessiert sich nicht dafür!
    • Verstärkt wird natürlich das Desinteresse an der Wiener KLassikszene dadurch, dass niemand zugkräftige Namen mit Wien verbindet. Die Sänger die an der Staatsoper singen, kann man überall hören, und die Dirigenten, die bei den Philharmonikern auftreten, sind in allen Konzertsälen der Welt kaum weniger präsent. Es fehlen Köpfe, mit denen Ausserordentliches verbunden wird. Und es fehlen Künstler, die prägen. Ein Jansons in München, eine Barenboim, ein Rattle oder ein Janowski in Berlin, ein Gergiew in St. Petersburg, ein Chailly in Leipzig gewinnen der ganzen Stadt und ihrem Musikleben Aufmerksamkeit!! Da ist Wien - seit einiger Zeit - blank!
    • Hinzu könnte die Neigung des Wiener Publikums kommen, die eigenen Lieblinge gleich als Götter zu verehren. Allzu oft entsteht dadurch in anderen Landen der Eindruck: nun ja, das sind Lokalgrößen an der Donau - aber die sind doch nun wirklich nicht besser als die, die wir hier bei uns hören.
      Gewissermaßen in engem Zusammenhang mit dieser Neigung steht eine andere: 'der Wiener' (wer immer das sein mag) will gar nicht wahrnehmen und wissen, was anderswo passiert. Ich war ja früher rein beruflich sehr viel in Wien (wegen UNO und OSZE) und oft auch länger - und immer ist mir aufgefallen, dass selbst fleißigen Konzert- oder Opernbesuchern sehr oft Musiker, die anderswo reüssiert und sich einen Namen gemacht haben, überhaupt nicht bekannt sind. Auch wenn ich jetzt in Salzburg Wiener treffe, nehme ich das wahr. Musiker sind nur im Blick, wenn Sie in Wien reüssiert und sich einen Namen gemacht haben.
      Wo der Vergleich nicht gesucht wird, kann leicht ein Klima der Selbstgefälligkeit und Dünkelhaftigkeit enstehen! Ist das Wien wirklich fremd? Könnte es nicht sein, dass Andere das als überheblich und abstoßend empfinden?


    Ich habe den dritten Punkt mit einem Fragezeichen geschlossen. Eigentlich hätte ich hinter jeden Satz ein Fragezeichen machen müssen. Und zwar ganz einfach, weil es sich nur um Vermutungen handelt, sehr persönliche Vermutungen zumal, die ich jetzt nur mal schnell und ganz spontan andeuten wollte, um etwas zu dem Thread beizutragen, zu dem ich Dir den Anlass gegeben habe.
    Kann sein, dass mir bei gründlicherem Nachdenken noch treffendere Beobachtungen und begründetere Erklärungen einfallen.
    Aber es wäre ja noch Zeit, die dann nachzutragen!


    Beste Grüße - diesmal von der Amstel


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Lieber Caruso 41


    Danke für Deine interessante Darstellung der Sicht der Dinge.
    In vielen Punkten kann ich Dir sachlich beipflichten, aber der Betrachtungswinkel ist ein anderer.


    So war man in Wien nie wirklich darauf aus Künstler zu entdecken - sie waren erst interessant wenn sie bereits berühmt waren - oder aber sich in Wien assimiliert hatten. Etliche Künstler aus dem Ausland haben die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Hier ist man vor allem daran interessiert, daß ihnen keine Begünstigungen gegenüber "wirklichen" Österreichern eingeräumt werden.....



    Zitat

    Gleichwohl hatte ich wirklich nichts davon mitbekommen, dass da beim Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester ein Dirigent arbeitet und auch in Wien besondere Aufmerksamkeit gefunden hat, der zu ausserordentlichen Hoffnungen Anlass gibt.

    Wien hat ja doch einige Orchester, aber wirklich in grossem Stil wahrgenommen werden nur die Wiener Philharmoniker. Sie gelten als Aushängeschild Österreichs, wie die Lipizzaner oder die Wiener Sängerknaben. Die Bedeutung des guten NÖ-Tonkünstlerorchesters wurde im Laufe meines Lebens durchaus unterschiedlich beurteilt und hing von den jeweiligen Chefdirigenten ab.



    Zitat

    In den überregionalen Tageszeitungen (z. B. in Deutschland, England und Frankreich) wird über Opernaufführungen in Wien wenig, über Konzertaufführungen fast überhaupt nicht berichtet. Man findet wohl nicht 'interessant', was da an der schönen blauen Donau passiert.

    Das ist durchaus verständlich - weil in Wien eigentlich NICHTS "passiert", die Mehrheit des Wiener Publikums boykottiert zeitgenössisches Repertoire und verhindert erfolgreich die absolute Machtübernahme an der Wiener Staatsoper. Deren Direktion soll - so hat man mir gesagt - sehr kostenbewusst engagieren - nicht immer zum künstlerischen Vorteil, aber die Auslastung liegt bei ca 95 (?) Prozent.



    Zitat

    Es mag schön dort sein - aber man interessiert sich nicht dafür!

    Das beschreibt sehr gut die Wiener Haltung. Man ist hier gar nicht interessiert, daß man sich für Wien interessiert. Das steigert die Mieten, bringt internationalen Terror und Unruhe in die Stadt etc etc.
    Das ausländische Desinteresse entstand vor allem dadurch, daß der Wiener nicht wirklich lenkbar ist und "Sensationen" sowie "Events" meist mit einem Achselzucken quittiert.



    Zitat

    Hinzu könnte die Neigung des Wiener Publikums kommen, die eigenen Lieblinge gleich als Götter zu verehren. Allzu oft entsteht dadurch in anderen Landen der Eindruck: nun ja, das sind Lokalgrößen an der Donau - aber die sind doch nun wirklich nicht besser als die, die wir hier bei uns hören.

    Natürlich sind die nicht besser - aber zumindest genauso gut - und in der Regel pflegeleichter und billiger.



    Zitat

    Und es fehlen Künstler, die prägen. Ein Jansons in München, eine Barenboim, ein Rattle oder ein Janowski in Berlin, ein Gergiew in St. Petersburg, ein Chailly in Leipzig gewinnen der ganzen Stadt und ihrem Musikleben Aufmerksamkeit!!

    Ich kenne die betreffenden Namen natürlich alle - aber wo die im einzelnen Chefdirigent sind, das hätte ich ad hoc nicht gewusst. Da ich vorzugsweise Konserven höre, bin ich in der glücklichen Lage auch Zeitreisen unternehmen zu können.....
    Interessant auch, daß Künstler, die in Deutschland geschätzt werden hier eigentlich nur am Rande beachtet werden. So war es mir vor Jahren nur schwer möglich Aufnahmen unter Norrington oder mit Korstick zu bekommen, Von Gielen oder Dausgaard ganz zu schweigen. etc etc.



    Zitat

    und immer ist mir aufgefallen, dass selbst fleißigen Konzert- oder Opernbesuchern sehr oft Musiker, die anderswo reüssiert und sich einen Namen gemacht haben, überhaupt nicht bekannt sind. Auch wenn ich jetzt in Salzburg Wiener treffe, nehme ich das wahr. Musiker sind nur im Blick, wenn Sie in Wien reüssiert und sich einen Namen gemacht haben.

    Das würde ich 100%ig unterschreiben. In Wien sieht man sich als Welhauptstadt der Musik - alles andere ist nicht so von Bedeutung.



    Zitat

    Wo der Vergleich nicht gesucht wird, kann leicht ein Klima der Selbstgefälligkeit und Dünkelhaftigkeit enstehen! Ist das Wien wirklich fremd? Könnte es nicht sein, dass Andere das als überheblich und abstoßend empfinden?

    Mag sein - Aber bei uns ist eben das Interesse an der "Aussenwelt" eher gering.


    BTW: Ich füge hier einen Link auf die Abonnementskonzerte des Wr Musikvereins an.


    https://www.musikverein.at/kon…mentbroschuere.php#page/1


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Theophilus!


    Die Auslastung der WSO liegt in den letzten Jahren immer bei 99,x%!


    Ja und? Was sagt uns das?
    Immerhin soviel: auch im wunderbaren Wien wird genau gerechnet und gut gewirtschaftet!
    Aber sind 'Einschaltquoten' ein Argument für Qualität?
    Könnte es nicht sein, dass die Auslastung davon profitiert, dass jeder Reiseführer den Besuch der Wiener Staatoper als "You have to go" deklariert?
    Es könnte natürlich auch sein, dass ein Opernbesuch in Wien einen anderen Stellenwert hat als etwa in Hamburg. Aber was bedeutet das dann für Alfreds Insel-Diagnose?


    Ich wäre neugierig zu hören, wie Du die Sache siehst!
    Dein Name weist Dich ja als gebildeten Wahrheitssucher aus, als einen, der den Sachen auf den Grund geht!
    Gerade bei dem Thema, das so leicht im Nebel von Mythen und Idealisierungen, Vorurteilen und Fehlwahrnehmungen verschwimmt, wäre das sicher hilfreich.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Ich gehe mit meinen Überlegungen einmal an den Rand Eurer interessanten Diskussion und vom Instrumentalbereich zur Oper. Ich meine Wien ist keine abgeschirmte Insel. Wien ist die Welthauptstadt der Musik. In Wien gibt es so viel kulturelles Schaffen und da passiert täglich so viel Beachtenswertes, dass die Wiener mit ihrem kulturellen Reichtum hervorragend allein leben können, ohne etwas zu vermissen. Alle anderen müssen und können Honig saugen von der Vorbildfunktion des österreichischen Kulturschaffens. Ich schrieb im "Neuen Merker Wien" (07/2015-S. 34/35) einen Bericht über die Verleihung des österreichischen Musik Theater Preises. Was hier an Qualität und Kreativität von den Theatern der einzelnen Bundesländer präsentiert wurde war zum Teil sensationell.
    Ein bisserl kommt die österreichische Mentalität dazu: "Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah". Ich kenne zwei österreichische Sänger mit Weltklasseformat, die kaum aus Österreich rausgehen. O-Ton einer Aussage: "Warum soll i den mein A.... aus Wien rausheben, wenn i jeden Abend hier 2 mal singen könnt und des zu am Geld, wo i woanders a net mehr krieg". Ja, Wien bleibt Wien! :thumbsup:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    diese Einstellung ist nicht neu. Ich habe in grauer Vorzeit die selbe Aussage in einem Gespräch mit Karl Terkal und Rudolf Christ gehört - der ein zweiter Nicolai Gedda hätte werden können. ("Aber da kann ich abends nicht beim Heurigen sitzen")


    Liebe Grüße -


    Erich

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  • Liebe Freunde Wiens!


    Alle anderen müssen und können Honig saugen von der Vorbildfunktion des österreichischen Kulturschaffens.

    Aber wer kommt denn auf die Idee??
    Und warum sieht man das eben doch anderswo eher nicht so?



    Wien ist die Welthauptstadt der Musik

    Ja! Ein wunderschöner Mythos!
    Aber eben doch ein Mythos.
    Wenn es denn so etwas wie die Welthauptstadt der Musik geben sollte, was wären dann London? New York? Paris? Berlin?



    und Rudolf Christ gehört - der ein zweiter Nicolai Gedda hätte werden können. ("Aber da kann ich abends nicht beim Heurigen sitzen")

    Genau diese Anekdote zeigt eigentlich genau das Problem, das ich oben angedeutet habe.
    In Wien gibt es eine Attitüde der Bequemlichkeit, deren Kehrseite die Ignoranz gegenüber dem Rest der Welt ist. Und das verdichtet sich zu einem Klima der Selbstgefälligkeit und Dünkelhaftigkeit.
    Alfred hatte gefragt, ob die Wiener Klassikszene eine abgeschirmte Insel sei. Ich hatte das etwas paraphrasiert und Wien als ein aus der Zeit gefallenes Arkadien bezeichnet!
    Qualität und Niveau will niemand bestreiten.
    Neugier und Kreativität, Lebendigkeit und Weltoffenheit findet man allerdings anderswo eher! - aber ich muss ja nicht wiederholen, was ich oben schon ausgeführt habe.
    Jedenfalls genieße ich gerade eine wahnsinnig lebendige Metropole, die kreativ ist und zugleich herrlich entspannt - - dabei aber gerade mal 800 000 Einwohner hat und nicht an die 2 Millionen.


    Die Diskussion wird sicher weiter gehen und ich hoffe, dass sie die Frage von Alfred nicht aus den Augen verliert - womöglich besser und gründlicher beantwortet, als ich das kann. Leider werde ich aber in den nächsten Tagen mich nicht einmischen können, da ich unterwegs sein werde, um weiter verschiedene Festspiele zu besuchen.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Zitat

    Neugier und Kreativität, Lebendigkeit und Weltoffenheit findet man allerdings anderso eher! - aber ich muss ja nicht wiederholen, was ich oben schon ausgeführt habe.


    Meiner Meinung sind wir viel zu "weltoffen" - Immer mehr Billigpreistouristen verschandeln das Stadtbild und lungern irgendwo herum ohne wirklich Geld im Land zu lassen.


    "Kreativität" - das ist das was selbsternannte "Künstler" frech für sich reklamieren, wenn man ihnen andeutet oder aber auch direkt in Gesicht sagt, daß das, was die "geschaffen" haben potthässlich und wertlos ist. Es ist mehr oder weniger ein Modewort des 20. Jahrhunderts, früher haben Künstler die Wünsche ihrer Auftraggeber ausgeführt.


    "Neugier" - die findet man bei uns in der Tat nicht - hier herrrscht vornehmes Desinteresse. Schon in meiner Jugend habe ich die Neugier - vorzugsweise bei den Amerikanern beobachtet - als abstossend empfunden. Sie erinnerten mich in ihrem Verhalten wie Kinder - und mit Kindern kann ich eigentlich nicht wirklich was anfangen (Wien ist tendenziel kinderfeindlich, die meisten kommen von den Immigranten - die man hier auch nicht will).



    Zitat

    Ja! Ein wunderschöner Mythos!
    Aber eben doch ein Mythos.

    Mythen sind - im Gegensatz zu anderen Parametern - so gut wie unzerstörbar.....



    Zitat

    was wären dann London? New York? Paris? Berlin?

    Eine gute Frage. Ihnen allen fehlt der "Mythos"
    ...den Berlinern mit einem designierten Chefdirigenten, der der Mehrheit der Musikwelt nahezu unbekannt ist, und Opernhäuser mit entstellenden Regietheater Inszenierungen.
    ....der Parisern, die nicht mal über sowas wie "Pariser Philharmoniker" verfügen....
    zu den gegenwärtigen Dirigenten von London und New York fällt mir lediglich James Levine ein.....


    Zu den Künstlern: Wer will denn schon riskante Flugreisen unternehmen in Länder wo es immer wieder riskant ist aufzutreten, wenn er hier - wie schon weiter oben beschrieben - "zweimal am Tag singen könnte" und vom heimischen Publikum geradezu vergöttert wird.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ....wie angekündigt kann ich nicht antworten....bin auf dem Weg nach glyndebourne...
    ich wüsste allerdings auch nicht, was ich darauf antworten sollte, es hat mir schlicht die sprache verschlagen....


    caruso41


    --------------------
    auf meinem iPhon geschrieben

    ;) - ;) - ;)


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  • Dennoch - einen angenehmen Aufenthalt in Glyndbourne.


    Heute findet übrigens eine Filmpremiere in Wien statt - Noch dazu in der Wiener Staatsoper (warum gerade dort ??) - und nur deshalb verlinke ich auf den entsprechenden Artikel.


    Tom Cruise ist hier - und etliche amerikanische Journalisten.
    Die Wiener Innenstadt ist abgesperrt, was für alle die dort arbeiten sicher eine unangenehme Verkehrsbehinderung darstellt.


    http://derstandard.at/20000196…n-Mission-Impossible-5-in


    Wie man sieht hat man nicht mal auf einer abgeschirmten Insel seine Ruhe..........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Immer mehr Billigpreistouristen verschandeln das Stadtbild und lungern irgendwo herum ohne wirklich Geld im Land zu lassen.

    Lieber Alfred,
    Das kann nur Dein Irrtum sein - "A" nimmt doch ebenso wie "H"! - keine Flüchtlinge auf.



    Schon in meiner Jugend habe ich die Neugier... als abstossend empfunden. Sie erinnerten mich in ihrem Verhalten wie Kinder - und mit Kindern kann ich eigentlich nicht wirklich was anfangen

    ?(:hahahaha:



    es hat mir schlicht die sprache verschlagen....

    dto.


    Gruß aus Nbg. - einer Stadt mit hohem nichtdeutschen Bevölkerungsanteil und damit der Vergreisung vorbeugend.
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: "Neugier" - die findet man bei uns in der Tat nicht - hier herrrscht vornehmes Desinteresse. Schon in meiner Jugend habe ich die Neugier - vorzugsweise bei den Amerikanern beobachtet - als abstossend empfunden.

    Lieber Alfred,


    was wäre die Welt ohne Neugier? Sie stände sicherlich still. Ein Kind muss neugierig sein, weil es erst einmal seine Welt erfahren muss. Aber auch in späteren Jahren sollte man sich einen Teil seiner kindlichen Neugier bewahren. Ich bin heute noch auf vieles neugierig. Das heißt aber nicht, dass ich auch alles gut heiße.
    Ich denke, das Wort Neugier umfasst mehr als nur, alles über seine Nachbarn ausspähen zu wollen, ständig hinter den Fenster zu stehen, um alles zu beobachten (wir haben solche Leute, die nichts anders zu tun haben, direkt neben uns zu wohnen). Neugier heißt aber auch, Neues kennen lernen zu wollen, sein Wissen zu erweitern. Und neugierig bin ich auf vieles, unter anderen auch auf dem Gebiet der Musik.
    Insofern möchte ich dir nicht abnehmen, dass der Wiener nicht "neugierig" ist. Abstoßend finde ich nur das Erstgenannte, wichtig hingegen das Andere.
    Und mit dem, was du zu Kindern, gerade auch der von Immigranten, sagst, kann ich mich überhaupt nicht identifizieren.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Antwort auf Alfreds Eingaben :).


    "Billigtouristen": Alfred hat Recht, finde ich. Hinter dem Billigtouristen steht als Thema der moderne Typus Mensch, der meint, es müsse alles einmal in seinem Leben gesehen und erlebt haben. Man hat sich diesen Anspruch implantieren lassen und er ist falsch. Das geht vermutlich in die Richtung, dass man sein Volk beschäftigen will, bevor es auf dumme Ideen kommt. Dann lieber für billig Geld zum Alfred reisen lassen.
    Ich meine, man muss nicht alles gesehen haben, mangels unendlicher Geld- und Zeitressourcen dann oberflächlich und gehetzt herumirrend. Träume sind doch auch etwas Schönes :D. Lieber die Dinge tun, die man in Ruhe vornehmen und genießen und sich gut leisten kann. Ich habe auch viel vor (Wien steht allerdings nicht auf meinem Plan) und weiß schon, dass ich nicht alles schaffen werde. Und das finde ich nicht schlimm.


    "Neugier/Kreativität". Gut, dass es das gibt. Und ich weiß auch nicht, wie klein eine Wiener Welt sein kann - meine Erfahrung ist, dass es sehr viele Künstler gibt, genau das machen, was sie können und für richtig halten - und damit trotzdem Erfolg haben (wobei man sagen muss, dass das große Geld nicht im Musik-Business ist. Eher schon Computerspiele, da rollen viele Rubel). Und eben dies ist die Grundlage für Fortschritt, den ich auch über die Jahre erlebt habe (ich spreche nicht von klassischer Musik).


    "Neugier der Amerikaner" - Da muss ich doch herzlich über Alfreds Aussagen lachen, da erinnert er mich doch sehr an den Earl von Doringcourt (aus dem Little Lord Faultleroy, "Der kleine Lord"). :)


    "Immigranten - die man hier auch nicht will" - ich kommentiere das nicht, anders als Alfred unterliege ich Zwängen. Sprachlos bin ich aber nicht, warum? Ich bin Realist, es ticken nicht alle Menschen uniform (welch eine Erkenntnis!).


    Alfred, Du musst unbedingt mal ein Praktikum machen. Vorlese-Opa oder Musikbotschafter in einer Berlin-Neuköllner Schule. Das wär' doch was!

  • Zitat von Caruso41

    In Wien gibt es eine Attitüde der Bequemlichkeit, deren Kehrseite die Ignoranz gegenüber dem Rest der Welt ist. Und das verdichtet sich zu einem Klima der Selbstgefälligkeit und Dünkelhaftigkeit.


    Tja, lieber Caruso, du verwechselst hier etwas. Hier herrscht nicht die Bequemlichkeit (obwohl sie unzweifelhaft vorhanden ist) sondern eine Lebensart. Warum sollen Künstler, denen es hier gefällt und auch gut geht, in die Ferne schweifen? Ich glaube, das sehen nur die nicht so genussfähigen Menschen als Selbstgefälligkeit und Dünkelhaftigkeit.


    Liebe Grüße nach Glyndbourne -


    Erich

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  • Tja, lieber Caruso, du verwechselst hier etwas. Hier herrscht nicht die Bequemlichkeit (obwohl sie unzweifelhaft vorhanden ist)


    Genau das ist es, die unnachahmliche Wiener Lebensart, die sich auch oder ganz besonders in der Einstellung zur Musik, der Liebe zur Oper und in der Vergötterung der Sängerlieblinge ausdrückt. Wo sonst als in Österreich kann man sich im Kaffeehaus, am Biertisch im Beisel oder beim Heurigen durchaus fachlich gekonnt über Oper unterhalten. Vielleicht noch in Bayreuth während der Festspielzeit in den einschlägigen Lokalen. Wie intensiv Operngespräche und Operngeschichten sein können entnehmen wir auch immer Bachianias Salzburger Operngeschichten.
    Nach jahrzehntelanger Erfahrung von meiner Frau und mir bleiben wir bei der Behauptung: Österreich ist das Opernland Nr. 1 und Wien die Welthauptstadt der Musik. Das heißt doch nicht, wie Caruso richtig ausführt, dass in New York, Mailand, London, Paris, Berlin, Dresden usw. nicht große, oft überragende Opernereignisse geboten werden. Wie oben gesagt, es ist die Breite der Opernbegeisterung, die alle Bevölkerungskreise umfasst und schlicht das Leben mit und in der Oper. Dieses "Opernlebensgefühl" haben wir noch nirgends in dieser Intensität gespürt wie in Österreich.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Und warum sans dann immer so grantig


    Lieber Hami,


    di san net grantig. Das ist Weanerisch Philosophieren!


    Herzlichst
    Operus

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  • di san net grantig. Das ist Weanerisch Philosophieren!



    Das hat ka Goethe gschrieb'n


    von Wilhelm Georg Wiesberg (1850-1896)
    Musik: Johann Sioly (1843-1911)
    gesungen von Julius Patzak (mit leichten Textveränderungen)



    Zua blond'n Rehsi sogt da Drexla Fraunz,
    "Heast, Schatzal, i bin in di wualat gaunz,
    geh, leg dei Handal in mei Brotzn nei
    und in drei Woch'n wiast Du g'heirat sei!
    Waun miara nix ois wiara Zimmal haum,
    daun ruck ma hoit a bissal näha zaum:
    Waun nua die Heaz'n schlog'n in Einigkeit,
    dehs aundre gibt si mit da Zeit",
    joh, joh...


    Dehs hot ka Goethe gschrihm, dehs hot ka Schiller dicht',
    is von kan Klassika, von kahn Genie;
    dehs ihsa Weana dea zu ana Wean'rin schbricht
    und's klingt hoit doch so volla Poesie....


    Es bett a Kind, dehms Muattal kraunk wuan ihs,
    "Du liaba Himmevota, wahsdas gwihs,
    i bitt goa schön Di, oisa braves Kind,
    geh loss mei Muattal wiada aufschdehn gschwind!
    I gibda nocha heazlich gean dafia
    mei Puppn und des gaunze Kuchlgschia,
    wohs mia des Christkind furigs Joa hod brochd,
    waunsd mia mei Muattal gsund hosd gmochd",
    joh, joh...


    Dehs hot ka Goethe gschrihm, dehs hot ka Schiller dicht',
    is von kan Klassika, von kahn Genie;
    dehs ihsa Weana Kind, dehs mit sein Heagott schbricht,
    und's klingt hoit doch so volla Poesie....


    Und noch ein Lied von der "abgeschirmten Insel" - diesmal mit Hermann Leopoldi


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Eigenartig, diese urwüchsige Kraft der Dialekte.
    Das vorliegende Gedicht wäre auf hochdeutsch ganz sicher in pure Sentimentalität abgerutscht.
    So aber bekommt die rührende Bitte des kleinen Mädchens eine unmittelbare Glaubwürdigkeit und Intensität
    und zieht den Leser dank der durch den Dialekt geschaffenen Intimität ungewollt selbst ins Geschehen.


    Ob den Dialekten durch die Medien und die Globalisierung wie vielfach behauptet der Untergang droht, ist zur Zeit nicht abzusehen.
    Man kann nur hoffen, dass die Verfasserin des folgenden Artikels zu schwarz sieht.


    http://www.nzz.ch/feuilleton/d…welkenden-welt-1.18410083

  • Das hat ka Goethe gschrieb'n


    Lieber Rüdiger,


    dieses Gedicht drückt wahrscheinlich mehr über die Wiener Mentalität aus, als ich von Wien und den Wienern Begeisterter in meinen Beiträgen wortreich formulieren konnte. S' Weaner Herz is, was da spricht und so g'fühlig macht.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zum Thema Dialekt (offtopic, weil hier anscheinend gerade Flaute ist)


    Vorarlberger irrtümlich fünf Jahre in Wiener Psychiatrie festgehalten, weil ihn keiner verstand.


    Zu einem folgenschweren Missverständnis ist es in der Psychiatrie des Wiener Otto-Wagner-Spitals gekommen. Ein offenbar kerngesunder Vorarlberger ist dort fünf Jahre lang als Patient festgehalten und behandelt worden. Aufgrund seines starken Dialekts ging das Wiener Personal von einer Erkrankung aus.


    Abgekämpft, aber erleichtert zeigt sich der Medizinstudent Rupert G. (31) aus Dornbirn gegenüber der Tagespresse: „As war grötig. Abr i bian froa, dass es endli vorbin iasch.“


    Eigentlich hätte er im September 2010 als Praktikant in der Krankenanstalt anfangen sollten. Doch als er den diensthabenden Arzt höflich fragte: „I bin nüo do, wo sött i mi mealda?“, meinte dieser nur: „Alles wird gut“, rief zwei Pfleger herbei, und verabreichte dem verdutzten Vorarlberger eine beruhigende Spritze.


    Fünf lange Jahre in Behandlung folgten. Die Leitung des Spitals gewährt der Tagespresse einen Blick in die Krankenakte von Rupert G.: „Selbsteinweisung Sept. 2010, spricht in Fantasiesprache, Verständigung nicht möglich, keine Besserung, mehrere Fluchtversuche.“


    Erst vergangene Woche kam der Irrtum ans Licht. Der Vorarlberger hatte nämlich begonnen, nur durch Zuhören rudimentäres Wienerisch zu erlernen. Während er in den ersten Jahren nur einzelne Wörter wie „oida“ oder „ur“ hervorbrachte, konnte er nach und nach ganze Sätze bilden, bis er letzte Woche schließlich akzentfrei ausrief: „Heast i bin koa Tschopperl ned, ihr Gfrasta oida!“


    Durch einen herbeigerufenen Dolmetscher konnte das Missverständnis schließlich aufgeklärt und der Vorarlberger entlassen werden. Als Entschädigung bot ihm die Spitalsleitung bereits einen 10-Prozent-Rabatt auf seinen Selbstbehalt an. Außerdem darf er sein Patientennachthemd behalten.


    Für Rupert G. ist die Odyssee damit beendet. Vor seiner Heimreise gibt er sich am Westbahnhof zuversichtlich: „In a paar Johr wür i zrucklöga und drübrd lacha künna!“


    Jetzt soll geprüft werden, ob womöglich weitere kerngesunde Vorarlberger in Wiener Anstalten festgehalten werden. Experten befürchten mehrere hundert Fälle. Nach einer ersten Untersuchung wurde bereits eine ganze Bregenzer Schulklasse aus der Kinderpsychiatrie im AKH Wien entlassen, die dort seit einer Wien-Woche 2012 einsaß.

  • Wie gut, dass wir Schwaben eine so allgemein verständliche und positive Gefühle auslösende Sprache sprechen!
    "Hänt er's verstande ihr Dubbel?" :untertauch:
    (Nur ein erläuterndes Beispiel, niemals zutreffend auf die elitären Tamino-Mitglieder?) :hail:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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