Opernregie im Kreuzfeuer der Kritik: Verdi La Traviata Baden-Baden 2015 (Regie: Rolando Villazón)

  • Liebe Musikfreunde,


    derzeit läuft auf arte (und wird anscheinend auch nach der Ausstrahlung noch eine gewisse Zeit verfügbar sein - danke an Schneewittchen für den Hinweis) Verdis Traviata in der Inszenierung von niemand Gerigerem als Rolando Villazón, der selbst als Tenor in diese Oper bereits mehrfach mitgewirkt hat.


    Es wird also spannend: kann dieser erfahrene Sänger auch als Regisseur überzeugen? Kann er sich besonders gut in die Rolle des Sängers einfühlen und daher die Charaktere auf der Bühne ganz besonders überzeugend zum Leben erwecken?


    Wird er eher traditionell oder doch eher avantgardistisch inszenieren?


    Als Team stehen im durchweg hervorragende Künstler zur Verfügung:


    "La Traviata" inszeniert von Rolando Villazón
    Audio on demand bei concert.arte.tv am 21.06.2015 ab 23.55 Uhr


    Giuseppe Verdi
    La Traviata


    Olga Peretyatko Violetta Valery
    Atalla Ayan Alfredo Germont
    Simone Piazzola Giorgio Germont
    Christina Daletska Flora Bervoix
    Emiliano Gonzalez Toro Gaston Vicomte
    Tom Fox Baron Douphal
    Konstantin Wolff Marquis von Obigny
    Deniz Uzun Annina
    Walter Fink Dr. Grenvil
    Balthasar-Neumann-Chor&Ensemble
    Pablo Heras-Casado



    Allererster Eindruck meinerseits: nach den ersten Bildern meint man zwar eher, man sei bei Leoncavallos "Bajazzo" gelandet, hier wird eine Zirkusmanege gezeigt, und die Kameliendame erinnert auch eher an eine (seltsam tättowierte) Ballerina als an eine Pariser Kurtisane, aber zumindest gesanglich höre ich bisher schon hochkarätige Leistungen von Olga Peretyatko und Atalla Ayan...


    Ich bin gespannt auf eure Meinungen.




    siehe auch:


    http://www.arte.tv/guide/de/05…a-traviata#details-videos

  • Sehe auch grade die Traviata. Endlich mal Oper zur besten Sendezeit. Aber die Inszenierung von Herrn Villazon ist genauso bescheiden wie seine stimmliche Verfassung zur Zeit. Die Idee mit dem Theater im Theater ist schon längst überholt und das mit dem Zirkus hat auch nicht mit Verdis Rigoletto beim Festival in Aix funktioniert. Da lob ich mir doch die alte Traviata Inszenierung an der Rhienoper von den Herrmanns die so aufwendig war das die Umbaupausen zwischen den einzelnen Akten länger waren als die Akte selber. Und die Kostüme waren schöner. Diese Inszenierung gibt es auf You Tube zu sehen und zwar unter dem Stichwort Tutto Verdi aus Parma . Von den Sängern gefällt mir vor allem Olga Peretyatko und der Bariton Simone Piazzola als Germont.

  • Lieber Rodolfo,


    hier muss ich Dir leider beipflichten. Die musikalischen und stimmlichen Leistungen finde ich ganz phantastisch - Olga Peretyatko als Violetta Valery, Atalla Ayan als Alfredo Germont sowie Simone Piazzola als Giorgio Germont singen für mein Empfinden traumhaft schön, dass Orchester spielt unter Leitung von Pablo Heras-Casado klangschön, schwungvoll und differenziert.


    Umso mehr empfinde ich diese Inszenierung als ein echtes, echtes Ärgernis! Ein Paradebeispiel dafür, wie eine sinnlose Verlegung von Ort und Zeit nicht nur keinen neuen Erkenntnisgewinn bringt, der mir in irgendeiner Weise zu neuen Sichtweisen der Charaktere oder Handlungen verhelfen würde; schlimmer noch, hier gehen etliche Gesichtspunkte, die m. E. nach zentral sind, vollkommen unter.


    Die Kurtisane Violetta Valery wird hier, durchgehend weiß gekleidet, als unbedarfte, biedere Zirkusballerina dargestellt. Auch die Standesunterschiede, das verfemte Dasein im Rande der Gesellschaft, die sie einerseits umwirbt, andererseits verachtet und ausgrenzt, und somit zwingt, ihre große Liebe, die sie zum ersten Mal wirklich entdeckt inmitten ihres zynischen, oberflächlichen Daseins als Edelprostituierte, all das wird in dieser lächerlichen, clownesken Maskerade und diesem unerträglichen Mummenschanz, völlig ad absurdum geführt.


    Der ganze Hintergrund der Konflikte wird in dieser zusammenhanglosen, beliebigen, ebenso bunten wie sinnentleerten Zirkuswelt in keinster Weise deutlich, wenn man das Libretto nicht kennt.


    Was für ein Ärgernis, diese brillante musikalische Leistung hätte zu einer Opernsternstunde werden können, hätte Rolando Villazón nicht das ganze zu einer völlig deplazierten Zirkusnummer (im wahrsten Sinne des Wortes) degradiert.


    Auch die Personen agieren hölzern nebeneinander her, bezug- und zusammenhanglos, singen in vielen Einstellungen mit Blick nach vorne, ohne sich gegenseitig eines Blickes zu würdigen; da spielt Alfredo Germont mit sich selbst Karten; usw. usf., derlei Ungereimtheiten finden sich zuhauf.


    Zumindest bleibt eine Olga Peretyatko, die mit ihrem feinen, edlen Timbre, ihrer silbrigstrahlenden Höhe ganz wunderbar singt, für mich eine der tollsten Traviatas überhaupt. Dank ihrer Hingabe und sensiblen Gestaltung, ihrer makellosen Höhe, der fein differenzierten Dynamik gestaltet sie ein herzzereißendes, schmerzlich-schönes stimmliches Porträt. Sie ist eine sehr charismatische, einnehmende Erscheinung auf der Bühne - gefangen in einer oberflächlichen, bonbon-bunten, uninspirierten Inszenierung, die die wahre Dramatik und Tiefe des Geschehens für mich in keinem Moment plausibel machen kann.


    Wohlan - ich kann nur hoffen, dass man sie in dieser Rolle in einer anderen Inszenierung irgendwann wieder einmal auf dem Bildschirm erleben kann.

  • Lieber Don Gaiferos,


    Pappa Germont sah aus wie der Komtur aus Don Giovanni in seinem Kostüm. Was mich noch gestört hat war der Titel der Sendung : Rolando Villazon inszeniert Verdis La Traviata. Eigentlich hätte es umgekehrt sein müssen. Und das Publikum feiert Herrn Villazon auch noch mit Standing Ovations wie einen Pop Star. Wie du schon geschrieben hast war eine Personenführung nicht zu erkennen und die Sänger agierten wie Marionetten auf der Bühne, Ich kann mir nur denken das Herr Villazon Violetta mit einem Clown verglichen hat der ja auch immer lachen muss obwohl ihm danach nicht zumute ist. Vielleicht war dies die Hintergrund Idee für seine Inszenierung,

  • Mit der Inszenierung konnte ich mich absolut nicht anfreunden. Insbesondere störte mich die Doppelgängerin der Violetta. Entschädigt wurde man zum Glück durch die hervorragende Olga Peretyatko, Attala Ayan ( er ist erst 29) und Simone Piazzola.


    :hello:


    Jolanthe

  • Auch ich fand die sängerischen Leistungen gut. Für die Inszenierung finde ich nur drei Worte: Albern, albern und nochmals albern. Mit dem Gehalt von Verdis "Traviata" hatte sie absolut nicht zu tun. Der Jubel des Premierenpublikums für Herrn Villazon zeigte nur,, dass den Besuchern ein berühmter Name genügt und die künstlerische Leistung dann nebensächlich wird. Da Villazon ja eingestandenermaßen eine Affinität zu Clowns hegt und sich in Talkshows auch schon häufig wie ein solcher aufgeführt hat, sollte er vielleicht, da es ja mit dem Singen ohnehin nicht mehr so recht klappt, den Beruf wechseln und dafür künftig die Finger vom Inszenieren lassen. Sein "Elisir" im Westernmilieu war ja auch schon mehr als grenzwertig.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ohne den Bildschirm einzuschalten, wäre die Oper wahrscheinlich anhörbar gewesen. Das Bild hat jedoch alles verdorben. Arme Traviata! Bei diesem Schwachsinn kann man wirklich keinerlei Mitgefühl mehr bekommen.
    Nachdem ich "Baden-Baden" gelesen hatte, wo die letzten Jahre nicht Gescheites mehr herkam, und dann "Rolando Villazón", bei dem ich mich noch an die Albernheiten in seiner Inszenierung des "Liebestrank" erinnere, wollte ich erst gar nicht einschalten. Aber die Neugier hat mich dann doch getrieben.
    Und es kam wie erwartet. Schon die völlig überflüssige Szene vor dem Vorhang während des Vorspiels ließ nichts Gutes erahnen. Und was kam dann? Wieder einmal der bei den "modischen" Regisseuren (neben den wenigen anderen, immer gleichen dummen Ideen) so beliebte Zirkus (wie viel Opern werden wir künftig noch als Zirkus zu sehen bekommen?). Was da geschah, das Herumgehampele und- geschubse, war in meinen Augen nicht nur - wie Mme.Cortese sich noch sanft ausdrückt - albern, sondern geradezu affig. Was sollte eigentlich die Doppelgängerin (Trapezkünstlerin) von Violetta, mit der dann die Protagonisten teilweise zusammenspielten. Die intimen Duette und Arien verloren bei all dem Zirkus, der drumherum stattfand, völlig ihre Wirkung. Dann diese weißgekälkte Figur des Vaters Germont??? Konnte man bei all den dämlichen Figuren, die drumherum standen, überhaupt noch Mitleid mit dieser Frau bokommen?
    Ich will hier nicht jede einzelne Szene zerpflücken, das mag genügen, denn mehr ist diese Inszenierung wirklich nicht wert. Als dann das Publikum sogar noch den Regisseur beklatschte, fragte ich mich, ob es nicht allein dem Namen geschuldet war.
    Und wenn ein Name so bekannt ist, dann muss das doch was Gutes sein, oder? Wie viel Beziehung zu und Ahnung von den Opern mag solch ein Festspielpublikum überhaupt haben, das wahrscheinlich auch teilweise nur aus Statusgründen daran teilnimmt? Auf weitere Opern aus Baden-Baden und von dem "Regisseur" Rolando Villazón werde ich mich nicht mehr einlassen!


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Als dann das Publikum sogar noch den Regisseur beklatschte, fragte ich mich, ob es nicht allein dem Namen geschuldet war.
    Und wenn ein Name so bekannt ist, dann muss das doch was Gutes sein, oder? Wie viel Beziehung zu und Ahnung von den Opern mag solch ein Festspielpublikum überhaupt haben, das wahrscheinlich auch teilweise nur aus Statusgründen daran teilnimmt?


    Ich habe die Übertragung nicht gesehen und kann mich daher zur Inszenierung nicht äußern. Interessant finde ich aber die Publikumsschelte an dieser Stelle. Sonst heißt es doch immer, das Publikum solle der allein gültige Maßstab sein, an dessen Wünschen sich ein Regisseur gefälligst zu orientieren habe. Wohlgemerkt, das ist nicht meine Meinung, wird aber von den RT-Gegner hier im Forum immer wieder angeführt. Wenn das Publikum aber mal nicht so reagiert wie es soll, ist es dann ganz schnell vorbei mit seiner Rolle als oberster Geschmacksrichter...

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Zitat von Bertarido: Wenn das Publikum aber mal nicht so reagiert wie es soll, ist es dann ganz schnell vorbei mit seiner Rolle als oberster Geschmacksrichter...


    Ich sehe ein Premierenpublikum bei Festspielen nicht unbedingt als Maßstab an, weil - wie ich schon sagte - viele (ähnlich wie bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele dabei sind, die aus Statusgründen dort sind, aber vermutlich teilweise von dem eigentlichen Werk, was sie dort sehen, keine Ahnung haben. Die Sänger hatten den Applaus durchaus verdient. Wer aber bei diesem albernen Machwerk den Regisseur beklatschte, an dessen Beziehung zu dem Werk muss ich schon zweifeln.
    Bezeichnend ist auch, dass immer diejenigen, die hier mitreden wollen und alles Mögliche zur Befürwortung solcher Machwerke vorbringen, immer dann, wenn es um Diskussionen darüber geht, diese Inszenierungen nicht gesehen haben


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Bezeichnend ist auch, dass immer diejenigen, die hier mitreden wollen und alles Mögliche zur Befürwortung solcher Machwerke vorbringen, immer dann, wenn es um Diskussionen darüber geht, diese Inszenierungen nicht gesehen haben


    Falls du dich damit auf Bertaridos Beitrag Nummer 8 beziehst: Bezeichnend ist sicher auch, dass er darin mit keinem Wort diese Inszenierung befürwortet hat.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat von Dieter Stockert

    Bezeichnend ist sicher auch, dass er darin mit keinem Wort diese Inszenierung befürwortet hat.


    Bezeichnend ist auch, dass die Gegner des Verunstaltungstheaters immer wieder allgemein (ohne konkrete Beispiele und ohne zu sagen, was ihnen daran so gefällt bzw. was sie im Einzelnen langweilig finden) von einigen Leuten kritisiert werden, die diese Verunstaltungen gar nicht kennen, sondern uns einreden wollen, dass dieser Schwachsinn völlig dem Sinn einer Oper entspreche. Deshalb bleiben diese für mich, solange sie sich nicht damit konkret auseinandersetzen, einfach unglaubwürdig.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Guten Abend,


    für meinen Teil kann ich mich der Begeisterung nicht anschließen. Außer für S. Piazzola als Vater Germont konnte man nur sagen: Sie waren bemüht.
    Dass der TO den optischen Reizen der Hauptfigur erliegt, ist nachvollziehbar, aber wenn man nicht mit den Augen gehört hat, konnte die Begeisterung auch nur daher kommen, dass man noch keine gute Violetta gehört hatte.
    Zumindest passte das valiumlastige Dirigat zum aktuell meteorologisch bedingtem Schwermut.

    Beste Grüße, KFB


    _____________________________________________


    Being individual is more important than being popular

  • aber wenn man nicht mit den Augen gehört hat, konnte die Begeisterung auch nur daher kommen, dass man noch keine gute Violetta gehört hatte.


    Vielleicht könnte die Begeisterung auch daher rühren, dass man einfach nur anders empfindet und einen anderen Geschmack hat als "Karl-Friedrich Börne"?


    Oder ist neuerdings "Karl-Friedrich Börne" hier das Maß aller Dinge? Das heißt, nur weil es Dir nicht gefallen hat, haben alle anderen, denen es gefallen hat, keine Ahnung?


    Das heißt, wem's gefallen hat, der hat noch nie eine andere, gute Sängerin in La Traviata gehört?


    Das möchte ich für mich in aller Entschiedenheit ausschließen. Ich habe diese Oper selbst schon mitgesungen, ich habe live und auf Konserven Dutzende von Interpretinnen dieser Rolle gehört, und meine positive Meinung im Bezug auf Olga Peretyatko rührt mit Sicherheit nicht aus Unkenntnis anderer Sängerinnen her.


    Deswegen, wenn jemand anderer Meinung ist als ich, finde ich das wunderbar, (dafür diskutieren wir ja hier), jedoch käme ich nicht im Traum auf die Idee, denjenigen zu disqualifizieren und ihm die Kompetenz absprechen zu wollen - wenn man aber allen Ernstes, so wie Du, proklamiert, jeder, der die eigene Meinung nicht teilt, sei inkompetent und habe keine Ahnung - dann halte ich das schlichtweg für eine Unverschämtheit und eine selbstherrliche Anmaßung.


    Zumal ich auch in diesem sehr knappen Beitrag keinerlei nachvollziehbare Begründung gehört habe, wo denn die Schwächen gesanglicher Art gelegen haben sollen, die zu so einem undifferenziert-vernichtenden Urteil geführt haben.


    Von daher bitte ich um etwas mehr Respekt vor anderen Meinungen. Ich habe nichts gegen kontroverse Diskussionen, allerdings sollte man schon fair und sachlich bleiben und ohne persönliche Beleidigungen auskommen.

  • Sehe auch grade die Traviata.


    Ich hab' da mal eine ganz andere Frage. Ich habe Probleme mit der Vorstellung, dass man sich gerade die Inszenierung anschaut und "ganz nebenbei" einen Tamino Beitrag dazu schreibt.
    Ich weiß zwar, dass das technisch geht, aber kann man sich da noch auf das eine oder andere konzentrieren?


    ?( Uwe

  • Ich hab' da mal eine ganz andere Frage. Ich habe Probleme mit der Vorstellung, dass man sich gerade die Inszenierung anschaut und "ganz nebenbei" einen Tamino Beitrag dazu schreibt.
    Ich weiß zwar, dass das technisch geht, aber kann man sich da noch auf das eine oder andere konzentrieren?


    Es ist eine alte Geschichte: Egal, ob man nun einen Tamino-Beitrag abei schreibt oder nicht, ist die Konzentration wie auch die unmittelbare Wirkung einer Oper im Fernsehen NIE so groß und überhaupt nicht vergleichbar mit einem Live-Erlebnis im Opernhaus.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Zitat von Uwe Aisenpreis: Ich habe Probleme mit der Vorstellung, dass man sich gerade die Inszenierung anschaut und "ganz nebenbei" einen Tamino Beitrag dazu schreibt.


    Lieber Uwe,


    das könnte ich auch nicht. Ich muss mich schon auf die Oper konzentrieren. Das Problem ergibt sich aber auch bei mir nicht, weil ich den Fernseher im Wohnzimmer, den Computer aber in einem anderen Zimmer stehen habe. Daher schreibe ich den Kommentar erst später oder wenn ich wegen der Unerträglichkeit einer Inszenierung diese nach einiger Zeit abgebrochen habe. In vielen Fällen mache ich es so, dass ich eine Oper, die nach einiger Zeit unerträglich geworden ist, weiterhin aufzeichne und mir später bestimmte Stellen anschaue, um sie mit dem echten Werk zu vergleichen.
    In diesem Fall hat mich die Inszenierung so angewidert, dass ich nach dem ersten Akt nur noch aufgezeichnet habe und später Auszüge aus den anderen Akten angeschaut habe, um die Bestätigung meiner Meinung zu festigen. Sie war jedenfalls wieder einmal eine billige und vollständige Verhunzung einer mir lieben Oper, in der absolut keine Empfindung für das Geschehen aufkommen konnte. Und das verstehe ich bei Rolando Villazón am wenigsten, der doch selbst den Alfredo gesungen hat und mit dem Libretto eigentlich besser vertraut sein müsste. Allerdings habe ich bei ihm manchmal tatsächlich den Eindruck, als ob er das, was er in einer Oper verkörpert, nicht ernst nimmt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wenn ich arbeite muss ich mich auch auf mehrere Sachen gleichzeitig konzentrieren können. Und soviel auf das man sich bei dieser Traviata hätte konzentrieren müssen gab es nun wirklich nicht.

  • Ich habe die Übertragung nicht gesehen und kann mich daher zur Inszenierung nicht äußern. Interessant finde ich aber die Publikumsschelte an dieser Stelle. Sonst heißt es doch immer, das Publikum solle der allein gültige Maßstab sein, an dessen Wünschen sich ein Regisseur gefälligst zu orientieren habe. Wohlgemerkt, das ist nicht meine Meinung, wird aber von den RT-Gegner hier im Forum immer wieder angeführt. Wenn das Publikum aber mal nicht so reagiert wie es soll, ist es dann ganz schnell vorbei mit seiner Rolle als oberster Geschmacksrichter...


    Hallo Bertarido,


    im allgemeinen ist das auch so. Allerdings hege ich in diesem Fall den Verdacht, dass viele der Zuschauer in erster Linie wegen des "Events" und der großen Namen gekommen sind. Da die Namen der Protagonisten sicherlich nicht allen Zuschauern geläufig waren, war der Name Villazon die große Attraktion. Vermutlich hätte dieses Publikum auch gejubelt, wenn RV gar nichts gemacht hätte und nur zum freundlichen Winken auf die Bühne gekommen wäre.


    Übrigens - warum schaust du nicht mal rein? Die Oper ist ja in der Arte-Mediathek noch ein paar Tage lang zu sehen.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)