Die allerallertraurigste Musik

  • Ich hoffe, dass ich hier nicht einen Thread dopple. Es geht mir um ein kleines persönliches Ranking: Was ist für Euch die traurigste Musik?
    Für mich war das immer die 7. von Bruckner zusammen mit dem Adagietto von Mahler.
    Aber momentan ist es Sibelius´2.
    (Ich hab sie jetzt 4 mal hintereinander gehört, bin mal gespannt, was das für Folgen hat.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Sibelius 2 fiele mir jetzt eher für gemütliche Naturstimmung und (später) Blechbombast ein. Welche Passagen daraus findest Du ausgesprochen traurig? (Bei Sibelius käme mir eher die 4. Sinfonie in den Sinn.)


    Beethoven: langsame Sätze aus op.10/3; op.18/1; op.59,1; op.106


    Schubert:
    "Am Meer", "Die Stadt", "Ihr Bild", "Der Doppelgänger"
    Quartett D 887, 2. Satz; Klaviersonate D 959, 2. Satz, Streichquintett, "Trio" des 3. Satzes


    Schumann: Klavierquintett: langsamer Satz


    Brahms: Intermezzo es-moll op.118/6

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Alles, was mir spontan als extrem traurig einfällt, sind Musikstücke mit Gesang:


    Etliche Lieder aus Schuberts "Winterreise", z.B. "Der Lindenbaum" und "Frühlingstraum".
    Das "Pie Jesu" aus Faurés Requiem.
    "Der Einsame im Herbst" aus Mahlers "Das Lied von der Erde".
    Die Arie "E lucevan le stelle" aus Puccinis "Tosca".
    Die komplette Symphonie Nr. 3 "Symphonie der klagenden Lieder" von Henryk Górecki.
    U.a. das "Lacrimosa" aus Brittens "War Requiem".


    u.v.m.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Aber momentan ist es Sibelius´2.
    (Ich hab sie jetzt 4 mal hintereinander gehört, bin mal gespannt, was das für Folgen hat.


    Unstillbare Sucht? :D


    Bei "traurig" würde ich an dieses von mir äußerst hochgeschätzte Werk jetzt auch nicht unbedingt denken. Das ist für mich eher die musikalische Unabhängigkeitserklärung Finnlands an das Zarenreich. Besonders die Coda des Finalsatzes lässt bei mir immer dieses Bild entstehen, auch wenn der Komponist es ja stets bestritt. Das ist eines der besten Per aspera ad astra-Motive überhaupt. Von der Dunkelheit der russischen Unterdrückung ins strahlendste Licht der finnischen Unabhängigkeit.


    Man muss hier wirklich die historische Dimension bedenken: 1899 schränkte Zar Nikolaus II. die finnischen Rechte massiv ein. Erst in diesem Jahr erreichte die sog. Russifizierung auch Finnland, das bis dahin stets unbescholten geblieben war. Bis der verlorene Krieg gegen Japan 1905 eine Zurücknahme dieser Dekrete bedingte, durchlebte das Großherzogtum Finnland seine wohl düstersten Jahre während der russischen Zeit (1809—1917). Ein Werk wie die 2. Symphonie von Sibelius konnte vermutlich nur in solch einem Umfeld überhaupt entstehen. Seine 3. Symphonie, 1907 vollendet, klingt bereits wieder ungleich unbeschwerter und "leichtfüßiger".


    Anders als oft behauptet, ist dieses Finale für mich kein hohles Pathos. Es ist grundehrlich und hochemotional. Man sieht bildlich vor Augen regelrecht ein geschundenes Land, das sich zu ungeahnter Größe erhebt und die Schatten überwindet. Klangmalerei in ihrer vollendetsten Form. Ein Sonnenaufgang im hohen Norden und eine Abfuhr an die russische Autokratie, die mit dem Wesen der Finnen niemals im Einklang stand. Kein falscher Nationalismus, dafür war ein Jean Sibelius nicht der Mann. Vielmehr tiefempfundene Heimatliebe. Er gab seinem Volk damit gewissermaßen wieder Hoffnung. Die zeitgenössischen Reaktionen sprechen für sich. Die Finnen gewannen wieder ihr Selbstvertrauen zurück und nach anderthalb Jahrzehnten auch ihre Freiheit. Neben "Finlandia" das Schlüsselwerk im Œuvre des Jean Sibelius und mit der Grund für seinen Aufstieg zum finnischen Nationalkomponisten.


    Es gibt sehr viele sehr gelungene Aufnahmen, aber in einem Punkt reicht den Interpretationen von George Szell keine das Wasser: Wenn die Hörner regelrecht bedrohlich voll einsetzen, beinahe an etwas Wikingerhaftes erinnernd, dann ist das hier so, als wäre in diesem Augenblick Finnland wiedererwacht und sähe man den schockierten Zaren in Sankt Petersburg vor Schreck erstarren. :D



    Diesen Effekt erzielt Szell in seinen sämtlichen Aufnahmen, sowohl mit seinem Cleveland Orchestra als auch mit dem Concertgebouworkest. Szell muss das Werk geliebt haben: Er hinterließ uns mindestens sechs Aufnahmen (Cleveland Orchestra 1960 live, 1964 live, 1966 live, 1970 live; Concertgebouworkest 1964 Studio, 1964 live). In dem verlinkten Video ist die Stelle ab ca. 41:37. :hail:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Der Schluss-Satz von Tschaikowskis Sechster Sinfonie h-moll mit dem Beinamen "Pathetique".


    Das Lied "Nicht mehr zu dir zu gehen" von Brahms.


    Der Schlusschor der "Matthäus-Passion" von Bach.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Seine 3. Symphonie, 1907 vollendet, klingt bereits wieder ungleich unbeschwerter und "leichtfüßiger".


    Wobei aber der zweite Satz der dritten Symphonie von Sibelius erhebliches Traurigkeitspotenzial besitzt ... oder Melancholiepotenzial, oder eine Mischung aus beidem.


    Es wundert mich eigentlich immer wieder, dass der zweite Satz aus der Dritten nicht längst auf allen "Best-Of-Classics"-Sampler-CD's zu finden ist. Bisher haben ausnahmslos alle, die mit Klassik nichts am Hut haben und denen ich diesen Satz vorspielte, begeisterte Zustimmung zu dieser Musik geäußert.


    Grüße
    Garaguly


  • Wobei aber der zweite Satz der dritten Symphonie von Sibelius erhebliches Traurigkeitspotenzial besitzt ... oder Melancholiepotenzial, oder eine Mischung aus beidem.


    Es wundert mich eigentlich immer wieder, dass der zweite Satz aus der Dritten nicht längst auf allen "Best-Of-Classics"-Sampler-CD's zu finden ist. Bisher haben ausnahmslos alle, die mit Klassik nichts am Hut haben und denen ich diesen Satz vorspielte, begeisterte Zustimmung zu dieser Musik geäußert.


    Grüße
    Garaguly


    Zustimmung zu beidem. Ich fragte mich auch schon öfter, wieso dieses Werk so im Schatten steht. Der zweite Satz besitzt absolutes "Hitpotential". Trotzdem fanden so große Sibelius-Interpreten wie Karajan und Ormandy laut eigener Aussage ausgerechnet zu dieser Symphonie niemals einen Zugang.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo!


    Meine traurigste Musik - mir stehen regelmäßig die Tränen in den Augen - ist der 2. Satz aus Schostakowitschs 2tem Klavierkonzert.


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • Seine 3. Symphonie, 1907 vollendet, klingt bereits wieder ungleich unbeschwerter und "leichtfüßiger"

    Wobei aber der zweite Satz der dritten Symphonie von Sibelius erhebliches Traurigkeitspotenzial besitzt ... oder Melancholiepotenzial, oder eine Mischung aus beidem.Es wundert mich eigentlich immer wieder, dass der zweite Satz aus der Dritten nicht längst auf allen "Best-Of-Classics"-Sampler-CD's zu finden ist. Bisher haben ausnahmslos alle, die mit Klassik nichts am Hut haben und denen ich diesen Satz vorspielte, begeisterte Zustimmung zu dieser Musik geäußert.Zustimmung zu beidem. Ich fragte mich auch schon öfter, wieso dieses Werk so im Schatten steht. Der zweite Satz besitzt absolutes "Hitpotential". Trotzdem fanden so große Sibelius-Interpreten wie Karajan und Ormandy laut eigener Aussage ausgerechnet zu dieser Symphonie niemals einen Zugang.


    Vor Jahren war die dritte von Sibelius eigentlich mein Zugang zu diesem Komponisten, den ich vorher gar nicht ernst genommen hatte. So wunderbare Themen und tatsächlich, mir fällt sofort das traurig klingende melancholische Thema des 2. Satzes ein. Tatsächlich ignorieren die meisten Dirigenten dieses Werk, das ist mir auch mal von der Sibelius-Gesellschaft bestätigt worden. Im Frühjahr konnte ich es mit Rattle bei den Berliner Philharmonikern hören. In der Streicherbesetzung mit 12 ersten Geigen relativ bescheiden (die Vierte gab es nach der Pause mit 16), die Interpretation hat mich auch nicht vom Hocker gerissen. Ich favorisiere die Ashkenazy-Aufnahme mit dem Philharmonia Orchestra aus dem Jahre 1983.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP


  • Schuberts G-Dur-Quartett, D. 887. In dieser Aufnahme. Ich kenne aber auch keine andere, weil ich keine andere brauche.



    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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  • Okay Christian - wenn Du hier mit Schubert anfängst, dann muss ich nachziehen: Streichquartett d-Moll, D. 810 "Der Tod und das Mädchen", daraus besonders und vor allem der zweite Satz. Sehr gute Einspielungen gibt's wie Sand am Meer, ich höre zum Beispiel gerne diese hier:



    Grüße
    Garaguly


  • Dann lege ich noch einen Schubert nach (und habe dann doch etwas Tieftrauriges ohne Gesang gefunden): Das Streichquintett C-Dur, D.956, die ersten beiden Sätze. Auch bei mir spielt das ABQ, hier gemeinsam mit Heinrich Schiff:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich hatte den Sibelius eigentlich auch immer als "gewaltig" oder so empfunden. Aber die letzten Male, gegen Ende des 3., Anfang des 4. Satzes, da hat es mich gepackt und eine wundermächtige Traurigkeit übermannte mich. Mein eigenes Wundern brachte mich ja auch auf die Idee des Threads.
    Die Pathetique empfand ich übrigens nie als wirklich traurig.
    Und die Lieder sind natürlich auch noch mal etwas Anderes, weil durch den Text verstärkt.
    Ennio Morricone ist übrigens auch einer, der Traurigkeit sehr gut kann, finde ich.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • [tsp]&[/tsp]


    Der Tod und das Mädchen finde ich auch nicht traurig, fast im Gegenteil. Ich hatte immer das Gefühl, dass der Tod hier lockt und verführt (wie es ja auch das Gedicht nahelegt.). Da ist doch jede Menge Wildheit und Schwung....

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Franz Schubert


    2. Satz Andantino der Klaviersonate A-Dur D. 959


    Alfred Brendel spielt.


    Diese Musik verbinde ich mit einem persönlichen Erlebnis. Als ich meine Mutter im Sterben begleitete, hörte ich über Wochen nur diese Musik. Etwas Anderes konnte ich nicht ertragen.


    moderato
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ja, moderato,


    da hast Du eine in der Tat tieftraurige Musik hier benannt. Ich fühle mich in dem, was Du dazu sagst, persönlich sehr angesprochen.
    Und mir kommen Schuberts Worte in den Sinn:
    "Gibt es eigentlich lustige Musik? Ich weiß von keiner."

  • Und mir kommen Schuberts Worte in den Sinn:
    "Gibt es eigentlich lustige Musik? Ich weiß von keiner."


    Erstaunlich, dass Schubert von keiner wusste, obwohl er selbst genügend davon komponiert hat! :D


    Den Finalsatz seiner 1. Sinfonie oder den 1. Satz seiner 5. Sinfonie zum Beispiel. :)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zit.: "...obwohl er selbst genügend davon komponiert hat!"


    Schubert würde Dir, stelle ich mir mal ganz kühn vor, darin nicht zustimmen, lieber Stimmenliebhaber. Er hat keine "lustige Musik" in dem von ihm so verstandenen Sinn dieses Begriffes komponiert.
    "Lustige Musik", - das war für ihn eine nichtssagende, eine, die sich in schierem Schönklang ergeht. Also eine verlogene, eine, die die Welt klanglich schönredet.
    Natürlich hat er auch "Unterhaltungsmusik", "Gebrauchsmusik" komponiert. Durchaus "lustige" also. Die zählte für ihn aber nicht.


    (Aber das ist nicht Thema und Gegenstand dieses Threads!)

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  • Schubert würde Dir, stelle ich mir mal ganz kühn vor, darin nicht zustimmen, lieber Stimmenliebhaber.


    Und ich glaube, er würde doch zustimmen, weil er wie jeder ganz genau weiß, dass traurige Musik vor allem deshalb traurig wirkt, weil es auch nicht-traurige Musik gibt. Gäbe es die nicht, würde die traurige Musik nicht mehr traurig, sondern ganz "normal" wirken! ;)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ist das Zitat denn überhaupt belegt? Ich hatte das immer für apokryph gehalten.
    "lustig" ist freilich kein allzu übliches Attribut. Eher spricht man von "heiter", "fröhlich" usw. Davon gibt es nicht wenig bei Schubert. Es verlangte schon eine ziemlich gewaltsame Umdeutung, etwa die Ecksätze des Forellenquintetts oder die gesamte 3. Sinfonie nicht als heitere Musik zu hören.
    Es gibt sogar lustige, zB der berühmte Militärmarsch.

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    (Bob Dylan)

  • Für mich ist die traurigste Musik die ergreifende Beichte Schischkows im 3. Akt von Janaceks "Totenhaus", wo er berichtet warum und wie er seine Braut Akulina getötet hat. Die anderen Beispiele finden sich in meinem thread "Doctor Pingel´s herzensergötzliche musicalische Brosamen"; dort unter Schumann und Mahler. Das allertraurigste Lied ist dort Mahlers "Nicht wiedersehn" in der Interpretation von Ruth Ziesak.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Für mich ist in der Musik nichts trauriger als Mendelssohns Streichquartett op. 80, und zwar vom Anfang bis zum Schluss. Ganz besonders ergreifend sind dabei der langsame Satz sowie die allerletzten Takte, die ich als letzten Aufschrei empfinde.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Ich bin mir nicht sicher, ob mein Beitrag eine Themenverfehlung ist, deshalb habe ich lange überlegt ob ich hier schreiben soll:
    Ich höre PRINZIPIELL keine traurige Musik, keine Totenmessen und keine "traurigen" Werke, denn ich kam in meiner Jugend unter anderem zur klassischen Musik um Herr über meine Depressionen und Agressionen zu werden. Ich möchte meine Stimmung aufhellen oder Frust durch Musik bekämpfen, Aggressionen austoben - niemals aber möchte ich Musik hören um mich in eine miesere Stimmung zu versetzen, als jene die ich ohnedies des öfteren habe. Geht es anderen auch so ?
    Muß wohl so sein: "Lustig in den Tag hinein - gegen Wind und Wetter. Will kein Gott auf Erden sein, SIND WIR SELBER GÖTTER


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich bin mir nicht sicher, ob mein Beitrag eine Themenverfehlung ist, deshalb habe ich lange überlegt ob ich hier schreiben soll:
    Ich höre PRINZIPIELL keine traurige Musik, keine Totenmessen und keine "traurigen" Werke, denn ich kam in meiner Jugend unter anderem zur klassischen Musik um Herr über meine Depressionen und Agressionen zu werden. Ich möchte meine Stimmung aufhellen oder Frust durch Musik bekämpfen, Aggressionen austoben - niemals aber möchte ich Musik hören um mich in eine miesere Stimmung zu versetzen, als jene die ich ohnedies des öfteren habe. Geht es anderen auch so ?
    Muß wohl so sein: "Lustig in den Tag hinein - gegen Wind und Wetter. Will kein Gott auf Erden sein, SIND WIR SELBER GÖTTER


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Interessant - ich höre besonders gerne traurige Musik, gerade weil auch ich zu derartigen Stimmungen neige. Für mich sind gerade diejenigen Musikstücke besonders wertvoll, die ein Spiegel meiner eigenen Seelenzustände sind. "Stimmung aufhellen", das war für mich nie eine Motivation, um Musik zu hören.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Bertarido. Das "Pie Jesu" aus dem Fauré Requiem..


    Das kann ich nicht ganz nachvollziehen, lieber Bertarido. Ich studiere gerade zum zweiten Male das Fauré-Requiem mit meinem zweiten Chor ein, mit meinem Stammchor habe ich es schon (vor 18 Jahren) aufgeführt (als Chortenor), und ich habe das Fauré-Requiem als tröstliche Musik kennengelernt, ähnlich wie das Brahms-Requiem (jedenfalls große Teile davon).
    Gerade das Pie Jesu ist m. E. ein elysicher, trostspendender Gesang, der mich, um auf einen weiter unten angesiedelten Beitrag von Alfred Bezug zu nehmen, keineswegs von einem traurigen Zustand in einen noch traurigeren versetzt, sondern der mir Trost spendet. Wie Fauré diese Bitte an den barmherzigen Jesu, den Toten die ewige Ruhe zu geben, in Noten setzt, kann mich nur trösten, keinesfalls aber traurig machen.


    @ moderato: Obwohl diese Musik (Andantino aus D.959) sehr heftig ist, hat sie dir offenbar geholfen, diese Situation zu überstehen. D. h. deine seelische Situation (die ich vor langen Jahren auch erlebt habe), hat sich dadurch nicht verschlechtert. D. h., dass "traurige" Musik den Menschen nicht unbedingt trauriger machen muss, als er ist. Sonst würde ich nicht so oft die Winterreise hören, oder, wie vorhin wieder, das Requiem von Verdi.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Wiliam B.A.


    Im Werk Schubert ist das Andantino aus D. 959 für mich eines der rätselhaftesten Musikstücke. Es besitzt diesen äusserst heftigen Mittelteil. Wenn ich dem Pianisten zusehe, verstärkt sich der Eindruck noch. Das hat wohl mit meinem Aufbegehren gegen das Unvermeidliche zu tun. In der Überleitung zum Schlussteil, nach den heftigsten Fortissimotönen tritt eine Beruhigung ein, die mich auch jetzt wieder tief ergreift. Der traurige Anfang im 3/4 Takt (ein Tanz?) erscheint wieder am Schluss. Doch diesmal hat sich in der Stimmung etwas verändert, eine andere Färbung tritt hinzu. Man beachte die Triller.


    Musik ruft Empfindungen hervor, die müssen subjektiv sein. Einige Stücke, die hier genannt wurden empfinde ich tröstlich und eher nicht traurig.


    Meine Mutter hatte diese Musik Schuberts nie gehört. Sie hatte davon gesprochen, wie in einem Fluss mitzuschwimmen und nicht gegen das Sterben anzukämpfen. Ich habe von ihr viel für mich gelernt.


    moderato
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Interessant, was Alfred da schreibt. Vor allem, weil ich das Gegenteil kenne: Traurige Musik hilft gegen Traurigkeit, während fröhliche Musik nur fröhlich macht, wenn man es sowieso fast ist. Einen schönen Widerhall seiner eigenen Traurigkeit zu finden, sie in Kunst und Schönheit verwandelt sieht, kann so unsagbar tröstlich sein.
    Manchmal auch wird die eigene Traurigkeit auch einfach befreit, findet einen Weg hinaus, vielleicht in Tränen, und kann dadurch befreien und retten.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ich bin mir nicht sicher, ob mein Beitrag eine Themenverfehlung ist, deshalb habe ich lange überlegt ob ich hier schreiben soll:
    Ich höre PRINZIPIELL keine traurige Musik, keine Totenmessen und keine "traurigen" Werke,


    D.h. kein Mozart-Requiem, keine Winterreise, Schöne Müllerin, zig andere Lieder von Schubert, Schumann, Mahler u.a. Keine späten Schubert-Sonaten oder Kammermusik, keine Tschaikowsky 6.?
    Das glaube ich Dir irgendwie nicht so ganz ;)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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