Die Entstehungsgeschichte bzw. die Kluft zwischen Vorbild/Anspruch und Realisierung der Operette Jabuka entbehrt nicht eines gewissen tragikomischen Aspektes. Im Booklet zur hier dargestellten CD ist u. a. zu lesen:
ZitatMan nimmt an, dass sich Strauß für das slawische Thema seiner Jabuka zu interessieren begann, nachdem er 1892 bei der Internationalen Ausstellung für Musik und Theaterwesen in Wien den Erfolg der Verkauften Braut von Smetana miterlebt hatte.
Was ich bis dato auch nicht (mehr) wusste, ist die Tatsache, dass die bereits 1866 in Prag uraufgeführte Verkaufte Braut erst 1892 ihre deutsche Erstaufführung in Wien erlebte. Nun, von dieser ist Jabuka meilenweit entfernt und das ist sicherlich nicht allein darauf zurückzuführen, dass man sich nicht einigen konnte, ob aus dem Stoff eine Oper oder Operette werden sollte. Nachfolgende Passage aus dem Naxos Booklet hatte ich schon mal an anderer Stelle zitiert:
ZitatZwischen den beiden Librettisten kam es schon bald zum Zwist. Max Kalbeck versuchte, Johann Strauß auf eine Oper hinzulenken, während sich Gustav Davis bemühte, den Komponisten auf klassischem Operettenkurs zu halten. Schließlich war es mit der Zusammenarbeit der beiden Textdichter vorbei, und Strauß saß zwischen zwei Stühlen. Das Resultat war einerseits zwar ein schwaches Libretto, andererseits aber in musikalischer Hinsicht ein äußerst interessantes Werk – teils Oper, teils Operette.
Zur komischen Tragik gehört auch, dass einer der Librettisten, Max Kalbeck, derjenige war, der die Verkaufte Braut ins Deutsche übersetzt hatte. Nach meiner Beurteilung ist nicht einmal eine gute Operette dabei herausgekommen. Dazu mag eine Rolle gespielt haben, dass Strauß bei den opernhaften Elementen möglicherweise bemüht war, eine einschmeichelnde Melodik zu vermeiden. Aber da hilft es auch nicht, wenn Christian Pollack, einer der Initiatoren der Naxos Einspielung, meint:
Zitatman hätte nach der Entfernung der Couplets eine ausgewachsene Oper mit großen Ensembles und den schönsten Chören, die Strauß je geschrieben hat.
Die Verkaufte Braut ist ja eine „ausgewachsene“ Oper und die hat eben eine dermaßen wundervolle Melodik, die ich bei Jabuka auf fast der ganzen Linie vermisse. Auf weite Strecken, selbst bei den langen, langen Finali, arbeitet Strauß mit Rezitativen und was die „schönsten“ Chöre betrifft, so haben diese oft eine merkwürdige Melodik, häufig auf einem hohen Ton endend.
Lichtblicke sind für mich ein Ensemble im 3. Akt „So frech uns zu stören“ und die Couplets, die aber auch nicht mehr ganz die von Strauß gewohnt Qualität aufweisen. Für die romantischen Teile und den großen Walzer am Schluss mag gelten, was Johannes Brahms, ein Freund und Bewunderer von Johann Strauß anlässlich der Uraufführung äußerte und was sogar das Naxos Booklet nicht verschweigt:
ZitatAn der Fortführung mancher Melodie merkt man das Alter […] Die gefühlvollen Stellen sind leider jämmerlich…
Uwe