Ernst Busch - der "Barrikaden-Tauber"


  • Nachdem ich als ganze junges Ding zum ersten Mal Schuberts „Winterreise" mit Peter Anders gehört hatte, ließ mich der Gedanke nicht los, dass auch Ernst Busch diese Lieder hätte singen können. Ein verwegener Gedanke? Für mich nicht. Jetzt bin ich bei Recherchen in der Datenbank der Universitäts-Bibliothek Dresden doch noch auf Kunstlied-Aufnahmen mit diesem Sänger gestoßen. Nicht Schubert, dafür aber Loewe und Beethoven. Immerhin. Mein Erstaunen und meine Freude sind natürlich groß. Man kann auf der gut gemachten Website die Aufnahmen gleich anhören oder in einer Auflösung von 160 kb/s herunterladen. Wem das nicht genügt, kann einen Eins-zu-Eins-Überspielung käuflich erwerben. Das ist ein faires Angebot. Natürlich sollte Busch nicht mit professionellen Opern- und Konzertsängern verglichen werden. So eine Gegenüberstellung liefe ins Leere. Dafür ist seine Stimme, die vom Theater und vom Film kommt, zu schneidend, zu demonstrativ, in unseren heutigen Ohren mitunter zu plakativ. Sein Repertoire und seine Stärken sind ganz anderer Art gewesen. Im Forum wurde er hin und wieder einmal genannt.


    Ernst Busch wurde am 22. Januar 1900 in Kiel geboren, wo er Schauspiel- und Gesangsunterricht nahm und schließlich am Stadttheater engagiert wurde. Seine erste Bühnenaufgabe war ein Ministrant in „Cavalleria rusticana“. Nach einigen Zwischenstationen kam er 1927 nach Berlin, wo er als Typ der Zeit bald Aufsehen erregte. Er spielte Theater und in Filmen. Einer seiner größten und nachhaltigsten Erfolge auf der Leinwand war 1932 der Fritz in „Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt“. Die Filmmusik stammt von Hanns Eisler. In der frühen Verfilmung der "Dreigroschenoper" durch Georg Wilhelm Pabst mit Lotte Lenya, Carola Neher, Rudolf Forster und Fritz Rasp ist er der Moritatensänger. Der Verhaftung 1933 durch die SA konnte sich Busch durch Flucht nach Holland entziehen. Später war er beim Rundfunk in Moskau tätig. 1935 schloss er sich den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg an. Aus dieser Zeit stammen viele Lieder, die ihn berühmt machten und ihm den Spitznamen „Barrikaden-Tauber“ eintrugen. In den folgenden Jahren war Busch in vielen europäischen Ländern unterwegs und fiel 1940 den deutschen Besatzungstruppen in Antwerpen in die Hände. Sie verbrachten ihn in ein Internierungslager in Frankreich, wo ihm zunächst die Flucht gelang. Wieder aufgespürt, wurde er an die Gestapo ausgeliefert und in Berlin vor Gericht gestellt. Die Vermittlung der Anwälte von Gustaf Gründgens, der Busch schätzte, bewahrte ihm vor der Todesstrafe. Später setzte sich Busch für Gründgens ein, als dieser nach Kriegsende wegen seiner engen Verstrickungen mit dem Nationalsozialismus in Bedrängnis geriet. Nach seiner Befreiung aus dem Zuchthaus Brandenburg, ging Busch zurück nach Berlin, wo er sich um den Aufbau der Schallplattenproduktion verdient machte. Die Gründung der Firma Eterna geht auf ihn zurück, auch der Name. Busch soll ihn gewählt haben, weil er gern Hemden der Marke Eterna, die es heute noch gibt, trug. Seine künstlerische Heimat fand er in Brechts Berliner Ensemble. Seit 1961 lebte Busch, der sich wiederholt mit der SED-Führung angelegt hatte, weitgehend zurückgezogen und widmete sich fast ausschließlich eigenen Plattenaufnahmen unter seinem persönlichen Label Aurora. Gelegentlich suchte er auf Kunst- und Buch-Basaren Kontakt mit der Öffentlichkeit. Dabei bin auch ich ihm noch begegnet. Er war sehr charismatisch, wach, interessiert und hatte einen durchdringenden tiefen Blick, den ich nie vergessen werde. Er sprach wie er sang. Busch starb am 8. Juni 1980 nach einer langen Demenzerkrankung. Die Hochschule für Schauspielkunst in Berlin trägt seinen Namen.




    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Vor allem als Interpret der Brecht-Vertonungen Hanns Eislers und anderer war er ein ganz ganz Großer:



    Er spielt aber auch Theater: 1954 spielte er z.B. am Deutschen Theater Berlin den Mephisto in Goethes "Faust I" und 1953 den Jago in Shakespeares "Othello"

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"