Ohrenschmaus des 20. Jahrhunderts?

  • Liebe Klassikfreunde,


    Während die Meisten Epochen bis 1900 ihre Liebhaber finden, gibt es bei der Zeitgenössischen Musik (wenn man jene des 20. Jahrhunderts noch dazu zählen möchte) doch ziemiche Vorbehalte. Eine kleine Minderheit verteidtigt sie geradezu militant, eine etwas größere bekämpft sie ebenso aggressiv, der Rest ist entweder gleichgülltig, oder "tut sich schwer, bemüht sich aber um diese Werke" :D


    Richtige Musik "zum Genießen" findet man aber kaum (oder doch ?)
    Das Argument, Musik müsse "erarbeitet" werden oder "erlitten" kann ich für mich nicht gelten lassen, Mozart mußte ich mir auch nicht "erarbeiten" Das gilt natürlich auch für viele andere Komponisten.


    Es soll hier aber nicht über Wert oder Unwert von Kompositionen diskutiert werden, sondern lediglich über die Frage: Welche der ernsten Musik zuzurechnenden Musikstücke , etwa ab 1925 würdet Ihr jemandem empfehlen, der gerne "schöne" Musik hören möchte, die ihn in gute Stimmung versetzt, oder "erhabene", ähnlich wie das die Musik der "Wiener Klassik " im Allgemeinen vermochte ?



    Freundliche Grüße aus Wien an alle


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch wenn es zeitlich nicht ganz passt.


    MAX BRUCH (!!!) lebte in der Moderne...(starb 1920)...aber er komponierte sehr romantisch (!).


    Man denke und höre da nur an sein Violinkonzert G-moll.
    Noch deutlicher wird es in der Schottischen Fantasie von ihm.
    Bemerkenswert finde ich,dass er so etwas schottisches komponieren konnte, obwohl er selbst nie in Schottland gewesen war!



    Tja...mit der zeitgenössischen Musik (und da zählt das 20.Jh.mit dazu!)musste ich mich zwangsläufig wegen dem "Jugend musiziert" Programm auseinandersetzen.
    Ein Barockstück,Klassik/Romantik,Moderne/Zeitgenössisch.


    Moderne war zu dem Zeitpunkt für mich absolutes Neuland.
    Mit Zwölftonmusik konnte ich nichts anfangen.


    Ich suchte mir ausgerechnet DEN "Entdecker" (und nicht Erfinder,da IMHO die Atonalität zwangsläufig entstanden ist...weit vor ihm...schon beethoven...liszt...reger..etc; Schöberg hat Stücke in reiner Zwölftonmusikform geschrieben; aber macht ihn das auch gleichzeitig den Erfinder der Zwölftonmusik?) Arnold Schönberg.
    Am Anfang haben mich die Noten (ich suchte mir die Klavierstücke op.11 aus; das 1. Stück; leider nicht nach 1925 sondern von 1909)von den Socken gehauen. Und als ich eine Aufnahme gehört habe,erging es mir auch nicht besser.
    Ich mochte die Musik einfach nicht. Wieso? - Ich verstand sie nicht. Ich konnte nichts mit ihr anfangen - es hat in mir mehr Unruhe als musikalische Befriedigung gebracht; demnach hatte ich das nur gespielt,wenn ich mich aufregen wollte ;) )


    Wie auch immer...ich musste da durch. Erst als ich das Stück immer wieder gespielt habe und gehört habe,ging es ein wenig besser.
    Ich erfasste Themen und Melodienbruchteile(!) und konnte sie mir zu einem gewissen Muster verarbeiten.
    Die Musik ist schwierig. Schwierig zu spielen und auch schwierig zu hören! Wer meint,das da ein Pianist einfach paar Töne klimpert liegt da völlig falsch (auch wenn man es nicht sofort bemerkt)!
    Oder dass der Komponist versucht,den Hörer und den Solisten zu verarschen (da kommt eher Satie in Frage).



    So...jetzt etwas was zeitlich passt...


    DMITRI SHOSTAKOVICH
    Klavierkonzert nr.1+2


    35a komponiert zwischen 1925-1935
    102b komponiert zwischen 1953-1961


    Das 1. Konzert sollte eigentlich ein Trompetenkonzert...doch es wurde schnell zu einem Klavierkonzert wobei die Trompete aber dennoch eine Rolle spielt.
    Dieses Stück ist eine Parodie! Viele Komponisten und Musikarten werden nebeneinander gestellt und total durch den Kakao gezogen.
    Mahler...Haydn...Beethoven (ganz deutlich zu hören....Anspielung auf sein "Wut über den verlorenen Groschen").
    Durch die "Komik" ist das Stück sehr lustig und interessant.
    Aber wer glaubt,es wäre leichte Kost,der irrt sich.
    Für einen Pianisten wie auch einem Zuhörer (der ja für dieses Stück am besten viel Musikerfahrung besitzen müsste) ein schwieriges Stück.


    Hochachtung und Respekt,was man aus "komischen Tönen" alles herbeizaubern kann!!!


    Das 2.Klavierkonzert beginnt wie ein Marsch.
    Berühmt geworden ist sie sicherlich durch die Verwendung in einem Kurzzeichentrickfilm (Der (einbeinige?)Zinnsoldat; Walt Disney Fantasia 2000). Der 1. Satz wurde verwendet um die Geschichte des Zinnsoldaten (Märchen von Hans Christian Andersen) zu erzählen.
    Es wird in diesem Zeichentrickfilm überhaupt nicht gesprochen! Es läuft also nur der (Stumm)Film und die Musik.
    Melodien oder andere grössere künstlerische Kreativität zeigt sich in diesem Stück.
    Es komponierte so,dass man glaubte,er würde wieder auferstehen;wieder zu Kräften kommen.
    Nicht umsonst hiess die Zeitspanne,in der er komponierte, Regeneration.


  • Violinkonzert - 1868
    Schottische Phantasie - 1880

  • Hallo


    Auch Max Bruch kriegt heute nachmittag seinen Thread.....


    Grüße Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tag,


    kein Wahres, Gutes, Schönes im 20. JH? Unsinn. Jemand möge bei Bedarf die Jahreszahlen heraussuchen, Schönes und Erhabenes, Aufbauendes - wie es der moderne Mensch liebt und genießt:


    Bartok, Klavierkonzerte 2 und 3;
    Britten, Serenade für Tenor und Horn, Young Persons Guide to the Orchestra, Variationen über ein Thema von Arthur Bliss, Klavierkonzert op. 16, Vier Seestücke aus Peter Grimes;
    Charles Ives, Unanswered Question, Central Park in the Dark - von beiden Stücken hat Miles Davis geklaut, A Holiday Symphony;
    Paul Hindemith, Metamorphosen über ein Thema von Weber;
    Richard Strauß, Eulenspiegels Lustige Streiche, Don Juan, Also sprach Zarathustra, Burleske für Klavier und Orchester;
    Jean Sibelius, 3. Sinfonie, 6. Sinfonie, Karelia-Suite;
    Arnold Schönberg, Verklärte Nacht für Streicher:
    William Walton, Konzert für Oboe und Orchester.


    So und so und so ...


    MfG
    Albus

  • Zitat

    Original von Albus
    Richard Strauß, Eulenspiegels Lustige Streiche, Don Juan, Also sprach Zarathustra, Burleske für Klavier und Orchester;


    Eulenspiegel 1896
    Don Juan 1889
    Zarathustra 1896
    Burleske 1885


    Gruß

  • Erich Wolfgang Korngold
    Violinkonzert Op. 35 (1945)
    ich habe die RCA Aufnahme mit Heifetz - wunderschön


    An der Grenze zur Moderne:
    Holst
    Die Planeten (1914-1916)
    unbedingt in der Aufnahme des Symphonieorchesters Montreal unter Dutoit!


    katlow

  • Ravel: Chansons madécasses. Boléro.
    Schostakowitsch: 6. und 7. Sinfonie und jede Menge Lieder.
    Britten, "Peter Grimes" und "Billy Budd"
    Henze: Sechs Gesänge aus dem Arabischen, Boulevard Solitude, Elegie für junge Liebende, Tristan, und, und, und
    Janacek, 2. Streichquartett
    Martinú, 5. Sinfonie
    Crumb, Makrokosmos
    .
    .
    .


    Grüsse
    yarpel

  • Na, bevor ich jetzt Schönberg & Co. empfehle, bei denen einige Neu-Hörer doch aufgrund des krassen, ungewohnten Stils das Weite suchen, obwohl sie es bei näherem Hinhören nicht suchen sollten...lenke ich mal das Augenmerk auf Stockhausens Quartett für Streicher und Hubschrauber :wacky:
    Nein, Scherz beseite, auch wenn es dieses Werk in der Tat auf CD gibt, möchte ich es dennoch nicht hier empfehlen.


    Meine erste, wirkliche "Entspannung" bei zeitgenössischer Musik hatte ich mit Olivier Messiaen (1908-1992) und der «Turangalila»-Sinfonie gefunden.
    Symhonisch-wuchtig angelegt, recht langes Werk mit vielen einzelnen Sätzen, ungewohntes großes Orchester, mit Klavier und Ondes Martenot - einem Instrument, das ich vorher überhaupt nicht kannte.


    Es handelt sich hier um ein nach dem Erbauer/Erfinder benanntes, elektronisches Tasteninstrument mit rund 7 Oktaven Umfang, bei dem im Normalfalle mit der rechten Hand die Tasten gespielt und mit der Linken mittels eines Zuges Dynamik und Klangfarbe ausgesteuert (ich sage immer "ausgejammert") wird.


    Das Werk erschließt sich bestimmt nicht beim ersten Hören, und wenn der 1. "Satz" vielleicht nicht direkt zum Weiterhören verleitet, kann man sich auch anfangs mit dem träumerischen und sinnlich verpielten 6. "Satz" vertraut machen, dem "Jardin du sommeil d'amour", um sich dann - bestimmt gespannt und neugierig geworden - der Komposition in vollem Umfang zu widmen.


    Wenn ich aber jetzt noch eine bestimmte Einspielung nennen soll, dann habe ich doch Schwierigkeiten.
    Wie es denn desöfteren bei Komponisten vorgekommen ist, die Werke in verschiedenen Fassungen zu schreiben bzw. zu vervollkommnen oder auch zu zerstören, befand sich dieses Auftragswerk (von Serge Kussewitzky für das Boston Symphony Orchestra angefragt ..."ein Werk, wie Sie es wollen, in dem Stil, den Sie wollen, so lange wie Sie wollen, in der Betzung, die Sie wollen und einzureichen wann immer Sie wollen...) seit seiner Uraufführung im Jahr 1949 ständig in Veränderungen durch den Komponisten, der spätestens bei fast jeder neuen LP-/CD Produktion zugegen war, um zu unterstützen und dabei zu erweitern. Einfach gesagt "work in progress".


    Somit gleicht eigentlich aufgrund der Partitur fast keine Aufnahme der anderen.


    Messiaen's Ehefrau, die Pianistin Yvonne Loriod, hat diverse Aufnahmen begleitet und den Klavierpart übernommen.
    Eine sehr schöne Zusammenstellung und auch preislich hoch dekorierte wie hörenswerte Aufnahme gibt es bei Naxos mit dem Polnischen National-RSO unter Antoni Wit, gekoppelt mit dem Werk "L'Ascension"
    Auch Simon Rattle, damals noch mit seinem City of Birmingham Orchestra, hat mich nicht enttäuscht; zusätzlich auf dieser EMI-Einspielung aus dem Jahre 1976 gibt es das "Quatuor pour la fin du temps"
    Momentan sehr preiswert, aber aus meiner Sicht interpretatorisch nicht gerade preisverdächtig, die Sichtweise von Kent Nagano und den Berliner Philharminikern, am Klavier P.-L. Aimard.
    Zuletzt noch erwähnens- wie lobenswert die Studioproduktion des Concertgebouw unter Riccardo Chailly, übrigens die Besetzung, die ich erstmalig mit diesem Werk, live und überwältigend in Amsterdam hören durfte.


    Ich hoffe, daß ich einige von Euch neugierig machen konnte auf dieses Werk, dieses "Liebeslied mit der Hymne an die Freude", zu dem es soviel zu sagen gäbe, das man eigentlich ein Buch dazu schreiben kann - aber das haben andere schon erledigt... ;)

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, den Menschen zu sagen, was sie nicht hören wollen. [frei nach George Orwell]

  • Hallo Alfred,


    ich denke in erster Linie an die Kompositionen des Arvo Pärt, dessen Chorwerke ganz vom Geiste der Gregorianik und der Renaissance durchzogen sind. Will man Kurt Weill mit der Dreigroschenoper zur Ernsten Musik rechnen, dann gehört er sicher dazu, obwohl es sich hier ähnlich wie bei George Gershwin, eher um eine Mischung zwischen sog. E- und U-Musik handelt.


    Weiterhin Kompositionen von Erich Wolfgang Korngold, hier insbesondere das Violinkonzert, Aaron Copland als Vertreter der typisch amerikanischen Musik und und ... es gäbe sicher noch mehr zu nennen.

    Beste Grüße aus Bonn
    Matthias


    Ich tu', was meine Pflicht gebeut, doch hass' ich alle Grausamkeit (ROCCO)

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  • Hallo Taminos,


    Hier meine noch nicht genannten Beiträge, die mir gerade einfallen:


    Bartok-Konzert für Orchester
    Walton-Belshazzar's Feast, Symphonie Nr.1
    Hindemith-Symphonie Mathis der Maler
    Messiaen-Vingts Regards sur l'Enfant Jesus, Quartett für das Ende der Zeit
    Poulenc-alles mögliche
    Milhaud-alles mögliche
    Honegger-König David
    Distler-Möricke-Lieder


    Ich mach mal Schluss,Grüße.
    Nubar

  • Hallo jpsa,


    schön, deine Empfehlung für die "Turangalila-Sinfonie".
    Auch zu Messiaen wäre ein Thread ganz schön.
    Aber die Sache mit Schönberg wurmt mich ja immer wieder. Der Mann ist nun schon eine ganze Weile tot. Seine Entwicklung der Zwölftonmusik, die auch nicht aus dem hohlen Bauch kam, sondern auf einer langen musikhistorischen Entwicklung beruht, ist inzwischen hundert Jahre alt. Wir jammern heute, als wenn es gestern gewesen wäre und wir nicht schon jede Menge Musiken gehört hätten und also auch einiges gewohnt sein müssten. Angesichts der weiteren Entwicklung der Zwölftontechnik, die in ihrer, wie auch immer, "reinen" Form ja gar nicht mehr benutzt wird, sowie angesichts der weiteren Entwicklung der neuen, neueren und neuesten Musik ist es wirklich sehr verwunderlich, daß man immer noch wie hypnotisiert auf Schönberg starrt, bloß weil man nicht von den Klischees lassen kann.
    Also sollte wohl doch ein Schönberg-Thread her. Irgendwer wird doch wohl kompetent genug sein, das zu schaffen. Wer sagt, daß es leicht ist? Und um das Maß voll zu machen: Auch ein Thread über "Moses und Aaron" wäre eine feine Sache...
    Also, es gibt eine Menge zu lernen, gehen wir drüber hinweg.


    Schöne Grüße
    yarpel

  • Zitat von yarpel

    Auch ein Thread über "Moses und Aaron" wäre eine feine Sache...


    Hallo,


    das war, ich glaube ich hatte es an anderer Stelle schon gesagt, mein Türöffner für die klassische Moderne. Hatte damals eine konzertante Aufführung mit dem RSO Leipzig und H. Kegel erlebt und mir danach vor Begeisterung ein Theaterplakat ins Zimmer geklebt :)
    Ich glaube, es wird Zeit, die CD mal wieder zu hören.


    Um beim Thema des Threads zu bleiben: Ich denke mal, Pelleas und Melisande oder auch die Gurre-Lieder könnten auch denen gefallen, die Schönberg sonst nicht so mögen...


    Gruß
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Liebe Freunde,
    ex oriente lux: aus dem Osten ist einiges Lichtvolle in unsere Musikwelt eingeströmt.
    Hat jemand schon einmal das Chorkonzert von Alfred Schnittke (am besten in der Chandos-Einspielung unter dem Widmungsträger Valery Polyansky) gehört? Erwartet bitte keine polystilistischen Collagen und Montagen wie in seiner ersten Sinfonie oder im ersten Concerto Grosso. Das Chorkonzert ist eine Komposition wie aus einem Guß, stark aus der russischen Kirchenmusik inspiriert, unmittelbar ansprechend und bewegend. Klänge, die man meint schon seit Urzeiten zu kennen. Ich kann diese CD nicht genug empfehlen (andere Einspielungen fallen leicht zu westlich-brahmsisch aus). Das ist mehr als ein Ohren-, das ist ein Seelenschmaus!
    jubal

    Musik: Atem der Statuen. Vielleicht: Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen enden. Du Zeit, die senkrecht steht auf der Richtung vergehender Herzen. (Rilke)

  • Liebe Forianer,


    gefragt ist nach Genußmusik (nach 1925), Vieles liebe ich, weil es so ungeheuer intensiv ist - aber vielleicht jedenfalls nicht auf Anhieb nicht nur und sofort Genuß. Also hier eine kleine Aufzählung mit Einschränkung durch den Thread auf unmittelbare Hörbarkeit:
    Bartok, Music for strings, percussion and celesta - etwa Harnoncourt COE 2001
    Bartok, Duos für zwei Violinen
    Janacek (unbedingt) Quartette 1 u. 2 Kreutzer und Intime Briefe sowie Auf verwachsenem Pfad - alles drei hervorragend und zusammen auf 1 CD durch Talich Quartett Label Calliope
    Janacek auch Kammermusik: hervorragend Netherlands Wind Ensemble "Janacek" Chandos 1995 (über amazon uk) oder Ensemble Villa Musica DG 1993
    Shostakovich, 24 Preludes and Fugues, Scherbakov, Naxos - schon oft genannt - wunderschön auch mit Calefax Reed Quintett DG 2003; auch Lady Macbeth mit Dirigent Rostropowitch, Streichquartette insbes. Nr. 15 mit Gideon Kremer; Trios Nr. 1 und 2 mit Trio Wanderer.
    Und auch etwas sehr persönliches: ich höre gerade immer wieder und sehr gern:
    Frank Martin, Messe für Doppelchor a cappella - neu wunderschön mit Daniel Reuss, RIAS Kammerchor Harmonia Mundi 2004


    Vielleicht noch zwei, die aber auch in meinem Sinn sehr intensiv sind:
    Erwin Schulhoff, Chamber Music, EnsembleVilla Musica, DG 1995 sowie
    Karl Amadeus Hartmann, Versuch eines Requiems/Sinfonie No 1 u.a. mit Ingo Metzmacher und Bamberger Symphoniker EMI 1995 und wer diesen Weg weitergehen will: Kammermusik von Elliott Carter.
    U.s.w. - u.s.w. z.B. Prokofiev, Sonate für Celle und Piano op 119 mit Wispelwey/Lazic Channel Classics 2003. Benjamin Britten: schwerer hörbar aber unverzichtbar War Requiem Mit Komponisten oder Guilini als Fortsetzung des Verdi-Requiems. Und Vieles andere von Britten.


    Gruß


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Wie wärs mit Carl Orff?


    Die Kluge (1943)
    Der Mond (1939)
    Carmina Burana (1937)


    Alles hinreißende Werke.



    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Natürlich gibt es auch im 20.Jahrhundert Musik "zum Genießen". Aber typisch für das 20.Jahrhunderts ist doch eher die "gebrochene" Musik. Das Maschinenzeitalter und die zwei Weltkriege haben einiges an Verwüstung in der menschlichen Psyche angerichtet, und damit auch in der Musik.


    Am ehesten "zum Genießen" ist Musik französischer Komponisten,
    also Debussy, Ravel, Satie, Poulenc, aber auch da klingt manches schon sehr bissig.


    Und wenn einem diese Art von Musik nicht liegt, muß man sich ja nicht dazu zwingen. Die Musik vorhergehender Jahrhunderte ist ein so großer Schatz, daß er niemals durch irgendeine Art Neuer Musik *ersetzt* werden wird.

  • Guten Abend,


    als Empfehlung kann ich natürlich als "erträglich für die Ohren" ebenfalls Max Bruch, Gustav Mahler, ggfs. Gustav Holst empfehlen. Mahler (lieder nicht nach 1925) und Holst gehen schon in Richtung Programm-Musik (ähnlich Filmmusik), sind aber dennoch eigen und gehen zu Herzen. Mahler mag ich besonders gerne (Mozart verzeih mir!).


    Nicht ganz uneigennützig kann ich da auch meine eigenen Werke empfehlen, die absolut rein im Stil der Klassik geschrieben sind, da mir diese Epoche am meisten liegt, sowohl musikalisch, als auch literarisch und überhaupt...


    Viele Grüße

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

    Einmal editiert, zuletzt von Ulli ()

  • Heinz schrieb:


    Zitat

    Und wenn einem diese Art von Musik nicht liegt, muß man sich ja nicht dazu zwingen. Die Musik vorhergehender Jahrhunderte ist ein so großer Schatz, daß er niemals durch irgendeine Art Neuer Musik *ersetzt* werden wird.


    Das ist auch meine Meinung, ich glaube ich müsste 500 Jahre alt werden, um all jene Musik zu hören, die im 18. Jahrhundert "speziell für mich" geschrieben wurde.


    Beste GRüße


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • zu den vorstehenden Beiträgen von Heinz und Alfred:


    Ja, aber wer spricht denn davon, dass Neue Musik die Alte "ersetzen" sollte? Ehrlich gesagt ist das eine Angst, die ich immer nur aus der Ecke vernehme, die mit der Neuen Musik nicht zurechtkommt - was ja auch weiter kein Problem und auch eine Frage des persönlichen Geschmackes ist. Mir ist diese Forderung jedenfalls seitens derer, die auch Neue Musik hören, noch nie untergekommen. Das einzige, was man "fordern" könnte, wäre, dass Neue Musik eben auch gespielt und gehört wird. Aber die Forderung ist doch per se schon eigentlich unnötig, denn warum sollten wir darauf verzichten, die Musik unserer Tage zu spielen?


    fragt sich


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Und noch zum Thema des Threads, weil es gerade im CD-Player rotiert und bisher noch gar nicht genannt wurde:


    Karol Szymanowski - Vierte Sinfonie (Sinfonia concertante für Klavier und Orchester, 1932), 2. Violinkonzert (1932)


    Weiteres immer dann, wenn es mir einfällt (und ich dran denke, es hier hineinzuschreiben :) )


    Beste Grüssse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Schon mal im "Was höre ich gerade"-Thread erwähnt, aber die Stücke gehören zweifellos hierhin:


    Francis POULENC (1899 - 1963)


    - Konzert für zwei Klaviere und Orchester (1931)
    - Konzert für Klavier und Orchester (1950)
    - Aubade, concerto choréographique (1928 )


    Poulenc, den ein Kritiker einmal "halb Mönch, halb Lausbub" nannte, ist ein gutes Beispiel dafür, dass Esprit, Witz und Humor im 20. Jahrhundert nicht unter den Tisch gefallen sind - und ein begnadeter Melodiker. Ich könnte mir vorstellen, dass das Konzert für Klavier und Orchester besonders Mozartianern gefallen könnte :yes:


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Nun das was ich hier bevorzuge könnte natürlich von dem einen oder anderen belächelt werden:


    Ich unterscheide ja auch nicht zwischen E- und U- Musik, deshalb ist Gershwin mir einer der liebsten.
    Interessant und angenehm sind auch einige Kompositionen die eigentlich als "Hintergrund" für Filme entstanden.
    Ich bin das Wagnis eingegangen und habe mir den "Soundtrack" zu Star Wars auf 4 CD's zugelegt, eingespielt von dem London Symphonie Orchestra unter John Williams dem Komponisten.
    Hätten diese Werke nicht die Verbindung zu den Filmen würde man ihr mit Sicherheit mehr Achtung entgegenbringen. Es ist tolle Musik und ich halte Williams für einen der größten noch lebenden Komponisten. :jubel:
    Sein gesamtes Werk ist ja mittlerweile schon recht umfangreich.


    Ob ihr das allerdings (so wie ich) auch zur klassischen Musik rechnet weiß ich nicht.
    Aber Cage, Stockhausen, Rhim und Ligeti kann ich auch nicht wirklich mit Genuss hören, das ist Arbeit.


    Fast vergessen: Pärt und Tavener schätze ich auch sehr, wohl wegen der Ähnlichkeit zu Gregorianik und Renaissance.

  • Ligeti Arbeit? Kann man so nicht stehen lassen ;-) Es kommt - wie bei Haydn und vielen anderen auch - wohl auf das Stück an, das man sich anhört.


    Weil es bei mir in letzter Zeit für sehr großen Ohrenschmaus gesorgt hat, nenne ich mal


    György LIGETI - Clocks and Clouds für 12 Frauenstimmen und Orchester (1973)


    Kein Werk, das in herkömmlicher Harmonik daherkommt, aber eines, in dem eine reiche Palette an klangfarblichen Erforschungen der Besetzung viele reizvolle Möglichkeiten eröffnen. Uhren und Wolken sind die poetischen Assoziations-Gebilde, entsprechend, so Ligeti: "Periodische, polyrhythmische Klangkomplexe verschmelzen zu diffusen, flüssigen Zuständen und umgekehrt." Man muss sich sicher darauf einlassen wollen, aber dann ist es ein Ohrenschmaus par exzellence (wie vieles andere von Ligeti)


    Mir kommt da eine Idee.....;)


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo an die Liebhaber schöner Klänge,


    Schöne oder erhabene Musik zum Genießen gibt es im 20. Jahrhundert, finde ich, massig. Und zwar ganz besonders von britischen Komponisten, von denen bis auf zwei, drei Ausnahmen in diesem Thread noch kein Name genannt wurde:


    - Ralph Vaughan Williams (1872-1958):
    Symphonie Nr. 7 "Sinfonia Antartica" 1949-52
    Five Mystical Songs für Bariton, gemischten Chor und Orchester 1911
    On Wenlock Edge -Liederzyklus für Tenor und Orchester 1923
    Sancta Civitas - Oratorium für Tenor, Bariton, Halbchor, Fernchor, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1923-25
    Flos Campi - Suite für Viola, kleinen gemischten Chor (textlos) und Kammerorchester 1925
    Serenade to Musik für 4 Soli, gemischten Chor und Orchester 1938
    An Oxford Elegy für Sprecher, kleinen gemischten Chor und Kammerorchester 1947-49
    Hodie (This Day) - Eine Weihnachtskantate 1953/54
    The Pilgrim' s Progress - Eine Moralität in 1 Prolog, 4 Akten und 1 Epilog 1921-49
    und viele, viele andere


    - Gustav Holst (1874-1934):
    The Evening-Watch - Motette für gemischten Chor a capella, opus 43 Nr. 1; H 159 1924
    The Cloud Messenger - Ode für Alt, gemischten Chor und Orchester, opus 30; H 111 1909/10
    The Hymn of Jesus für Frauenhalbchor, 2 gemischte Chöre, Orgel und Orchester, opus 37; H 140 1917


    - Sir Granville Bantock (1868-1946):
    Hebridean Symphony 1913
    Celtic Symphony für Streichorchester und 6 Harfen 1940
    Song of Songs - Oratorium in 5 Teilen für 6 Soli, gemischten Chor und Orchester 1921-26


    - Sir Arnold Bax (1883-1953):
    Spring Fire - Symphonie 1913
    Symphonische Dichtungen
    Symphonie Nr. 2 e-moll & C-dur 1924-26 u. a.
    Mater Ora Filium für gemischten Chor a capella 1921


    - Frederick Delius (1862-1934):
    A Song of the High Hills für gemischten Chor und Orchester 1911
    Requiem für Sopran, Bariton, gemischten Chor und Orchester 1914-16
    Hassan - Bühnenmusik für Tenor, Bariton, gemischten Chor und Kammerorchester 1920-23


    - Herbert Howells (1892-1983):
    Paradise Rondel für Orchester 1925
    King' s Herald für Orgel und Orchester 1937
    Hymnus Paradisi - Requiem für Sopran, Tenor, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1936-38


    - John Ireland (1879-1962):
    Greater Love Hath No Man - Motette für Soli, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1924
    These Things Shall Be - Kantate für Bariton / Tenor, gemischten Chor, Orgel und Orchester 1937


    - Sir Arthur Bliss (1891-1975):
    Lie Strewn the White Flocks - Pastorale für Mezzosopran, gemischten Chor und Kammerorch., opus 46 1928
    Adam Zero - Ballett in 1 Bild für Orchester, opus 67 1946
    Things to Come - Filmmusik für Orchester, opus 53 1934/35


    - Cyril Scott (1879-1970):
    Symphonie Nr. 3 "The Muses" 1937
    Neptune - Meeresgedicht für Orchester 1933


    - Howard Ferguson (1908-1999):
    The Dream of the Rood - Kantate für Sopran / Tenor, gemischten Chor und Orchester, opus 19 1958/59


    - Sir Herbert Hamilton Harty (1879-1941):
    In Ireland - Fantasie für Orchester 1935
    The Children of Lir - Symphonische Dichtung für Sopran und Orchester 1938


    - Patrick Hadley (1899-1973):
    The Trees so High - Symphonische Ballade a-moll für Bariton, gemischten Chor und Orchester 1931


    Und das war nur eine kleine Auswahl. Wie man aber anhand dieser Aufzählung bereits sehen kann, gibt es aus England eine solche Fülle von absolut unproblematisch zu hörenden Werken, die aber seltsamerweise gerade im deutschsprachigen Raum fast völlig ignoriert werden.


    Von den nicht-englischen Komponisten, die im 20. Jahrhundert gleichermaßen schöne, genießbare Musik geschrieben haben, fallen mir gerade ein:


    Kurt Atterberg (1887-1974): Symphonien Nr. 1-9;
    Erich Wolfgang Korngold (1897-1957): Das Wunder der Heliane - Oper in 3 Akten 1924-26, Anthony Adverse - Filmmusik 1936, The Adventures of Robin Hood - Filmmusik 1938;
    Joseph Marx (1882-1964): Herbst-Symphonie H-dur 1920/21, Natur-Trilogie für Orchester 1922/25, Klavierkonzerte Nr. 1 (1916-19) & Nr. 2 (1929/30);
    Sergej Prokofiew (1891-1953): Romeo und Julia - Ballett in 4 Akten, opus 64 (1935/36);
    Sergej Rachmaninow (1873-1943): Klavierkonzert Nr. 4 g-moll, opus 40 (1926), Paganini-Rhapsodie, opus 43 (1934), Symphonische Tänze für Orchester, opus 45 (1940);
    Maurice Ravel (1875-1937): Daphnis et Chloé - Ballett für gemischten Chor und Orchester 1909-12, L' Enfant et les Sortilèges - Oper 1920-25;
    Ottorino Respighi (1879-1936): La Sensitiva für Mezzo und Orchester 1914, Concerto Gregoriano für Violine und Orchester 1921, Poema Autunnale für Violine und Orchester 1920-25, Belkis, Regina di Saba - Ballett 1930/31;
    Othmar Schoeck (1886-1957): Lebendig begraben - 14 Gesänge für Baß / Bariton, gem. Chor, Orgel und Orchester, opus 40 (1926);
    Arnold Schönberg (1874-1951): Gurrelieder - Oratorium in 3 Teilen 1900-11;
    Richard Strauss (1864-1949): Vier letzte Lieder für Sopran und Orchester 1946-48, Daphne - Oper in 1 Akt, opus 82 (1936/37);
    Alexander von Zemlinsky (1871-1942): Lyrische Symphonie in 7 Gesängen für Sopran, Bariton und Orchester, opus 18 (1922).


    Einen schönen Ohrenschmaus wünscht
    Johannes

  • Mikis Theodorakis: Requiem für Mezzosopran, Sopran, Bass, Tenor, Chor und Orchester (1974-75)


    Ein wunderschön elegisches Werk, das sowohl auf dem liturgischen Begräbnistext als auch auf der Musik der griechischen Orthodoxie aufbaut - der Text ist übrigens viel schöner als der des katholischen Requiems!
    Besonders grandios die Mezzosopranistin Janne Polewtsowa auf der oben geposteten Einspielungen!

  • Ich weiss noch nicht, wo und wie ich es einordnen soll, aber hier gehört es schon mal auf jeden Fall hin, denn ein "Ohrenschmaus" ist es wohl:


    Nicholas MAW - Violinkonzert (1993).


    Wie nennt man einen solchen Stil? Neoromantisch? Das trifft es vielleicht am besten. Sehr starke lyrische Akzente in den ersten drei Sätzen, alles tonal. Man kann nicht sagen, dass es MAW an melodischen Einfallsreichtum fehlen würde, dennoch lässt mich irgendetwas an dem Konzert unbefriedigt zurück. Aber das nur nach dem ersten hören. Sonst ist es jedenfalls ein Schmaus für die Ohren, ohne Frage und selbst für die, die meinen Vorschlag von Ligetis "Clocks and clouds" weiter oben im Thread für zu gewagt hielten. Joshua Bell geigt in der einzig erhältlichen Aufnahme des Konzertes ganz exzellent, und Roger Norrington sorgt am Pult dafür, dass die Neoromantik nicht im Vibrato versinkt.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Viele der nach wie vor auf dem Kontinent sträflich unterschätzten Briten, die Guercoeur weiter oben aufzählt, haben wirklich tolle Musik geschrieben - ich kenne einige der hier aufgezählten Werke und kann das nur unterschreiben: Bei sämtlichen Herren gibt es eine Menge schöner Musik zu hören, die überwiegend im 20. Jahrhundert komponiert wurde (und darum geht es ja hier) - eine "Entdeckungstour" auf diesem Sektor lohnt sich auf alle Fälle!!


    Aus eigener Erfahrung (habe beide Werke schon gesungen) noch ein Nachtrag zu zwei bereits erwähnten Komponisten:


    Szymanowskis "Stabat mater" - sehr stimmungsvoll, teilweise herb-spröde im Tonfall und damit meilenweit von schwärmerisch-melodieseligen "Stabat mater"-Vertonungen z. B. von Rossini oder Dvorak entfernt, aber gerade deswegen so nah am Text und dessen Aussage: Passionsmusik vom Feinsten!


    Poulencs "Gloria" aus dem Jahr 1959 - unkonventionell, teilweise für ihn typisch "lausbubenhaft" mit spritzigen und eher gloria-untypischen Rhythmen ("Laudamus te"), in den langsamen Sätzen (mit zusätzlichem Solo-Sopran zum Chor) von geradezu überbordender Schwelgerei in wechselnden Harmonien - "Klangmalerei" pur!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Mir scheint, im deutschsprachigen Gebiet werden überhaupt gerne gute Komponisten vergessen...


    z. B. auch Heitor Villa-Lobos. Als "Ohrenschmäuse des 20. Jahrhunderts" kann ich empfehlen:



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