Mieszyslaw Weinberg - Die Kammermusik (außer Streichquartette)

  • Wenn man das Oeuvre von Weinberg und Schostakowitsch vergleicht, gibt es einen wesentlichen Unterschied, Weinberg hat deutlich mehr Kammermusik für einzelne Instrumente und Duos geschrieben. Darunter sind nicht weniger als fünf Violinsonaten und zwei Cellosonaten. Weinberg greift auch in seit Bach nicht mehr bekanntem Maße die Tradition der Kompositionen für unbegleitete Soloinstrumente auf, 3 für Violine, 4 für Viola, 4 für Cello und sogar 1 für Kontrabass. Da es sich hierbei nach meinen ersten Eindrücken durchgängig um spiel- und hörtechnisch dankbare Stücke handelt, ist es nicht verwunderlich, dass diese von den Solisten gerne aufgegriffen werden und weitgehend schon eingespielt sind. Eine Auswahl davon soll hier im Laufe der Zeit vorgestellt werden. Dies ist meine vierter und letzter Thread über Weinberg. Seine Klaviermusik, seine Lieder und seine Opern darf jemand anderes übernehmen.


    [no opus number]: Three Pieces for violin and piano (1934)
    Opus 12: Sonata No. 1 for violin and piano (1943)
    Opus 15: Sonata No. 2 for violin and piano (1944)
    Opus 18: Piano Quintet (1944)
    Opus 21: Sonata No. 1 for cello and piano in C major (1945)
    Opus 24: Piano Trio (1945)
    Opus 28: Sonata for clarinet and piano (1945)
    Opus 29: Twelve Miniatures for flute and piano (1946)
    Opus 37: Sonata No. 3 for violin and piano (1947)
    Opus 46: Sonatina for violin and piano in D major (1949)
    Opus 48: String Trio (1950)
    Opus 53: Sonata No. 5 for violin and piano (1953)
    Opus 63: Sonata for cello and piano No. 2 in C major (1958–1959)
    Opus 69: Sonata for two violins (1959)
    Opus 72: Sonata No. 1 for cello solo (1960)
    Opus 82: Sonata No. 1 for violin solo (1964)
    Opus 86: Sonata No. 2 for cello solo (1965)
    Opus 95: Sonata No. 2 for violin solo (1967)
    Opus 100: Twenty-four Preludes for cello solo (1968)
    Opus 106: Sonata No. 3 for cello solo (1971)
    Opus 107: Sonata No. 1 for viola solo (1971)
    Opus 108: Sonata No. 1 for double-bass solo (1971)
    Opus 121: Sonata No. 2 for cello solo (second version, 1977)
    Opus 123: Sonata No. 2 for viola solo (1978)
    Opus 126: Sonata No. 3 for violin solo (1979)
    Opus 127: Trio for flute, harp and viola (1979)
    Opus 133: Sonata for bassoon solo
    Opus 135: Sonata No. 3 for viola solo
    Opus 136: Sonata No. 4 for viola solo
    Opus 136bis: Sonata No. 6 for violin and piano (1982)
    Opus 140: Sonata No. 4 for solo cello (1986)

  • Wenn man den Klang von Streichinstrumenten liebt, landet man über kurz oder lang bei Bachs Sonaten und Partiten für Violine oder Cello solo. Diese Wunderwerke der Musik haben bis heute nichts von ihrer Faszination für Musiker und Hörer verloren. Praktisch jeder Solist spielt sie, entweder nur privat oder auch öffentlich. Für mich sind sie vielleicht die wichtigste Hinterlassenschaft von Bach. Leider hat Bach die Bratsche vergessen oder bewusst ausgelassen, weil er sich dachte, die können ja die anderen Stücke nach unten oder oben transponieren. Was diverse Musiker dann auch zu tun pflegen.
    Im 20. Jahrhundert haben sich dann einige Komponisten der Viola erbarmt und eigene Stücke für dies Instrument geschrieben. Mit am bekanntesten sind vielleicht die Stücke von Paul Hindemith. Auch Weinberg hat an die Bratsche gedacht und ihr zum Ende seines Lebens insgesamt vier Solosonaten gewidmet. Die erste davon stammt von 1971, entstand also vier Jahre vor der berühmten letzten Sonate op. 147 von Schostakowitsch, die anderen drei entstanden nach Schostakowitsch Tod.
    Die Sonate No. 2 von 1978 ist mit 16 min die kürzeste und wurde dem Bratscher des Borodin Quartetts Dimitri Schebalin gewidmet. Mir bereitet dieses Stück nicht mehr Probleme beim Hören als die Bachsonaten, den Klang der Bratsche mag ich ganz besonders.


    Die vorzügliche Solistin dieser Einspielungen ist Julia Rebekka Adler. Sie ist nicht so bekannt wie die vier Superstars dieses Instruments (Zimmermann, Kashkashian, Bashmet und Tamestit) spielt aber IMO ganz wunderbar.
    FonoForum 04 / 10: "Julia Rebekka Adler versteht sich darauf, diese oft schmucklose Musik ohne jeden Versuch cremiger Sinnlichkeit zu spielen, dafür mit einer dosierten Hingabe ans Zart-Elegische. Sie arbeitet stets mit kleinen Dosen, um so eine größere Wirkung zu erzielen. Auch in Druschinins Sonate wirkt Adlers Interpretation nie platt thesenhaft, sondern inwendig."

  • Der Geiger Linus Roth wird im aktuellen Fono Forum interviewt und ein Thema ist natürlich sein Engagement für die Musik von Weinberg, die inzwischen auf mehreren CDs dokumentiert ist. Die aktuelle ist eine Einspielung der drei Solosonaten für Geige. Die 3. davon entstand 1979 und seinem Vater gewidmet, der im Holocaust ermordet wurde, was Weinberg aber erst Jahre später erfuhr. Das Stück besteht aus einem Satz der zwischen 20 und 30 Minuten dauert, was das Problem aufwirft, dass der Geiger das Stück entweder auswendig spielen muss oder einen Seitenumblätterer benötigt. Linus Roth löst das Problem live wohl via ipad und einer Fußtaste.
    Das Stück ist anspruchsvoll für Spieler wie Hörer, aber wer als Hörer mit Solovioline kein Problem hat (Bach, Bartok), dürfte auch hier nicht überfordert sein. Das gleiche Stück hat vor kurzem auch Gidon Kremer eingespielt, er benötigt 5 Minuten weniger als Roth. Im direkten Vergleich habe ich die beiden Interpretationen aber noch nicht gehört. Im Netz gibt es wohl auch eine Interpretation von Viktor Pikaizen.

  • Das gleiche Stück hat vor kurzem auch Gidon Kremer eingespielt, er benötigt 5 Minuten weniger als Roth. Im direkten Vergleich habe ich die beiden Interpretationen aber noch nicht gehört.


    Wie der Zufall es so will, habe ich heute Vormittag genau diese Kremer-Aufnahme der Violinsonate Nr. 3 gehört. :hello: Sie befindet sich auf einer Doppel-CD mit Kammermusik und Werken für Streichorchester von Weinberg. Noch mehr als die Sonate haben mir aber die anderen Stücke gefallen:



    Kremer mit "seiner" Kremerata Baltica ist eigentlich immer eine sichere Bank.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.