Französische Orgelmusik, Dupre, Marcel



  • Hallo,


    wegen der Lebensdaten etc. zu Marcel Dupre verweise ich auf Wikipedia; dort sind auch seine Lehrer (und Schüler) genannt, weswegen er durchaus noch zur franz. Orgelschule zu rechnen ist, obwohl er erst 1971 verstorben ist. Sein Sterbejahr führt auch dazu, dass auf den Noten seiner Werke noch copyright liegt, sodass ich leider keine Noten zur Verfügung habe; ich kann also nur nach meinem Gehör (und wenigen Angaben aus dem Booklet) posten.





    Prelude und Fuge in H-Dur, op. 7.1 (gewidmet Rene Vierne - auch Komponist und Organist - einem Bruder des berühmten Louis Vierne.)
    Das Prelude beginnt in Form einer Toccata mit einer überaus prächtigen Orgel-Carillon mit fast kaskadenartig schnellen Läufen, was in einer anderen Registrierung oder im Schwellwerk wiederholt wird und mit fanfarenartigen Akkorden endet.
    Bei Laufzeit 3:08 beginnt die 4-stimmige Fuge im Sopran, 3:18 Alt, 3:28 Tenor und 3:29 Bass. Das Fugenthema ist dem Prelude entnommen; bis 5:50 wird die Registrierung nicht verändert, mit Ausnahme bei Wiederholungen kurzer Durchführungsabschnitte oder Zwischenspielen, die wie im Echo (Schwellwerk) hörbar sind; dann wird die Registrierung aus dem Prelude (Orgel-Carillon) übernommen und mit den Fanfaren aus dem Prelude endet die Fuge.
    https://www.youtube.com/watch?v=YeMZOuQ3k4I



    Prelude und Fuge in f-Moll, op. 7.2
    Sehr still und verhalten ist diese Prelude – ein großer Gegensatz zu op. 7.1; hier ist der besondere Klang der Cavaille-Coll-Orgel gut zu hören – links und im Pedal 8- und 16-Fuß Register (Cello, Bassblockflöten u. ä.), rechts Holzpfeifen (?) 8-Fuß Register
    aufwärts (Alt-, Sopranblockflöten, Weidenflöte u. ä.).
    Die auch vierstimmige Fuge beginnt bei 4:12 im 8-Fuß Register und wieder sind die Fugeneinsätze deutlich zu hören, alles im mittleren und tiefen 8- bis 16-Fuß Bereich. Etwa im letzten Drittel der Fuge kommt ein hohes Schweberegister (vox celestis?) hinzu, was den meditativen Charakter der Fuge noch unterstreicht; Predlude und Fuge sind thematisch verflochten.
    https://www.youtube.com/watch?v=gsNJy9Xq2J4



    Prelude und Fuge in g-Moll, op. 7.3
    Nun bin ich mir sehr sicher, dass Dupre mit op. 7.3 keine Programmmusik komponiert hat – dennoch assoziiere ich mit dieser Musik Wasserspiele in einer Schlossanlage (z. B. Bayreuth, Eremitage); bewirkt wird dies durch die überraschende Harmonik mit abwärts fallenden Sequenzen, die eine Tonartzuordnung erschwert - dazu die sehr einfühlsame Registrierung (die ohne Zweifel Dupre vorgeschrieben hat); ein impressionistisches Musikgemälde.
    Die Fuge kommt bei 3:59 – Fugeneinsätze wie vor gut zu erkennen. Im letzten Drittel der Fuge fühle ich mich wie vor einem großen Wasserfall stehend, wo die Prelude fließende - aber wohin? - stets in Bewegung befindliche Akkordfolgen präsentiert, stürzen hier mächtige Klangkaskaden hernieder, die auch in sich ständig verändernde (Harmonik!) Bewegung sind, aber durch die Mächtigkeit der Akkorde ein Gefühl von profunder Beständigkeit verleihen.
    https://www.youtube.com/watch?v=jsiY56I77mg



    Epithalame, ohne op.
    Die franz. Orgelschule - und Bach auf einer romantischen Orgel!
    Dupre hat die Arie (/“Willst du dein Herz mir schenken“) aus dem Klavierbüchlein für Anna Magdalene Bach für Orgel eingerichtet; anfangs lässt er Bachs Harmonik unverändert – ich höre also Bach, aber ganz anders registriert, auf einer Cavaille-Coll-Orgel! Dann aber kommt Dupres Bearbeitung hinzu - und Bach dominiert weiterhin. Ein kleiner, „liebenswerter“ Einfall von Dupre.
    Leider ohne YouTube-Einspielung
    (Den Verstärker gaaaaanz leise gestellt, ist dies ein wunderschönes Einschlaflied für Kinder.)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auch hier gilt der 1. Absatz im Beitrag 1, genauso wie die CD.


    Two chorales, op. 29:
    Rejoice greatly, o my soul
    Eine augmentierte (mehr als Verdopplung der Zeitdauer) Bearbeitung eines Bachschen Orgel-Choralvorspiels („Freu dich sehr, o meine Seele“).
    https://www.youtube.com/watch?v=fN0YixJDVnc
    Aus dem schlichten Orgelwerk macht Dupre eine machtvolle Demonstration der Freude mit entspr. Registrierung, die mit dem Klang von Bach kaum etwas zu tun hat.
    https://www.youtube.com/watch?v=lICLonXmfHM Leider nur eine virtuelle Cavaille-Coll-Orgel


    Dearest Immanuel, Lord of the Faithful
    Auch hier eine augmentierte (wie vor) Bearbeitung des Schlusschorals aus der Kantate BWV 123 „Liebster Immanuel, Herzog der Frommen“
    https://www.youtube.com/watch?v=Fx1u2cCnpWU Bitte "Mehr anzeigen" anklicken und Schlusschoral wählen
    Hier wird jedoch durch Dupre aus dem freudigen Bachchor eine Meditation über die Freude, was die Registrierung deutlich macht.
    https://www.youtube.com/watch?v=ADxObDWn_Ds Auch leider nur eine virtuelle Cavaille-Coll-Orgel



    Paraphrase sur le Te Deum, op. 43
    So war Dupre bislang nicht zu hören: Wie über einem ostinatoartigen Pedal türmen sich mächtige Klangtürme, was zu einem verinnerlichten Klang zurückgeführt wird, sich erneut auftürmt, wieder verinnerlicht wird und mächtig endet.
    https://www.youtube.com/watch?v=AWbexqwn6j4



    Le Tombeau de Titelouze, op. 38
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Titelouze
    Es handelt sich bei diesem Werk um 16 meist kurze Orgelstücke (min.0:51, max. 2.50); auf Titelouze als Person wird denke ich nicht Bezug genommen; es handelt sich m. E. um christl. Zusprüche/Grabinschriften (wie Beigaben).
    Zu mir besonders bemerkenswert erscheinenden Stücken nehme ich kurz Stellung:
    Nr. 1 Creator alme siderum – eine Meditation als Eröffnung
    Nr. 2 Jesu Redemptor omnium – Erlöser für Alle, auch für...
    Nr. 8 Veni Creator Spiritus – sehr machtvoll und hoffnungsfroh
    Nr. 11 Ave Maris Stella – in der Registrierung zart und vertrauensvoll
    Nr. 15 Te splendor et virus – zuversichtlich
    Nr. 16 Placare Christe servulis – das neue Leben
    https://www.youtube.com/watch?…1&list=PLEACEFBA5067996E8
    https://www.youtube.com/watch?…LEACEFBA5067996E8&index=2
    https://www.youtube.com/watch?…LEACEFBA5067996E8&index=3
    (Diese 3 Links sind nicht nur musikalisch/akustisch sondern auch optisch sehr gut gelungen.)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,
    auch hier gilt der 1. Absatz im Beitrag 1; es geht nun aber hier zur 2. CD (CD Volumen 4 der Reihe):


    2. Orgelsymphonie, op. 26
    Preludio, Allegro agitato – mit rhythmischen, dissonanten und synkopierten Akkorden beginnt der 1. Satz. Es folgen im Streicherklang registrierte ruhige Akkordfolgen, ohne krasse Dissonanzen, die Synkopen kehren wieder und werden von Flöten- und Streicherregistern abgelöst, jeweils mit anderen kleinen Themen. Es ist ein insgesamt im musikalischen Aufbau unruhiger Satz, der aber mit kräftigen Dur-Akkorden endet.


    Intermezzo, Tres modere – das tiefe Pedal, die recht einheitliche Registrierung und das gemächliche Tempo erzeugen eine entspannte Atmosphäre, alle diese Parameter werden im Mittelteil sehr stark verändert, was einen fast beängstigenden Höreindruck erweckt – das Intermezzo endet aber mit der Wiederholung des anfänglichen Charakters.


    Toccata, Tres anime – rhythmisch äußert unruhig (und für mich schwer einzuordnen). Zu den klopfenden/hämmernden Figuren (das kommt einem Ostinato gleich) im Manual kommen im Pedal dissonante Akkordfolgen. Im Mittelteil beruhigt sich das Geschehen, was aber nicht von langer Dauer ist; der rhythmische Widerstreit wiederholt sich. Nach sehr hektischen Läufen im Manual stabilisiert sich der Satz zum Ende in fff-Dur-Akkorden.


    Aus op. 28 – 79 Choralvorspiele – sind nun 8 meist sehr kurze Choralvorspiel zu bekannten Chorälen zu hören (es sind also keine Choralkompositionen, wie das noch im 19. Jahrhundert bei den frz. Orgelkomponisten üblich war); wobei die Choralmelodie im Sopran- oder Tenorregister zu liegen kommt.


    Ben van Osten spielt auf der Orgel der St. Patrick’s Kathedrale, Dublin
    http://de.wikipedia.org/wiki/S…80%99s_Cathedral_(Dublin)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auch hier gilt der 1. Absatz im Beitrag 1; es geht nun aber hier zur 2. CD (CD Volumen 4 der Reihe):


    Sieben Stücke, op. 27
    Souvenir – ein in leicht melancholischem Charakter ruhig dahin fließendes Orgelstück, das sich in Tonart und -geschlecht kaum festlegt, wie sich auch ein Souvenir schlecht einordnen lässt – was kann alles ein Souvenir ein. Dieses Souvenir endet jedenfalls sehr friedlich in Dur.
    Marche - der Marschrhythmus ist unverkennbar – militärisch oder gar heldisch klingt aber anders. Ich höre es z. T. als antimilitärisch, obwohl das „patriotische“ immer wieder durchklingt – und so endet es auch, nach einer unvermuteten (Denk-?)Pause, sehr bestimmt.
    Pastorale – wo höre ich da den Zuspruch des „Hirten“ – er bleibt im Unbestimmten, mehr Fragenden, so höre ich zumindest das Stück, trotz des Dur-Endes.
    Carillon – das beginnt absolut tonmalerisch, nur das tiefe Pedal ist beim echten „Glockenspiel“ wohl kaum zu hören. Der streng eingehaltene Rhythmus lässt die Arbeit des wahren Glockenspielers ahnen. Das einfachste Stück ist es für den Organisten aber auch nicht und er beendet es in freudigem Dur (ob des Gelingens).
    Canon – ohne Noten kann ich mich nicht festlegen ob es nicht ein 3-stimmiger Kanon ist; auf jeden Fall klingt das Stück kanon- oder fugenartig.
    Legende – ein religiöse/s Erzählung/Märchen; die Oberstimme des Manuals hat etwas von „Heiligenschein“ an sich, so flüstert mir der Märchenerzähler zu und endet in Quint-Oktavlage.
    Final – das sind ungewohnte Töne innerhalb dieser 7 Stücke, mittig sind aber eher hier schon bekannte Klänge zu hören. Das Stück hat aber dann tatsächlich ein festlich, finales Ende.


    Ben van Osten spielt auf der Orgel der St. Patrick’s Kathedrale, Dublin.


    So klingt das Glockenspiel (Carillon) auf einer Cavaille-Coll-Orgel, gespielt vom Komponisten.
    https://www.youtube.com/watch?v=pxBjqrPAUg8


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auf dieser CD erklingt vornehmlich weihnachtliche Musik; das passt zwar nun zur Jahreszeit überhaupt nicht, aber ich will mit den Threads „Französische Orgelmusik“ zu Ende kommen.


    Auch hier gilt der 1. Absatz im Beitrag 1; es geht nun aber hier zur 3. CD (CD Volumen 6 der Reihe);Ben van Osten spielt auf der Cassavant-Orgel der Eglise Saint-Jean-Baptiste, Montreal:


    Es gibt 17 Choralvorspiele aus op. 28 „79 Chorales“ zu hören, außerdem 6 Antiphone für die Weihnachtszeit op. 48; es handelt es sich um kurze Stücke für den kirchlichen Gebrauch (ohne großen kompositorischen Aufwand bei op. 28), aber abwechslungsreich registriert, was insbesondere für op. 48 gilt.


    Offertorium für das göttliche Kind, ohne op. – eine zu Anfang und am Ende sehr festliche Musik, mit im Mittelteil nachdenklichen Passagen (es könnte als Orgelvorspiel zu einer Weihnachtsmesse gedacht sein?); die Registrierung ist den unterschiedlichen Teilen gut angepasst.


    11 Variationen über ein Weihnachtslied, op. 20 – ein mir sehr bekanntes kirchliches Weihnachtslied, trotzdem ist mir der Name des Liedes nicht eingefallen (wer kann helfen?). Nach der Melodie und der Harmonik muss es sich um ein Lied aus dem 15./16. Jahrhundert handeln. Die Variationen betonen z. T. das Alter der Melodie, andererseits gibt Dupre auch modern klingende Variationen, was sowohl die Harmonik als auch den Rhythmus betrifft. Die letzte Variation ist sehr mächtig in der Form einer Passacaglia – eine äußerst abwechslungsreiche Registrierung - das beste Stück auf der CD.
    https://www.youtube.com/watch?v=7bVGHxtTAK4 Ein ziemlich zügiges Tempo!



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler