Journalistische Aktivitäten der Taminos!

  • Gespräch
    mit Jongmin Park, Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper



    „Ich werd‘ ein hochberühmter Mann“


    singt der Schulmeister Baculus in Lortzings „Wildschütz“. Fast ist man versucht, diese Aussage als Prognose für die Karriere des jungen Bassisten Jongmin Park zu verwenden. Nach seiner Mitwirkung im Konzert Bassissimo im Schlosstheater Schönbrunn am 12. November 2014 wurde das Gespräch mit diesem Senkrechtstarter im tiefen Fach des Operngesangs geführt.



    Herr Park, gestern waren Sie im Konzert Bassissimo im Schloßtheater Schönbrunn zu erleben. Drei Tenöre, fünf Tenöre, ja bis zu 10 Tenöre ist man bereits gewöhnt. Vier Bässe in einem Konzert sind schon etwas Besonderes. Wie war das Gefühl, zusammen mit drei anderen ausgezeichneten Bassisten auf der Bühne zu stehen?


    Vier Bässe in einem Konzert sind tatsächlich sehr selten. Deshalb war es interessant, mit den Kollegen gemeinsam zu singen. Ich meine, dass jeder von uns sein Bestes gegeben hat, um das Publikum zu erfreuen. Aus dem Beifall und den Reaktionen der Zuhöre schließe ich, dass das Experiment mit uns vier Bässen gut aufgenommen wurde.



    Das Konzert wurde auch zum Gedenken an die großen Bassisten Otto Edelmann und Gottlob Frick gegeben. Von diesen berühmten Sängern wurden auch Aufnahmen in Bild und Ton eingespielt.
    Was denken Sie, wenn Sie solche Größen hören?


    Die Aufnahmen solcher Künstler haben Vorbildcharakter. Es sind Lehrbeispiele für uns junge Sänger. Zum Beispiel bei der Technik, der richtigen Stimmbildung, bei Musikalität und Charakter der Rolle.



    Nachdem ich Sie hörte, habe ich den Eindruck, dass Ihre Stimme bereits heute ein dunkel timbrierter Basso profundo ist. Sehen Sie das auch so?


    Die Stimme tendiert in dieser Richtung. Ich bin mir jedoch noch nicht ganz sicher, ob das letztlich auch so weitergehen wird. Bei mir ist
    die Entwicklung noch nicht abgeschlossen und ich lerne aus jeder neuen Rolle, ja praktisch aus jedem Auftritt.



    Sie sind 1986 in Seoul / Korea geboren. Wie kamen Sie mit der Musik unseres Kulturkreises in Verbindung?


    Ich besuchte schon sehr früh Konzerte für Kinder und Jugendliche mit klassischer Musik in Opernhäusern und Konzerthallen. Es kamen viele internationale Künstler zu uns nach Korea und ich konnte viele davon hören. Geboten wurden nicht nur trockene Konzerte, sondern es waren oft Sprecher dabei, die über Musik und Handlung spannend erzählten. Dadurch entwickelte sich bei mir bald das Interesse an dieser Musikrichtung.



    Stammen Sie aus einem musikalischen Elternhaus?


    Ja. Meine Mutter ist Sopranistin und unterrichtet an der Hochschule für Musik in Korea. Jeden Morgen ließ meine Mutter klassische Aufnahmen spielen. Durch die Tätigkeit meiner Mutter hörte ich zu Hause ständig Gesangsübungen und habe da oft mitgesungen. Ich war von klein auf von Musik und Gesang umgeben; dadurch wurde meine Liebe zu Musik und Gesang schon früh geprägt.



    Wie war Ihre gesangliche Ausbildung?


    Ich studierte in meiner Heimatstadt Seoul Gesang und war Mitglied der Mailänder Accademia Teatro alla Scala.



    Sie errangen zahlreiche wichtige Preise. Welche waren das?


    Die wichtigsten waren 2011 der 1. Preis beim internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb in Russland und der Wagner-Award beim Placido Domingo-Operalia-Wettbewerb. Im Sommer 2014 gewann ich den 1. Preis, sowie den Publikumspreis und Spezialpreis beim Otto-Edelmann-Gesangswettbewerb in Wien.



    Nach dem Studium kam Ihre
    Karriere erstaunlich schnell in Gang. Welches waren die Stationen?



    Ich startete
    in Korea mit kleinen Rollen. Zu Beginn der Spielzeit 2010/2011 wurde ich ins Ensemble der Hamburgischen Staatsoper engagiert. Hier
    durfte ich drei Jahre lang bereits Partien wie den König in Aida, Sarastro ,
    Sparafucile und Masetto singen. Außerdem gastierte ich regelmäßig in Korea
    sowie im Moskauer Bolschoi-Theater und im Mariinsky-Theater St. Petersburg. Nach meinem erfolgreichen Debüt als Colline im
    November 2011 wurde ich für die Spielzeiten 2013/2014 als Ensemblemitglied an
    die Wiener Staatsoper engagiert und sang an diesem berühmten Haus Zuniga, Don Basilio, Don Bartolo, Truffaldin. 2013
    sang ich in Tokyo Rossinis Stabat Mater
    mit dem NHK-Symphonie Orchester unter dem Dirigenten Myung-Whun Chung. 2014 durfte ich erstmals am Royal Opera House
    Covent Garden in London singen. Als Konzertsolist bin ich ebenfalls
    international tätig.



    Steht schon fest,
    welche weiteren Rollen Sie in absehbarer Zeit an der Wiener Staatsoper singen
    werden?



    Diese Saison ist sehr wichtig für mich, weil neben den Rollen, die bereits genannt
    wurden, unter anderem so bedeutende
    Partien wie Sir Giorgio in I Puritani und Fürst Gremin in Eugen
    Onegin zusätzlich dazu kommen und ich damit mein Repertoire erweitern kann. Außerdem
    werde im April 2015 einen Soloabend im Gläsernen Saal des Musikvereins geben, auf den ich mich bereits sehr freue.



    Welche Rollen wollen
    Sie in absehbarer Zeit angehen und was sind die langfristigen Träume?



    Im Bereich
    des Möglichen liegen die leichteren Verdi-und Wagner-Rollen, hier denke ich
    z.B. an Banquo, Ferrando, Ramphis, Daland, Fasolt und Landgraf. Längerfristig
    wären dies z.B. Partien wie Philipp in Don Carlos und Gurnemanz in Parsifal. Aber das sind in der Tat heute
    noch Träume.



    Wie studieren Sie Ihre
    Rollen?



    Zunächst lese ich den Text. Dabei habe ich immer das
    Wörterbuch zur Hand, um noch unbekannte Wörter zu verstehen. Komme ich dabei einmal nicht
    weiter, frage ich hilfsbereite Kollegen. Bis jetzt hat es noch immer geklappt. (Anmerkung des Verfassers: Wie gut
    das klappt, erlebte man im Konzert Bassissimo, weil Jongmin Park darin mit
    ausgezeichneter Artikulation und Wortdeutlichkeit überzeugt hat.)



    Daneben beschäftige ich mich mit der
    Geschichte des Werkes. Danach folgt das
    Studieren der Noten und zuletzt die Arbeit mit dem Korrepetitor.



    Haben Sie sängerische
    Vorbilder?



    Ich sehe mir
    schon DVDs an und höre CDs. Aber das
    kann gefährlich werden, wenn man versucht, stark zu imitieren, dann kann man
    Eigenheiten und sogar Fehler übernehmen. Meines Erachtens sollte ich als junger Sänger
    mir nur Anregungen und Ideen holen. Vorbildcharakter haben für mich Sänger wie
    Siepi, Carreras und im deutschen Fach Frick und Edelmann.



    Bässe singen in der
    Oper schwerpunktmäßig Könige, Priester, Bösewichte, Finsterlinge, Philosophen,
    Trunkenbolde, alte Plumpsäcke, Schwerenöter, also die älteren Charaktere. Wie
    kommen Sie als junger Sänger damit zurecht?



    Ich bin der
    Meinung, dass man die Stimme nicht künstlich alt erscheinen lassen soll. Auch bei der Gestaltung der älteren
    Charaktere muss ich als junger Sänger
    meine persönliche Authentizität und Glaubwürdigkeit behalten.
    Wie bereits gesagt, singe ich heute ja eher noch die leichteren Partien.
    Der Regisseur unterstützt bei der Erarbeitung und Maske und
    Kostüm tun das Weitere.



    Bekommt ein junger
    Sänger wie Sie an den großen Häusern genügend Probenzeit, um in die
    Inszenierung hinein zu wachsen?



    Das hängt
    davon ab, wie schnell und intensiv man studiert und lernt. Ich kann lange Zeit
    üben, studieren und lernen ohne müde zu werden, weil ich die Musik liebe und
    das ist die beste und stärkste Motivation.



    Wie soll die Karriere
    jetzt weitergehen? Fest angestellt an einem Haus oder bereits freischaffend?



    Seit einem
    Jahr bin ich verheiratet. Da hat die
    Familie einen ganz hohen Stellenwert. Das ist einer der Gründe, warum ich zur
    Zeit die Festanstellung an einem Haus wie der Wiener Staatsoper bevorzuge.
    Später möchte ich auch mehr gastieren, ob aus der Festanstellung heraus oder
    als freischaffender Sänger, das weiß ich noch nicht.



    Wenn Jongmin Park drei
    Wünsche frei hätte, welche wären das?



    1. Kein Mensch auf der Welt soll mehr
    Hunger leiden.



    2. Nord- und Südkorea soll wieder
    vereinigt werden, wie dies in Deutschland verwirklicht wurde.



    3. Ich hoffe, dass möglichst viele junge
    Menschen früh an klassische Musik herangeführt werden. Wenn ich dazu etwas beitragen
    könnte, wäre ich glücklich.



    Wer die ausdrucksstarke Stimme und Gestaltung von
    Jongmin Park im Konzert oder auf der Opernbühne
    erleben durfte, versteht, warum dieser erst 28 jährige Bassist an einem
    Haus wie der Wiener Staatsoper bereits in großen Rollen eingesetzt wird. Dieser
    positive Eindruck wird durch die persönliche Begegnung mit dieser
    natürlich-sympathischen, bescheidenen, nachdenklichen und klugen
    Sängerpersönlichkeit – die er trotz seiner Jugendlichkeit schon ist – noch mehr verstärkt, sodass man gerne glaubt, dass die Prognose „Ich werd‘
    ein hochberühmter Mann“ auf’s Schönste
    in Erfüllung gehen könnte.



    Hans A. Hey

    Erschienen im "Neuen Merker Wien" 12/2014

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