Gustav Mahler: 7. Sinfonie e-Moll – Lied der Nacht

  • Hallo, liebe Musikfreunde,


    wie in einer Windstille entstand 1905 diese Sinfonie. Die 5. und 6. waren bereits geschrieben, aber noch nicht aufgeführt. Die in der 6. vorausgeahnten 3 Schicksalsschläge trafen erst zwei Jahre später (Tod der Tochter, Herzkrankheit festgestellt, Bruch mit der Wiener Hofoper).


    Einen oder zwei Sommer lang hoffte Mahler im Urlaub am Wörthersee, Zuflucht bei der Nacht zu finden, um vor dem blendenden Licht des Tages und des Lebens und ihren Prophezeiungen geschützt zu sein. Es ist schwer, hierfür ein Bild zu finden, am nächsten kommt vielleicht Anselm Kiefer:



    Anselm Kiefer: Johannes Nacht


    Wen nicht bereits die ersten Takte in ihren Bann ziehen, der wird auch kaum mehr im weiteren einen Zugang zu diesem Werk finden. Bisweilen wird es aufgrund seiner kammermusikalischen Züge in der Nähe der 4. Sinfonie gesehen, aber der erste Satz ist wie eine Umprägung der 3. Sinfonie. Ging es dort über dem Attersee voller Lebenskraft in die Steilwand des Höllengebirges hinein, dessen Felsen Mahler schließlich glatt „wegkomponiert“ hatte, wie er Bruno Walter sagte, als er von ihm dort besucht wurde, um den Weg zu finden zu den Blumen und den Tieren und schließlich dem, was dem Menschen gesagt wird:


    „O Mensch! Gib acht! Was spricht die tiefe Mitternacht? ‚Ich schlief, ich schlief – aus tiefem Traum bin ich erwacht: Die Welt ist tief, und tiefer als der Tag gedacht.“


    so geht hier umgekehrt der Weg aus dem Tag und dem Leben in die Nacht hin. Da ist kein Aufwachen, sondern tiefe Sehnsucht Schlaf zu finden. Kein Aufwachen, um die Mitternacht sprechen zu hören, sondern er legt sich nieder und möchte das Lied der Nacht hören, die nicht über den Menschen spricht, sondern sich in immer weitere Einsamkeit zurückzieht und abwendet. In ihren Gesang einstimmen und nie wieder zurückkehren müssen.


    Wie viele schlaflose Nächte möchten vorangegangen sein, in denen der Kopf hin und her geschlagen war im Rhythmus eines Trauermarsch. Auch hier wählt Mahler einen Trauermarsch. Doch wie langsam sind die Schritte geworden. Die Steigerungen des Orchester klingen wie Erinnerungen an vergangene innere Kämpfe, von deren Anstrengungen er nur noch die Müdigkeit zurückzubekommen hofft, um mit ihr in die Nacht zu finden.


    Nacht nicht mehr als Fahrt durch das dunkle Meer, wie die Sonne hinter dem untergegangenen Horizont, ein zeitlich befristeter Tod, an dessen Ende ein neuer Tag aufbrechen wird, sondern als die andere Heimat, nachdem alle Heimat im Leben verloren gegangen ist.


    Während in den Verzweiflungsmomenten der vorangegangenen Sinfonien Anklänge an Choräle zu hören waren, eine letzte Hoffnung auf religiöse Gefühle und von ihnen ergriffen zu werden, gibt es in dieser Sinfonie nirgends mehr auch nur eine Andeutung von Hintergründigkeit. Das Horn schallt herein, Kuhglocken stellen allen Fortschritt der Zivilisation – hier verstanden als Kultivierung der Instrumente – infrage: Hier vermögen sie mehr auszudrücken als die entwickeltsten Techniken der Musikgeschichte. Die Nachtmusiken und das Scherzo der drei mittleren Sätze sind erkennbar die letzte verbliebene Schicht des Komponisten, das Lied der Nacht noch in halbwegs erkennbare und gestaltete Melodien und Töne zu bringen.


    Da sein Gestaltungswille nie zur Ruhe zu kommen vermag, kann auch hier die innere Unruhe schließlich nicht besänftigt werden. Die Tragödie dieser Sinfonie liegt im Verfehlen des Liedes der Nacht. Machtlos wird sie erschlagen vom „Triumph“ des Finale.


    Selbst bei Mahler-Freunden blieb diese Musik umstritten. Während über die Fünfte, Sechste, Erste, Zweite oder Neunte oder die Lieder sich viel zu lesen findet, kam die Siebte nicht recht aus einem Schatten-Dasein heraus. Für mich ist jedoch nirgends wie hier die persönliche Stimme von Mahler zu hören.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Salut Walter,


    ich mag die 7. eigentlich auch mit am liebsten, gleich nach der 9. bzw. 10. Zuletzt hörte ich sie live in Bonn unter Dennis Russell Davies [schon ein paar Tage her...] - das Finale war wirklich ein Triumph. Als Einspielung höre ich gelegentlich Raphael Kubelik aus diesem Einspielungsblock, der 2000 wieder aufgelegt worden ist:



    Ich habe noch die Vorgänger-Edition, der Preis scheint nahezu unverändert.


    Einziger "Nachteil" dieser Edition ist, dass das "Lied von der Erde" nicht enthalten ist.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,


    obwohl ich bei den meisten anderen Mahler-Sinfonien anderen Dirigenten deutlich den Vorzug einräumen würde, so schätze ich bei der großartigen 7. Mahlers Claudio Abbados erste Einspielung wohl am meisten.



    Ihm gelingt hier die perfekte Synthese zwischen Ausdruck und Partitur-Ausleuchtung. Man hört damit die Sinfonie völlig neu. Ohnehin ist das Chicago SO durch Georg Solti ein bedeutender Mahler-Klangkörper.


    Viele Grüße aus Wien


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Zitat

    Original von Ulli


    Einziger "Nachteil" dieser Edition ist, dass das "Lied von der Erde" nicht enthalten ist.


    Hallo Ulli,


    das liegt daran, daß Kubelik das Lied der Erde nicht für die DGG aufgenommen hat.


    Von diesem Werk ist lediglich ein Live-Mitschnitt bei http://www.audite.de erhältlich (mit Janet Baker und Waldemar Kmentt), den ich im entsprechenden Thread ausführlich beschrieben habe und jedem Liebhaber wärmstens ans Herz legen kann.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Danke!


    :jubel:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Wo ich Kubelik und das Label "Audite" erwähnte: Der Live-Mitschnitt der 7. Sinfonie vom 05. Februar 1976 verdient imo besondere Beachtung.



    Wie ich hier und dort bereits bemerkte, konnte ich den Mahler Aufnahmen Kubeliks bei der Deutschen Grammophon nie sonderlich viel abgewinnen, weil ich mit der Klangqualität nicht zufrieden war.


    Kubeliks Interpretationsansatz bei der 7. Sinfonie würde ich als fast schon "positivistisch" bezeichnen.


    Auffallend sind die recht fixen Tempi, die Kubelik wählt.


    19'48'', 15'27'', 09'23'', 11'53'' und 16'27'' Bei Abbado (CSO) sind es


    21'27'', 16'37'', 08'55'', 14'01'' und 17'45''


    Bei Kubelik wirkt die Musik quasi aus sich selbst heraus. Es ist ein stetiger Fluß, ein permanentes Vorwärtsstreben, vorhanden. Während bei Abbado verschiedene Effekte (das schattenhafte Scherzo, die wechselnden Stimmungen der zweiten Nachtmusik) exponiert hervor gehoben werden, enstehen sie bei Kubelik aus dem musikalischen Fluß, eher aus sich selbst heraus.
    Die Effekte sind milder, aber nicht abgemildert oder unterdrückt, im Gegenteil, Kubelik vernachlässigt keines der vielen Details.


    Selbst das wegen der Überschwänglichkeit und der stellenweise zu strahlenden Euphorie oft mißverstandene und wenig geliebte Finale fügt sich harmonisch in das Gesamtgebilde ein. In einer Rezension heißt es dazu "Hier findet sich keine übertriebene pathetische Orchesterorgie, sondern ein zügiger Festtanz."


    Die Formulierung trifft es imo auf den Punkt.


    Die Klangqualität gerät für das Alter sehr gut. Das Orchester ist gut gestaffelt, das Klangbild räumlich und transparent.
    Daß hier wirklich "live" gespielt wurde, merkt man an einem vereinzelten Huster (ich habe jedenfalls nur einen wahr genommen) und daran, daß das Blech im letzten Satz selten leichte Ermüdungserscheinungen zeigt.


    Beides nehme ich aber wegen des spontanen Livecharakters und des gelungenen Interpretationsansatzes gerne in Kauf.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hat einer von euch gestern die Übertragung der siebten Sinfonie Mahlers unter Claudio Abbado aus Luzern gesehen?


    Ich muss gestehen, dass ich das Werk nicht so richtig gut kenne, aber diese Aufführung hat mich begeistert. Muss mich mal mehr reinvertiefen in dieses Stück, wenn die Zeit dafür da ist. Auffällig vor allem die effektvolle Orchestrierung inklusive Mandoline und Gitarre.


    An Aufnahmen habe ich Bernstein, Tennstedt, Masur und Abbado, von denen mir spontan Bernstein am meisten zusagt und Masur am wenigsten. Abbado kam mir gestern im Fernsehen überzeugender vor als bei seiner Aufnahme mit dem Chicago Symphony Orchestra, es ist aber immer schwer, eine Tv-Aufzeichnung mit einer Cd zu vergleichen.


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Ich habe die Übertragung der 7. aus Luzern mit Abbado gesehen.


    Die Übertragung hat bei mir das Interesse an der siebten wieder belebt. Abbado gewinnt der Mahlermusik in seinen neueren Aufnahmen doch immer wieder neue - auch überraschende - Seiten ab, obwohl die großen Linien dabei eher zu Gunsten der Details in den Hintergrund treten. Das ist herrlich für Leute, die diese Sinfonien bereits eingehend kennen und eine große Vertrautheit damit haben. Für den Erstzugang könnte das schwieriger sein, obwohl ich das nicht mehr so recht einschätzen kann, weil ich mir kaum mehr vorstellen kann, wie sich die Musik beim ersten Anhören darstellt.
    Ich habe dann nach der Fernsehaufzeichnung die ältere Abbado-Aufnahme mit dem CSO gehört. Das hat mich deutlich weniger angesprochen, wesentlich pauschaler - weniger Detaillebendigkeit. Für mich liegt das Problem mit dieser Sinfonie u.a. darin, dass es weniger an stringenten thematischen Zusammenhängen gibt, an Themen, die zitiert und in veränderten Formen wiederkehren. Wie schon gesagt, das Urteil über diese Sinfonie ist gespalten. Adorno hat sich an dem C-Dur Schluss gestossen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe; für Schönberg und für Scherchen muss diese Sinfonie offenbarend gewesen sein.


    Empfehlenswerte Aufnahmen sind sicher die Aufnahme mit Simon Rattle und dem City of Birmingham Orchestra (EMI 1992) und auch die Aufnahme mit Hermann Scherchen (DG 1954). Ich weiss nicht (und habe auch noch nicht nachgesehen), ob es die neuere Abbado mit dem Luzerner Festival Orchestra bereits auf CD gibt.


    In der Reihe BBC-Legends gibt es dann noch die Aufnahmen mit Horenstein (1969) und Barbirolli (1960). Na ja und natürlich Solti, Bernstein und die anderen. Die Horenstein-Aufnahmen sind für mich bei Mahler insgesamt immer von höchstem Interesse, weil sowohl Detailgenauigkeit wie die großen Linien sehr überzeugend zusammen gebracht werden. Die Aufnahmen von Kubelik, Tennstedt, Gielen und Masur kenne ich nicht. An Masur hätte ich von vornherein nur wenig Erwartungen (bei Mahler).


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Zitat

    Original von MStauch
    Ich weiss nicht (und habe auch noch nicht nachgesehen), ob es die neuere Abbado mit dem Luzerner Festival Orchestra bereits auf CD gibt.


    Ich denke mal, daß sie nicht auf CD erscheinen wird, weil es von Abbado und den Berliner Philharmonikern bereits eine Live-Aufnahme aus 5/2001 gibt und eine Neuaufnahme selbst für Abbado-Verhältnisse wohl mit zu kurzem Abstand erscheinen würde...


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    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Bayern 4 Klassik brachte am 7.6.2006 eine Studioaufnahme vom Februar 1976. Rafael Kubelik dirigierte damals das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Gespielt wurde Gustav Mahlers Symphonie Nr. 7 e-Moll. Kennt man Kubeliks einige Jahre zuvor entstandene mittlerweile historische Gesamtaufnahme der Mahler-Symphonien (die erste europäische Gesamtaufnahme!), die in vielen Werken eine gewisse Distanz spüren lässt, ist man zunächst überrascht von der großartig aufwühlenden, wunderbar vollblütigen Interpretation. Die Musiker sind „ganz drin“, durchleben die Musik total. Welten tun sich auf im ersten Satz, zwischen der Düsternis voll martialischem Impetus und irrlichterndem Traum. Kubelik gibt der Musik Atem, und er gibt ihr echte Größe. Die erste Nachtmusik, der zweite Satz, kommt aus der Natur, von der Alm – oder doch aus der Märchen- und Sagenwelt? Deutlich hört man das Stimmengeflecht. Vielleicht sind es die Tontechniker, die in ungewohnter Weise einige Male sonst eher untergehende Nebenstimmen in den Vordergrund stellen. Was im zweiten Satz skurril war, wird im dritten zum illusionistischen Spuk. Im wahrlich traumhaften Sehnsuchtstanz der zweiten Nachtmusik sind wieder skurrile Gestalten dabei. Die ausgelassene Fröhlichkeit des Finalsatzes macht nicht richtig glücklich: Lacht der Komponist nicht gleichzeitig über die Musik? Man weiß nicht recht, wie man dran ist. Nichts ist sicher. Das ist das Faszinierende am Großteil der Mahler-Musik.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

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  • Das ist meine Lieblingssinfonie von Mahler. Und am großartigsten finde ich die von Horenstein (BBC-Legends), wo endlich einmal die Nachtstücke auch solche erschreckende sind !

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Norbert:


    So schnell geht das. Jetzt gibt es doch die 7. Mahler mit Abbado und dem Lucerne Festival Orchestra - Aufnahme vom 17./18. August 2005 als DVD (JPC und amazon).


    Ich habe gerade heute die DVD bekommen und werde sie gleich mit Genuß einlegen. Einen Teil habe ich bereits im Fernsehen gesehen und der war schon fulminant.


    Bin gespannt. Der späte/neue Abbado mit Mahler ist für mich wirklich unverzichtbar - trotz vieler Alternativen im Regal.


    Liebe Grüße


    Matthias


    P.S.:
    Für mich stellt sich schon wieder die Frage, mit welchem DV-Programm ich aus dieser DVD für mich eine CD allein mit dem Audioteil extrahieren kann. Ich möchte ja nicht immer mit Bild sehen - und der DVD-Player hat auch die deutlich schlechtere klangliche Wiedergabe im Verhältnis zum CD-Player. Vielleicht hilft mir jemand noch einmal auf die Sprünge.

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • MAHLER Sinfonie no.7 [Michael Gielen, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg]
    Studioaufnahme: Hans-Rosbaud Studio, Baden-Baden (19.-23.04.1993)
    HänsslerClassic // 1993 bzw. 2001 // [D][D][D]


    [21:53]-[16:42]-[9:41]-[12:55]-[18:14] =>> Gesamtspielzeit: [79:25]


    Michael Gielen gilt, wem sage ich das, als kühler Analytiker à la Pierre Boulez; man mag ihm vorschnell
    vorwerfen, Musik zu sezieren, anämische Klänge zu fabrizieren, die einem symphonischen Lebewesen
    den Atem nehmen, es quasi zu einem statischen Gerippe zu degenerieren um somit strukturelle Eigenheiten
    verdeutlichen zu können.


    Bei der siebten Sinfonie hat sich dieser Ansatz für mich in seiner Richtigkeit bestätigt.


    Mein Interesse gilt hierbei vor allem dem ersten Satz. Schon in den einleitenden Takten zeigt sich das
    Vorgehen Gielens: keine wabernde Klangsoße, keinerlei verschwommene Schlieren, stattdessen erlebt man
    atemberaubend akzentuiertes, dämonisch akkurates Spiel bedacht auf äußerst transparente Durchhörbarkeit.


    Gielen setzt diese Linie konsequent fort und erzeugt ein durchgehend kohärentes Ergebnis, das auch dem
    vielfach gescholtenem, als "Kirmeßrubel" verunglimpften Finale zu gute kommt und schafft dabei generell
    mustergültig kontrastierende Konturen, dessen mahlertypische Umschwünge unter die Haut gehen.


    ======================
    Grüße aus dem Ländle.
    Milosz.

    "Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt."
    Arnold Schönberg

  • Für mich sind die wichtigsten Dirigenten dieser Sinfonie:
    H.Scherchen,M.Abravanel,J.Horenstein und K.Kondraschin.
    Diese Dirigenten bringen das gespenstische,das schatten=
    hafte wunderbar zum Ausdruck.
    Kubelik ist mir zu weich,Barenboim auch.
    Gielen und Abbado kommen aber auch noch in die engere
    Wahl.Sie haben natürlich die modernste Tontechnik auf
    ihrer Seite.


    (Das ist alles meine subjektive Meinung.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert!

    Zitat

    H.Scherchen,M.Abravanel,J.Horenstein und K.Kondraschin.


    Jetzt bin ich platt! - Wir haben ja wirklich einen sehr konträren Geschmack, aber das sind genau die vier Dirigenten, die auch ich nennen würde. Wenn zwei von gegensätzlichen Standpunkten zum gleichen Ergebnis kommen, dürfte das wirklich die Spitzenauswahl sein.


    Wir müssen allerdings zwei Details anmerken für alle Forumsmitglieder, die diese Aufnahmen nicht kennen und in die engere Wahl ziehen (ich glaube, Du wirst mir zustimmen): Bei Abravanel spielt das Orchester an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Mich stört das nicht, daß hier um diese Musik gerungen wird. Aber wer einen perfekten Orchesterklang erwartet, ist hier sicherlich fehl am Platz.


    Und bei Horensteins sonst herrlicher Aufnahme (ich beziehe mich auf den BBC-Mitschnitt) schmeißt am Anfang das Tenorhorn, daß man sich von diesem Schock ein paar Takte nicht erholen mag. Auch das stört mich nicht nachhaltig - aber unsere Mit-Taminoianer sollten's wissen.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von MStauch



    P.S.:
    Für mich stellt sich schon wieder die Frage, mit welchem DV-Programm ich aus dieser DVD für mich eine CD allein mit dem Audioteil extrahieren kann. Ich möchte ja nicht immer mit Bild sehen - und der DVD-Player hat auch die deutlich schlechtere klangliche Wiedergabe im Verhältnis zum CD-Player. Vielleicht hilft mir jemand noch einmal auf die Sprünge.


    Hallo Matthias,


    ich habe nach sehr langer Suche neulich endlich ein Programm gefunden, das sehr gut funktioniert. Die CD gab's bei Saturn um nur 10 Euro. Ich schaue morgen nach, wie es heißt und sag's dir dann per PN.
    Es ist sehr einfach zu handhaben, stabil und arbeitet relativ rasch.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.


  • Für mich ist sie - nach nun zweimaligem Durchhören - auch unverzichtbar geworden: Mahlers VII. mit dem Lucerne Festival Orchestra unter Abbado auf DVD.



    Einerseits mag ich solche Aufzeichnungen von Konzerten nicht - was muss ich den Dirigenten auf dem Bildschirm sehen? Andererseits muss man das Bild ja nicht zuschalten, und die Klangqualität dieser DVD, über die Stereo-Anlage abgespielt, ist beispielhaft. Andererseits bringt das Bild hier eine Erkenntnis, die man beim Hören nicht haben kann: Wenn man beim Schlussapplaus sieht, wie Thomas Quasthoff im Publikum vor Freude über diese annähernd perfekte Wiedergabe nur den Kopf zu schütteln weiß (breit lächelnd): das kann man auf CD niemals hören ;) Bisher war ich mit der Aufnahme von Michael Tilson Thomas aus neuerer Zeit immer recht zufrieden....



    ....aber Abbado hat mich die Sinfonie wieder einmal so neu und frisch hören lasse, dass ich kaum von der Aufnahme lassen kann.....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Salut,


    ich kenne kein Musikstück, dass die Freude und das Glück besser herausschreit, als das Finale von Mahlers 7.


    War nur so - ich wollte nicht stören.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Herbert!


    Horenstein ist mein Favort, seit dieser BBC-Mitschnitt herausgekommen ist! Aber Scherchen und Kondrashin kenne ich nicht. Da ich mich schon lange frage, wer Mahler (außer Mengelbegrs 4.) doppelbödig zu interpretieren versteht, statt ihn im romantischen Klangbad schönzufrisieren, bin ich für diese Hinweise sehr dankbar: Auf welchen Labels sind denn diese beiden Aufnahmen erschienen?


    Danke!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Der Kondraschin ist auf der neuen Melodija zu finden. Veröffentlicht wurden da alle Kondrschin-Mahleraufnahmen als Box, also 1, 3-7, 9 (2 und 8 waren den Sowjets zu Kondraschin-Zeiten wohl noch zu religiös, die hat erst Swetlanow in Russland etablieren können).
    Ich empfehle im Prinzip, die Box zu kaufen, weil Kondraschin einige der verrücktesten, vielleicht aber auch interessantesten Mahler-Aufnahmen jenseits des Mainstreams liefert (besonders 4, 6, 7 und 9).
    Die Melodija-Box bekommt man unschwer im Handel; es gibt auch eine Russland-Edition auf Venezija (über Japan zu beziehen), allerdings kenne ich da die Qualität des Remasterings nicht; bei Melodija ist es jedenfalls ziemlich gut.


    Die ausgekoppelte 7 sieht so aus:

    ...

  • ClauS


    Ich habe gerade gestern die DVD wieder angesehen. Auch die Bildaufnahmen sind nahezu perfekt. Wer sehen möchte, wie ein Orchester funktioniert, sollte sich diese DVD ansehen. Die Orchesterstimmen werden sehr anschaulich gezeigt. Ich habe es mit unserem Sohn getan, der in einem Jugendorchester spielt. Das einzige was nicht zusehen ist, ist der Einsatz der Triangeln - und da bin ich eigentlich ganz froh. Die sind - eigentlich als einzige Orchesterstimme - für mich bei Mahler nicht so notwendig. Aber vielleicht sieht das ja auch noch jemand anders.
    Ich habe inzwischen die DVD zur CD extrahiert und kann sie so auf dem doch hochwertigeren CD-Player spielen.
    Die Luzern-Aufnahme der 5. mit Abbado hat mich ja beim ersten Sehen und Hören weniger überzeugt. Kann sein, dass dabei der Zugang über das bloße Hören noch einmal anders sein kann - das werde ich demnächst probieren.


    Mit besten Grüßen


    Matthias


    P.S.: Scherchen, Horenstein und Barbirolli sind hier mit der 7. auch vertreten. Ich muss noch einmal im Vergleich hören und wohl auch noch Kondraschin versuchen, von dem ich bisher nur die 1. habe.

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Hallo Matthias,


    mich würde interessieren,wie Du eine DVD-Aufnahme


    so verbesserst,daß sie sich auf einem CD Player anders


    anhört als vorher.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Mein CD-Player hat einfach einen besseren Klang als der DVD Multiplayer.


    Die Audiospur ist auf beiden Scheiben gleich - sie klingt nur einfach über den CD-Player besser.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Ich habe gestern sehr spät am Abend die siebente in einem Zuge durchgehört. Ich habe noch nie in meinem Leben so schnell Zugang zu einer Sinfonie gefunden. Erst recht nicht zu einer Mahlersinfonie. Die Siebente hat mich sofort in ihren Bann gezogen. In Lieder der Nacht I und im Scherzo gibt es Stellen, die sind so wunderwunderschön, dass es einen glatt die Sprache verschlägt.


    Eine ganz große Sinfonie :jubel:

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Nach einem großartigen Konzerteindruck gekauft und gleich gehört:



    Die CD mit Gustav Mahlers Symphonie Nr. 7 e-Moll mit Daniel Barenboim und der Staatskapelle Berlin (mit Barenboim-Kopfcover, vorne und hinten, wo bleibt Mahler optisch?), aufgenommen in der Berliner Philharmonie am 26. und 27.2.2005 (WarnerClassics 2564 62963-2) bringt eine Interpretation voll leidenschaftlicher Intensität und Präzision (nicht ganz so unmittelbar wie in der Philharmonie am Konzertabend, aber fast)! Großartig, wie Barenboim aus der Partitur zusammen mit dem Orchester packende Musik macht, Musik als Abenteuer, als schillerndes Schauspiel, als bunten Weltenzauber – sehr unmittelbar, ohne Distanz. Das Staunen des Zuhörers wird zum Prinzip. Man ist total gespannt, wie es jeweils weiter geht. Wo marschiert Mahler jetzt wieder hin? Unglaublich – und das alle paar Minuten! Sehr schön kommen die „Neujahrskonzert-Einwürfe“ zum Vorschein. Dazu sticht die Klangdifferenzierung ins Ohr: Barenboim legt großen Wert auf Neben- und Gegenstimmen. Sein Dirigat lebt davon, mit jeder neuen Phrase sofort „drin“ zu sein in der Musik. Sie wirkt organisch, trotz der vielen kleinen Blöcke, die sonst vielfach fremd bleiben untereinander. Hier erwecken sie Neugier und Staunen. Nichts wird nur rein äußerlich dargestellt, alles ist sofort Musik. Diese Aufnahme bedeutet für den Schreiber eine echte Bereicherung der Mahler-Interpretationsgeschichte.


    Bis 15.2. ist diese CD bei JPC noch im verbilligten Angebot.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Guten Morgen.


    Ich weiß nicht so recht warum, aber ich habe irgendwie ein Barenboim-Problem. Richtig zufrieden war ich mit seinen Aufnahmen eher selten. Und die Aufnahme der 7. wird daran kaum etwas ändern. Nachdem ich im Radio Auszüge gehört hatte, habe ich jetzt noch mal reingehört - mir gefällt's überhaupt nicht, zu dröhnend, und für mein Empfinden kein Gedanke, der das Ganze zusammenhält.


    Ich werd gleich mal wieder meine Abbado-Aufnahme in den Player legen. :yes:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Da setze ich doch einfach mal meinen erste Beitrag in diesem Forum hier hinein.
    Erstmal hallo! :hello:
    Kurz etwas zu mir: Ich lese hier schon seit geraumer Zeit mit, hauptsächlich im Bereich klassische Instrumentalaufnahmen. Sinfonische Musik gefällt mir prinzipiell am besten, freilich mit nicht wenigen Ausnahmen. Lieblingskomponisten sind Bruckner, Beethoven und Mahler - in dieser Reihenfolge.


    Nun aber zu Mahlers Siebenter. Eine optimale Einspielung habe ich da noch nicht gefunden. Mir fällt der Zugang zu diesem Werk aber auch nicht so leicht wie bei der 2., 3., 6. und 9. Die beiden Aufnahmen, die mir noch am besten gefallen, wurden allerdings bisher noch gar nicht genannt.


    Am interessantesten vom Ansatz her finde ich Klemperers Einspielung mit dem New Philharmonia Orchestra (9/1968; EMI). Er wählt äußerst langsame Tempi, was den per aspera ad astra Gedanken m. E. unterstreicht (allerdings wird genau dieses Motto dann doch verfehlt, s. u.). Im Booklet wird Klemperers Deutung als "maßgeblich" bezeichnet, da der Dirigent die Uraufführung nebst Proben besucht hatte.
    Hier "röhrt die Natur", beschrieb Mahler seinem Biographen die Einleitung des ersten Satzes. Das kommt bei dieser Einspielung jedenfalls sehr gut heraus, auch durch die aufnahmetechnische füllige Präsenz der Blechbläser. Durch die zurückgenommenen Tempi wird bei dieser Einspielung allerdings auch nach der Einleitung noch ordentlich geröhrt. ;-)
    Jedenfalls machen die ersten vier Sätze bei Klemperer einen sehr geschlossenen Eindruck. Allerdings das Finale - gütiger Himmel! :untertauch: Weshalb er ein praktisch rundum positives Rondo-Finale mit den Tempovorschriften Allegro ordinario bzw. Allegro moderato ma energico quasi wie ein seehr mäßig enthusiastisches Allegretto spielt, ist mir ein Mysterium. Dies, sowie die nicht ganz so differenzierte und zumindest in Sachen Schlagzeug nicht sehr dynamische Aufnahmetechnik ziehen diese Einspielung doch ein wenig herunter. Dennoch, auf jeden Fall eine interessante Sache, sofern man auf langsame Tempi nicht allergisch reagiert.


    Meine Lieblingseinspielung ist die unter Sinopoli mit dem Philharmonia Orchestra (5/1992; DG). Sinopoli kostet Effekte und markante Stellen bis hin zur Plakativität aus (so empfinde ich das jedenfalls). Und das gefällt mir gerade bei dieser Sinfonie sehr. Die Aufnahmequalität sowie die Leistung des Orchesters sind sehr gut, soweit ich das mit meinem bescheidenen Equipment beurteilen kann. So klingt für mich jeder einzelne Satz grandios, und insbesondere der erste Satz ist auch ziemlich bewegend, mit sehr lyrischen Passagen. Ein Gesamtzusammenhang stellt sich allerdings nicht unbedingt ein. Das könnte aber auch an Mahler liegen. :D


    Neben diesen beiden Einspielungen habe ich noch Abbado/CSO 1984, Bernstein/NYPO 1965 +1985, Tennstedt/Philharmonia 1980. Die alten Bernstein-Interpretationen sagen mir gar nichts. Die Aufnahmetechnik gefällt mir nicht, und allzu viel Feuer vermag ich da bei Bernstein auch nicht zu sehen. Da gefallen mir seine späteren Einspielungen deutlich besser. (Das sehen hier wohl nicht wenige anders, wie ich mitbekommen habe.) Von seinen späteren Einspielungen wiederum ist die Siebente eigentlich die einzige, die mir gar nichts sagt. Und bei Tennstedt vermag auch kein Funke zu zünden.



    Noch eine Frage zum Schluss: Eine Einspielung von Mahlers Dritter unter Kleimperer gibt es wohl nicht zu kaufen?! Angesichts der in der Siebten von ihm angeschlagenen Tempi fänd ich das sehr interessant.

  • Werde mich gleich zum Wiener Rathausplatz aufmachen, dort zeigen sie nämlich heute (nach ein paar Schubert Liedern) auf der neuen Großbildleinwand Mahlers 7. mit Claudio Abbado.
    Bin schon gespannt, wenn mich die Interpretation überzeugt hole ich mir eine Einspielung von Abbado.
    Von Mahlers Siebten habe ich ja bisher leider lediglich eine einzige und auch noch wenig zufriedenstellende Aufnahme mit dem Polish National Radio Symphony Orchestra unter Michael Halász. (Naxos natürlich)

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