Mit seiner 8. Symphonie eröffnet Joachim Raff eines der bemerkenswertesten Projekte der sinfonischen Musik, eine sinfonische Tetralogie zu den vier Jahreszeiten. Sie sollte vermutlich die Krönung seines sinfonischen Schaffens werden, warum sie das aus der Rückschau doch nicht wurde, wäre noch zu untersuchen.
Die am 15.3.1877 uraufgeführte knapp 40-minütige Symphonie war jedenfalls gleich ein grosser Erfolg, der das Werk bis nach Amerika trug. Leopold Domrosch schrieb noch im gleichen Jahr an Raff: "...will Ihnen nur mitteilen, dass ich die Freude gehabt habe, Ihre prächtige Frühlings-Symphonie hier (in New York) zu introduzieren, und zwar mit grossem Erfolge...."
Und wer das Werk vorurteilslos hört, wird nachvollziehen können warum. Nach einer sehr schönen langsamen Einleitung, bringt das Hauptthema des ersten Satzes "Frühlings Rückkehr" eine der melodischen Eingebungen, die nur von Raff stammen können und die Tage im Ohr hängen bleiben (jedenfalls bei mir). Daraus entwickelt Raff einen Sonatensatz, in dem fröhlichere und etwas trübere Klänge sich abwechseln, die aber immer wieder zur überschwenglichen Anfangsstimmung zurückkehren. Ich gebe zu, es gibt zwei, drei kurze Stellen, wo das Konstrukt kurz etwas durchhängt und einige akademisch klingende Takte eingefügt sind, aber 80% des Satzes sind erstklassig. Und das gilt für die restlichen drei zu 100%. Der zweite "In der Walpurgisnacht" bring ein Scherzo mit schaurig-bedrohlicher Atmosphäre - Romantik pur. Man darf hier natürlich nicht Berlioz "Hexensabbat" als Vergleich heranziehen, sondern eher die Weber'sche Musik. "Mit dem ersten Blumenstrauss" ist ein Rondo-Sonatensatz mit lyrischem Charakter, eine verträumte Liebeserklärung. Das Finale "Wanderlust" nimmt dann Stimmung und Thema des ersten Satzes wieder auf und führt sie zu durch interessante rhythmische Figuren zu einem gelungenen Abschluss.
Nachdem ich dieses Stück lange nicht gehört hatte, muss ich sagen, dass ich auch dieses zu den Spitzenwerken von Raff zähle und ich kann nicht erkennen, warum die weniger bekannten Symphonien von Dvorak oder Tschaikovsky eindeutig besser sein sollten.
Vier Einspielungen gibt es von dieser Symphonie, die ich auch alle habe und hier trägt eindeutig Stadlmair die Trophäe nach Hause.
clck 26