Annelies Burmeister (1928 - 1988)

  • Annelies Burmeister, 1928 geboren und 1988 gestorben, war eine deutsche Altistin, die ihre wichtigste Wirkungsstätte an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin hatte. Dort trat sie in zahlreichen Rollen ihres Fachs auf, darunter Orpheus, Cornelia, Dorabella, Ulrica, Brangäne, Fricka, Waltraute, Erda, Adelaide. Allzu dramatische Partien mied sie. Dem Vernehmen nach sagte sie die ihr angetragene Amme in der "Frau ohne Schatten" von Richard Strauss ab. Ihre samtig timbrierte Stimme war nicht sehr belastbar, dafür ausgewogen und stilistisch ungemein sicher geführt. Das prädestinierte sie für die großen Oratorien von Johann Sebastian Bach und den Liedgesang. Sie war auch zeitgenössischer Musik gegenüber aufgeschlossen. In der Uraufführung der Oper "Einstein" von Paul Dessau gab sie das Krokodil. In der skandalumwitterten Inszenierung der "Fledermaus" durch Ruth Berghaus , die bei der Premiere 1974 an der Berliner Staatsoper unter tumultartigen Buhstürmen unterbrochen werden musste, hielt sie tapfer professionell als Orlofsky durch. Ich habe sie noch sehr oft auf der Bühne und im Konzert erlebt. Sie hat nie enttäuscht, war immer eine sichere Bank und ein ausgesprochener Liebling des Publikums. Sie konnte auch sehr komisch sein. Im privaten Leben war sie sehr zurückhaltend, fast unauffällig. Sie rauchte Zigaretten. Ging sie auf die Opernbühne, dann wurde sie eine Königin.


    Die Burmeister gastierte in vielen Ländern. In Bayreuth wirkte sie 1966 und 1967 als Fricka im "Ring des Nibelungen" unter Karl Böhm, der bei Philips auf Schallplatten und später auf CD gelangte, sowie in mehreren kleineren Rollen mit. Die Fricka verkörperte sie auch an der Wiener Staatsoper. Otto Klemperer holte sie als Mary für seine "Holländer"-Produktion nach London. Die Liste ihrer weiteren Plattenaufnahmen ist lang - hier eine Auswahl verfügbarer Titel:


    Bilder

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

    Einmal editiert, zuletzt von Rheingold1876 ()

  • Ergänzen möchte ich bezüglich der verfügbaren Aufnahmen gerne noch ihr wunderbares Fischweib in Paul Dessaus Oper "Die Verurteilung des Lukullus":



    In einer sehr ähnlichen Besetzung, ebenfalls von Kegel dirigiert, gab es auch eine Fernsehaufzeichnung mit ihr.


    Von ihren vielen Staatsopern-Rollen könnte man u.a. noch die Maddalena in "Rigoletto", die Magdalene in den "Meisteringern" (die vollständige Fernsehaufzeichnung davon findet sich bei Youtube) und die Annina im "Rosenkavalier" ergänzen - vom Finale des 2. Aktes, also der Brief-Szene, gibt es eine Studio-Aufnahme mit ihr und Siegfried Vogel als Ochs.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nicht zu vergessen, dass sie auch 1966 - 67 in Bayreuth sang: die Fricka, Siegrune, Brangäne. Auch später sang sie andernorts die Fricka und andere Wagnerrollen. Neben Theo Adam und Otmar Suitner war sie die einzige Künstlerin aus dem Osten, die an diesen Festspielen mitwirkte. Der Spiegel gibt näher Aufschluss über die Zeitumstände:


    "(...)das Ost-Berliner Kultusministerium informierte den neuen Herrn vom Grünen Hügel: "Solange sich die neue Festspielleitung nicht öffentlich von den NPD-Umtrieben in Bayreuth distanziert, werden unsere Künstler nicht mehr an den Festspielen teilnehmen." "


    Tatsächlich scheint es in dieser Zeit einen Aufschwung der NPD und ein Wiedererstarken rechten Gedankengutes gegeben zu haben. Der Spiegel:


    "Zurück im neuerdings NPD-starken Bayreuth blieben Winifred und Wolfgang Wagner, um auf ihre Art Wielands Erbe zu pflegen: Frau Winifred, die "noch immer an des Führers Endsieg glaubt" (Wieland Wagner 1965) und noch nie einem jüdischen Sänger die Hand gereicht hat, empfing in ihrem "Braunen Haus" (Bayreuther Volksmund) Gleichgesinnte zum Tee etwa Hjalmar Schacht, die Töchter Görings und Heydrichs oder den britischen Duce Sir Oswald Mosley."


    Quelle:
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46251843.html
    Erhalten ist dieses diskograpische Zeugnis:

  • Es haben noch viel mehr Künstler aus dem Osten in Bayreuth gesungen, z.B.:


    Fritz Hübner, Siegfried Vogel, Spas Wenkoff, Ludmilla Dvorakova, Reiner Goldberg ...


    :hello: LT

  • Nicht zu vergessen, dass sie auch 1966 - 67 in Bayreuth sang: die Fricka, Siegrune, Brangäne. Auch später sang sie andernorts die Fricka und andere Wagnerrollen. Neben Theo Adam und Otmar Suitner war sie die einzige Künstlerin aus dem Osten, die an diesen Festspielen mitwirkte. Der Spiegel gibt näher Aufschluss über die Zeitumstände:


    "(...)das Ost-Berliner Kultusministerium informierte den neuen Herrn vom Grünen Hügel: "Solange sich die neue Festspielleitung nicht öffentlich von den NPD-Umtrieben in Bayreuth distanziert, werden unsere Künstler nicht mehr an den Festspielen teilnehmen." "


    Ich glaube, dass der SPIEGEL hier etwas spiegelmäßig ( ;) ) vereinfacht, zumindest, was die Mitwirkung von Sängern aus dem Osten bei dem Festspielen der Jahre 1966/1967 anbetrifft - auf die Don Gaiferos konkret abhebt. Danke, für diesen Hinweis! :) Suitner war übrigens Österreicher. Der hätte sich von niemandem vorschreiben lassen, wo er aufzutreten hat und wo nicht. Der fühlte sich frei und war frei in seinen Entscheidungen. In den genannten Jahren hat in der Tat auch Ludmila Dvorakova, auf die Liebestraum verweist, in Bayreuth alternierend die Brünnhilde gesungen. Sie war zwar Tschechin, an der Ostberliner Staatsoper aber so etwas wie die Primadonna. In den in Frage kommenden Spielzeiten wären übrigens nach meiner Beobachtung für andere DDR-Künstler gar keine Rollen zur Verfügung gewesen. Da war alles festgezurrt. Mehr ging gar nicht. Nicht zu vergessen, das Festspielorchester bestand zu erheblichen Teilen aus DDR-Musikern. Mitte der 1960er Jahre war eine komplizierte Zeit in Europa. In Prag kündigten sich kühne Umwälzungen an, die Moskau und seine Satelitten in helle Aufregung versetzen. Auch vor diesem Hintergrund wurden die Nazivorwürfe Richtung Bayreuth, deren Hintergründe ja überhaupt nicht neu waren, strapaziert. Sie mussten immer dann herhalten, und das nicht nur in Bezug auf Bayreuth, wenn sich die DDR unter Druck gesetzt fühlte. Lief alles gut, scherte sich die DDR nicht darum.

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  • Es haben noch viel mehr Künstler aus dem Osten in Bayreuth gesungen, z.B.:


    Fritz Hübner, Siegfried Vogel, Spas Wenkoff, Ludmilla Dvorakova, Reiner Goldberg ...


    :hello: LT


    Lieber Liebestraum,


    das ist natürlich richtig, ich hatte, aufgrund der Ausführungen des Spiegels, auch diesen Umstand speziell auf die Jahre 66 - 67 bezogen, aber natürlich kann es sein, wie Rheingold ja zu bedenken gibt, dass dies auch nicht ganz zutrifft. Interessant finde ich es jedoch schon, dass in diesen Jahren ein Aufschwung der NPD scheinbar spürbar war, bevor es dann zu der 68er Bewegung kam.

  • Das Antifaschistische wurde in der DDR ja gerne stark betont, und das richtete sich nicht nur gegen die (auch eigene) Vergangenheit, sondern speziell gegen den westlichen Nachbarstaat.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Annelies Burmeister, die in diesem Jahr 85 Jahre alt geworden wäre, starb am 16. Juni 1998. Zu ihrem Todestag habe ich diese Aufnahme aus meiner Sammlung ausgesucht:



    Heute ist ihr 17. Todestag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi, Du weißt ja, ich bin, was Geburts- und Sterbedaten anbelangt, längst nicht mehr so pingelig wie einst. In diesem Falle erlaube ich mir aber den Hinweis darauf, dass Annelies Burmeister bereits 1988 gestoben ist.


    Dir einen sehr schönen Tage!

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • In diesem Falle erlaube ich mir aber den Hinweis darauf, dass Annelies Burmeister bereits 1988 gestoben ist.

    Dieser Hinweis ist zweifellos zutreffend, sie hat Wende und Mauerfall nicht mehr erlebt.


    Und noch ein zweiter Hinweis: Da sie am 25. Novemer 1928 geboren ist, wäre sie in diesem Jahr nicht 85, sondern 87 Jahre alt geworden!


    https://de.wikipedia.org/wiki/…es_Burmeister#cite_note-1


    Nach anderen Quellen, z.B. Seegers Opernlexikon, ist sie tatsächlich erst 1930 geboren - das könnte dem damaligen Trend der Opernsängerinnen geschuldet sein, sich etwas jünger zu machen.


    Wie auch immer: Egal, ob sie schon 1928 oder erst 1930 geboren ist, sie ist in jedem Fall schon 1988 gestorben.


    Ein Abgleich mit den bisherigen Beiträgen der Rubrik kann da hilfreich sein, "Rheingold1876" hat die Lebensspanne der Kammersängerin mit 1928 - 1988 klar und meines Wissens korrekt umrissen. Wenn man davon abweichende Angaben einstellt, wäre zumindest eine Begründung dafür nicht verkehrt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Ich war in der Tat sehr spät dran, wie man an den Uhrzeiten meiner Erinnerungen sehen kann, da ich von einem Konzert in Köln kam und erst um 0.30 Uhr wieder zu Hause war. Da ich die ganze Vorarbeit noch leisten musste und es wieder einmal sehr viele waren, habe ich nicht in allen Fällen bei Wikipedia nachgeprüft und bei Annelies Burmeister, die als letzte an der Reihe war, das Geburtsdatum ungeprüft übernommen. Und die Jahreszahl habe ich vor lauter Müdigkeit einfach falsch abgelesen. Gott sei Dank war es das letzte Konezrt in dieser Saison, so dass ich jetzt wieder mehr Zeit habe, alles ordentlich nachzuprüfen.


    Euch einen herzlichen Dank, dass ihr die Daten richtiggestellt habt.


    Liebe Grüße


    Willi :untertauch:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).