Schaden Youtube-Videoclips der Tonträgerindustrie ?

  • Ich habe zu der Frage natürlich ein ziemlich gefestigte Ansicht - aber bevor ich die bekanntgebe möchte ich sie dennoch vorher den Mitgliedern dieses Forums stellen.
    Im Internet bei youtube sind zahlreiche Videoclips zum Ansehen und Anhören eingestellt. Ich gehe an sich davon aus, daß dies mit Wissen bzw Billigung des Rechteinhabers geschieht - wobei das ja natürlich nicht nachprüfbar ist. Nach einiger Zeit verschwinden viele - auch steinalte - Clips, weil angeblich der Rechteinhaber gegen eine Veröffentlichung im Internet protestiert hat und das Konto gelöscht wurde. Gut und schön. Aber - welchen Vor - oder Nachteil haben Clips für den Besitzer des Copyrights - bzw welche Arten von Clips können Schaden anrichten - welche Nutzen. Oder anders gefragt: gibt es eigentlich Schaden und Nutzen durch solche Clips ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Antwort ist nicht leicht zu geben, weil man eine statistische Auswertung von Antworten darauf machen müßte, bei wem solche Clips den Kauf ersetzen, die liegen aber nicht vor. Um es umzudrehen müßte man natürlich auch fragen, wieviele Clips erst zum Kauf anregten. Und da wären wir bei den Vorteilen. Gute Clips können als kleine "Werbefilmchen" fungieren, neugierig machen und anregen, sich näher mit einem Interpreten zu beschäftigen und CD’s/ Downloads zu erwerben (schlechte Filme können einen natürlich auch abhalten). Ich sehe einen Vorteil darin, daß man in bestimmte Interpretationen nicht nur hineinhören kann, sondern sie in voller Länge hat. Einen zweiten Vorteil des Clips sehe ich in der Breite des Angebots auch abseits der großen Tonträgerindustrie. Mitunter setzen sich auf diesem Weg Künstler durch, die erst anschließend von der Tonträgerindustrie "entdeckt" werden.
    Aus meiner Sicht gibt es also insgesamt eher Vor- als Nachteile


    Herzliche Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber Youtube ist nun mal eine kostenlose (unter anderem auch) Musikplattform, auf der eigentlich alle Standardwerke der Musikliteratur und nahezu alle bedeutenden Sänger und Dirigenten zu finden sind. Natürlich ist das auch eine Ursache für den Rückgang der Klassik-CD-Verkäufe.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Mittlerweile wird auf Spotify, einer ganz ähnliche Plattform, aber reines Audio, von der Industrie selbst ja schon unglaublich viel komplett anhörbar und vor allem legal zur Verfügung gestellt. Man wundert sich, was für aktuelle Klassik-CDs da bereits kurz nach Veröffentlichung kostenlos zugänglich sind.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Aber in der Qualität, die Youtube zur Verfügung stellt ist das keine wirkliche Alternative zu legalen CDs oder gar DVDs oder Blu-ray discs. Wer DIESE Qualität akzepiert, ist ohnedies als Konsument uninteressant. Ich benutze diese Clips ausschliesslich zur Information, und um in Threads auf die käuflichen - und qualitativ brauchbaren - Medien hinzuweisen.
    Viel Sänger stellen SELBST ihre eigenen Clips ins Netz - um gehört zu werden und ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Leider sind sie oft in Hinblick auf die Akustik nicht allzu kritisch. An sich gute Stimmen werden oft grauenvoll entstellt - und stellen dann alles andere als eine Werbung dar. In der Regel möchte ich indes jene Aufnahmen, die mir gefallen, auch in einwandfreier Qualität haben - die Clips dienen mir als "Notizblock" oder "Appetizer". Aufnahmen, von denen es keine Hörproben gibt, haben bei mir keine Chance. Ich verstehe allerdings, daß die Tonträgerindustrie gegen KOMPLETTE Werke auf Clips vorgeht und sie vom Netz nehmen lässt. Und ich bin auch gegen kostenlose Musik überhaupt. Es wurde hier eine Leistung erbracht - und die soll auch honoriert werden. Allerdings würde ich als Gesetzgeber den Copyright-Schutz auf 30 Jahre nach Ableben des Schöpfers absenken. Die Erben müssen nicht jahrzehntelang von einer von ihnen gar nicht erbrachten Leistung leben können....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Ich würde die Frage mit JA beantworten.


    1. Durch diese YouToube - Videos kann man sich sehr gut über die jeweiligen Aufnahmen informieren.
    Gefällt Diese nicht - so ist ein Kauf von vornherein ausgeschlossen. Denn sonst hätte ich die CD/(DVD vielleicht zum Austesten gekauft.
    :!: Also - Schaden für die Tonträgerindustrie.


    2. Ich höre und sehe eine bestimmte Werkreihe (Bsp. meherere Sinfonien) eines Komponisten, die zwar ganz interessant erscheint, aber so intertessant für einen CD-Kauf reicht dann doch nicht. Zum "mal reinhören" reichen die YouToube-Dateien, die zudem keinen extra Platz verursachen, wie CD/DVD´s, die dann doch weitestgehend liegen bleiben würden.
    * Ausserdem werden bei YouToube eine Menge Musikvideos geboten, die auf DVD oder BluRay recht teuer wären - da überlegt man dann, wenn es nicht so entscheidend wichtige Werke sind, ob YouToube nicht ausrechen könnte.
    :!: Also - Schaden für die Tonträgerindustrie.


    3. Ich höre bei YouToube klassisches Neuland in TOP-Einspielungen. Dann will ich die CD/DVD natürlich in der maximal gebotenen technischen Qualkität haben.
    Kein Schaden für die Tonträgerindustrie.


    Ich denke Fall 1 und 2 überwiegt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich höre auch nur rein, weil ich mich vorher über die Qualität informieren will. Als Ersatz für eine CD oder DVD dient YouTube bei mir nicht.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • teleton -Beitrag Nr 6
    Ich würde den Schaden bei den Nr 1 und 2 als nicht größer beurteilen, als jenen, der entsteht, wenn die Soundsamples der Versand-Anbieter eine Aufnahme als schlecht entlarven.
    Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Denn CDs, die über KEIN Soundsample verfügen, werden von mir a priori ausgeschieden - ich kaufe sie nicht, da ich den Verdacht habe, daß sie nur deshalb ohne Hörprobe geblieben sind - weil man sie nicht für konkurrenzfähig hält - sei es von Seiten der Interpretation oder der Tontechnik....


    Noch wichtiger ist mir das Sample bei Opern. Hier ist ja der Spagat zu schaffen REGIETHEATER-Inszenierungen auszuweichen - ebenso wie konventionellen Aufnahmen, deren Bildqualität durch langes Lagern der Mutterbänder eklatant gelitten hat - das ist besonders oft bei alten Farbaufzeichnungen um ca 1985 herum der Fall......


    Viele Sänger, die gut sind, aber noch keinen Namen haben, stellen SELBST Samples in youtube ein.
    Leider haben sie oft nicht die Möglichkeit oder die Sensibilität zu erkennen wie sich die Raumakustik auf die Aufnahme auswirkt. Da finden sich dann junge Sänger mit (oft dilettantischer) Klavierbegleitung in einem Lehren Saal eines Konservatoriums etc und singen mit Herzblut - wobei der Hall und die sonstige Akustik alles zerstört, was man an dieser Stimme schön finden könnte. Stimmenspezialisten werden vielleicht die Qualität dennoch beurteilen könne - wenngleich ich daran zweifle - der geneigte Durchschnittshörer kann es indes vermutlich nicht.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei meinem "ausgefallenen" Musikgeschmack ist YoutTube für mich eine große Hilfe, weil ich nicht erwarten kann, dass sich Leser oder Mitglieder die von mir vorgestellte CD kaufen und auf YouTube zumindest die Möglichkeit haben, sich ein ungefähres Bild des Musikstückes zu machen.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ich glaube, bei der Klassik ist der Schaden zumindest bei den reinen Audio-Medien geringer als das Potential für die langfristige Erschließung neuer Käufer / Zielgruppen.


    Eine Lehrerin befragte vor wenigen Jahren Ihre Abiturklasse, welche(r) SchülerIn (noch) über einen CD-Player bzw. eine Audio-Anlage verfüge. Von den 25 Schülern gab lediglich einer an, in seinem Jugendzimmer eine Anlage stehen zu haben. Die AV-Medienrezeption der Anderen war fast ausschließlich nicht tonträgergebunden bzw. beschränkte sich auf die Nutzung von Handys, Streaming mit dem PC / Notebook und mobilen MP3-Playern, unterwegs mit für E-Musik klanglich höchst unerfreulichen Billig-Ohrstöpseln. Über den Anteil rezipierter E-Musik aus Onlinemedien dürfte analog der weiter fortschreitenden Abwendung von klassischen Musikformen und die Entfernung von einstmals selbstverständlichen Bildungsstandards dürfte bei der Reflexion dieses Wandels manche Träne zu vergießen sein. ;(
    Hilft aber alles nichts. Obwohl die hiesigen Musikinstituionen sicherlich noch nie so ein breites, attraktives und altersdiversifiziertes Education-Angebot wie in der Gegenwart hatten, erreichen diese Angebote häufig doch nur -aber immerhin- den restbürgerlich sozialisierten Nachwuchs, der aus eigenen Kulturerlebnissen kritische Maßstäbe und Erwartungen gegenüber Medien und ein Urteilsvermögen aufbauen kann.


    Zumindest der Medienwandel bzw. die Abkehr von den"alten Medien" lässt sich sicherlich nicht mehr umkehren. Der hiermit nicht zwingend verbundene, aber doch symptomatische Verfall innerer und äußerer Qualität vieler Medienangebote bis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Grund fehlernder Vergleichsmaßstäbe nicht als Defizit wahrgenommen. Wie sollen diese jungen Menschen die Potentiale bzw. Defizite ohne Referenzen erkennen? Fraglich ist, ob Menschen, die die Welt und ihre Mediengeschichte online - quasi per Maus oder Handyklick - entdeckt haben, wegen im Regelfall unerkannter oder selbst wahrgenommener Potentiale koventioneller AV-Medien ihr bisher lebenslanges Medienverhallten einfach so über den Haufen werfen und sich ihre kleine Studentenbude für viel Geld mit CDs vollstapeln, wenn die Musik, die ihnen wiichtig ist, auf eine Festplatte oder in einen blauen Apfel passt. Mit der ständigen und häufig auch noch kostenlosen Verfügbarkeit von Medien entfällt für den Großteil der heranwachsenden Medienkonsumenten die gefühlte Notwendigkeit, Selbstverständlichkeit und damit die Zahlungsbereitschaft für Qualitätsmedien - zumindest bei Angeboten, deren Defizite nicht bemerkt oder toleriert werden. Möglicherweise treten an Stelle der für uns essentiellen Tonträger Computerspiele, für die sich aus Sicht vieler Nutzer die Zahlung lohnt. Hinzu tritt das ungemein antiquierte Gefühl, sich in Zeiten halbvirtueller Alltagsgestaltung und Lebenswelten platzraubender Medien zu bedienen, die letzendlich doch nicht die Selbstverständlichkeit bieten, auf alles immer ohne Barrieren zugreifen zu können. Für diese Menschen muss es sich absurd anfühlen, für einen Kurzurlaub oder ein Wochenende auf dem Land den großen oder kleinen Mobilitätsbedarf an CD-Stapeln von A nach B zu transportieren oder ins Auto zu laden - um hypothetisch gerade das hören zu können - was man gerne hören würde.


    Natürlich wird es immer Menschen geben, die (irgendwann doch) dem Reiz des Dinglichen erliegen, das dann gerne retro = cool sein darf. Man kann staunen, dass sich in (Vinyl-)Plattenläden zahlreiche Teens tummeln, die die Quintessenz der (U-)Musikgeschichte und ikonische Alben mit nach Hause nehmen - sammeln - jagen - besitzen möchten. Aber dann am besten und streng in den Grenzen und Schubladen eines etablierten und möglichst allgemeingültigen Kanons für die essentiellen und desirablen Dinge / Medien des Lebens - man könnte mit einer eigenen Entscheidung ja was falsch machen oder -viel schlimmer- an der Fassade des überlegenen Geschmacks kratzen oder -wie kürzlich im "Zeit-Magazin" treffend ausgedrückt- die Legende vom eigenen sorgfältig kuratierten Leben beschädigen.


    Wenn 10-20 % der gebildeten Twens mit fortschreitendem Alter zukünftig noch CDs, die per se nicht (ganz so) cool sind, kaufen - finde ich das sehr optimistisch. Menschen werden weiterhin Musik brauchen und Menschen werden sich weiterhin durch ihren Medienkonsum ausdrücken und sich in ihm wiederfinden. Aber der Anspruch und das Bewusstsein, sämtliche Medienformen und -angebote in hoher oder höchster Qualität zu konsumieren wird bezogen auf die reinen Audio-Medien schwinden und für die meisten Menschen eine nachrangige Priorität haben.


    Für den Kern der individuell als bedeutungsvoll empfundenen Aufnahmen und anspruchsvolle Konsumenten mit Qualitätsanspruch werden Tonträger / CDs bis auf weiteres sicherlich weiterhin eine Rolle spielen. Aber die mehr als 60-jährige Kontinuität einer steten generationellen Medienerneuerung mit entsprechender Umsatzgarantie für herkömmliche AV-Medien scheint schwankend und gebrochen. In Deutschland sind weniger als 20 unabhängige bzw. inhabergeführte größere Fachgeschäfte für Klassik-CDs verblieben. Die CD-Abteilungen der meisten großen Elektronikmärkte werden immer weiter eingedampft. Wer meint, dies sei eines der Symptome des langsamen Todes oder einer zumindest ernsthaften Bedrohung einer hinreichend anpassungsfähigen Medienwirtschaft, hat vielleicht Recht. Die Vielfalt, Breite und Qualität des klassischen Tonträgerangebots, die wir als Taminos kennen, schätzen und lieben gelernt haben, wird es in dieser Breite in nicht so ferner Zukunft nach meiner Einschätzung nicht mehr geben. Diesen Trend können wir Taminos mit den wenigen Tausend Musikfreunden auf der Welt, die ein uns vergleichbaren Medienkonsum aufweisen, sicherlich nicht aufhalten. Mit den jetzt unglaublich günstigen (8., 10., oder 15) nochmals verbilligten Wiederausgaben und sinkenden Verkaufszahlen von Neuerscheiinungen alllein kann das aktuelle Produktionsvolumen sicherlich nicht aufrecht erhalten werden. Irgendwann werden die Distributionskosten des verbliebenen Tonträgervertriebs so hoch sein, dass sich dieser auf Mainstream und potentielle Bestseller beschränkt. Anstelle der relativ hochpreisigen Track-Preise einzelner MP3-Titel werden Flatrates treten, die mit wenigen Ausnahmen den legalen Zugriff auf das digitalisierte Erbe der verbliebenen kleinen Plattenfirmen und großen Medienkonzerne (bei Universal entspräche dies im Bereich der E-Musik bzw. Decca / Philips / DGG sicherlich mehr als 15.000 Alben) ermöglichen.


    Bevor ich zur Ausgangsfrage und Youtube zurückkomme,möchte ich als weiteres Beispiel für meine These bzw. den zu erwartenden und notwendigen Wandel möglicher Geschäftsmodelle die von mir sehr geschätzte und häufig genutzte Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker anführen, die je nach Anspruch und Sichtweise des Nutzers Ersatzkonzert und Bildschallplatte sein kann und will und mit einzelnen Tiiteln mit gewisser Verkaufserwartung -sinnvollerweise- nunmehr vom neugeründeten BPhil-Label flankiert wird.


    Trotz meiner Wertschätzung für dieses kostenpflichtige, aber gemessen an der Gegenleistung preiswerte Medienangebot, stelle ich als anspruchsvoller Hörer und regelmäßiger Besucher der Berliner Philharmonie fest, dass die Concert Hall - wen wundert's- weder atmosphärisch noch vom Klangeindruck das echte Konzerterlebnis ganz ersetzen kann. Es ist unglaublich, welche Aufnahmequalität mit der heutigen Technik in Live-Konzerten (Blu-ray und CD-Veröffentlichungen, Go-Live in der Kölner Philharmonie und in der Concert Hall möglich ist). Die Klangqualität kann superb sein. Andererseits sind bsp. in der Concert-Hall Aufnahmen, deren Klangqualität hinter mancher dreißig bis fünfzig Jahre alter Schallplatte zurücksteht). Die neueste Technik allein ist auch in der Medienproduktion kein Garant für eine gegenüber der Vergangenheit stets verbesserte Qualität, wie sie uns die Marketingexperten vermitteln wollen. Dennoch ist es müßig (vom blöden DAB mal abgesehen), pauschalisert zu behaupten, dass mit bestimmten Medienarten und einer dauerhaften "Befreiung" der Musik vom Tonträger zwingend und bis in alle Ewigkeit Qualitätsverschlechterungen auf der einen oder anderen Ebene verbunden sein müssen.


    In den letzten 15 Jahren haben sich die Umsatzanteile der Klassik-Unternehmen erheblich von der CD zu DVD-/BluRay-Veröffentlichungen verschoben, während die Unitel-Produktionen der 70er-90er im Hinblick auf die kläglichen LD-und VHS-Verkäufe zumindest für diese Verwertungsart kaum kostendekend gewesen sein dürften und einen verschwindend geringen Teil des Gesamtumsatzes ausmachten. In weiteren 2-4 Jahren wird sicherlich auch die Streaming-Technologie so fortgeschritten sein, dasss auch Universal & Co. sowohl bei klassischen Musikproduktionen als auch im Bereich Film / Serien und U-Musik verschiedene pauschalierte Angebote (vgl. der Concert-Hall einschl. der schon jetzt live (in Kinos) übertragenen Aufführungen aus der MET und anderen Häusern) neben Einzelmedien anbieten wird, wenn Sie dieses Feld nicht komplett Amazon und anderen Vertriebsgiganten (die bereits jetzt über die Einzellizenzen und die erforderliche Infrastruktur für solche Angebote verfügen) überlassen wollen. Auch wenn wir diese Entwicklungen in unserer Traditionalität und Begeisterung für Tonträger mit erheblicher Skepsis sehen: Die Welt und unser Medienerbe durch diese Entwicklung nicht untergehen. Im Gegenteil: Ich bin fest überzeugt, dass wir uns diesen möglichen neuen Angeboten annähern werden, wie wir andere Medienwechsel als Konsumenten begleitet und gefördert haben.


    Es erscheint fast paradox, dass ausgerechnet die von mir geschätzte Valentina Lisitsa als Inbegriff der über Youtube bekannt gewordenen Künstlerin bei Decca im letzten Jahr (mit heute historischer Technik einschließlich Studer-Bandmaschine aus den 70ern) eine echt analoge Schallplatte (CD wurde mit hard disc recording aufgezeichnet) bei einem Major Label (die erste seit fast 30 Jahren?) aufgenommen hat und dieses Projekt initiiert hat: http://www.youtube.com/watch?v=ibyU6SH48z0



    Zu Youtube: Auch hier wird das Qualitätsniveau vom Fortschritt verbesserter digitaler Standards profitieren. Das Spektrum der Angebote reicht bereits jetzt von Aufzeichnungen aktueller und historischer musikalischer Sternstunden über nie kommerziell veröffentlichte Dokumente unserer Lieblingskünstler und aufgetauchte Veröffentlichungen vom ehemals grauen Markt bis zu qualitativ bestechenden oder ohrenfeindlich quiekenden Nachwuchskünstlern. Kurz: Es gibt sehr viel - wenn gleich bei weitem nicht alles. Insbeondere kann Youtube (noch) schon vom Spektrum der verfügbaren Aufnahmen unsere in der Regel gewaltigen Mediensammlungen nicht ersetzen.


    Wenn ich von mir ausgehe, erreicht Youtube meinen sehr gehobenen Anspruch an die technische Qualität meistens nicht. Aber die Angebote ermöglichen dennoch manch interessante Erkenntnis oder einen qualifizierten ersten Eindruck. Was den nächsten die Medienrezeption der heutigen Teens und Twens angeht, gehe ich jedoch klar davon aus, dass Youtube überwiegend an Stelle des Kaufs und der Nutzung von Tonträgern tritt und insofern mittelfristig zu weiteren Umsatzeinbußen bei den kriselnden Plattenfirmen tritt. Aber wie viele Menschen werden für die E-Musik gewonnen, die nicht im Konzertsaal, mit Education-Programmen und häuslichem Musizieren groß geworden sind. Und es ist überhaupt nicht absehbar, ob diese Nutzer nicht irgendwann doch bereit sind, für Musik-Flatrates oder ihre Lieblingsstücke Geld für zeitgemäße, marktgerechte Angebote auszugeben? Ich sehe das grundsätzlich optmistisch. Vor allem übernehmen Medienportale wie Youtube die Rolle des Kulturvermittlers, bei der man ohne Schwellenhemmung gewollt oder versehentlich in eine neue Welt eintauchen und diese für sich erschließen kann. Dies ist der Schallplatte jenseits der gebildeten Stände nur bedingt gelungen. Endlich sind Kultur- und Bildungsinhalte - letztlich das klingende Weltkulturerbe - erstmals voraussetzungslos und unbeschränkt für jedermann an jedem Ort mit Internetzugang verfügbar. Musizierende und musikliebende Menschen können sich heute mit Inhalten in einer Breite und Qualität auseinandersetzten, die jahrzehntelang oder in der Weltgeschichte bisher unbekannt oder verschlossen war(en). Vielleicht mag meine Sichtweise manchem Tamino zu egalitär vorkommen, aber ich finde diesen universalen Kultur- und Informationsanspruch und Zugang für alle legitim, zu dessen Verwirklichung Youtube einen Beitrag leistet. An Stelle unseres bisher auf Tonträger fokussierten Medienkonsums mit entsprechender Zahlungsbereitschaft kann eine verantwortungsvolle Neuorientierung auf unterschiedlichste Medienangebote treten, die bei entsprechender Qualität neben unserer Versorgung mit dem Grundnahrungsmittel Musik mit oder trotz zu erwartender Ressourcenverschiebungen auch einen monetärem Beitrag zum Erhalt und der Vielfalt von Kultur(en) leistet. Ich stelle zur Disposition, dass ein solcher verantwortungsbewusster Umgang bzw. eine Neubewertung unseres individuellen Medienbudgets z.B. Spenden an Kulturträger und Künstler anstelle feststehender Gebühren und Kaufpreise treten lassen kann.


    Ich hoffe inständig, dass kommende Generationen ein Bewusstsein für den Wert - und nicht den Preis- unseres kulturellen Erbes entwickeln und dies in Wertschätzung und ein entsprechend geleitetes Handeln mündet. In diesem Sinne sehe ich Youtube nicht als Ende sondern den Beginn eines Weges bzw. Ausdruck einer veränderten Rezeption, die Musik zum Erklingen - nicht zum Verstummen- bringt. :)



    Mit freundlichen Grüßen


    Ottavio

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Endlich sind Kultur- und Bildungsinhalte - letztlich das klingende Weltkulturerbe -erstmals voraussetzungslos und unbeschränkt für jedermann an jedem Ort mit Internetzugang verfügbar.
    Musizierende und musikliebende Menschen können sich heute mit Inhalten in einer Breite und Qualität auseinandersetzten, die jahrzehntelang oder in der Weltgeschichte bisher unbekannt oder verschlossen war(en).

    In diesem Sinne sehe ich Youtube nicht als Ende sondern den Beginn eines Weges bzw. Ausdruck einer veränderten Rezeption, die Musik zum Erklingen -nicht zum Verstummen- bringt. :)

    :jubel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Jetzt hatte ich mir so eine schöne Antwort zurechtgelegt und dann schreibt Teleton sie einfach hin. Frechheit! Ich sehe (und mache) es genau so. Daher finde ich auch Alfreds Gegenargumente nicht schlagend. Ich habe viele CDs nicht gekauft, weil ich mir die Stücke vorher auf Durohr angehört habe und sie mir nicht ausreichend gefallen haben. Viele Freunde hören Klassik nur noch so. Und Spotify scheint mir die Sache erheblich zu verstärken. Das ist für den althergebrachten Klassikfan deutlich interessanter als eben Youtube.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ich halte es bei Klassik für extrem unwahrscheinlich, dass youtube als Ersatz für Käufe gesehen wird. Ebenso hätte man vor 30 Jahren meinen können, dass Klassik im Radio (die man auch mitschneiden konnte) den Tonträgermarkt zerstören würde. (Es gab tatsächlich im Populärbereich schon Ende der 1970er Kampagnen der Industrie gegen das Mitschneiden von Radio oder LPs auf Cassetten! Angeblichen Schadenssummen der Industrie darf man NIE trauen. Die rechnen für angeblichen Schaden auch damit, dass jemand statt einer Kopie für EUR 10 ein echtes Lacoste-Leibchen für EUR 70 gekauft hätte, dabei müsste ein Kaufmann doch eigentlich verstehen, warum jemand eine Kopie für ein Siebtel des Preises kauft...)


    Das Erbe der Tonträger haben bezahlte Downloads und noch mehr flatrate streaming-Dienste angetreten. Selbst hier gibt es aber noch Leute, die spotify u.ä. "nur" zum Probehören verwenden.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • 1. Durch diese YouToube - Videos kann man sich sehr gut über die jeweiligen Aufnahmen informieren.
    Gefällt Diese nicht - so ist ein Kauf von vornherein ausgeschlossen. Denn sonst hätte ich die CD/(DVD vielleicht zum Austesten gekauft.
    Also - Schaden für die Tonträgerindustrie.

    Du würdest aber die Dir nicht gefallende CD baldigst weiterverkaufen und spätestens dann der Tonträgerindustrie diesen Schaden zufügen, denn der nächste kauft dann bei Dir bzw beim second hand Händler und nicht im Plattenladen. :D

  • Das Erbe der Tonträger haben bezahlte Downloads und noch mehr flatrate streaming-Dienste angetreten.

    Das sehe ich genauso. Ich käme schon jetzt nicht mehr auf die Idee, mir z.B. einen Film "zu kaufen", wenn ich ihn streamen kann.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Ich habe leider momentan keine gute schnelle Breitbandverbindung, daher kommt spotify für mich momentan nicht in Frage, und ich habe Amazon prime mit streaming nach der Probezeit wieder gecancelt, zumal die eben auch vieles, was mich interessiert hätte, gar nicht im Angebot hatte. Gekauft habe ich Filme schon vorher nur in Ausnahmefällen. Da merkt man jedenfalls auch, wie viel man für 5-8 Eur pro DVD kriegt, weil nach einem Jahr oder so kein Mensch mehr Geld für den Film ausgeben will.


    Ein Unterschied bei mir ist freilich auch, dass mich Filme/Serien nicht in dem Maße interessieren. Ich würde mir eine Ausnahmeserie wie Breaking Bad vielleicht in zwei Jahren nochmal von Beginn an ansehen, aber bei den allermeisten Sachen reicht mir ein- bis zweimaliges Ansehen, zumal manche Filme auch im Kino erheblich eindrucksvoller sind als auf dem Bildschirm. CDs höre ich dagegen oft ein dutzendmal oder noch häufiger. Und außerdem will ich diese Sachen haben; so schnell stellt man sich nach 20 Jahren Sammeln nicht um...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Und außerdem will ich diese Sachen haben


    Genau darum geht es: Ich will die Sachen haben. Und zwar in bestmöglicher Qualität.
    Ich erinnere mich, daß in meiner Jugend sehr oft Klassische Musik im Radio übertragen wurde - und zwar schon in Stereo.
    Indes da war stets ein Zirpen, verursacht irgendwie durch die Übertragung, und der Klang war leicht metallisch und weniger körperlich, als jener auf der Schallplatte. Die Dynamik war geringer und es waren oft Live-Aufnahmen (z.B. Salzburger Festspiele) wo man das Hüsteln und andere Nebengeräusche des P.T. Publikums ertragen musste - und dagegen war ich in meiner Jugend geradezu allergisch. Ich hatte seit meinem 19. Lebensjahr eine Tonbandmaschine von B&O (Beocord 2000 de Luxe - die Maschine stammt aus 1967 - nicht wie fälschlich angegeben von 1955) Dieses Gerät zeichnete in Halbpurtechnik auf (konnte aber Vierspurbänder wiedergeben) was in Stereo bedeutete, daß die gesamte Bandbeite genutzt wurde. Die Bänder kosteten mehr als die aufzunehmende Schallplatte - leider kam trotz des DAMALS hervorragendenwertes von 55 dB Störspannungsabstand ein geringfügiges - aber (für mich) hörbares Rauschen hinzu. Die Impulswiedergabe litt bei der Aufzeichnung ebenfalls - (Aufmagnetisierungszeit des Tonkopfes) - und ich war schon damals nicht zufrieden - man kann sich vorstellen, wie ich zu datenreduzierten Downloads stehe. Sie sind nur als "Notizbuch" verwertbar - als Memo für spätere Einkäufe....


    mfg aus Wien.
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • mittlerweile gib es ja schon die Youtube Aufnahmen in HD Qualität. Studioaufnahmen fand ich schon immer langweilig. Mich reizt die Liveaufnahme vor Publikum. Ich habe dank youtube die Möglichkeit kostenlos die Livestreams aus der Wiener Staatsoper oder die Kinoübertragungen aus der Met zu bekommen. Und richtige Booklets gibt es bei den DVD`s leider nicht mehr , wo es sich lohnen würde eine DVD zu kaufen. Hilfreich ist Youtube für mich im Sinfonie Bereich, wo ich mich nicht so gut auskenne. Ich wollte mir zum Beispiel die Beethoven Box mit Thielemann zulegen, habe diese dann auf Youtube mit der von Järvi verglichen und mich für Järvi entschieden und mir dann bei Amazon diese Box bestellt.

  • Genau darum geht es: Ich will die Sachen haben. Und zwar in bestmöglicher Qualität.

    Geht mir persönlich auch so. Ich bin nur nicht ganz konsequent, wenn mir die Aufnahme nichts bedeutet oder ich sie eh' nur alle fünf Jahre höre.


    Kaufst du dir dann die wichtigen Aufnahmen deiner Sammlung ggf. drei oder vier Mal, wenn du bei jüngeren Wiederauflagen auf BluRay-Audio, SACD oder -wie jetzt bei der jüngsten Callas-Edition- neu gemasterten CDs den Eindruck einer klanglichen Qualitätsverbesserung hast?


    MFG


    Ottavio

  • Die Tonträgerindustrie jammert gerne. Youtube ist aber doch ein Ausdruck davon, dass sich der "Konsum" von Musik deutlich verändert hat. Musik wird nicht mehr nur zuhause an der Anlage gehört, sondern unterwegs am Handy, am Tablet. Absolut wird durch solche Angebote wie Youtube Musik weit mehr gehört als früher nur in den eigenen vier Wänden über Anlage. Allein von daher ist es nicht einsichtig, warum das Youtube-Video ein Nachteil für den Verkauf von CDs sein soll, die nur über die Hifi-Anlage abzuspielen sind. LÄngst ist Youtube doch eher ein sehr erfolgreicher Werbeträger. In Deutschland gibt es leider das Problem mit der GEMA, die viele Youtube-Videos einfach sperrt. Da kann man sich fragen, ob das Sinn macht. Früher hat man Musik im Radio gehört und dann, wenn sie einem gefiel, die Platte gekauft. Diese Rolle haben heute längst Medien wie Youtube übernommen. Inzwischen ist dort viel Wertvolles veröffentlicht, wo man sich dann ärgert, dass die Plattenindustrie das bis heute nicht veröffentlicht. Ich denke da an Benedetti Michelangeli oder Lazar Berman. Wieso gibt es die Filmaufnahmen der Beethoven-Konzerte mit den Wiener Symphonikern und Giulini, die vor Urzeiten mal im TV zu sehen waren, nicht endlich auf DVD oder warum veröffentlicht CBS die Berman-Aufnahmen von Beethoven und Scirabin nicht? Das Kaufinteresse an CDs und DVDs ist nicht zuletzt Dank Youtube also da, es wird nur in allzu vielen Fällen nicht genutzt.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Völlig Deiner Meinung, Holger.


    In einem anderen Thread habe ich geschrieben:


    Selbstverständlich schadet youtube dem Handel - und zwar dem, dessen Produkte nicht gelistet sind!
    Im Vergleich zu früher werde ich z.B. in den letzten Jahren so gut wie keine Sony-CDs mehr gekauft haben.

  • Inzwischen ist dort viel Wertvolles veröffentlicht, wo man sich dann ärgert, dass die Plattenindustrie das bis heute nicht veröffentlicht.


    Genau Holger, da sind etliche Konzertvideos die gar nicht auf Tonträgern verfügbar sind vorhanden.


    Und wenn ich von gewissen extreem "mainstreamfernen" Komponisten eine gute YT-Aufnahme bekomme, dann muss ich damit zufrieden sein. Und wäre es dann warscheinlich auch, wenn eine CD davon erscheint. Denn da habe ich "nur" den Sound ohne Bild ! Die Qualität ist immer noch um ein Vielfaches besser als lausiges Historien-Mono.
    :!: Also Schaden für die Tonträgerindustrie. Aber nicht für mich!



    Übrigens habe ich leider schon oft erlebt, dass gute Konzertvideos so schnell wieder weg sind, wie diese gekommen sind ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Also Schaden für die Tonträgerindustrie.


    Es ist mir z.B. unverständlich, warum Melodiya ca 95% seines Bestandes in Archiven schlummern lässt, wo gerade für die zahlreichen wenig bekannten Komponisten aus dem Sowjetreich sicher zwar nur ein kleiner, aber robuster Markt da wäre. Sonst wäre ja Firmen wie BIS, Ondine, Chandos etc längst pleite.

  • Die Qualität ist immer noch um ein Vielfaches besser als lausiges Historien-Mono.


    Ich habe von einem unveröffentlichten Michelangeli-Konzert (aus der Carnegie Hall) eine MP3-Kopie von Youtube, die ich dann auf CD gebrannt habe, lieber teleton. Das bringt schon erheblich mehr - da ist die Klangqualität bei Youtube am PC gehört im Vergleich doch sehr, sehr bescheiden. Man kann bei Youtube eher erahnen als wirklich erfahren, was eigentlich zu hören ist. Bei historischen Mono-Aufnahmen (viele sind doch erstaunlich gut übrigens, besonders aus den USA!) habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Wiedergabequalität nicht gut genug sein kann. Die Qualität einer Anlage zeigt sich gerade hier ganz besonders - weit mehr noch als bei den "audiophilen" Aufnahmen. Bei Mitschnitten habe ich daher die originale CD lieber! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger