Chopin-Pianisten von gestern

  • Meine Lieben,


    dies ist der erste von zwei parallel laufenden Threads, die sich mit Pianisten und ihren Aufnahmen befassen sollen, die Chopin zum Thema haben. Ich habe bewusst den Titel nicht "Große" Pianisten von gestern genannt, weil dies ja einen Filter darstellen würde. Also sollen auch Geheimtipps genannt wurden - und -so vorhanden - ihre Aufnahmen vorgestellt werden.
    Aber dennoch sollten hier nur Pianisten erwähnt werden, deren Schwerpunkt, Spezialität etc Chopin war, oder die wenigstens EINE 2legentäre" Aufnahme hinterlassen haben.
    Hier geht es um "historische" Pianisten, also solche die ihre Karierre schon lange beendet haben oder bereits verstorben sind - Stereo, Mono oder Schellack - das spielt hier keine Rolle. Auch Empfehlungen bzw Erwähnungen von "Welte-Mignon"-Einspielungen, die auf CD überspielt wurden sind gern gesehen....


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier ist der Anfang leicht. Von der herausragenden Kunst Artur Rubinsteins kann man sich unter anderem in dieser Chopin Box überzeugen. An ihm wird so schnell niemand vorbeikommen. Das soll nicht heißen, daß es bei einzelnen Interpretationen nicht einige gibt die einem besser gefallen könnten. Aber die herausragende Klasse in der gesamten Breite, finde ich bemerkenswert.

    Mit herzlichem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Die Box habe ich auch seit etlichen Jahren in meiner Sammlung. Ich kann deine Eindrücke nur bestätigen, lieber Jörn.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Gerade bei dem so sensiblen Individualisten FRÉDÉRIC CHOPIN, der allein schon durch sein so bewegtes und durch gesundheitlliche Probleme geprägtes Leben so vielen Stimmungsschwankungen ausgesetzt war, könnten selbst berufenste und zu den den begnadeten CHOPIN-Interpreten zählende Pianisten, wie etwa ein ZIMERMAN, RUBINSTEIN, ARRAU, KISSIN, KAPELL, SOKOLOV, POLLINI, CORTOT, BEREZOVSKY, POGORELICH, BOLET, oder eine ARGERICH oder DAVIDOVICH, nicht sämtliche so unterschiedliche Facetten dieses Künstlers und seiner Werke erfassen, und ihrer immer voll gerecht werden. Gerade im Fall CHOPIN lege ich mir deshalb dessen Tonschöpfungen nie mittels Gesamteinspielungen eines Interpreten zu, sondern gehe bei der Auswahl hier besonders selektiv vor, nachdem man nach jahrzehntelangem Musikhören in Rundfunk und Konzert sich doch ein ziemlich genaues Bild von den Stärken und Schwächen eines Interpreten - natürlich nach eigener subjektiver Meinung - geformt hat. Dabei kommt man zu dem Ergebnis, daß es nicht immer die ganz großen Namen sind, die einen mit einer bestimmten Werkgattung besonders überzeugen.


    Wenn es um poetische, introvertierte Kompositionen CHOPINs geht, wie z. B. den Nocturnes, Walzern etc., denn greife ich allerdings an erster Stelle auf einen ganz großen CHOPIN-Pianisten zurück, nämlich auf STEFAN ASKENASE, dem großen Meister der Posie, des uneitlen erfüllten Spiels, der Klarheit und trotz höchster Virtuosität jeder oberflächlichen Technik oder gar Zurschaustellung abhold. Sein Spiel der leisen Töne, des feinen, differenzierten Anschlags und des Pianissimo-Zaubers unterscheidet sich sehr deutlich von dem kraftvollen, facettenreichen und elegantem Spiel eines ARTHUR RUBINSTEIN. In den 50er Jahren waren beide wohl die bevorzugten CHOPIN-Interpreten, zwei äußerst unterschiedliche Pianisten, an denen sich die Geister schieden. Ganz gleich, welchen der beiden Interpreten man den Vorzug gab, so bezweifelte doch niemand, daß bei STEFAN ASKENASE ganz große Klavierkunst am Werke war, die bei CHOPIN auch kleinste Details herausarbeitet und feinsten Nuancen nachspürt. Es verwundert dann auch nicht, daß ASKENASE seinen ersten Unterricht von seiner Mutter erhielt, die selbst noch eine Schülerin von CARL MIKULI war, einem CHOPIN-Schüler, und auf diese Weise sicher noch ein Teil der von CHOPIN praktizierten und gelehrten Spielweise an ASKENASE weitergegeben wurde.


    Ein anderer Pianist, der CHOPIN sogar fast noch erlebte, war IGNACY JAN PADEREWSKI, berühmter LESCHETIZKY-Zögling und Publikumsliebling seiner Zeit. Seine Auftritte waren oft meisterlich und mitreißend, er war aber auch in seinem Spiel recht unbeständig und fehleranfällig. Sein Spiel ist majestätisch, romantisch, klangvoll, eloquent, und besticht durch Charme und Eleganz. Letzteres traf wohl auch auf sein Auftreten zu.
    Es ist bedauerlich, daß die meisten Schallplattenaufnahmen erst relativ spät entstanden, als sein künstlerischen Höhepunkt wohl schon überschritten war. In seinen Glanzzeiten rühmte man die Raffinesse seines Spiels und seine legendären Farbabstufungen.
    Ein kleines Beispiel der an ihm gerühmten Attribute seines Spiels bildet z. B. seine Interpretation der Valse op. 34 Nr. 1 und Valse op. 42, sowie der Etude op. 25 Nr 9 und der Polonaise op. 40 Nr. 1.


    Die hohe Schule des Klavierspiels, insbesondere von CHOPIN, gab PADEREWSKI dann auch weiter an einen seiner wichtigsten Schüler WITOLD MALCUZYNSKI. Der am 10. 08. 1914 in Waraschau geborene, und am 10. 7. 1977 in Palma de Mallorca gestorbene Pianist widmete einen Großteil seiner pianistischen Laufbahn der Interpretation der Werke CHOPINs, wenn er auch hervorragende Aufführungen und Aufnahmen mit Werken von BRAHMS, LISZT, RACHMANINOV, TSCHAIKOWKY und FRANCK auszuweisen hat. Er spielte unter den großen Dirigenten wie z. B. KOUSSEWITZKY, MONTEUX, PARAY, MITROPOULOS, REINER, SZELL u. a. und wurde nach seinem glänzenden Auftritt in der CARNEGIE HALL 1942 weltweit groß gefeiert. Anläßlich des 100. Todestags CHOPINs bereiste er Australien, Indien, Neuseeland und andere Länder und führte dabei das Gesamtwerk CHOPINs auf. An MALCUZYNSKI's Spiel besticht seine natürliche Technik, die er nie schaustellerisch herauskehrte, seine Kontrolle des Spiels seine große Sensitivität, die dennoch gleichzeitig zu einem großen, markanten, und vor allem männlichen Ton fähig ist, wie auch die feine Differenzierung der einzelnen Stücke und sein großartiges Stilgefühl. Mag für manche dieser CHOPIN-Stil heute nicht mehr dem modernen Zeitgeschmack entsprechen, so glaube ich, daß sein CHOPIN-Bild und -Spiel - zumal als Pole - der Art des Vortrags seiner Werke durch CHOPIN selbst in seiner Zeit vermutlich mehr entspricht als so manche als modern propagierte Spieleweise von heute. An MALCUZYNSKI liebe ich ganz besonders seine Interpretation der Mazurken und der Polonaisen. Für meinen Geschmack im Vergleich zu seinen Konkurrenten unübertroffen ist z. B. seine Einspielung der Polonaisen op. 26 Nr. 2 und op. 40 Nr. 1.


    Für CHOPIN's Klavierkonzerte zählt der ungarische Pianist PETER FRANKL zu meinen absoluten Favoriten. Seine Einspielung bei VOX von CHOPIN's Konzert-Rondo für Klavier und Orchester F-Dur op 14 "KRAKOWIAK" und auch des "Andante Spianato et Grande Polonaise Es-Dur op. 22, mit dem INNSBRUCKER SINFONIE-ORCHESTER unter ROBERT WAGNER, ist für mich "insuperable", ebenso übrigens wie LISZT's UNGARISCHE FANTASIE FÜR KLAVIER UND ORCHESTER. Es ist für mich unbegreiflich, daß PETER FRANKL, angesichts solcher herausragender Interpretationen, hierzulande weitgehend unbekannt ist. Dabei habe ich von diesem Pianisten noch nicht eine einzige negative Konzert- oder Schallplattenkritik gelesen. Im Gegenteil wurde diesem mehrfach preisgekrönten Künstler von namhaften Musikkritikern durchweg höchste Anerkennung zuteil. FRANKL, für den es keine technischen Problem zu geben scheint, und der sich vor allem als MOZART- und LISZT-Spieler einen Namen gemacht hat, der sämltiche Werke von SCHUMANN und DEBUSSY einspielte, hat sich auch eingehend mit verschiedenen Werkgruppenn von SCHUBERT und eben auch CHOPIN beschäftigt, spielt diesen CHOPIN wunderbar feinnervig und mit sensiblem Klangsinn, rundem Ton, jede auffällige Virtuosität meidend. Er glänzt durch Linie und Kontur. Sein Spiel ist klar, schlank, kultiviert und diszipliniert. Wo erforderlich spielt er auch intensiv, mit prallem Ton, aber gleichzeitig einfühlsamer Wärme. Ähnlich wie MALCUZYNSKI entspricht es weder seiner Auffassung noch Intention, unbedingt mit neuen Interpretationskonzepten auffallen zu wollen, sondern er spielt seinen CHOPIN so, wie er dessen Musik aus der Partitur heraus versteht, und wie diese in ihn Eingang gefunden hat.


    PETER FRANKL studierte u. a bei ZOLTAN KODÁLY und LEO WEINER, trat mit den bedeutendsten Orchestern in den USA und Europa auf, und spielte unter berühmten Dirigenten wie ABBADO, ASHKENAZI, BARBIROLLI, BLOMSTEDT, BOULEZ, CHAILLY, SIR COLIN DAVIS, DORATI, HAITINK, KEMPE, KERTESZ, LEINSDORF, MAAZEL, MASUR, MUTI, SANDERLING, SOLTI und SZELL, war häufiger Gast bei vielen Musikfestivals, und wirkte 20 mal bei den Proms in London mit.


    Viele Grüße
    wok

  • Lieber Wok,


    Danke für Deinen wunderschönen Beitrag! Die Askenase-Box habe ich und der Malcuzynski steht auf meiner Liste! Das waren noch die echten "Chopin-Spieler", die heute nahezu ausgestorben sind (wenn man nicht Rafal Blechacz wieder dazurechnen möcgte, doch das würde er wohl nicht akzeptieren wollen). Askenases Aufnahme der Nocturnes war sehr verbreitet - viele hatten damals diese Aufnahme im Schrank. Er war nicht nur ein großer Chopin-Interpret, er hat auch großen Einfluß gehabt. Er bereitete u.a. Martha Argerich damals auf den Chopin-Wettbewerb vor, den sie dann gewann. Martha Argerich war seitdem mit den Askenases übrigens eng befreundet, besonders Askenases Frau, die nach einer schweren Krankheit verstarb, mochte sie und benannte sogar eine ihrer Töchter nach ihr. Malcuzunsky ist leider nicht so bekannt. Wer ihn nicht kennt, solllte sich von ihm die überragenden Balladen anhören. Eine der zeitlos gültigen, besten Aufnahmen! Ich werde demnächst auch noch einiges beisteuern! :)


    Herzliche Grüße
    Holger

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  • Lieber wok,


    auch von meiner Seite ganz herzlichen Dank für diesen schönen, aufschlussreichen Beitrag, der ein weitaus würdigerer Beginn des Threads gewesen ist als mein Miniaturhinweis auf Rubinstein der auch mehr als meine paar Zeilen verdient hätte. Du hast vollkommen recht, daß kein Pianist die gesamte Breite Chopins und er gleichen Qualität abdecken kann (ich würde das auch für Liszt unterschreiben), aber beeindruckend an Rubinstein ist imO die hohe Qualität in einer sehr großen Breite. Für mich heißt das, wenn schon ehe Chopin Box, dann Rubinstein :)


    Herzliche Sonntagsgrüße
    JLang

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    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Hallo Dr. Kaletha,


    Schön, wieder einmal von Dir zu einem meiner Beiträge zu hören! Die Meinung eines solchen absoluten Klavierexperten, zu denen seit einiger Zeit ja auch ILang gehört, ist für mich mich sehr wichtig und äußerst interessant.


    Ja, MARTHA ARGERICH war sicher eine der berühmtesten Schülerinnen von STEFAN ASKENASE. Daß sie mit den Askenases so eng befreundet war, wußte ich noch nicht. Sehr interessaant!


    Was WITOLD MALCUZYNSKI anbetrifft, so habe ich in der Tat den Hinweis auf seine wirklich herausragende Interpretation der CHOPIN-Balladen unterschlagen. Unverzeihlich! Danke für diese Feststellung und Erinnerung!


    Sehr würde mich auch Deine Meinung zu PETER FRANKL interessierern. Ich meine einfach, daß von diesem großartigen Pianisten in Deutschland zu wenig Notiz genommen wurde und wird. Es ist sicher nicht ein so ausgesprochener CHOPIN-Interpret wie z. B. ASKENASE oder MALCUZYNSKI (wobei beide durchaus auch andere Komponisten oft auf ihrem Programm hatten und auch mit diesen sehr gut umzugehen wußten), doch kann ich mich für seine Interpretation der von mir genannten beiden Konzerte absolut begeistern.


    Viele Grüße, und noch einen musischen Sonntag!


    wok

  • Sehr würde mich auch Deine Meinung zu PETER FRANKL interessierern. Ich meine einfach, daß von diesem großartigen Pianisten in Deutschland zu wenig Notiz genommen wurde und wird.


    Lieber wok, das stimmt absolut, trifft leider auch ein wenig auf mich zu! :untertauch: Auch bei mir gibt es leider einige Pianisten, die - natürlichl zu Unrecht - etwas unterbelichtet geblieben sind. Ich werde mir aber auf Deinen Hinweis hin doch mal etwas von ihm besorgen. Wenn er die Sonate op. 35 aufgenommen hätte, wäre das natürlich eine besonders willkommene Berreicherung für mich! :hello:


    Herzliche Grüße
    Holger

  • Zitat

    ILang: Du hast vollkommen recht, daß kein Pianist die gesamte Breite Chopins
    und er gleichen Qualität abdecken kann (ich würde das auch für Liszt
    unterschreiben), aber beeindruckend an Rubinstein ist imO die hohe
    Qualität in einer sehr großen Breite. Für mich heißt das, wenn schon ehe
    Chopin Box, dann Rubinstein :)

    Hallo ILang,


    Vielen Dank für Deinen Kommentar zu meinem Beitrag.


    Das ist gewiß richtig: Die hohe Qualität in einer sehr großen Breite bei RUBINSTEIN ist in der Tat beeindruckend und sucht ihresgleichen. Dies trifft aber sicher auch auf ASKENASE zu. Für wen der beiden man sich entscheidet, hängt dann wohl doch davon ab, ob man das kraftvolle, elegante Spiel RUBINSTEINs, oder das Spiel der eher leisen Töne und der Poesie ASKENASEs bevorzugt. Aber wie gesagt: Warum soll ich mir von einem Interpreten eine ganze Box kaufen, und dabei auch einige schwächere Interpretationen in Kauf nehmen, wenn ich mir die jeweils besten Interpretationen der verschiedenen Musikgattungen oder -stücke einzeln selektiv aus dem riesigen Angebot bestehender Aufnahmen von ebenfalls hervorragenden anderen Interpreten zusammenstellen kann.


    Viele Grüße
    wok

  • Zitat

    Dr. Holger Kaletha:
    Lieber wok, das stimmt absolut, trifft leider auch ein wenig auf mich zu! :untertauch:
    Auch bei mir gibt es leider einige Pianisten, die - natürlich zu Unrecht - etwas unterbelichtet geblieben sind. Ich werde mir aber auf Deinen Hinweis hin doch mal etwas von ihm besorgen. Wenn er die Sonate op. 35 aufgenommen hätte, wäre das natürlich eine besonders willkommene Berreicherung für mich! :hello:

    Hallo Dr. Kaletha,


    Daß auch Du Dich bisher offenbar nur wenig mit PETER FRANKL beschäftigt hast, überrascht mich schon etwas. Dann wundert es mich auch nicht mehr, daß auch andere in diesem Forum bisher kaum auf ihn zu sprechen kamen. CHOPIN scheint ohnehin nicht gerade der Liebling unserer Tamino-Mitglieder zu sein. Allerdings hat "Cassiodor" am 05. 11. 2008 sehr positiv und lobend über ihn als Kammermusiker geschrieben. Anscheinend ist aber Cassiodor inzwischen nicht mehr in diesem Forum.


    So viele Wettbewerbe wie FRANKLhat wohl kaum ein anderer Pianist gewonnen. Abgesehen davon, daß er immerhin Schüler von ZOLTÁN KODÁLY war und auch bei ERNÓ SZEGEDI, WEINER und KABOS studierte, gewann er dann immerhin die Wettbewerbe von Bukarest, Warschau und Brüssel, 1957 dann auch den Marguerite Long/Jacques Thibaud-Wettbewerb und den Münchner Rundfunkwettbewerb, 1959 dann auch noch den Internationalen Wettbewerb in Rio de Janeiro.


    Dies sagt gewiß noch wenig über seine zahlreichen Schallplattenaufnahmen aus, doch war sein Ruf als hervorragender Interpret der Werke speziell von LISZT und CHOPIN doch international. Seine wunderbare Einspielung von LISZT's Ungarische Fantasie für Klavier und Orchester erwähnte ich ja bereits.


    Ob er auch CHOPIN's Sonate op. 35 aufgenommen hat, kann ich jetzt auch nicht sagen. Im Konzert gespielt hat er sie bestimmt. Ich hatte ja FRANKL insbesondere für die Konzerte CHOPINs herausgestellt. Seine von mir hoch eingeschätzte Aufnahme mit dem Konzert-Rondo op. 14 "Krakowiak" und dem Andante Spianato et Grande Polonaise op. 22 von CHOPIN und dem Konzert von LISZT bei Vox erwähnte ich bereits. Diese Aufnahme gibt es übrigens noch bei Amazon, zumindest in gebraucht.


    Ich nehme an, daß Du Dich wohl auch noch nicht mit PADEREWSKI als CHOPIN-Spieler näher beschäftigt hast. Von ihm sind ja leider auch nicht mehr so viele Aufnahmen im Handel erhältlich.


    Viele Grüße
    wok

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  • Die Verfügbarkeit von Aufnahmen mit Peter Frankl scheint tatsächlich ein kleines Problem zu sein. Zudem: Plattensammler haben es einfacher, an Frankl-Aufnahmen zu kommen. Von seinen Chopin-Aufnahmen habe ich die Polonaisen, die Balladen und die Fantasie op. 49. Allerdings erst seit ein paart Tagen. Wenn die Platten gewaschen sind melde ich mich gerne zu den Aufnahmen.


    Frankls Aufnahmen sind zumeist für das Label "VOX" entstanden, einem amerikanischen Budget Label, das hierzulande unter dem Label Pantheon oder Opera, später Turnabout vertrieben wurde. Es wäre einen eigenen Thread wert, einen Blick auf die "VOX-Stars" zu werfen. Chopin-Aufnahmen für VOX gibt es von Walter Klien, Ingrid Haebler, Rena Kyriakou (die einen feinen Mendelssohn, ebenfalls für VOX, aufgenommen hat), Felicja Blumenthal, eine fantatstishce Exponentin spätklassischer und romantischer Klaviermusik, Guiomar Novaes (die mit op. 35), Orazio Frugoni und eben Peter Frankl.


    Murray Hill Records hat aus diesen Aufnahmen ein 12-LP-Box gemacht. Da höre ich mich gerade hinein.


    Problematisch waren bei VOX zumeist die begleitenden oder zu dirigierenden Orchester. Man muss schon Musikliebhaber -und kenner gewesen sein, um in Deutschland in die VOX-Kiste hineinzugreifen (konnte dann aber oftmals sehr beglückende Hörerlebnisse haben).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo Dr. Kaletha,


    Ich wollte Dir nur noch kurz sagen, daß es einige Aufnahmen von PETER FRANKL mit CHOPIN-Werken auf youtube zu hören gibt, d. h.


    Balladen op. 23, 38, 47,
    Fantasie op. 49/1
    Polonaises op. 26/2, op. 40/2, op. 44, op. 53, op. 71/1 - op. posth., op. posth. Nr. 2. FRANKL
    hat übrigens die Polonaises komplett eingespielt
    Klavierkonzert Nr. 1 (1 Satz)


    Sicher gibt es noch einiges mehr mit ihm, auch mit Aufnahmen anderer Komponisten (z. B. BRAHMS Klavierkonzert)
    Des weiteren habe ich nun zu meiner Freude ein 1-stündiges Radio Interview von DAVID DUBALmit ihm auf youtube gehört, das hochinteressaant ist - auch mit Musikbeispielen - und wo man viel über sein Leben und seine Einstellung zur Musik erfährt. Ein höchst sympathischer und sich bescheiden gebender Künstler!


    Viele Grüße
    wok

  • Die Malcuzinsky-Box habe ich seit längerem auf der Liste (allerdings wollte ich solche Repertoirevervielfachungen zurückfahren, daher ist sie immer noch auf der Liste, nicht im Regal...)


    Da Thomas ihn noch nicht erwähnt hat, nenne ich Samson Francois. Er hat fast alles außer einigen Nebenwerken (wie der 1. Sonate) eingespielt; viele Werke und Werkgruppen sogar zweifach (in großen Komplettbox unten rechts ist zB die 2. Sonate sogar vier oder fünfmal drin). Ohne Dopplungen in einer relativ preiswerten (10 CDs für knapp EUR 30), mehrfach neu aufgelegten Box zu haben. (Ich verlinke nur die neueste Auflage, evtl. sind ältere Ausgaben noch günstiger zu haben.) Leider ist der Klang teils nicht besonders gut, obwohl meist sogar stereo.
    Die Interpretationen sind vielleicht nicht als "Basisbibliothek" geeignet, aber eine ideale Ergänzung. Sie sind hochromantisch, leidenschaftlich, originell, frappierend, manchmal vielleicht auch provozierend. Tempi meist eher zügig, der romantische Impetus trübt aber nicht die Klarheit


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Thomas,


    Du bist auch im Fall PETER FRANKL wieder bestens informiert, wie immer! Da stoße ich endlich einmal auf jemanden, der Aufnahmen von ihm in seiner Sammlung hat!


    Ja, VOX hat durchaus einige "Stars" aufzuweisen, und von den von Dir genannten Namen sind mir natürlich insbesondere INGRID HAEBLER (bei Ihren SCHUBERT-Impromptus gerate ich ins Schwärmen, und auch von ihren frühen MOZART-Klavierkonzerten von KV 37 - 41 mit EDUARD MELKUS bin ich begeistert!), WALTER KLIEN, FELICJA BLUMENTHAL und GUIOMAR NOVAES ein Begriff.


    Ja, bei VOx sind nicht immer die bekanntesten begleitenden Orchester und Dirigenten am Werk, doch brauchen die Konzete von CHOPIN oder PAGANINI z. B. auch nicht immer Star-Orchester oder -Dirigenten, um erstklassige Einspielungen zu gewährleisten, wie ja auch Du schon festgestellt hast.


    Im Falle der von mir genannten Aufnahmen mit PETER FRANKL zieht sich das INNSBRUCKER SINFNIEORCHESTER unter ROBERT WAGNER doch sehr beachtlich aus der Affäre. Diese haben immerhin schon sehr bekannte andere VOX/Turnabout- Solisten in Konzerten und Einspielungen begleitet, wie z. B. SUSANNE LAUTENBACHER (eine meiner Lieblingsgeigerinnen für die BACH-Violinkonzerte!) , MARTIN GALLING, DAVID GLAZER (ihre Aufnahme des Klarinettenkonzerts von CARL STAMITZ halte ich für eine der besten überhaupt!), MAURA MOREIRA, RITA STREICH, ERNST KOZUB, HILDE ZADEK, FRANZ CRASS, FELICJA BLUMENTHAL, und auch THOMAS ZEHETMAIR spielte mit diesem Orchester und dirigierte es sogar.


    Viele Grüße
    wok

  • Zitat wok

    Zitat

    Vielen Dank für Deinen Kommentar zu meinem Beitrag.


    Das ist gewiß richtig: Die hohe Qualität in einer sehr großen Breite bei RUBINSTEIN ist in der Tat beeindruckend und sucht ihresgleichen. Dies trifft aber sicher auch auf ASKENASE zu. Für wen der beiden man sich entscheidet, hängt dann wohl doch davon ab, ob man das kraftvolle, elegante Spiel RUBINSTEINs, oder das Spiel der eher leisen Töne und der Poesie ASKENASEs bevorzugt. Aber wie gesagt: Warum soll ich mir von einem Interpreten eine ganze Box kaufen, und dabei auch einige schwächere Interpretationen in Kauf nehmen, wenn ich mir die jeweils besten Interpretationen der verschiedenen Musikgattungen oder -stücke einzeln selektiv aus dem riesigen Angebot bestehender Aufnahmen von ebenfalls hervorragenden anderen Interpreten zusammenstellen kann.

    Nein, nein, ich danke für den Beitrag.
    Mein Argument für die Box (ich kann es nicht lassen) ist, daß ich ja erst einmal herausfinden muß, was mir besonders gut gefällt und was nicht, das ist über Hörschnipsel kaum möglich, eine Box bietet eine Grundlage, auf der ich dann anfangen kann, mit anderen Interpretationen zu vergleichen. Und man hat ja bei Rubinstein mit der Chopin Box ohnehin noch längst nicht alles. Für mich gibt es kein Rubinstein oder Askenase, ich bin froh, Aufnahmen von beiden zu besitzen. Denn manchmal hängt es ehrlich gestanden ganz von meiner Stimmung ab: dann sind entweder etwas leisere Töne oder der runde, volle Ton gefragt.



    Zitat

    Dann wundert es mich auch nicht mehr, daß auch andere in diesem Forum bisher kaum auf ihn zu sprechen kamen. CHOPIN scheint ohnehin nicht gerade der Liebling unserer Tamino-Mitglieder zu sein.

    Ich habe von Frankl schlichtweg wenig (die Hungarian Anthology), aber auch er steht nun auf meiner Wunschliste. Ich habe derzeit keine Chopin Phase, sondern kürzlich meine Liebe zu Liszt regelrecht wiederentdeckt. Und alles zugleich geht leider nicht.


    Herzliche Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
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  • Chopin-Pianisten von gestern, das ist ein nicht ganz einfaches Thema. Ich würde unterscheiden zwischen Pianisten, die auch Chopin gespielt haben (das sind die meisten) und einer Handvoll Pianisten, die sich besonders für Chopin eingesetzt haben. Zur zweiten Gruppe zähle ich neben den bereits genannten Arthur Rubinstein und Samson Francois Nikita Magaloff, von dem tatsächlich eine GA der Werke Chopins verfügbar ist. Interessant sind vielleicht die Chopin-Verweigerer, die es in der französichen Schule gegeben hat. Man sah die Musik der Romantik als deutsches Phänomen an. Das Deutsche allerdings wollte man vor dem Hintergrund des ersten Weltkrieges meiden, machte darum einen großen Bogen und goß somit das Kind mit dem Bade aus (es ist erstaunlich, dass bei einigen französichen Pianisten das 20. Jh. exellent vertreten wird, bei der älteren Musik Bach, Scarlatti, Rameau, um dann bei Mozart und Haydn einen Punkt zu machen). Marguerite Long zählt dazu, Marcelle Meyer hat keinen Ton Chopin auf Schallplatte hinterlassen und auch Monique Haas quälte sich lediglich ein paar Chopin-Werke als Zugabe ab. Der Cortot-faszinierte Samson Francois war so gesehen ein Antipode zu dieser Haltung. Zu den Preziosen, die vor dem Hintergrund dieser ablehnenden Haltung zu finden sind, zählen die Aufnahmen von Raymond Trouard, der einiges von Chopin eingespielt hat. Yves Nat, der -mutig genug- im Nachkriegsfrankreich alle Beethoven-Sonaten aufgenommen hat, hat sich auch Chopin gewidmet.


    Freilich ist unser Blick auf die Verfügbarkeit von Aufnahmen der Schallplattenindustrie eingeengt. Witold Maclucinsky wurde von der polnischen Fraktion bereits genannt, Halina Czerny-Stefanska gehört ebenso dazu. Die DGG hat in den 1950er Jahren Stefan Askenase mit Chopin herausgebracht, einige sehr schöne Aufnahmen gibt es von Julian von Karoly.


    Für den deutschen Markt dürften tatsächlich die Pianisten Arthur Rubinstein und Adam Harasiewicz prägend gewesen sein, erkennbar an der unglaublichen Verfügbarkeit auf dem LP-Markt (aus Sicht des Plattensammlers). Bei den Pianisten, die auch Chopin gespielt, hier aber Wesentliches beigetragen haben, darf Guiomar Novaes nicht unerwähnt bleiben. Ihre Aufnahme der Nocturnes zählt zu den Highlights der Aufzeichnungsgeschichte. Wundervolle Aufnahmen der Klavierkonzerte hat Branka Musulin vorgelegt, zudem die b-moll Sonate, einn paar Mazurken, die Berceuse und das Scherzo. Aber auch sie nahm für kleine Label auf, so daß sie nach wie vor ein Insider-Tip ist.


    Bei den Deutschen möchte ich Wilhelm Backhaus nicht unerwähnt lassen. Seine frühe Einspielung der Etudes wird auch heute, knapp 90 Jahre später, noch als maßstabsetzend gerühmt. Später nahm er noch die G-moll Ballade, ein paar Mazurken und die b-moll Sonate auf.


    Alles in Allem kommen wir auf einige interessante und auch faszinierene Positionen der Vergangenheit, die auch heute noch Bestand haben. Von Peter Frankl habe ich gerade entzückt die Aufnahmde der Balladen gehört. Dank an WOK für diesen Hinweis. Angesprochen habe ich gerade ein paar Pianisten, wie sie sich in meiner Plattensammlung wiederfinden. Schön, wenn hier noch mehr zusammengetragen würde.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • und auch Monique Haas quälte sich lediglich ein paar Chopin-Werke als Zugabe ab. Der Cortot-faszinierte Samson Francois war so gesehen ein Antipode zu dieser Haltung.

    Zu den "Antipoden" müßte man dann auch Vlado Perlemuter zählen, lieber Thomas, der zugleich das Werk von Ravel und Chopin spielte. Sein Chopin ist überragend (unbedingt kennen sollte man die Preludes). Monique Haas hat, soviel ich gelesen habe, immerhin die kompletten Etüden gespielt. Was es von ihr als Aufnahme gibt, ist aber auch wirklich außergewöhnlich! Alfred Cortot ist natürlich ein Kapitel für sich - er hat das Chopin-Spiel geprägt wie kaum ein anderer. Auch heute führt an ihm kein Weg vorbei. :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Du hast recht, lieber Holger, Perlemutter hatte ich ganz vergessen, von dem ich seit Kindestagen eine Recital-Platte mit Werken Chopins besitze. Auch der hatte das Problem, für kleine Plattenclublabel aufzunehmen. Der Ravel entstand für VOX (die Konzerte dirigiert von Jascha Horenstein), Chopin habe ich von Concert Hall. Bei den Russen habe ich noch einen Nachtrag zu liefern: Igor Shukov. Der zählt zu den Pianisten, die auch Chopin gespielt haben. Seine Einspielung der Préludes ist superb. Man kann sie auf youtube nachhören:



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    PS: Ich muss mich korrigieren: von Marguerite Long gibt es eine Aufnahme des f-moll Konzertes und eine Mazurke, immerhin.

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  • Zu den Chopin-Interpreten von gestern muss man leider auch Youri Egorov zählen, der 1988 nur 33 Jahre alt vermutlich an AIDS verstarb. Hier seine 1983 entstandene Aufnahme der Ballade Nr. 1 von Frederic Chopin.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Lieber Thomas,


    von Shukov kenne ich bislang nur seinen Scriabin. (Der ist hervorragend!) Ein anderer großer "Scriabinist" - Scriabins Schwiegersohn Vladimir Sofronitzky - war was Chopin angeht berühmt vor allem für seine Aufnahme von Chopins Mazurken. Die ist auch wirklich sehr hörenswert:



    Egorov (und auch Shukov) höre ich mir bei Gelegenheit an - wieder so ein tragisches Schicksal :| wie auch das von Andrei Nikolsky, der den Rheine-Elisabeth-Wettbewerb gewann und dann bei einem Autounfall nahe dem belgischen Waterloo tödlich verunglückte. Die Chopin-Platte, die es von ihm von Arte-Nuova (noch) gibt, kann ich nur wärmstens empfehlen. Er war eine ganz große lyrische Begabung - wunderbar individuelle und einfühlsame Preludes und eine der schönsten Aufnahmen der Sonate mit dem Trauermarsch (siehe die Besprechung im speziellen Thread!)



    Zum Schluß noch diesen Filmmitschnitt mit Vlado Perlemuter - Chopin Etüde op. 25 Nr. 11:



    Herzlich grüßend
    Holger

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  • Dürfte Shura Cherkassky hier fehlen?


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Dürfte Shura Cherkassky hier fehlen?


    Natürlich nicht, lieber Farinelli. Er war ja Schüler des großen polnischen Pianisten Josef Hofmann (von dem auch etliche höchst bemerkenswerte Chopin-Aufnahmen existieren!) und hat dessen Spiel, die aus dem Augenblick geborene Spontaneität, zu seiner Herzenssache gemacht. Er spielte ja nichts zweimal auf dieselbe Art und lehnte aus diesem Grund Studioaufnahmen ab! Seine Aufnahme der Trauermarschsonate ist einfach wunderbar schön gespielt - eine der wirklich berührendsten!


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Für CHOPIN's Klavierkonzerte zählt der ungarische Pianist PETER FRANKL zu meinen absoluten Favoriten. Seine Einspielung bei VOX von CHOPIN's Konzert-Rondo für Klavier und Orchester F-Dur op 14 "KRAKOWIAK" und auch des "Andante Spianato et Grande Polonaise Es-Dur op. 22, mit dem INNSBRUCKER SINFONIE-ORCHESTER unter ROBERT WAGNER, ist für mich "insuperable", ebenso übrigens wie LISZT's UNGARISCHE FANTASIE FÜR KLAVIER UND ORCHESTER. Es ist für mich unbegreiflich, daß PETER FRANKL, angesichts solcher herausragender Interpretationen, hierzulande weitgehend unbekannt ist. Dabei habe ich von diesem Pianisten noch nicht eine einzige negative Konzert- oder Schallplattenkritik gelesen. Im Gegenteil wurde diesem mehrfach preisgekrönten Künstler von namhaften Musikkritikern durchweg höchste Anerkennung zuteil. FRANKL, für den es keine technischen Problem zu geben scheint, und der sich vor allem als MOZART- und LISZT-Spieler einen Namen gemacht hat, der sämltiche Werke von SCHUMANN und DEBUSSY einspielte, hat sich auch eingehend mit verschiedenen Werkgruppenn von SCHUBERT und eben auch CHOPIN beschäftigt, spielt diesen CHOPIN wunderbar feinnervig und mit sensiblem Klangsinn, rundem Ton, jede auffällige Virtuosität meidend. Er glänzt durch Linie und Kontur. Sein Spiel ist klar, schlank, kultiviert und diszipliniert. Wo erforderlich spielt er auch intensiv, mit prallem Ton, aber gleichzeitig einfühlsamer Wärme.


    Peter Frankl ist ja wirklich eine Entdeckung! Ich habe gestern in seine Schumann-Aufnahmen reingehört - das ist eine vollständige Gesamteinspielung, und sie ist musikalisch auf höchstem Niveau (bspw. Humoreske). Warum kennt man ihn nicht? Gibt es dazu schon einen Thread? Vielen Dank für diesen Hinweis, wirklich gute Schumann-Aufnahmen gibt es ja nicht so viele, Frankl spielt mit Leidenschaft und Genauigkeit, das gefällt mir.


    LG,


    Christian

  • Hallo Christian,


    Es freut mich sehr, daß Du Dich für PETER FRANKL's SCHUMANN-Interpretation so begeistern kannst. In der Tat spielt er die z. T. sehr schwierigen Stücke wirklich Weltklasse und "second to none"! Gerade über seine Interpretaton meines Lieblingsstücks, die "Humoreske" (neben "Aufschwung"), kann man wirklich ins Schwärmen geraten. "Warum kennt man ihn nicht?" - Auch ich habe mir ja schon diese Frage gestellt, zumindest trifft dies für den deutschen Raum zu. Dadurch, daß er sein Debut in den USA bei einem Recital in Dallas gab und 1967 nach London zog und dort britischer Staatsbürger wurde, wurde er nach mehreren großen internationalen Preisen, die er gewann, vor allem in diesen Ländern bekannt und berühmt, und so nennt ihn auch "Baker's Biographical Dictionary of Musicians" einen "brillianten Pianisten". Auch dem vortrefflichen englischen Piansiten CLIFFORD CURZON, von dem man ja ebenfalls heute viel zu wenig hört, ergeht es ja ähnlich. Auch meine Schallplattenaufnahme von CHOPIN's "Andante spianato und große Polonaise brillante op. 22, sein "Rondo für Klavier und Orchester op. 14" , und LISZT's Ungarische Fantasie für Klavier und Orchester mit dem iNNSBRUCKER SYMPHONIEORCHSTER unter ROBERT WAGNER mußte ich mir ja 1975 aus den USA kommen lassen.


    Dabei begeisterte sich die bekannte Musik-Kritikerin Herta Piper-Ziethen schon in Heft 3/1970 für PETER FRANKL's interpretation der Mozart-Klavierkonzerte KV 175 und 271 und stellte diese ganz klar über die BARENBOIM-Aufnahme mit dem ENGLISH CHAMBER ORCHESTRA , und stellt z. B. fest: "Nichts wird über den Daumen gepeilt, sein MOZART stimmt von vorne bis hinten, sein Spiel hat erstklassiges Ebenmaß und Kontur....kultiviert....empfindsam-intensive Wärme....runder, praller Ton...etc.", was sich völlig mit meinem Eindruck von seiner Interpretationskunst deckt.


    Einen erstklassigen Namen machte er sich auch durch seine DEBUSSY-Interpretationen, für die man ihm eine unauffällige Virtuosität und einen höchst sensiblen Klangsinn attestiert.


    Insgesamt komme also auch ich immer wieder zu dem Schluß, daß es schlichtweg nicht zu begreifen ist, warum dieser Pianist nicht auch heute noch als herausragender Pianist häufiger zitiert wird.


    Viele Grüße
    wok

  • Hallo Thomas,


    Sehr interessant Dein Hinweis auf weitere berühmte oder zumindest bekannte CHOPIN-Interpreten der Vergangenheit, zu denen ja gewiß - wie Dr. Kaletha noch zurecht ergänzte - VLADO PERLEMUTER und VLADIMIR SOFRONITZKY gehörten, natürlich auch SURA CHERKASSKY, an den farinelli erinnert- Johannes Roehl weist auf den bedeutenden SAMSON FRANCOIS hin -
    auch YOURI EGEROV, IGOR SHUKOV, natürlich MARGUERITE LONG (Lehrerin von MALCUZYNSKI, FRANCOIS, HAEBLER!), und trotz dieser schon stolzen Anzahl großer Namen, könnte man bestimmt noch ein gutes Dutzend von Pianisten nennen, die zumindest CHOPIN immer wieder auf ihrem Programm hatten, und sich mit der Interpretation bestimmter Werke einen bleibenden Namen machten.


    Die Auswahl ist deshalb verwirrend, und es ist praktisch unmöglich, da eine Rangliste zu erstellen unter dem Gesichtspunkt, wem da die Ehre des größten oder besten CHOPIN-Spielers zukommt. Jeder der schon genannten Pianisten hat sicher Konzerte oder Aufnahmen einer Musikgattung oder eines Stückes zustande gebracht, deren Qualität es mit den ganz großen erklärten CHOPIN-Spielern wie RUBINSTEIN, ASKENASE etc. ohne weiteres aufnehmen kann. Schon deshalb gehe ich bei der Auswahl eines Interpreten für eine bestimmte Musikgattung stets selektiv vor, denn wenn mir danach ist, ein bestimmtes Stück je nach Stimmung zu hören, z. B. eine betimmte Mazurka oder Polonaise, dann weiß ich, daß mir für dieses Werk z. B. MALCUZYNSKI, oder für ein bestimmtes Klavierkonzert oder eine bestimmte Ballade, FRANKL, (seine Interpretation der Ballade op. 23 z. B. ist einfach großartig!), für sehr lyrische Stück ASKENASE etc, .das größte Hörvergnügen bereiten wird !), und dann will ich nicht lange überlegen, welchen Interpreten ich dann aus einer Unzahl von Boxen hervorhole, denn schließlich bin ich nicht Musikkritiker von Beruf, der natürlich möglichst jede Aufnahme kennen und sich anhören sollte. Das Anhören und Vergleichen fand bei mir schon in den letzten 50 - 60 Jahren statt, als ich mir fast jede Klassik-Sendung im Rundfunk anhörte, viele Konzerte besuchte, und ich mir in dieser langen Zeit eine Meinung bilden konnte, welches Werk eines Komponisten in welcher Interpretation meinen Vorstellungen am besten entspricht. Viele bekannte Musiker konnte ich auch bei Konzertbesuchen hören und kennenlernen. Meine Hörerlebnisse habe ich in Notizen festgehalten und kann auch heute noch jederzeit auf diese zurückgreifen.


    In den 50er Jahren waren z. B. als CHOPIN-Interpreten neben RUBINSTEIN und ASKENASE vor allem die schon oben genannten Pianisten wie NIKITA MAGALOFF, SHURA CHERKASSKY, BRANKA MUSULIN, HALINA SZERNY-STEFANSKA und JULIAN VON KAROLYI sehr häufig im Rundfunk zu hören. Den jungen VON KAROLYI erlebte ich auch im Konzert - er war auch ein ganz hervorragender LISZT-Interpret! - allesamt singuläre Musikerpersönlichkeiten mit z. T. äußerst unterschiedlichen Interpretationstechniken, -ansätzen und konzeptionen. Über jeden einzelnen könte man ganz sicher einen Thread ansetzen, der vermutlich zu sehr interessanen Erkenntnissen führen würde. Von dem einen oder anderen besteht sicher auch schon ein solcher.


    Viele Grüße
    wok

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich würde hier auch noch Moriz Rosenthal, Raul Koczalski und Solomon nennen. Alles keine berauschende Qualität angesichts der alten Aufnahmen, aber bei youtube kann man sich gut einen Eindruck verschaffen.

    Viele Grüße
    Positano

  • Es gibt eine Chopin-Box (10 CDs) überwiegend mit „Pianisten von gestern“:



    Es spielen:


    Martha Argerich
    Claudio Arrau
    Stefan Askenase
    Simon Barere
    Paul Badura-Skoda
    Arturo Benedetti Michelangeli
    Alexandre Brailowsky
    Thierry de Brunhoff
    Alfred Cortot
    Georges Cziffra
    Samson François
    Ignaz Friedman
    Grigory Ginzburg
    Josef Hofmann
    Vladimir Horowitz
    Mieczyslaw Horszowski
    Maryla Jonas
    William Kapell
    Wilhelm Kempff
    Raoul Koczalski
    Mischa Levitzki
    Josef Lhévinne
    Dinu Lipatti
    Robert Lortat
    Nikita Magaloff
    Witold Malcuzynski
    Benno Moiseiwitsch
    Heinrich Neuhaus
    Guiomar Novaes
    Ignacy Paderewski
    Vlado Perlemuter
    Maurizio Pollini
    Serge Rachmaninov
    Arthur Rubinstein
    Vladimir Sofronitzki


    Manches ist doppelt, da von verschiedenen Interpreten enthalten.

    Viele Grüße
    Positano

  • Peter Frankl, dessen Lobpreisungen mich "kalt erwischen", was in diesem Fall kaum unangenehm ist, sondern meine Neugierde weckt, trägt nicht zufällig einen deutsch klingenden Namen - er ist, mehr noch als Ungar (gebürtig) oder Brite (naturalisiert), selbstredend jüdischer Pianist. Hier zur Bestätigung die offizielle Liste, worin sich manch berühmter Name findet (inkl. Komponisten): http://www.jinfo.org/Pianists.html


    Was mich aber wirklich überrascht, ist die bisherige Nichterwähnung des neben Alfred [Cortot] wohl profundesten Chopin-Kenners überhaupt, vor allem aus wissenschaftlich-editorischer Perspektive, den das 20. Jahrhundert zu bieten hatte: Jan Ekier.



    Mich verbindet mit ihm eine sozusagen formale Gemeinsamkeit, und erst heute habe ich von seinem Tod (am 15. Aug. 2014) erfahren, nachdem mich noch 2013 sein Erleben des 100.* fasziniert hatte.
    In der Liste der berühmten Hundertjährigen auf https://en.wikipedia.org/wiki/…sers_and_music_patrons%29 liest man ungläubig den Namen des ältesten noch aktuell Lebenden: Roy Douglas (*12. Dez. 1907), was einen seltsamen Zufall insofern bedeutet, als dieser Mann, ein Freund von Ralph Vaughan Williams übrigens, wenn die englische Wikipedia auf https://en.wikipedia.org/wiki/Les_Sylphides richtig liegt, 1936 die inzwischen populärste Orchestrierung der (4 plus x) Chopin-Stücke geschaffen hat, welche auf Grundlage von Alexandr Glasunows recht bekannter Suite "Chopiniana" op.46 als Ballettmusik für "Les Sylphides" dienen.


    Zurück zum Chopinologen par exemple Jan Ekier, der ebensowenig wie Chopin einen polnischen Familiennamen trägt, aber in seinen Chopin-Interpretationen m.E. leicht als slawisch-blütig erkannt werden kann.
    Hört man auf http://en.chopin.nifc.pl/chopin/persons/text/id/276/lang/en etwa in die großartige As-Dur-Polonaise op.53 hinein, und vergleicht Ekiers Version mit derjenigen des fast gebetsmühlenartig seit Jahrzehnten zum Superstar hochstilisierten Vladimir Horowitz, neigt sich für jeden, der wirklich Ahnung von der Materie besitzt (weil er sich an diesem Werk selbst schon x-mal versucht hat), die Waagschale ganz eindeutig zu Ekier. Sein Spiel ist in jeder Hinsicht (Treffgenauigkeit, Rythmus, Phrasierung/Konturen, Tempi) ungleich exakter und "chopinesquer" als das von Horowitz, der nach wie vor aus meiner Sicht der am meisten überschätzte Pianist aller für groß gehaltenen Pianisten, zumindest seines Jahrhunderts, ist.
    Sympathisch ist mir der gebürtige Ukrainer H., ebenfalls Jude, gewiss, und als an Weihnachten 2014 im TV in ausführlicher Länge sein auch emotional berührendes Gastspiel 1986 in Moskau (über 60 Jahre nach seiner Emigration) gebracht wurde, einschließlich eben jener Polonaise op.53, und man dem alten Haudegen förmlich ansah, was dieser - wohl kaum erhoffte - letzte Auftritt in seinem Quasi-Heimatland - 1903 gab es ja noch keine Sowjetunion - ihm bedeutete, wie seine hellwachen Augen leuchteten, als er die etwa gleichaltrige Tochter Skrjabins traf und dem TV-Publikum von seinen Begegnungen mit Skrjabin und Sergej Rachmaninow erzählte, hielt es auch mich wie gebannt vor der Mattscheibe, ABER all diese Sympathie, neben meiner Anerkennung für Horowitz' Referenz-Status für die Musik Rachmaninows, konnte mich nicht darüber hinwegtäuschen, dass mein sehr durchwachsenes Bild von den interpretatorischen Fähigkeiten dieses Künstlers ein weiteres, chronologisch quasi ein letztes Mal, eine Bestätigung erfuhr.


    Schon bevor er zum Schubert-Stück ansetzte, wusste ich schlagartig, wobei ich dieses Moskauer Konzert bisher noch nie im Einzelnen gehört hatte, dass das ein sinnloses Unterfangen würde, weil Horowitz weder das Wesen des Menschen Franz Schubert noch seinen unvergleichlichen, von Weltschmerz, Strenge und Wärme zugleich durchmischten Zauber, jemals verstanden hat. Was erklang, war kein Schubert, sondern ein für Schubert-Kenner äußerst ernüchterndes Konglomerat aus Chopin/Liszt/Rachmaninow mit von Schubert notierten Tonfolgen und Akkorden. Die Horowitz-Faustregel lautet: Virtuosität und Blenden um jeden Preis. Da, wo, wie im Falle Schuberts, das vom Komponisten aber überhaupt nicht ausgedrückt werden sollte, muss der Typ H. (es gibt noch ein paar ähnliche Beispiele in abgeschwächter Form) an seine Grenzen stoßen - und schlichtweg fürchterlich scheitern, fast auf Mittelstufenniveau.
    Und als dann die besagte Polonaise op.53 kam, erlebte man zwar einen Grand Seigneur des Klavierspiels, der bei Chopin aus einem großen dynamischen Potenzial schöpfen konnte, der auch echt slawisches Kolorit hörbar werden ließ, der jedoch an etlichen Stellen überhitzt über die Stränge (i. S. des imperativen Notentextes) schlug, so wie er es, allerdings im absoluten Extrem, in der unsäglichen und für mich nur als - zeitlose - Abschreckung aller Klavierschüler verwendbaren Aufnahme von Liszts h-moll-Sonate früher bereits grässlichst demonstriert hatte.
    Bei Horowitz scheiden sich die Geister, er kann auch heute noch als eine Art musikalischer Seismograph bzw. als "Eichgerät" dienen: Daran, wie seine Interpretationen bewertet werden, die teilweise extrem, ja indiskutabel schwach und konträr zum erklärten Willen des Komponisten, und teilweise (Rachmaninow, Skrjabin, etwas Chopin, etwas Schumann) phantastisch-kongenial sind, lässt sich wie bei keinem anderen - mir bekannten - Künstler ablesen und "messen", wie viel jemand tatsächlich vom Klavierspiel versteht, ob er nur auf der emotionalen Schiene hört und fühlt - oder ob er zugleich auch noch analytisch (i. S. des imperativen Notentextes) mitdenken kann.


    Warum Jan Ekier als Pianist in Mitteleuropa so viel weniger Renommee errungen hat als in seiner Heimat, kann ich mir eigentlich nur mit den Zeiten des Kalten Krieges und vielleicht auch mit seiner - von mir unterstellten - Abneigung gegen Auslandstourneen erklären. Im Prinzip müsste man ihn zum Thema 'alte Chopin-Spezialisten' mit den hier fraglos zu Recht auf's Podest gehobenen Artur Rubinstein und Adam Harasiewicz in einem Atemzug nennen, sportlich betrachtet mit der Bronzemedaille schmücken.

  • Jan Ekier werde ich in meinem Thread über Chopins Sonate mit dem Trauermarsch behandeln - ich habe nämlich eine Aufnahme aus einer Privatsammlung bekommen. Er war wohl eine große und auch sehr sympathische Persönlichkeit und hatte vor allem als Lehrer großen Einfluß. Es ist richtig, diese Lehrer werden mangles Präsenz in der Öffentlichkeit viel zu wenig gewürdigt.


    Aber das Phänomen Horowitz kann man nun wirklich nicht mit "Virtuosität und Blenden um jeden Preis" charakterisieren. Das ist ein krasses Fehlurteil, das der immensen Komplexität von Horowitz´ Persönlichkeit nicht im Entferntesten gerecht wird. Bescheidener, strenger, schlichter und poetischer kann man etwa Schumanns Variationen über ein Thema von Clara Wieck nicht spielen, als Horowitz das in seiner CBS-Aufnahme tut. Immerhin ein Joachim Kaiser nannte ihn den "Gott des Klaviers" - und damit hat er absolut Recht. Göttern verzeiht man eben manches, weil sie eben wirkliche Götter sind. Auch im Falle von Chopin hat Horowitz wirklich unvergleichliche Aufnahmen hinterlassen. Gerade bei Pianistenkollegen kann man über den Rang und die Bedeutung eines Horowitz kaum streiten. Und das soll etwas heißen.


    Schöne Grüße
    Holger

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