Opernhandlung ignorieren ?

  • Aus gegebenem Anlass (Salzburg) beschäftige ich mich zum ersten Mal mit Verdis "Trovatore". Wie auch bei anderen Opern ist mir hier mal wieder aufgefallen: Eine herrliche Musik, aber eine völlig idiotische Handlung :stumm:.
    Und daher würde ich gerne die Frage aufwerfen: Ignoriert ihr bei bestimmten Opern einfach die Handlung und geniesst die schönen Stimmen und die Musik ? Prima la musica e poi le parole ?



    Gruß aus Wien von


    Louis

  • Die Handlung kannst du in jedem Opernführer nachlesen. Das Schauspiel von Gutiérrez war seinerzeit ein Riesenerfolg - und der Musikdramatiker Verdi verbat sich gegenüber seinem Librettisten Cammarano jede Form von Glättungen und "Rationalisierungen". Er glaubte an diesen Stoff, der in jedem Fall besser ist als sein heutiger Ruf.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe die Handlung nachgelesen - sogar mehrfach, weil ich den Schwachsinn einfach nicht er-fassen konnte. Und es ist außerdem in der Opernwelt bekannt, daß der Trovatore an Handlungs-Irrsinn kaum zu überbieten ist.

  • Und ich halte dieses Pauschal-Urteil über die Handlung des "Troubadour" für falsch. Natürlich sind die unmittelbaren Nachbaropern "Rigoletto" und "La Traviata" von der Handlung her wesentlich stärker, aber große Gefühle und Emotionen, um die es Verdi in erster Linie ging, gibt es auch im "Troubadour" zuhauf. Wäre das Stück so mies, wie heute vielfach getan wird, wäre es nicht über einiege Jahrzehnte hindurch eine seiner meistegspielten Opern gewesen. Heute leidet es freilich an seinem schlechten Ruf - und daran, dass andere Stücke leichter zu besetzen sind. Aber mit einer Pauschal-Verdammung dieser Handlung macht man es sich meines Erachtens viel zu einfach!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die Handlung im Troubadour ist eigentlich ganz einfach. Tenor liebt Sopran. Bariton ist dagen :) . Ich empfinde den Inhalt auch nicht als so komplex. Da sind manche Wagner Opern schwieriger vom Inhalt her.

  • Den "Troubadour" muß man einfach lieben! Diese Musik, diese Dramatik (solche Racheschwüre hat es in der Vergangenheit immer gegeben). Ich werde mir gleich mal eine Aufnahme des Sydney Opernhauses ansehen. In den Hauptrollen Joan Sutherland, Jonathan Summers, Kenneth Collins und die herausragende Laura Elms als Azucena. Der Dirigent ist Richard Bonynge. Eine hervorragende Inszenierung, wie ich sie als konservativer Opernfan liebe.

    W.S.

  • Ich komme vom Nebenthema wieder zurück auf die Kernfrage:

    Zitat

    Ignoriert ihr bei bestimmten Opern einfach die Handlung und geniesst die schönen Stimmen und die Musik ?


    Das wird sicher sehr oft der Fall sein. Denn anders liesse sich das Angebot von "Opernquerschnitten" und "Sängerportraits" - wo nur die "Gustostückerln" - noch dazu aus verschiedenen Opern - auf einer CD angeboten werden - nicht erklären.


    Hier haben wir dann das Phänomen, welches ich bereits in einem anderen Thread angesprochen habe, daß nämlich Klassische Musik als "Unterhaltungsmusik" eingesetzt wird.


    Der Troubadour ist eigentlich nicht - wie oft behauptet - wirklich unlogisch - oder verworren - wer das behauptet, der hat noch keine Inhaltsangaben von Opern, die in der Antike spielen - für einen Opernführer verfasst..........oder gelesen :baeh01::untertauch:


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dass die Handlung des Trovatore unverständlich sei, ist eine von diesen Behauptungen, die mal jemand aufgestellt hat, und die dann, weil sie sich in diesem Fall so "originell" in einen vermeintlichen Gegensatz zur eingängigen Musik (kaum eine Verdi Oper hat so viele "Hits") stellen lässt, von vielen Leuten nachgeplappert werden. Über die Qualität vieler Opernlibretti mag man streiten - "unverständlich" oder gar "idiotisch" ist der Trovatore mitnichten.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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  • Zitat

    Misha: Dass die Handlung des Trovatore unverständlich sei, ist eine von diesen Behauptungen, die mal jemand aufgestellt hat, und die dann, weil sie sich in diesem Fall so "originell" in einen vermeintlichen Gegensatz zur eingängigen Musik (kaum eine Verdi Oper hat so viele "Hits") stellen lässt, von vielen Leuten nachgeplappert werden. Über die Qualität vieler Opernlibretti mag man streiten - "unverständlich" oder gar "idiotisch" ist der Trovatore mitnichten.


    Hallo, Misha!


    Mal wieder ganz Deiner Meinung! :thumbup:

    W.S.

  • Lieber Rodolfo,


    die Geschichte des "Troubadour" kann man auch mit wenigen Sätzen noch anders erzählen: Zigeunerin wirft bei der Verbrennung ihrer vom Grafen Luna wegen Zauberei angeklagten Mutter versehentlich statt des Sohns des Grafen ihr eigenes Kind ins Feuer und verschwindet mit dem Grafensohn (Manrico), den sie wie ein eigenes Kind aufzieht auf. Die beiden Grafensöhne, die nichts voneinander wissen, sind Rivalen um dieselbe Frau und bekämpfen einander. Der Graf Luna siegt schließlich und lässt, ohne es zu wissen, seinen eigenen Bruder töten. Damit hat die Zigeunerin ihre Mutter gerächt.
    Es ist sicherlich Einiges, wenn auch nicht unverständlich, aber doch verwirrend an dieser Handlung, und durch die Entstellungen des modischen Theaters, wie jetzt in Salzburg, wird es weit verwirrender, vor allem für jemanden, der sich das erste Mal mit dem "Troubadour" beschäftigt. Darunter leidet für mich selbst die herrliche Musik.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Das wird sicher sehr oft der Fall sein. Denn anders liesse sich das Angebot von "Opernquerschnitten" und "Sängerportraits" - wo nur die "Gustostückerln" - noch dazu aus verschiedenen Opern - auf einer CD angeboten werden - nicht erklären.

    Na ja, inzwischen wird so etwas ja kaum noch angeboten...


    Der Troubadour ist eigentlich nicht - wie oft behauptet - wirklich unlogisch - oder verworren - wer das behauptet, der hat noch keine Inhaltsangaben von Opern, die in der Antike spielen - für einen Opernführer verfasst..........oder gelesen

    Das sehe ich ähnlich!


    Dass die Handlung des Trovatore unverständlich sei, ist eine von diesen Behauptungen, die mal jemand aufgestellt hat, und die dann, weil sie sich in diesem Fall so "originell" in einen vermeintlichen Gegensatz zur eingängigen Musik (kaum eine Verdi Oper hat so viele "Hits") stellen lässt, von vielen Leuten nachgeplappert werden. Über die Qualität vieler Opernlibretti mag man streiten - "unverständlich" oder gar "idiotisch" ist der Trovatore mitnichten.

    :jubel:


    Vielleicht ist die "Troubadour"-Handlung aber die "Wagnerschste" mit den vielen Rückblenden und Erzählungen. Erst erzählt Ferrando seine Version, dann erzählt Azucena ihre. In der "Götterdämmerung" erzählen uns zuerst die Nornen alles, was wir längst wissen, dann steuert Hagen in der Gibichungenhalle noch den Rest bei und dann erzählt Waltraute das Vergangene noch einmal, Alberich am Beginn des 2. Aufzuges nicht zu vergessen - da beklagt sich keiner! :untertauch:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"