Was unsere Sängerinnen und Sänger leisten müssen

  • Hochleistungssport Operngesang heißt eine TV-Dokumentation von Thomas Voigt und Wolfgang Wunderlich, die am 29. Juni um 11.00 Uhr auf SWR ausgestrahlt wird.
    Ebenfalls auf Interesse stoßen wird die Ankündigung - ( nicht nur bei unserem Freund Marcel Joho) - dass im Fono Forum Juliausgabe, erscheinend am 18.6.2014 aus Anlass des 100. Geburtstags von Wolfgang Windgassen ein großes Porträt geplant ist.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hochleistungssport Operngesang


    Ein Titel - wie er nur an einem Sonntagvormittag im Jahre 2014 im deutschen Fernsehen vorstellbar ist. So richtig schön massentauglich. Operngesang sollte eben kein Hochleistungssport sei. Für einige ist er es inzwischen wohl schon, denn sie pauken sich die Partien ein wie im Sportstudio und rattern sie dann herunter, haben aber nichts zu sagen. ;) Trotzdem, lieber operus, herzlichsten Dank für den Tipp, ich werde die Sendung anschauen. Vielleicht ist der Titel ja auch nur eine Provokation und wir erfahren das Gegenteil davon.


    Wenn ich in diesen Tagen das Radio anstelle, höre ich oft Windgassen. Es muss etliche Sendungen zu seinem 100. Geburtstag gaben. Zuletzt fiel mit in so einer Sendung die Arie des Max aus dem "Freischütz" auf, und ich war wieder sehr angetan, wie wunderbar lyrisch, hell und leicht sie ihm gelang.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold1876,


    ich verstehe die Zielrichtung deiner Polemik, möchte aber dennoch leise widersprechen. Daß die Musik als Klangereignis und der Gesang als Inbegriff des flatus vocis dem Geistigen näher stehen als dem Physischen, ist Teil des uns prägenden religiösen Diskurses, der hier nicht allein die geistliche, zumal vokale Musik betrifft, sondern bis in die neuerdings von Alfred wieder angeregte Diskussion um die technische Reproduzierbarkeit der Musik reicht.


    In Sängermemoiren aber lesen wir überrascht, daß der Operngesang eine immens körperliche Angelegenheit ist. Da wird geschwitzt und um Atem gerungen, ein Darsteller in einer Hauptpartie verliert im Lauf einer Vorstellung gleich mehrere Kilos an Körpergewicht, und das virtuose Image eines Sängers ist doch dem eines Hochleistungssportlers, eines Athleten oder Akrobaten nicht ganz unähnlich.


    Bis in die Gründerzeit mußten Balletttänzer fleischfarbene Trikots tragen. Etwas in dieser Art verhüllt bis heute die Körperlichkeit des Kunstgesangs.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Ein Titel - wie er nur an einem Sonntagvormittag im Jahre 2014 im deutschen Fernsehen vorstellbar ist. So richtig schön massentauglich. Operngesang sollte eben kein Hochleistungssport sei.


    Lieber Freund Rheingold,


    gewiss fast jeder Vergleich hinkt. Ich glaube dennoch, dass zwischen Operngesang und Hochleistungssport eine ganze Reihe von Übereinstimmmungen bestehen. In der Realität des Opernalltags ist Opernsänger einer der anstrengendsten
    Berufe überhaupt. Die berühmte, unvergessene Primadonna Birgit Nilsson antwortete auf die Frage: "Was ist die wichtigste Voraussetzung für einen Opersnsänger? etwas scherzhaft, aber trefflich bezeichnend "Gute Schuhe".
    Auch der Arbeitsalltag eines Berufssängers ist keine Kette von euphorischen Glücksmomenten, sondern in erster Linie Arbeit, harte, ausdauernde, hoch konzentrierte Spezialistenarbeit.
    Meist steht das Studium der Partien am Anfang, das heißt gründliche Beschäftigung mit der Oper, dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund, der Rolle, der Dramaturgie und der Rollengestaltung. Danach folgt das Lesen des Notentextes unnd das Auswendiglernen. Wenn die Partie dann sitzt kommt eine Vielzahl Proben, wie Repetitionsproben, Szenische Proben, Konstümproben, Orchesterproben, Haupt-und Generalprobe, um dann endlich zur Aufführung zu kommen. Jetzt wird höchste Aufmerksamkeit verlangt , für eine Höchstleistung, die auf den Bruchteil einer Sekunde perfekt produziert werden muss. Die Möglichkeit des Wiederholens gibt es im Laufe einer Vorstellung nicht. Welche Anforderung, welch ein Stress. Wie im Sport - wie im Hochleistungssport - und da gibt es in vielen Disziplinen sogar mehrere Versuche.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Jetzt fällt mir auch wieder ein, warum ich instinktiv schon im Vorhinein einige Einwände gegen den Titel der Sendung hatte - was eigentlich auch nicht gerecht ist. Ich habe sie schon gesehen. Sie wurde 2011 erstmal im TV gezeigt, später mehrfach wiederholt, zum Beispiel auf 3Sat. Im Programmhinweis auf diesem Sender war zu lesen: Was haben Profifußballer und Opernsänger gemeinsam? Viel mehr als man auf den ersten Blick erkennt, denn Operngesang ist Hochleistungssport - mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Thomas Voigt und Wolfgang Wunderlich zeigen in ihrer Dokumentation "Hochleistungssport Operngesang" signifikante Parallelen zwischen Spitzensportlern und Opernsängern auf. Gesangsstars wie Jonas Kaufmann, Christa Ludwig und Edda Moser und ein HNO-Facharzt erzählen über den aufreibenden Berufsalltag von Opernsängern, das Geheimnis des Erfolgs und den Umgang mit Krisen. - Ende Zitat.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent