In früheren Zeiten des Forums haben mir Mitglieder - freiwillig oder unfreiwillig - so manchen Threadtitel geliefert, soll heissen ein Statement von sich gegeben, welches ich dann schamlos als Threadtiel, bzw -Thema verwendet habe. Das kommt heute nicht mehr so oft vor - gelegentlich aber doch. In einem anderen Thread wurde darüber diskutiert, inwieweit heute junge Leute mit den zeitlichen und politischen Rahmenbedingungen von Opern vertraut seien, und das es das höchst der Gefühle sei, wenn sie voerher Google oder Wikipedia befragten, bevor sie einer Vorstellung beiwohnten.
Mir hat sich sofor die Frage aufgedrängt, ob dies denn eigentlich anstrebenswert sei. Ich gestehe, daß ich bei diesem Gedankengang immer UNVERFÄLSCHTE Inszenierungen im Hinterkopf habe, wo das Libetto keine Veränderungen an Zeit und Ort erdulden musste und auch die Ausstattung den Intentionen des Librettisten entsprach.
Nehemen wir dies als gegeben an , dann möchte ich behaupten, daß die "Vorbereitung" auf den Opernbesuch eines Werkes, das man noch nicht kennt (bzw nur den Namen davon) kein idealer Weg ist sich dem Werk zu nähern. Es ist so, als wenn man die psychologische Analyse einer Hauptfigur eines Kriminalromanes liest, bevor man den Roman an sich konsumiert.
Es wird immer beklagt, daß das Publikum vergangener Tage die Opern anders erlebte, als das heutig. Das mag in einigen Fällen zutreffe - in anderen nicht. Was aber das Premierenpublikum einer Oper von 1860 mit dem jungen unvorbereiteten Erstbesucher einer Oper geminsam haben ist - der Überraschungseffekt. Man weiß nicht wie die Handlung ausgehen wird - und ist dann erleichtert, bedrückt oder entsetzt - je nach Ausgang. Kein Zweitbesuch kann dieses Erlebnis wieder möglich machen. Indem man das Werk vorher zerpflückt, bzw den Ausgang schon kennt hat man sich nicht unbedingt was gutes getan sondern um ein "Urerlebnis gebracht.
Historische und andere Details nachlesen kann man auch noch zwischen der ersten und zweiten Vorstellung - denn in der Regel sieht man im Laufe seines Lebens ein Werk ja öfter...
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred