In einem Thread bin darüber gestolpert, dass ein Tamino eine (inofizielle) Schostakowitsch Aufnahme Otto Klemperers als Referenz für dieses Werk angab.
ZitatDann weiss ich später auch, wie meine Meinung um 2012 war
...
9: Klemperer 1954 in Turin (Voller Ernst), dann Kondrashin
...
Gruß aus Kiel
Der Kommentar "voller Ernst" war berechtigt, denn bei Klemperer hätte man mit allem gerechnet, nur nicht mit Schostakowitsch. Ähnliche Zuordnunbgen werden bei anderen Musikern auch vorgenommen: Knappertsbusch sei langsam und spezialisiert auf Wagner und Bruckner, Böhm der Mozartpapst, Ansermet der Champion der Moderne und so fort.
Damit tut man den Künstlern freilich unrecht, und die Tonträgerindustrie hat an diesem (Vor-)Urteil ihren Anteil. Von Ansermet waren die Aufnahmen von Strawinsky und die der Tschaikowsky-Ballette immer ganz gut greifbar. Die Fülle und Breite allein seines aufgenommenen Repertoirs wird damit überhaupt nicht abgebildet. Gerade in der mono-Ära reichten die Platten von Bach und Händel über Mozart und Haydn bis hin zu den Uraufführungen und Ersteinspielungen. Später wendete er sich wieder dem deustchen Repertoire zu, nahm Bach, Beethovenm Brahms, Schumann, Mendelssohn und Weber auf.#
Kna scheint sich tatsächlich in späteren Jahren mit einem reduzierten Repertoire begnügt zu haben, verantwortete in seiner Münchener Zeit aber die deutsche Uraufführung von Honeggers "Pacific 231".
Bei den Pianisten sind es Backhaus, Kempf und Elly Ney, die mir ad hoc als Lordsiegelbewahrer der Beethovensonaten einfallen. Auch hier wird geflissentlich übergangen, dass - zumindest bei Kempff und Backhaus - Beethoven zwar eine wichtige Rolle im künstlerischen Schaffen spielte, das Repertoire jedoch erheblich breiter aufgestellt war, der junge Backhaus überdies eher als Interpret von Debussy und Chopin angesehen wurde (seine Aufnahe der Etudes dürften auch heute noch Referenzcharakter haben). Aldo Ciccolini stand immer für Satie und Saint Saens (zumindest in Deutschland), während sein Repertoire von Bach und Scarlatti bis in die Moderne reicht, Mozart und Beethoven von ihm referenzwürdig eingespielt wurden. Samson Francois war "Sacrbo" (wie auch ein Roman über ihn heißt), aufgrund seiner ersten außerordentlich erfolgreichen Schellack-Platte von eben diesem Stück aus Ravels "Gaspard de la Nuit". Seine Plattenfirma Pathe Columbia nagelte ihn immer wieder auf Ravel fest, erlaubte intensive Auseinandersetzung mit Chopin. Doch auch hier: Bach, Mendelssohn, Mozart, Beethoven, Prokofiev und Zeitgenossen sowie eigenen Kompositionen.
An anderer Stelle im Forum wollte man glaube ich Thielemann die Befähigung absprechen, Mozart zu dirigieren, ebenfalls Folge der Typisierung dieses Dirigenten.
Dieser Thread möchte mit solchen Typisierungen aufräumen und auf Ungewöhnliches hinweisen. Raus aus der Schublade also und herzliche Einladung, nach Repertoire und Aufnahmen von Musikern zu suchen und vorzustellen, die abseits solcher Typisierungen liegen.
Liebe Grüße vom Thomas