Ludwig van Beethoven: Klaviersonate Nr. 4 Es-dur op. 7 „Grande Sonate“
Da diese Sonate noch keinen eigenen Thread hat, möchte ich sie hier vorstellen:
1. Satz: Allegro molto e con brio, Es-dur, 6/8 -Takt, 362 Takte (ohne Wiederholung der Exposition, die allein 136 Takte umfasst);
2. Satz: Largo, con gran espressione, C-dur, ¾ - Takt, 90 Takte;
3. Satz: Allegro, As-dur/es-moll, ¾ - Takt, 149 Takte (ohne Wh. T.25-95, T.96-110, da capo T.1-95),
4. Satz: Rondo, poco allegretto e grazioso, Es-dur, 2/4 – Takt, 183 Takte, ohne Wh. T.64-71, T.72-87);
Diese Sonate, die zwischen 1796 und 1797 entstanden ist, hat aus mehreren Gründen den Beinamen „Grande Sonate“ verdient. Zum Einen hat sie, wie o. a. Satzübersicht zeigt, eine sehr große taktmäßige Ausdehnung, die größte nach der Hammerklaviersonate, aber auch ihre temporale Ausdehnung, die je nach Interpret schwankt, ist mit ca. 25 bis 31 Minuten am zweitlängsten.
Aber auch kompositorisch ist dieses Frühwerk durchaus als groß zu bezeichnen:
„…zum anderen ist die zwar schon mit op. 2 etablierte Viersätzigkeit zyklisch auf neue Weise erfüllt, was nicht zuletzt für die Proportionen innerhalb und zwischen den Sätzen Bedeutung bekommt. Vor allem der Sonatenhauptsatz (363 Takte) und der dritte Satz, diesmal bezeichnenderweise nicht als Scherzo betitelt (149 Takte ohne Wiederholungen und da capo) erhalten eine gewaltige Aufwertung, der einerseits erneut die symphonische Dimension des langsamen Satzes standhält und andererseits eine alternative Finallösung nahelegt….so fand Beethoven hier den Lösungsweg einer ausdrucksspezifischen Umlenkung. Ein graziöses Allegretto schafft eine neue Charakteristische Ebene, die im Sinne eines entspannten Ausschwingens eine andere und ebenso glückliche finale Wirkung erzeugt; nicht mehr Überbietung von Virtuosität oder gar Dramatik ist angesagt,…sondern das Finale zielt auf eine Lösung als Lyrische Entspannung“. (Siegfried Mauser: „Beethovens Klaviersonaten“, S. 38-39).
Beethoven selber sah auch wohl die Bedeutung dieser Sonate und gab ihr wohl deshalb auch eine eigene Opuszahl, was er erst wieder bei der Nummer 8, op. 13 wieder machte.
Auch innerhalb z. B. des Kopfsatzes verschoben sich die Dimensionen. So ist z. B. die Durchführung zugunsten der Exposition (136 Takte) und der Reprise + Coda (167 Takte) auf 51 Takte geschrumpft. Auch ist die Reprise keine „wörtliche“ Wiederholung der Exposition.
Diese Verschiebung von Elementen aus der Durchführung in die Exposition und in die Reprise weist schon in die kompositorische Zukunft Beethovens:
„Auf spielerisch-virtuose Weise finden wir so in diesem Kopfsatz eine Tendenz des späten Beethoven anitizipiert, bei dem dann die anspruchsvolleren Durchführungstechniken wie die thematische Verarbeitungs- und Variantenbildung zusehends aus dem Bereich der Durchführung in den von Exposition und Reprise hereingeholt werden“. (Siegried Mauser: ebenda, S. 41).
Den dritten Satz hat Beethoven wohl bewusst nicht Scherzo genannt, weil er wohl Ergebnis die Form Scherzo-Trio-Scherzo nicht erfüllt sah, denn der mit „Minore“ bezeichnete Mittelteil, sonst Platz des Trios, schien als solcher zu gewichtig, weil er nicht nur äußerlich in die Satzmitte gerückt war.
Im Finale schließlich wurde deutlich, dass ein Rondo wie dieses durch die Ausgestaltung der Variationen dennoch dem Sonatenhauptsatz nahe steht, dass aber Beethoven schon in dieser seiner erst vierten Sonate schon mit einer Erweiterung der Form experimentierte.
Diese Vielzahl von ungewöhnlichen Merkmalen dieser Sonate bestätigt m. E. ihre kompositorische Größe und zeugt von Beethovens früher Meisterschaft.
Liebe Grüße
Willi