Tugan Sokhiev, der neue Musikchef des Bolschoi

  • Tugan Sokhiev - auch Sochijew - ist der neue musikalische Chef des Moskauer Bolschoi-Theaters. Die Berufung kam zumindest für mich überraschend, weil ich seine Zukunft zunächst in Berlin sah. Dort hatte er erst vor knapp zwei Jahren einen Vertrag als Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters (DSO) unterschrieben. Er kommt beim Publikum sehr gut an, weil er auch ein Sympathieträger ist, ein netter Typ. Völlig unprätentiös. Genau so erlebte ich erst dieser Tage seine "Auferstehungssymphonie" von Mahler. Groß durch eine gewisse Schlichtheit. Sokhiev, keine vierzig Jahre alt, steht zudem noch an der Spitze des Orchestre National du Capitole de Toulouse. Nun also noch in Russland das erste Opernhaus am Platze. Ein gigantisches Unternehmen, wie man weiß. Wie schafft der Mann das bloß, war mein erster Gedanke. Kann sich ein Dirigent dreiteilen? Nun ist Sokhiev kein Einzelfall in der Anhäufung von musikalischen Ämtern. Ich sehe das dennoch kritisch. Kann man wirklich auf so vielen Hochzeiten tanzen, um das alte Sprichwort zu bemühen? Man stelle sich vor, den eigenen Job gleichzeitig bei drei Arbeitsgebern ausfüllen zu wollen. Das ging doch gar nicht. :no:


    Es grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich teile Ihre Bedenken, ob Toulouse, Berlin und Moskau zuviel seien für Tugan Sokhiev, zweifle aber nicht an seinen Fähigkeiten, obwohl in englischen Medien jetzt gerne an Sokhievs Reinfall als Chef der Welsh National Opera erinnert wird. Aber diese Position war mit Sicherheit zu früh für ihn, der sich damals noch am Mariinsky-Theater mit schlecht, d.h. ungeprobten Repertoire-Aufführungen mit nicht der besten Orchesterbesetzung abmühen musste. Seitdem ist deutlich ein Wandel eingetreten, spätestens seit seiner Chefposition in Toulouse. Was mir bei dieser Gelegenheit auffällt, dass einige der früheren Gergiev-Assistenten nun in Spitzenpositionen tätig sind : Sokhiev am Bolshoi-Theater in Moskau, Mikhail Tatarnikov am Mikhailovsky-Theater in St. Petersburg und Michael Güttler an der Finnischen Nationaloper. Wenn man noch den Mariinsky-Bariton Yuri Laptev hinzunimmt, der als Putins Berater in Kulturfragen fungiert oder zumindest fungierte, ist nicht zu übersehen, wie Gergievs Netzwerk funktioniert.


    Grüße aus Finnland
    Peter