James McCracken - dramatischer Tenor, der kaum Wagner sang

  • James McCracken -
    Das erste Mal, als ich ihn hörte, war mehr durch Zufall - ich hatte eine Audio-Kassette mit italienischen Opernchören geschenkt bekommen, und beim Glockenchor aus I Pagliacci hörte ich diesen einzigen Tenoreinwurf, den es in diesem Stück gab "Ma poi, ricordatevi, a veintitre ore!", und diese einzige Phrase elektrisierte mich, so dass ich die Kassette immer. und immer wieder zurückspulte...
    Was ich hörte, war eine Stimme, die mächtig und überwältigend war, satt in der Tiefe, von strahlendem squillo in der Höhe, mit einem Volumen und einer Durchschlagskraft, einem prachtvollen, farbenreichen Timbre, dass es eine Wonne war.


    Diese Stimme gehörte James McCracken, der von manchen Kritikern als der größte amerikanische Tenor bezeichnet wird - und das, obwohl er nur sehr wenig Wagner gesungen hat, aus Angst, dadurch seine Höhe einzubüßen. Dafür war er umso erfolgreicher in anderen Rollen, v.a. als Othello.


    1926 geboren, gelangte er nach Anfangsjahren am Broadway an die MET, entschloss sich, ab 1957 seine Gesangstechnik in Europa zu verbessern, weitere Stationen waren Bonn und Zürich, in Konstanz studierte er lt. engl. wikipedia bei Elsa Seyfert. Den Rest seiner Karriere trat er v.a. als feste Größe immer wieder in der MET auf, auch wenn es mindestens zweimal zu größeren Streitigkeiten kam (einmal ging es darum, dass er fast nur Nebenrollen singen durfte, ein anderes Mal um eine TV-Produktion, die man ihm zugesagt hatte und bei der er dann doch außen vor blieb), weswegen er dem New Yorker Opernhaus zeitweilig den Rücken kehrte. Auch in Salzburg und Wien sang er öfter.


    An seiner Stimme scheiden sich die Geister. Manche kritisieren seine unorthodoxe Gesangstechnik oder den Klang seiner Stimme, viele waren und sind von ihm beeindruckt, zumal er auch eine beeindruckende Erscheinung auf der Bühne gewesen sein muss.


    Er starb 1988 mit nur 61 Jahren nach mehreren Schlaganfällen.




    Aufgrund vertraglicher Querelen ist die Zahl seiner Plattenaufnahmen leider recht überschaubar.


    Beethoven: Fidelio / Lorin Maazel, Birgit Nilsson, Mccracken, Tom Krause




    Bizet: Carmen / Leonard Bernstein, Marilyn Horne, Adriana Maliponte, Tom Krause



    Meyerbeer: Le Prophete / Henry Lewis, Marilyn Horne, Renata Scotto, Mccracken



    Schoenberg: Gurrelieder / Seiji Ozawa, Jessye Norman, Tatiana Troyanos, Werner Klemperer



    sowie mit dem LSO unter Stokowski



    Verdi: Otello / John Barbirolli, Mccracken, Gwyneth Jones, Dietrich Fischer-Dieskau



    Es gibt ein Album mit irischen und schottischen Liedern, das aber wohl leider nicht mehr erhältlich ist, daher hier leider nur das Coverbild ohne Link:


    , hier ein Beispiel auf youtube:


    James McCracken - Kathleen Mavourneen



    Ein Porträt Album mit verschiedenen Arien



    Wer ihn einmal gehört hat, wird diese eigenwillige, ungemein kraftvolle, üppige, verschwenderisch leuchtende Stimme nicht mehr vergessen. Leider ist James McCracken bereits mit Anfang 60 gestorben. In seinen

    Aufnahmen lebt er weiter. Bravo, Jimmy!

  • Hallo, Don Gaiferos!


    Ich habe McCracken mehrmals in Bonn erlebt und war von seiner Stimme sehr angetan. Warum er niemals (oder kaum) Wagner sang, entzieht sich meiner Kenntnis. Als Florestan finde ich ihn nicht ideal, aber in Verdi-Partien gehörte er m. E. doch zu den besten Tenören.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    danke für Deine Antwort. Ich habe in einem Interview folgende Aussage gefunden:


    "(...)At a certain point, a lot of Wagner was being offered to me. I had to say no if I wanted to keep my high notes, and keep singing what I was singing. I have a theory that there's just not enough high notes in Wagner for a real tenor to stay a real tenor. So that's one of the reasons I haven't done much Wagner. I did Tannhäuser, but that was the only one. And it was early. I suppose had it been offered to me somewhat later and under the right auspices, I might've done it. But I was having too much fun doing the Trovatores and the Aïdas and so forth."


    Das ganze Interview findet sich hier:


    link


    Ich übersetze: "Zu einem gewissen Zeitpunkt wurden mir viele Wagnerrollen angeboten. Ich musste ablehnen, wenn ich meine Spitzentöne behalten wollte, und musste weiterhin die Rollen singen, die ich bisher gesungen hatte. Ich habe die Theorie, dass es in Wagnerrollen nicht genug hohe Noten gibt, damit man als echter Tenor auch ein echter Tenor bleibt. Das ist einer der Gründe, warum ich nicht viel Wagner gesungen habe. Ich habe den Tannhäuser gesungen, aber das war die einzige Rolle. Und das war sehr früh. Ich nehme an, hätte man mir die Rolle später angeboten und mit den richtigen Rahmenbedingungen, hätte ich es vielleicht getan. Aber ich hatte eh gerade so viel Spaß mit all den Trovatores und Aidas und so weiter."


    Eine eigenwillige Theorie, die er da vorträgt, aber nun ja. Ansonsten beneide ich Dich, dass Du ihn live erlebt hast, ich kenne ihn leider nur von Tonträgern.

  • Lieber Erich,


    ich glaube gerne, dass dies sehr eindrucksvolle Erlebnisse waren. Gerade als Othello war er offensichtlich recht gefragt. Von daher möchte ich gerne dazu einladen, diesem Ausschnitt aus der Met lauschen, in dem James McCracken zusammen mit Zinka Milanov einen Ausschnitt aus dieser Oper zu Gehör bringt. Trotz der eingeschränkten Tonqualität ist diese live - Aufnahme m. E. ein interessantes Zeugnis.


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  • Ich stoße gerade auf den James McCracken-Thread und möchte auf die in der tollen "Decca Most Wanted Recitals"-Serie erschienene CD-Premiere hinweisen. Die Klangqualität ist außerordentlich gut.


    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • McCracken durfte ich in Wien öfter hören, wo er im italienischen Fach (Kalaf, Otello, Manrico ...), aber auch in Fidelio und Ariadne fulminante Auftritte hinlegte. Seine eher schwere, eigenartig timbrierte Stimme mit elektrisierende Höhe fand hier ein begeistertes Publikum.


    Den Tannhäuser sang er ein einziges Mal (Met, 1977) unter Levine mit der großartigen Leonie Rysanek, Grace Bumbry, McCurdy als Landgraf und Bernd Weikl als Wolfram, was zugleich auch dessen Met-Debüt war. Ich schätze mich glücklich, eine Aufnahme dieser denkwürdigen Produktion zu besitzen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Ich stoße gerade auf den James McCracken-Thread und möchte auf die in der tollen "Decca Most Wanted Recitals"-Serie erschienene CD-Premiere hinweisen. Die Klangqualität ist außerordentlich gut.


    Lieber Manfred,


    die Duette habe ich auf LP aber lange nicht mehr gehört! Dass man neben McCracken hier immer seine Ehefrau hören muss, ist schon ein bitter!


    In den 60er Jahren haben beide ja öfter in Berlin gesungen. In Meyerbeers Prophet, in Verdis Aida und so weiter!


    McCracken war zu der Zeit noch wirklich eindrucksvoll!
    Frau Warfield war leider alles andere als ein Vergnügen! Sie sang übrigens in der großartigen Wieland-Wagner-Inszenierung tatsächlich sowohl Aida als auch Amneris - in ein und der selben Spielzeit! Was Karl Böhm damals über sie sagte, kann man in einem Internetforum, zu dem auch Jugendliche Zutritt haben, beim besten Willen nicht zitieren!


    Aber für den Preis, werde ich mir die von Dir eingestellte CD wohl doch bestellen!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Zitat

    Ich stoße gerade auf den James McCracken-Thread und möchte auf die in der tollen "Decca Most Wanted Recitals"-Serie erschienene CD-Premiere hinweisen. Die Klangqualität ist außerordentlich gut.


    Mein lieber Manfred!


    Eine interessante Aufnahme. Für den Preis kann man wahrlich nicht viel verkehrt machen, wenn man McCracken hören will. Sandra Warfield reißt mich allerdings nicht vom Hocker!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Dass man neben McCracken hier immer seine Ehefrau hören muss, ist schon ein bitter!


    In den 60er Jahren haben beide ja öfter in Berlin gesungen. In Meyerbeers Prophet

    Lieber Caruso, lieber Wolfgang,


    ja, das stimmt, Sandra Warfield bereitet wirklich nicht unbedingt Hörvergnügen.


    Gestern hörte ich McCracken in Meyerbeers "Prophet". Der u. a. Mitschnitt scheint wohl nirgendwo mehr erhältlich zu sein. McCracken schlägt sich erstaunlich gut. An diese Leistung kommt er in der Studioeinspielung nicht heran. Hollreiser gibt zudem richtig Gas! Kennt ihr diese Aufnahme?


    1966 Heinrich Hollreiser; Chor & Orchester der Berliner Staatsoper


    Berthe: Annabelle Bernard


    Fidès: Sandra Warfield


    Jean de Leyden: James McCracken


    Jonas: Otto Heuer


    Le Comte Oberthal: Victor von Halem


    Mathisen: Tomislav Neralic


    Zacharie: Peter Lagger


    GAM 302 (3 LP) (live)


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

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  • Hallo, Manfred!


    Ich besitze eine Gesamtaufnahme Meyerbeers "Prophet". Leider ist die LP-Box auf anhieb nicht zu finden und die Besetzung mir momentan nicht bekannt. Sollte ich in meinem Fundus auf die Aufnahme stoßen, melde ich mich. Rein gefühlsmäßig würde ich aber auf eine andere Besetzung tippen. Mir schwebt eine Box der CBS vor.





    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Gestern hörte ich McCracken in Meyerbeers "Prophet". Der u. a. Mitschnitt scheint wohl nirgendwo mehr erhältlich zu sein. McCracken schlägt sich erstaunlich gut. An diese Leistung kommt er in der Studioeinspielung nicht heran. Hollreiser gibt zudem richtig Gas! Kennt ihr diese Aufnahme?


    Lieber Manfred,


    ich habe sie auf Tape, kann sie aber nicht mehr hören, weil das Band im Laufe der Jahre arg gelitten hat. Es läuft nicht mehr ungefährdet durch die Revox!


    Vor allem aber habe ich die Aufführung in der sehr sonderbaren Herlischka-Inszenierung mehrmals live gehört!!!


    McCracken war damals wirklich ein Ereignis!!!!
    "In the flesh" sicher entschieden mehr als sich über den Mitschnitt vermittelt!
    Auch Annabelle Bernard war damals eine echte Entdeckung!
    Das Problem ist eben leider Warfield als Fides!!!
    Auch die vielen Striche sind sehr schade!


    Trotzdem: Ich wäre schon interessiert, eine technisch befriedigende Kopie des Mitschnittes zu haben.
    Es gibt den Mitschnitt bei Musicstack auf CD, aber die haben oft arg bescheidene Qualität!
    Sonst werden wohl nur MP3-Downloads angeboten! Und da bin ich vorsichtig!




    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Liebe Opernfreunde,



    vor drei Tagen war im Rahmen der „Nightly Opera Streams“ der Metropolitan Opera in New York als Ersatz für die wegen der Corona-Pandemie ausgefallenen Opernaufführungen die Abschiedsvorstellung (3. 1. 1985) von Leontyne Price in Verdis „Aida“ zu sehen. Der 'Radames' dieser Vorstellung war der damals 58jährige Tenor James McCracken, drei Jahre vor seinem Tod.


    In dem Thread von Felicia Weathers habe ich gestern u. a. über die eigenartige Schallplatten-Karriere dieser Sängerin geschrieben, die einen Exclusiv-Vertrag mit der englischen 'Decca' hatte, aber nur bei einer einzigen Gesamtaufnahme ("Elektra" unter Georg Solti) in einer Mini-Rolle eingesetzt wurde. In diesem Zusammenhang schrieb ich auch folgendes über James McCracken, der m. W. der einzige Sänger der Schallplatten-Geschichte ist, der seine Exclusiv-Firma - ebenfalls die 'Decca' - wegen teilweiser Nicht-Einhaltung seines Vertrages verklagte:


    "Nachdem James McCracken 1963 in Salzburg für Franco Corelli als Manrico einsprang und er sehr gute Kritiken erntete, gab ihm die 'Decca' einen Vertrag, der zwei Recitals und Gesamtaufnahmen der Opern „Fidelio“, „Il trovatore“, „La forza del destino“ und „Turandot“ innerhalb der nächsten fünf Jahre vorsah. Sowohl die beiden Soloplatten (Arien mit dem Dirigenten Dietfried Bernet und eine Duett-Platte mit McCrackens Ehefrau, der Mezzosopranistin Sandra Warfield) wie auch der „Fidelio“ unter Lorin Maazel – der als eine der schlechtesten Aufnahmen dieser Oper gilt, was aber nicht allein an James McCracken liegt – wurden in der Presse kontrovers besprochen, worauf die 'Decca' die drei anderen projektierten Opern-Gesamtaufnahmen verschob. (Die als Protagonistin in diesen Opern vorgesehene Gwyneth Jones entpuppte sich ebenfalls nicht als die ideale Besetzung dafür, weil sie sich stimmfachlich anders orientierte.)


    Der Tenor drängte aber auf Erfüllung seines Vertrages, so dass man ihm 1967 den Canio in der Gesamtaufnahme von „I pagliacci“ (unter Lamberto Gardelli) nebst einigen Arien als 'Füllmaterial' übertrug. McCracken boikottierte die Aufnahmen in Rom zeitweilig und verlangte eine separate Vereinbarung für diese Einspielung, da sie nicht Bestandteil des ursprünglich abgeschlossenen Vertrages sei. Nachdem die Aufnahme der drei anderen Opern bis zum Ablauf des Vertrages (1968) nicht realisiert worden war, ging der Sänger im Februar 1970 vor Gericht und verklagte die Plattenfirma auf Schadensersatz, weil ihm durch die exclusive – und letztlich seitens der 'Decca' vertraglich nicht voll erfüllte - Bindung etwaige andere Schallplatten-Projekte entgangen wären.


    Wie die „New York Times“ berichtete, einigte man sich schließlich aussergerichtlich auf die Zahlung von 50.000 Pfund plus der ursprünglich für die drei Gesamtaufnahmen vereinbarten Gage und eine Sonderzahlung für die „Pagliacci“-Aufnahme. Für James McCracken war dies aber nur ein Pyrrhus-Sieg, denn fortan war man sehr zurückhaltend, mit dem streitbaren Tenor Schallplattenaufnahmen zu realisieren. Ausser den Einspielungen von „Otello“ (1968 unter Barbirolli bei der 'EMI'), „Carmen“ (1972 mit Bernstein bei der 'DGG') und „Le Prophête“ 1976 bei der CBS sowie den „Gurre-Liedern“ unter Seiji Ozawa (CBS, 1979) gab es keine großen Produktionen mehr mit James McCracken."


    Heute kann man noch ganztägig den Aida-Stream der MET von 1985 mit Price, Cossotto, McCracken und Estes sehen.


    Für McCracken-Fans wie "Caruso41" sicher ein Hochgenuss, ich habe schon beim Rezitativ einen zuckenden Finger in Nähe des
    Umschaltknopfes...


    Ich habe mir diese „Aida“-Aufzeichnung zweimal angesehen. Die etwas eigenwillige, (gemessen am sonst üblichen Ausstattungspomp der damaligen 'Met'-Aufführungen) ziemlich karge – und vom Publikum wenig geliebte - Inszenierung John Dexters (Bühnenbild: David Reppa – Kostüme: Peter J. Hall) vom Februar 1976 fand ich überwiegend überzeugend; der damals vom Regisseur verlangte – und später von Robert Wilson kopierte – seltsame, an altägyptischen Abbildungen orientierte Gesten-Kanon der Darsteller war 1985 gottseidank natürlichen Bewegungen gewichen.


    Das Augenmerk lag bei mir aber, dem Anlass entsprechend, auf der Leistung der Sänger. Kein Mensch konnte nach der jahrzehntelangen Karriere von Leontyne Price und James McCracken erwarten, dass sich nicht gewisse Rauheiten und Abnutzungserscheinungen in ihrem Gesang fanden, obwohl für mich vor allem 'die Price' – kurz vor ihrem 58. Geburtstag - ihre beiden Arien hervorragend sang. Einem Interview Dexters zufolge sollten vor allem die überlegenen Ägypter gefühllos und unsympathisch gezeigt werden, wozu auch der ungleiche Zweikampf im Ballett des Triumphaktes gehörte. So gesehen fand ich den Radames von McCracken sowohl im Gesang als auch in der Darstellung überzeugend. Dass sein sehr persönlich timbrierter Tenor nicht jedermanns Geschmack ist, dürfte bekannt sein...


    Viele Grüße!


    Carlo

  • James McCracken war ein Sänger, der nicht durch Stimme, sondern auch durch seine (schwergewichtige) Darstellung beeindruckt hat. Ich habe ihn live als Otello, Canio, Bacchus, Manrico, aber nicht als Florstan mehrmals erlebt.


    In der gezeigten MET-Vorstellung hat er als Radames etliche Kilos weniger auf die Bühne gebracht als in den 1960ern.


    Erich

  • obwohl für mich vor allem 'die Price' – kurz vor ihrem 58. Geburtstag - ihre beiden Arien hervorragend sang.

    Sie hat beide Arien erstaunlicherweise weit besser gesungen als den rest der Partie. In der Tat ragten diese beiden Arien aus dem unterirdischen Rest hevor...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Obwohl ich schon viele Jahre McCracken-Freund bin (und dafür auch schon mal ein Kopfschütteln erntete), ist mir dieser tolle Thread bisher entgangen. Schön, dass er ausgegraben und ergänzt wurde.


    Kürzlich bin ich in YouTube auf eine Aufnahme mit dem Tenor gestoßen, von deren Existenz ich nichts wusste und die auch hier bisher nicht angesprochen wurde: Das Lied der Erde.

    Hier das Jammerlied:


    https://www.youtube.com/watch?v=7_FDNi-bFE4

  • Ein klein wenig Wagner findet sich (zum Glück) doch in McCrackens Diskographie:



    1955 der Melot an der Met live unter Rudolf Kempe.



    Ferner spielte er im Studio das Preislied aus den Meistersingern und die Romerzählung aus dem Tannhäuser unter Dietfried Bernet ein (Decca, 1965).

    Das ist wirklich lächerlich wenig und sehr schade, denn was zu hören ist, sagt mir durchaus zu.




    Gibt es doch noch mehr?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • fortan war man sehr zurückhaltend, mit dem streitbaren Tenor Schallplattenaufnahmen zu realisieren.

    Hallo Carlo,


    .... auf der Bühne habe ich ihn nicht erlebt, ich kenne nur seinen Florestan in der Maazel-Aufnahme (siehe Beitrag 1), und, ehrlich gesagt, danach hatte ich nie mehr das Bedürfnis auf weitere Kostproben. Was er in dieser Aufnahme schnaufend und schluchzend geboten hat, war für mich völlig inakzeptabel. Daß er eine beeindruckende Bühnenerscheinung war, glaube ich gern, davon bekommt man von den hier eingestellten Fotos schon eine Vorstellung.

    James McCracken, der von manchen Kritikern als der größte amerikanische Tenor bezeichnet wird

    Lieber Don Gaiferos,


    das wird immer und ewig eine Geschmacksfrage bleiben. Wie gesagt, ich will nicht über seine stimmliches Potential streiten, das war sicher groß, aber seine Art der Darstellung (zumindest im Maazel-FIDELIO) hat mich in keiner Weise überzeugt. Ich habe die LP-Kassette recht bald verschenkt, nicht nur wegen McCracken, auch Birigt Nilssons Leonore hat nicht meinen Beifall gefunden.

    Apropos "größter amerikanischer Tenor": Mit solchen Attributen bin ich immer sehr zurückhaltend, doch mir fiele dabei viel eher Richard Tucker ein!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zu James McCracken habe ich mich hier ja schon geäußert.

    Eine Aufzeichnung aus den 80er Jahren, in der er den Radames singt, hätte ich mir im Leben nicht angehört.

    Aber in den 60er Jahren konnte er ein Ereignis sein.

    Ich vergesse nie den überwältigenden Eindruck, den er 1966 auf mich in Wien als Manrico gemacht hat! Vor allem im 4.Akt!

    Ihn und die ganz junge Gwyneth Jones habe ich damals zum ersten Mal live gehört …. und war hin und weg!
    Davon gibt es seit einigen Monaten eine Tonaufnahme auf Youtube. Die ist sogar in - überwiegend - vorzüglicher technischen Qualität. Sie zu hören, lohnt primär wegen der Jones.

    Heute würde ich McCracken eigentlich nicht zu den Manrico-Interpreten zählen, die ich besonders schätze. Aber: In the flash war er gewaltig, irgendwie unwiderstehlich! Diese Emotionalität und Leidenschaft kommen in einer Aufnahme leider für alle, die ihn nie live gehört haben, ziemlich problematisch rüber!


    Verdi - Il trovatore

    Manrico: James McCracken

    Leonora: Gwyneth Jones

    Azucena: Fiorenza Cossotto

    Conte di Luna: Mario Sereni

    Ferrando: Ivo Vinco

    Ópera de Viena

    Dir: Argeo Quadri


    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso41,


    ich bin froh, dass es noch einen Augen- und Ohrenzeugen gibt, der von der Live-Wirkung McCrackens Bericht gibt.


    Erich

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  • Lieber Erich!

    Lieber Caruso41,

    ich bin froh, dass es noch einen Augen- und Ohrenzeugen gibt, der von der Live-Wirkung McCrackens Bericht gibt.

    Erich

    Auf meine Live-Eindrücke aus den 60ern und frühen 70er Jahre lasse ich nichts kommen.


    Von seinen Aufnahmen schätze ich eher wenige. Ausnahme: Walters Preislied aus den Meistersingern. Ich kenne keine andere Aufnahme, in der der schöpferische Rausch des Dichter/Sängers und die Emphase des Liebenden so unmittelbar rüber kommen. Das sah allerdings Stimmenliebhaber ganz anders. Darüber wären wir uns beinahe in die Haare gekommen. Zum Glück gibt es davon bei mir nicht mehr wirklich viele!


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Das sah allerdings Stimmenliebhaber ganz anders. Darüber wären wir uns beinahe in die Haare gekommen. Zum Glück gibt es davon bei mir nicht mehr wirklich viele!

    Bei mir eigentlich auch nicht, allerdings sind die wenigen momentan länger als üblich... :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Liebe Opernfans,


    James McCracken sah sich tatsächlich nicht als 'Heldentenor', wie er in einem langen und klugen Interview der „Opera News“ (21. 1. 1978) erklärte: „It really is true that the music I sing dictates the kind of tenor I am. I don't think that if I were a heldentenor, I would have done the job I did on, say, Calaf, and if I were no more than just a Don José voice, I wouldn't attempt Tannhäuser.“ Lt. seiner Aussage wurde ihm der „Tannhäuser“ - seine einzige große Wagner-Rolle ausser 'Eisslinger' („Meistersinger von Nürnberg“), 'Froh' im „Rheingold“ und 'Melot' in seinen ersten Jahren an der 'Met' – mehrfach angetragen: 1961 in Wien von Herbert von Karajan, 1964 von Wieland Wagner in Bayreuth, 1971 in Genf von Herbert Graf und 1972 von Rudolf Bing an der 'Met', ehe er dann für die Neuproduktion durch Otto Schenk an der 'Met' - Premiere am 22. 12. 1977 - zusagte. (Insgesamt hat er den „Tannhäuser“ aber nur acht Mal gesungen.)


    James McCrackens 'streitbarer' Charakter wird erklärlich, wenn man seinen langen, mühevollen Aufstieg zum gefeierten Tenor der internationalen Opernszene jener Jahre berücksichtigt. Von 1953 (Debüt als 'Parpignol' in „La Bohème“) bis 1957 war er Comprimario-Sänger an der New Yorker 'Met', ging dann mit seiner Frau (Sandra Warfield) nach Bonn (u. a. 'Max' im „Freischütz“), Köln und Bielefeld und beide Sänger nahmen noch einmal bei Marcello Conati in Mailand Gesangsunterricht. Während dieser Zeit versuchte der Sänger monatelang in Südeuropa Engagements zu erhalten, aber es kam nur zu einem einzigen Auftritt als 'Faust' in Gounods Oper in Split. Ein Angebot von Herbert Graf 1960 für das Opernhaus in Zürich (McCracken blieb bis 1968 dort Ensemble-Mitglied und hatte bis zu seinem Tod seinen Hauptwohnsitz in der Schweiz) brachte die Wende; die Rückkehr am 10. 3. 1963 an die 'Met' in einer „Otello“-Neuinszenierung Herbert Grafs (unter Georg Solti) machte den Tenor zum 'Star'. Das Verhältnis zur 'Met' war allerdings später nicht ungetrübt und er blieb dem Opernhaus sogar einmal für fünf Spielzeiten (1978 – 1983) fern, weil ihm zugesagte TV-Übertragungen von „Otello“ und „Tannhäuser“ nicht realisiert wurden. Das letzte Mal stand er am 29. 3. 1988 in der 'Met' für eine Kostümprobe von "Il trovatore" auf der Bühne, vier Wochen später war er tot..


    Lieber Gregor (Beitrag Nr. 16), diese Aufnahme vom „Lied von der Erde“ - live in Köln am 30. 5. 1960 - habe ich mir angehört, als Hertha Töpper gestorben war. Auch hier finde ich James McCracken – der übrigens perfekt deutsch sprach; ich erinnere mich an einen Beitrag aus Werner Baeckers' TV-Serie „New York, New York“, wo er als echter Amerikaner einen Stetson trug - eigentlich ganz gut, obwohl gewisse Eigenheiten in der Intonation gewöhnungsbedürftig sind.


    Leider kenne ich seine Schallplatte „The Bard of Armagh“ ('Angel Records' 1978) nicht, wo er mit Klavierbegleitung irische und schottische Lieder singt. Am besten gefällt er mir als „Otello“ in John Barbirollis Aufnahme mit Gwyneth Jones und Dietrich Fischer-Dieskau. Interessant ist, dass er auf den Tag genau 100 Jahre nach der Uraufführung des "Otello", am 5. 2. 1987 an der Deutschen Oper Berlin in seiner wohl berühmtesten Rolle kurzfristig einsprang, was er sonst sehr selten tat. Übrigens sollten er und Ettore Bastianini ursprünglich die Partner von Renata Tebaldi in dem 1962 in Berlin vom Fernsehen aufgezeichneten „Otello“ sein – es wurden dann aber 'nur' Hans Beirer und William Dookey...


    Viele Grüße!


    Carlo

  • Lieber Carlo!

    James McCrackens 'streitbarer' Charakter wird erklärlich, wenn man seinen langen, mühevollen Aufstieg zum gefeierten Tenor der internationalen Opernszene jener Jahre berücksichtigt. Von 1953 (Debüt als 'Parpignol' in „La Bohème“) bis 1957 war er Comprimario-Sänger an der New Yorker 'Met', ging dann mit seiner Frau (Sandra Warfield) nach Bonn (u. a. 'Max' im „Freischütz“), Köln und Bielefeld und beide Sänger nahmen noch einmal bei Marcello Conati in Mailand Gesangsunterricht. Während dieser Zeit versuchte der Sänger monatelang in Südeuropa Engagements zu erhalten, aber es kam nur zu einem einzigen Auftritt als 'Faust' in Gounods Oper in Split.

    Man muss den beschwerlichen Weg seiner frühen Karriere wirklich in Erinnerung rufen, wenn man McCracken gerecht werden will. Etwas anderes kommt hinzu: Ihn nur nach seinen Aufnahmen zu beurteilen ist eigentlich gar nicht möglich. Zum Einen - das ist ja schon thematisiert worden - werden da die Leidenschaft und Intensität, mit denen er sich in seinen Partien verbrannte, überhaupt allenfalls ansatzweise vermittelt. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu. Offensichtlich hatte die Mikrophone der Zeit echte Probleme, seine schallintensiven und obertonreichen Höhen einigermaßen einzufangen. So klingt eng und gepresst, was in the flesh überwältigt hat!


    Liebe Grüßé


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Das dürfte dann vermutlich die einzige Gesamtaufnahme mit McCracken in einer bedeutenden Wagner-Rolle sein:


    Metropolitan Opera House
    January 21, 1978 Matinee Broadcast

    TANNHÄUSER {400}

    Tannhäuser..............James McCracken
    Elisabeth...............Teresa Kubiak
    Wolfram.................Bernd Weikl
    Venus...................Grace Bumbry
    Hermann.................John Macurdy
    Walther.................Misha Raitzin
    Heinrich................John Carpenter
    Biterolf................Vern Shinall
    Reinmar.................John Cheek
    Shepherd................Kathleen Battle
    Page....................Mark Freiman
    Page....................Adam Guettel
    Page....................Gerard Hecht
    Page....................Adam Hyman
    Page....................Godehard Rau
    Page....................Scott Rigby
    Page....................Robert Sapolsky
    Page....................Daniel Tramontozzi

    Conductor...............James Levine

    Rebroadcast on Sirius Metropolitan Opera Radio


    Quelle: Online-Archiv der Met

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Man muss den beschwerlichen Weg seiner frühen Karriere wirklich in Erinnerung rufen, wenn man McCracken gerecht werden will. Etwas anderes kommt hinzu: Ihn nur nach seinen Aufnahmen zu beurteilen ist eigentlich gar nicht möglich. Zum Einen - das ist ja schon thematisiert worden - werden da die Leidenschaft und Intensität, mit denen er sich in seinen Partien verbrannte, überhaupt allenfalls ansatzweise vermittelt. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu. Offensichtlich hatte die Mikrophone der Zeit echte Probleme, seine schallintensiven und obertonreichen Höhen einigermaßen einzufangen. So klingt eng und gepresst, was in the flesh überwältigt hat!

    Es ist wirklich erstaunlich, wie oft McCracken bei Live-Mitschnitten aus der Met in den 50er-Jahren in Kleistrollen auftaucht. Beinahe ein Spiel: Findet man ihn irgendwo ganz unten in der Besetzungsliste oder nicht.


    Bezüglich Leidenschaft und Intensität: Mir ist kein anderer Sänger bekannt, bei dem diese Attribute auch über das Tonstudio derart stark nachempfunden werden können. Wie muss er dann erst live gewesen sein? Ich kann Caruso41 oder Erich Ruthner nur beneiden, die das erlebt haben.

    Und Carlo kann ich für seine biografischen Ausführungen nur danken. Der Thread hat sich gewaltig entwickelt.

  • Obwohl ich schon viele Jahre McCracken-Freund bin (und dafür auch schon mal ein Kopfschütteln erntete), ist mir dieser tolle Thread bisher entgangen. Schön, dass er ausgegraben und ergänzt wurde.

    Mir geht es ganz genauso. James McCracken, über den manche Melomanen die Nase rümpfen, hat seit jeher eine tiefe Wirkung auf mich, leider habe ich ihn nie live gehört. Ich beneide die Taminos, die ihn in seinen Glanzzeiten live erlebt haben.


    Nach meiner Erinnerung erfolgte seine Rückkehr an die MET als Radames zur Abschiedsvorstellung von Leontyne Price Anfang 1983 auf persönlichen Wunsch der großen Sängerin und sorgte in den New Yorker Medien für großen Wirbel. Das MET-Management war über sein Erscheinen an der MET nicht begeistert, wohl aber seine zahlreichen Verehrer unter den New Yorker Opernfreunden und darüber hinaus.

    Die kürzlich wieder gezeigte Aufführung zeigt ihn nicht ganz auf der Höhe, er war wohl angesichts der Bedeutung des Ereignisses recht nervös. Erst im 3. und 4. Akt fand er zu besserer Form.


    Leider ist sein Otello unter Barbirolli durch den unidiomatisch singenden Dietrich Fischer-Dieskau und die ebenfalls eher gewöhnungsbedürftige Gwyneth Jones beeinträchtigt, er hätte bessere Partner verdient.


    Bei Youtube finden sich längere Ausschnitte seines Samson aus einer Aufführung aus Cincinnatti von 1985 (wohl ein Rundfunkmitschnitt, da auch technisch sehr gut), eine wirkliche Rarität, für die ich dankbar bin. Sie zeigen ihn in großartiger Form und sehr intensiv. Er beherrscht hörbar die Szene, seine Mitstreiter hinterlassen keinen nachhaltigen Eindruck. Dalila ist Diane Curry.


    VG

    Otello50

  • Lieber Greghauser!

    Hier drauf ist ein langes Samson-Duett (über 14 Minuten) in Studioqualität. Von 1965!

    https://www.jpc.de/jpcng/class…as-and-duets/hnum/6055173

    Das stammt von der LP/CD, auf die Manfred bereits im Beitrag #6 dieses Threads hingewiesen hat: James McCracken - dramatischer Tenor, der kaum Wagner sang

    Das Problem der nämlichen Duett-CD ist leider die Mitwirkung der Gattin von McCracken. Das habe ich oben schon bemerkt(#8) und dem hat auch Manfred zugestimmt(#10). Ich zumindest habe inzwischen keine andere Meinung.


    Viele Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Dass dieses Duett auch auf der CD in einem früheren Beitrag enthalten ist, war mir bewusst, lieber Caruso41. Ich habe diese CD selbst.

    Auf der von mir eingestellten CD aus dem Jahr 2017 sind die Duette mit Warfield aber mit ganz anderen Arien McCrackens kombiniert, die er 1969 aufgenommen hat. Insofern ist die CD eine echte Alternative. Und da Otello50 erst seit Kurzem im Forum tätig ist und gerade heute von einem Samson-Auftritt McCrackens geschwärmt hat, schien es mir angebracht, auf das Duett hinzuweisen, zumal auf einer anderen CD.

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