Schuberts Vierte Sinfonie "Tragische"

  • Liebe Forianer,


    gestern war ich in der Philharmonie in Berlin und hörte Schuberts Vierte, interpretiert von den Philharmonikern unter Leitung von Gustavo Dudamel. Diese Sinfonie gilt als Auseinandersetzung Schuberts mit Beethoven bzw. seiner fünften. Ich war gespannt auf die Aufführung, fristen Schuberts Sinfonien doch ein Dasein im Schatten der beiden großen Symphoniker Mozart und Beethoven. Der Eindruck war zwiespältig. Die langsame Einleitung und der Kopfsatz kamen etwas spannungslos daher, das Dirigat auffallend zurückhaltend. Auf der anderen Seite ist man schon froh, ein solches Werk, in einer Besetzung mit 46 Streichern ohne große Manierismen zu hören. Der zweite Satz wirkte im Dur-Teil harmlos, die Einbrüche in Moll waren kraftvoll aber auch nicht gerade schroff. Im dritten Satz dann schien der Dirigent mehr zu ziehen und eine engere Verbindung zu den Musiker herstellen zu können, die Pointierungen und die eigene Rhythmik des Menuetts waren schön herausgearbeitet. Es brauchte dann das Finale, um zu demonstrieren, was in dieser Musik Schuberts und in dem Orchester steckt: Die Begleitfiguren der Streicher teils fiebrig gespannt rübergebracht, schöne Spannungsbögen und gut abgezirkelte Steigerungen zu den Höhepunkten - das gefiel und formte einen versöhnlichen Abschluss.


    Zuhause stöberte ich in meiner LP- und CD-Sammlung und fand neben diversen Aufnahmen der Unvollendeten, Zweiten und Fünften die Vierte nur in einer einzigen Aufnahme aus den späten Siebzigern - mit Giulini und dem Chicago Symphony Orchestra. Die sagte mir nicht besonders zu, erschien verstärkt durch die schlechte Klangtechnik weitgehend spannungslos.


    Aus meinem philharmonischen Abend habe ich mitgenommen, welches dramatische und klangliche Potential diese Sinfonie hat, wenn man sie denn entsprechend spielt. Gleichwohl finde ich die Interpretation dieser (wie auch anderer Schubert) Sinfonie(n) alles andere als einfach: Man sollte nicht romantisieren, ein Beethoven ist es nicht und auch von Mozart sind sie deutlich abgerückt. Schuberts hat seine eigene Tonsprache, die von den Dur-Moll-Wechseln, dynamischen Kontrasten und seinem ganz eigenen Klangcharakter geprägt ist. Wie soll man das spielen? Beim Nachdenken über das Gehörte gingen meine Gedanken immer wieder zu den Dausgaard Aufnahmen der Achten und Neunten, die für meinen Geschmack ungeheuer spannungsvoll, kontrastreich und lebendig gelungen sind. Idealtypische Schubert-Aufnahmen?


    Nun frage ich Euch:
    1. Wie schätzt Ihr dieses Werk ein?
    2. Was ist Eurer Meinung nach eine angemessene Interpretation und was zeichnet eine solche aus?
    3. Welches ist Eure Lieblingsaufnahme der Vierten?
    4. Und gerne mehr zu Schuberts frühen Symphonien!


    Herzlich,
    Stefan

    “Music is enough for a lifetime, but a lifetime is not enough for music”
    Sergei Rachmaninov

  • Lieber Stefan Weiner, ich bin überrascht und erfreut Dich nach einer langen schöpferischen Pause wieder bei Tamino begrüßen zu dürfen. Das von Dir gewählte Thema ist sicher heikel. Ich weiß nicht ob Dir MEIN Schubertbild gefallen wird, das vermutlich weniger kantig und spannungsgeladen ist, als man Schubert in heutiger Zeit gerne sehen möchte. Meine Lieblingsaufnahme ist - wie könnte es anders eine - jene unter Karl Böhm*, dessen Schubert - Dirigat um 1975 in Wien als konkurrenzlos galt.


    Schuberts Sinfonie Nr 4 schrieb er im Alter von 19 Jahren, Schon Robert Schuman übte Kritik an ihr: Von einer „Tragischen“ Sinfonie habe er sich etwas anderes erwartet. Diesen
    Vorwurf hört man in späterer Folge aus verschiedenen Quellen, von einer „Pathetischen – nicht von einer „Dramatischen“ Sinfonie ist die Rede. Hand aufs Herz: Welcher 19 Jährige im frühen 19. Jahrhundert hätte den Unterschied definieren können ?


    Brahms, Hanslick und andere – sie alle hatten an der Sinfonie etwas auszusetzen: Man darf in diesem Zusammenhang aber nicht vergessen, dass, als einzelne Sätze von ihr uraufgeführt wurden , sie schon längst aus der Mode war. Heute haben wir aus der Distanz ein differenzierteres Bild. Zumindest will ich das glauben, denn im Harenberg Konzertführer finden wir noch immer den Hinweis darauf, dass es sich bei Schuberts frühen Sinfonien um Werke für Aufführungen im „privaten Kreis“ handle. Ob solch eine Aufführung zu Schuberts Lebzeiten je stattgefunden hat ist im Falle der 4, nicht belegbar.


    Die meisten Opernführer der Gegenwart weichen der Besprechung oder Beurteilung der frühen Schubert Sinfonien geradezu aus- Entweder man schreibt ab, was schon vor hundertfünfzig Jahren von damalign „Autoritäten“ geschrieben wurde – oder man verweigert gekliche Stellungnahme. Ich habe den Eindruck, man will sich nicht blamieren.
    Der Konzertführer von Csampai/Holland weist indes auf das Wagnis hin , das es war zu Beethovens Lebzeiten in Wien Sinfonien zu schreiben. Und auch MEIN Gedanke – jener der ungünstigen Umstände und Zeitpunkte der jeweiligen Uraufführung früher Schubert-Sinfonien wurde dort gedacht.


    Persönlich höre ich die Sinfonie am liebsten unter Karl Böhm, dessen Schubertinterpretation in Wien ja das Maß aller dinge waren. Für mich sind sie es heute noch.
    Schuberts 4. Sinfonie mag vielleicht verschiedene „formale Mängel „ aufweisen – ich kann sie dennoch mit Genuss hören. Vor allem der zweite Satz, das Andante ist beinahe überirdisch schön. Generell würde ich Schubert betätigen, dass er sich mit seiner 4. – ob gewollt- oder ungewollt von seinen Vorbildern gelöst hat.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred



    *Derzeit ist - soweit ich das herausfinden konnte nur eine Gesamtaufnahme aller Sinfonien erhältlich.
    Da diese aus 4 CDs bestehende Box weniger kostet als eine übliche Vollpreis Cd ist das wohl verschmerzbar

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meiner Ansicht nach ist die 4. die "problematischste" unter den frühen Schubert-Sinfonien, auch wenn ich persönlich den langsamen Satz sehr schön finde. Schuberts Sinfonien 1-6 sind Werke eines Teenagers, an die man bei aller Genialität nicht die Maßstäbe seiner späteren Werke (oder gar der Beethovens) legen sollte. (Schubert ist fast immer viel "lockerer" als Beethoven (oder auch Mozart) und seine "Dramatik" ist seltener schlüssige Steigerung als ein unvermittelter Ausbruch (wie in der berühmten Passage im Andante der "Großen" oder den Mittelteilen der langsamen Sätze der A-Dur-Sonate oder des Streichquintetts.)
    Damit kann man sie "überfrachten", was m.E. auf die wuchtigen Interpretationen Giulinis (und Harnoncourts) zutrifft. Besser gefällt mir die sehr rasante Interpretation Maazels mit den Berliner Phiharmonikern. Die geht vielleicht ein wenig zu sehr in Richtung oberflächlich-brillant, aber das passt für mich besser, als wenn man versucht, den "Theaterdonner" der Ecksätze ernst zu nehmen, denn dann können die sich oft etwas in die Länge ziehen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es liegt sicherlich an meiner persönlichen Prägung hinsichtlich klassischer Musik, dass ich dieser Sinfonie sehr, sehr positiv gegenüber stehe! Als 13-Jähriger fand ich im Wohnzimmerschrank meiner Eltern unter vielen anderen Musikkassetten zufällig eine einzige MC mit klassischer Musik, die sie mal geschenkt bekommen hatten: Wolfgang Sawallisch dirigiert die Staatskapelle Dresden, zwei Schubert-Sinfonien: die "Unvollendete" und "Die Tragische". Durch das viele Hören dieser Kassette wurde ich zum Liebhaber klassischer Musik und verlangte bald nach mehr davon. Die Schubert-Kassette hörte ich aber immer wieder gerne - und die "Tragische" sprach mich beinahe mehr an als die "Unvollendete". Ca. im Jahr 2000 erlebte ich dann Nikolaus Harnoncourt mit den Berliner Philharmonikern live damit uns war wieder sehr angetan vom Stück. Als ich mir dann 2007 den Holland-Csampai-Konzertführer zulegte und über die Schubert-Sinfonien nachlas, war ich erschüttert, wie schlecht gerade die Vierte dort wegkam. Vor zwei, drei Jahren hörte ich sie in einer Gesamtaufnahme der Sinfonien unter Abbado wieder und dort hat sie mir in seiner Interpretation nicht gefallen, in der Sawallisch-Aufnahme höre ich sie aber immer wieder sehr gerne. Ist vielleicht alles zu persönlich, um nachvollziehbar zu sein, aber manchmal steht die Kenntnis der Fachliteratur der persönlichen Eroberung eines Werkes offenbar auch im Wege. Ich näherte mich damals völlig unbedarft und wurde von dieser Sinfonie für das ganze Genre "erobert". :love:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber,


    vielen Dank für Deine persönliche Schilderung Deiner Erlebnisse mit Schuberts Vierter! Ich kann das natürich nicht konkret aber doch grundsätzlich anhand ähnlicher Erlebnisse mit anderen Werken nachvollziehen. Dass Harnoncourts Aufführung des Werkes ansprechend war, glaube ich sofort. Ich finde es interessant, dass das Werk im Konzertführer so schlecht wegkommt - und denke dabei an Johannes Kommentar, dass dies wohl die problematischste der frühen Sinfonien ist. Sie verströmt eben nicht nur den judgendlichen Esprit einer Fünften, sondern spiegelt vielleicht auch ein gewisses sich Ausprobieren des Komponisten wider- und ich finde eben auch, dass es schwierig ist, den Tonfall des Werkes gut zu treffen.


    Lieber Alfred,


    vielen Dank für das nette "Willkommen zurück" im Forum. Mich treibt trotz oder gerade wegen der vielen Zeit, die der Beruf fordert, der Wunsch nach intensivem Austausch mit Gleichgesinnten über meine geliebte Musik und Eure schnellen Reaktionen auf meinen kleinen Thread bestätigen mich darin, hier richtig zu sein.


    Zurück zu Schuberts Vierter: Ich finde es interessant, dass die "Experten" in den Konzertführern sich zu dem Werk ausschweigen. Der lange Schatten Beethovens muß seinerzeit absolut übermächtig gewesen sein - und auch in jenem Konzert am Samstag wird nach der Pause eine Beethoven Sinfonie gespielt. Ich teile Eure Auffassung, dass dies ein Jugendwerk ist, das sich offenkundig und deutlich von den beiden späten Sinfonien Schuberts abhebt. Gleichwohl, was mich an diesem Werk interessiert, ist gerade sein Schattendasein und ich bin neugierig auf neue Aspekte, die man ihm abgewinnen kann. EIn Blick auf die Discographie zeigt, dass es im wesentlichen die HIP-Fraktion ist, die Neuaufnahmen wagt (Freiburger, Brüggen, Harnoncourt) oder aber die Zinmans, Järvis und Notts. Da gibt es bestimmt einiges zu entdecken. Auf Böhm hast Du mich ebenfalls neugierig gemacht!


    Herzlich
    Stefan

    “Music is enough for a lifetime, but a lifetime is not enough for music”
    Sergei Rachmaninov

  • Ca. im Jahr 2000 erlebte ich dann Nikolaus Harnoncourt mit den Berliner Philharmonikern live damit uns war wieder sehr angetan vom Stück.


    Im Januar 1995 hat Harnoncourt Schuberts Vierte sehr ausdrucksvoll, klangschön, klassisch und wuchtig mit den Berliner Philharmonikern in Berlin live aufgeführt.
    Dieser Moment ist auf einem Tonträger dokumentiert:



    Gerade im Vergleich mit Harnoncourts viel spröder klingenden und - wie ich finde- von den Tempi und der Interpretation her nicht gleich überzeugenden Aufnahme mit dem Concertgebouw-Orkest kann diese warm und voll klingende Version für mich immer wieder punkten.
    Sie stellt meine Referenzaufnahme/Lieblingsaufnahme der schubertschen Vierten da, was übrigens auch für die Vierte von Schumann gilt, die ebenfalls auf der CD enthalten ist. Ich kehre zu diesen Aufnahmen immer wieder zurück.
    Das Favoriten-Treppchen für die Schumann 4 hat bei mir- der Vollständigkeit halber sei es erwähnt- noch Platz für eine weitere CD, so dass ich hierfür noch die fantastische Einspielung mit dem NDR-Symphonieorchester und Günter Wand nennen kann.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Kennengelernt habe ich das schöne, aber etwas herbe Werk Anfang der 1960er Jahre mit einer Aufnahme, die in diesem Album enthalten ist. Es war damals eine 25 cm-LP:

    Eduard van Beinum mit dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam (Aufnahme: 1952, Amsterdam, MONO).

    Eine für damalige Verhältnisse gut klingende Aufnahme dieses vernachlässigten Frühwerks. Gleichzeitig auch eine Erinnerung an den niederländischen Dirigenten, der lange im Schatten von Willem Mengelberg gestanden hatte und nach seinem Tod bald in Vergessenheit geriet. Unverdienterweise, wie mir scheint, aber die meisten seiner Aufnahmen war noch in Mono entstanden und hatten auf dem Plattenmarkt der 1960/70er Jahre deshalb keine Chance mehr.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich habe inzwischen ein bisschen nachgelesen. WIKIPEDIA weist darauf hin, daß er bei den Orchestermusikern über alle Maßen belirbt war - nicht aber beim Publikum, welches eine andere Art von Dirigentenpersönlichkeiten vorzog, nämlich etwas dogmatischer. Dem entsprach Willem Mengelberg eher. Dazu kam dann noch - wie bereits weiter oben erwähnt, deas Manko, die Stereoära quasi nicht erlebt zu haben.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dank Nemorinos Information über den niederländischen Dirigenten und Alfreds Präzisierungen habe ich auch einmal auf youtube nachgeforscht, und voilà: hier kann man sich einen Überblick über diese bemerkenswerte, seelenvolle, ausdrucksstarke Aufnahme verschaffen. Diese Einspielung von Schuberts 4. Symphonie ist sicherlich ein großartiges Zeugnis des Könnens von Eduard van Beinum; man sollte ihn sicherlich nicht vergessen!


  • Istvan Kertesz / Wiener PH


    Für die Sinfonie Nr.4 "Tragische" möchte ich Kertesz unbedingt in den Ring werfen. Von den Schubert-Sinfonien - GA ist Kertesz (Decca) ohnehin bei den GA mein Favorit.

    So lässt Kertesz bei der Sinfonie Nr.4 erst gar keine Langeweile aufkommen, indem er die Sätze recht straff durchzieht ( Ich schreibe auch lieber Sinfonie Nr.4, denn Schubert hat diesen Titel dieser Sinfonie gar nicht selber gegeben, denn wirklich tragisch ist sie auch nur an ein einigen wenigen Stellen). Kertesz lässt auch das Vorbild Beethoven hier und da durchscheinen ...


    Die gewählten Spielzeiten gefallen mir sehr:

    Klare Line mit majestätischem Anfang gestaltet er den 1.Satz = 7:40

    Das hübsche Andante macht er nicht zum Adagio - 2.Satz = 8:42

    Das Menuett Allegro vivace ist bei Kertesz auch wirklich vivace - 3.Satz = 2:43

    Das Allegro zieht er nicht unnötig in die Länge - mit Schwung und Biss - 4.Satz = 7:21


    Seine ausdrucksstarke Aufnahme erfährt durch die klare, natürliche Decca-Aufnahmetechnik Untertützung, :angel: sodass am Ende nur noch absolute Zustimmung übrig bleibt - Klasse ! 8) So macht Schubert Spass !


    Decca, 1970, ADD



    Ich habe heute diesen Thread zum Anlass genommen, mal meine Aufnahmen zu Vergleichen:

    *** Während ich bei Kertesz (Decca) alle Sätze stimmig empfinde, so habe ich bei meinen weiteren Schubert - Aufnahmen der Vierten Einwände:


    *** Bei Karajan / Berliner PH (EMI) ist das Menuett (wie so oft bei ihm) viel zu gemütlich - =O er braucht dafür ganze 4:28. Dafür sind die Ecksätze mit 7:40(1.) und 7:13(4.) aber im beethovenschen Sinne der Vorbildfunktion richtig gut dramatisch aufgeladen.

    Die Schubert-Sinfonien mit Karajan (EMI) habe ich in den Einzel-CD´s aus der Karajan Edition, die klanglich das beste Remastering erfahren haben. Die schlecht klingende EMI-GA hatte ich schon vor ~10 Jahren entsorgt.

    Immerhin waren es mir die Karajan-Aufnahme wert noch einmal anzuschaffen ... die hatte sogar ich zuvor schon als EMI-LP-Kassette !


    *** Die Harnouncourt - GA mit dem Royal GGBO (WARNER) schätze ich ja nur bei den frühen Sinfonien. Die Vierte würde von Glockenton als spröde (gegenüber seiner Berliner PH-Aufnahme) bezeichnet. Könnte ich jetzt nicht betätigen ... Der 1.Satz mit 9:43 geht vom Tempo her noch gerade so; dafür eröffnet er die Sinfonie im tragischen Sinne fast brutal. Das Andante mit Klangsinn und mit angemessen 7:49; das Menuett wirkt "zackig" mit 3:15 auch gut; aber das Final-Allegro hat schwungvolle Momente, ist mir mir mit 10:20 etwas zu langatmig geraten; packender Finalschluss.

    Harnoncourt kann die beste Klangtechnik von meinen 3 GA für sich verbuchen, ;) was natürlich dem Hörspass auch entgegen kommt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Die Aufnahme unter Kertesz zählte bei ihrem Erscheinen zu den Favoriten in der Klassikbranche. Aber - ähnlich wie bei Fricsay - geriet Kertes nach seinem frühen Tod (er starb durch einen Badeunfall) rasch in Vergessenheit.

    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Schubert hat diesen Titel dieser Sinfonie gar nicht selber gegeben,

    Doch - hat er !!

    Ich hab das gewusst, aber im letzten Beitrag nicht geschrieben, weil ich die Quelle nicht mehr wusste. Nun hab ich sie aber inzwischen gefunden:

    WIKIPEDIA schreibt:

    Zitat

    Vom Komponisten nachträglich selbst so betitelt, bezieht sich der Titel „Tragische“ auf die aufgewühlten Momente, die man im Werk findet. Er gab wiederholt Anlass zu Diskussionen und Kritik: Antonín Dvořák umschrieb das Adjektiv mit „tiefem Pathos“, und Robert Schumann bemängelt: „… an eine tragische würde man ganz andere Ansprüche machen“. Harry Goldschmidt stellte fest, dass Schubert sich mit dem Werk ein geistiges Problem gestellt habe, dem er in seiner Jugend noch gar nicht gewachsen war: „Er wollte eine ‚tragische‘ Sinfonie schreiben, und siehe da, es wurde nur eine ‚pathetische‘ daraus.“ Musikwissenschafter schreiben oft viel, wenn der Tag lang ist. Und sie richten auch oft viel Unheil an mit ihren Einschätzungen.

    Allein schon die Aussage, daß ein Jugendlicher (besser: ein jugendliches Genie - moderner: eine jugendliche Hochbegabung) keine "Tragische" Sinfonie schreiben könne ist IMO zumindest anfechtbar...

    Immer wieder haben Rezensenten auf Schuberts jugendliches Alter bei seinen Frühwerken hingewiesen - mit unterschwellig abwertendem Ton.

    Eine akademische Beckmesserei IMO......


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Diese Einspielung von Schuberts 4. Symphonie ist sicherlich ein großartiges Zeugnis des Könnens von Eduard van Beinum; man sollte ihn sicherlich nicht vergessen!

    Lieber Don_Gaiferos,


    vielen Dank für die Einstellung der 4. Schubert-Sinfonie unter Eduard van Beinum.


    Leider ist er den meisten Musikfreunden kein Begriff mehr, aus den bereits angeführten Gründen: die meisten seiner Aufnahmen sind noch Mono und fielen kurz darauf der Stereo-Erneuerung des Plattenrepertoires zum Opfer, und zweitens war er so eine Art "Statthalter" zwischen Mengelberg und Haitink. Gegen Mengelbergs Nimbus war schwer anzukommen, und nach 1958 hat Haitink das PHILIPS-Klassik-Repertoire über Jahrzehnte beherrscht, in der neuen Technik.


    Ich habe vor ein paar Monaten versucht, den van Beinum-Thread zu beleben, mit nur sehr mäßigem Erfolg. Aber, wie gesagt, daraus kann man niemand einen Vorwurf machen, er ist - in viel stärkerem Ausmaß noch wie Fricsay - zwischen alle Stühle gefallen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).