Wolfgang Rihm - Die Streichquartette

  • Wolfgang Rihm ist ein Faszinosum für mich. Wie kann ein zeitgenössischer Komponist mit gerade mal 60 Jahren schon 500 (!) opus komponiert haben? Gibt es ausser dem Komponisten irgend jemanden, der auch nur 10% davon kennt? Und wird es in 50 Jahren eine 170 CDs umfassende Edition geben, in der alle diese Kompostionen versammelt sind? Oder verschwindet der größte Teil ungehört auf nimmer Wiedersehen in der Schublade?


    Nun, was offensichtlich nicht in der Schublade verschwinden wird, sind Rihms 13 Streichquartette und die anderen Kompositionen, die irgendwie auch ein Streichquartett beschäftigen. Denn diese Kompositionen sind alle bereits auf CD eingespielt, einige sogar mehrfach. Das spricht dafür, dass diese Musik bereits teilweise Eingang in das Dauerrepertoire neuer Musik gefunden hat.


    Besonders rührig ist dabei das Minguet Quartett, das für Wergo bisher 5 CDs mit den Streichquartetten 1-12 aufgenommen hat. Nun, so ein Unterfangen sichert natürlich auch einen bleibenden Nachruhm wie man am LaSalle Quartett sehen kann, dessen Einspielungen der Zweiten Wiener Schule und von Zemlinsky für Jahrzehnte maßstabsetzend waren und bis heute sind.


    Ich habe 3 dieser CDs und werde die fehlenden sicher zeitnah ergänzen und langsam beginnen, einzelne davon hier vorzustellen. Das ist nicht ganz einfach, da die Quartette sehr unterschiedlich sind und ich als Laie von kompositorischen Techniken wenig verstehe. Aber ein Grund warum mich die Musik von Wolfgang Rihm anspricht ist, dass sie klanglich unmittelbar wirkt und man deshalb vielleicht keine langen Analysen braucht. Dis gilt vor allem für das erste, das ich vorstellen werde, Nr. 11.


  • Das 11. Streichquartett von Rihm ist mit 35 Minuten vermutlich eines seiner längsten. Es hat jedenfalls die längste Genese, fast 12 Jahren liegen zwischen ersten Skizzen und der Vollendung. Die Uraufführung fand 2009 durch das renommierte Takacs Quartett in Essen statt. Die einzige Einspielung bisher ist aber diese hier.
    Das 11. Streichquartett ist viersätzig und könnte als summa summarum der Streichquartett-Tradition gehört werden. Man findet jedenfalls so ziemlich alles, was man so an Streichquartettmomenten kennt, zarteste Musik, wildeste Ausbrüche, tonale Passagen, avantgardistische Geräuschmusik usw. Worin sich m.E. die kompositorische Meisterschaft von Wolfgang Rihm zeigt ist, das er das alles in überzeugender Weise bündelt, so dass zumindest ich das mit Gewinn gehört habe. Die vier Sätze gehen unmittelbar ineinander über und es ist live sicher eine große Herausforderung, dieses Quartett zu spielen. Es gibt zwar immer wieder Inseln der Ruhe, z.B. der zweite Satz erinnert an entsprechende Sätze des späten Beethoven, dafür wird aber im dritten die Musik und auch die Instrumente an ihre Grenzen und darüber hinaus geführt. Man bekommt richtig Angst um die guten teuren Stücke. Insgesamt eine faszinierende Reise durch die Welt der Möglichkeiten, mit vier Streichinstrumenten Musik zu machen.


    Zufällig passende aktuelle Konzertkritik


  • Die erste Folge der GA der Rihm-Quartette mit dem Minguet Quartett enthält die Quartette 1-4. Die ersten beiden sind im gleichen Jahr 1970 geschrieben worden und mit je 8 1/2 Minuten recht kurz. Sie sind aber ziemlich verschieden. Das erste knüpft in meinen Ohren an die aphoristischen Quartettkompositionen von Anton Webern an. Das zweite dagegen erforscht eher die Möglichkeiten des geräuschhaften Streichquartettklangs wie es auch andere Quartette dieser Epoche taten. Somit stellen diese beiden frühen Werke auch zwei Pole dar zwischen denen dann Rihms weitere Entwicklung in diesem Genre verläuft (s. Beitrag 2). Tonale Anklänge sucht man bei diesen beiden Stücken allerdings vergebens. Ich finde beide Quartette interessant und hörenswert. Das Minguet-Quartett spielt mitreissend.

  • Sechs Jahre nach den ersten Gehversuchen dann das erste "große" Quartett, ein Riesensprung von den noch etwas unpersönlichen knappen Anfängen zu diesem fast halbstündigen bekenntnishaften Werk eines Dreiundzwanzigjährigen. Hier gehorcht die Musik in sechs Sätzen nur noch einem Gesetz, dem der freien Phantasie des selbstbewussten Komponisten. Und die scheut sich nicht Bezüge zu ziehen bis zurück zu Beethovens späten Streichquartetten. Von zartesten erlesensten Klängen als sehnsuchtsvoller Nachhall längst vergangener Zeiten bis hin zu schroffen Klangkaskaden findet sich hier alles. Ein überaus wirkungsvolles, starkes Stück. Neben der exzellenten Minguet-Aufnahme gibt es eine nicht minder faszinierende durch die Ardittis.

  • Und die Reise durch die Klangwelten des Wolfgang Rihm geht weiter. Heute das 4. Streichquartett. Ein fabelhaftes Werk, kein Wunder, dass es schon drei Einspielungen gibt, die vom Minguet Q (s. Beitrag 3), eine vom holländischen Doelenkwartet und eine vom Alban Berg Q, die m.W. auch die UA gespielt haben. Knapp 20 min, 3 Sätze, gleich der rhythmische vertrackte Beginn äußerst eingängig und dann bis zu den ätherischen Klängen des abschließenden Adagios eine Klangreise durch spannende, aufregende Klangwelten. Diese Art von zeitgenössischer Musik macht mir Freude. Dies Quartett stellt keine Ansprüche ans Hören, die über die der mittleren Bartokquartette hinausgehen.
    Und das Minguet Q spielt ebenfalls fabelhaft, oberste Liga. Die Reise bleibt spannend.



  • Das 11. Streichquartett ist viersätzig und könnte als summa summarum der Streichquartett-Tradition gehört werden. Man findet jedenfalls so ziemlich alles, was man so an Streichquartettmomenten kennt, zarteste Musik, wildeste Ausbrüche, tonale Passagen, avantgardistische Geräuschmusik usw. Worin sich m.E. die kompositorische Meisterschaft von Wolfgang Rihm zeigt ist, das er das alles in überzeugender Weise bündelt, so dass zumindest ich das mit Gewinn gehört habe. Die vier Sätze gehen unmittelbar ineinander über und es ist live sicher eine große Herausforderung, dieses Quartett zu spielen. Es gibt zwar immer wieder Inseln der Ruhe, z.B. der zweite Satz erinnert an entsprechende Sätze des späten Beethoven, dafür wird aber im dritten die Musik und auch die Instrumente an ihre Grenzen und darüber hinaus geführt. Man bekommt richtig Angst um die guten teuren Stücke. Insgesamt eine faszinierende Reise durch die Welt der Möglichkeiten, mit vier Streichinstrumenten Musik zu machen.


    Das finde ich sehr treffend beschrieben, lieber Lutgra! Das ist wahrlich eine Werbung für das Streichquartett und lebendige Quartett-Musik. Rihm schafft es, eine Quintessenz aus den musikalischen Errungenschaften der näheren und weiteren Vergangenheit zu ziehen, ohne aber in einen postmodernen Eklektizismus abzugleiten. Obwohl alles dabei ist - Expressivität, Erinnerung an Bach, Impressionismus, das Arbeiten an der Grenze von Musik und Geräusch, ist da doch immer eine hohe Konstruktivität zu spüren, wie es zur Gattung Streichquartett gehört. Und die klanglichen Möglichkeiten des Ensembles werden genutzt. Das klingt trotz der Modernität "sonor", die Musik ist nicht irgendwie dem Streichquartettklang "aufgezwungen", sondern paßt zu ihm wie ein perfekt sitzender Anzug. Wirklich beeindruckend und hervorragend gespielt! :)


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Et Lux ist eine Art Meditation für Vokalensemble und Streichquartett über das lateinische Requiem. Der Komponist schreibt im Beiheft:


    "In dieser Komposition erklingen Textfragmente der römischen Requiem-Liturgie. Sie erscheinen jedoch nicht "intakt" und in liturgisch korrekter Folge. Eher tauchen sie auf als erinnerte Bestandteile eines - wie in einer Anamnese - schrittweise vergegenwärtigten Zusammenhanges. Es sind einzelne Wortverbindungen, die - immer wiederkehrend - zentrale Bedeutung ausstrahlen. Ganz im Zentrum: ... et lux perpetua luceat. In kreisendem Reflektieren werden die sowohl tröstlichen als auch tief beunruhigenden Schichten dieser Worte vielleicht spürbar."


    Die Musik ist über weite Strecken ruhig und erinnert an alte Musik, die aber natürlich harmonisch durch moderne Akzente gebrochen ist. Das Minguet Quartett begleitet über weite Strecken den Gesang des 8-stimmigen Huelgas Ensemble unter Paul van Nevel und setzt nur gelegentlich klangliche Akzente.


    Sich in diese Musik zu vertiefen braucht Ruhe, Geduld und etwas Zeit; das Stück - das nur durch einen Track auf der CD repräsentiert ist - dauert eine gute Stunde.

  • Akt und Tag - Zwei Studien für Sopran und Streichquartett. So heisst ein Stück, dass Wolfgang Rihm 2006 in Donaueschingen durch das Arditti Quartett und die Sopranistin Claron McFadden uraufführen liess. Zwei Sätze 25 min. Ein Streichquartett mit Sopran ist ja seit Schönbergs 2. Quartett möglich und in der Folge auch schon öfter eingesetzt worden. Das was Wolfgang Rihm hier geschrieben hat, spricht mich aber überhaupt nicht an. Weder kann mich das, was das Quartett da spielt, begeistern - es ist über weite Strecken einfach langweilig - und ganz ehrlich finde ich Claron McFaddons Vokalisen-Beiträge absolut nervig. Wofür sie nichts kann. Eine Studie hat ja immer auch etwas skizzenhaftes, vorläufiges. Auf diesem Weg sollte Rihm m.E. nicht weitergehen.

  • Hallo lieber lutgra,


    mir scheint hier eine wichtige Einspielung für Streichquartett von Wolfgang Rihm zu fehlen.


    Diesmla das Arditti Quartett. Das 12. Streichquartett gibt es auch mit dem Minguet Quartett. Die Fetzen sind so eine Art Antithese zu dem, was Du zum 11. Quartett geschrieben hast. Dazu kommt noch Akkordeon, was sich überraschend gut in die Streicheratmung einfügt. Auch hier ruhige Passagen und extreme Dynamik. Insgesamt sehr schön, ohne auch nur im Ansatz eklektisch zu wirken.


    Es grüßt

    Axel

  • Et Lux ist eine Art Meditation für Vokalensemble und Streichquartett über das lateinische Requiem. Der Komponist schreibt im Beiheft:

    .....


    Sich in diese Musik zu vertiefen braucht Ruhe, Geduld und etwas Zeit; das Stück - das nur durch einen Track auf der CD repräsentiert ist - dauert eine gute Stunde.

    hallo lutgra,


    Danke für den Tip, das war ein schöner Abend....


    Akt und Tag - Zwei Studien für Sopran und Streichquartett. .... Das was Wolfgang Rihm hier geschrieben hat, spricht mich aber überhaupt nicht an. Weder kann mich das, was das Quartett da spielt, begeistern - es ist über weite Strecken einfach langweilig - und ganz ehrlich finde ich Claron McFaddons Vokalisen-Beiträge absolut nervig. Wofür sie nichts kann. Eine Studie hat ja immer auch etwas skizzenhaftes, vorläufiges. Auf diesem Weg sollte Rihm m.E. nicht weitergehen.

    auch hier bin ich d‘accord, wobei ich bei ersten Eindrücken immer etwas vorsichtig bin.


    Hier noch ein Link zu eine Besprechung


    Wolfgang Rihm: Akt und Tag Donaueschingen 2006

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  • Es gibt noch eine Einspielung vom Minguet Quartett von Musik von Wolfgang Rihm, die hier offensichtlich fehlt:



    Geste zu Vedova ist ein Quartettsatz, der nach W. Rihm selbst eine Bezug zur Kunst des Malers Emilio Vedova haben soll. Mir hilft das leider nicht, aber dem ein oder anderen mag das zur Orientierung dienen.


    Das nächste sind zwei Streichquartette einmal des 14-jährigen und das zweite des sechzehnjährigen Komponisten. Für meine Ohren schon ziemlich erwachsen, auch wenn man hier deutlicher die Ursprünge der Kompositionskunst erkennen mag. Das ist schon beeindruckend. Ich sage mir, als ich sechzehn war, hatte ich meine Stärken woanders :).


    Als Abschluss ein Streichquintett. Ein Auftragsarbeit für den SWR. Den neueren Werken kann man den eigenen Ton gegenüber den juvenilen Quartettwerken ablesen. Die Kombination der Werke auf der CD harmoniert IMHO in der vorgeschlagenen Reihenfolge nicht wirklich, obwohl alles beeindruckend und auch so gespielt ist. Aber niemand wird daran gehindert die Quartette so zu hören, wie sie ihm gefallen.

  • Die Kombination der Werke auf der CD harmoniert IMHO in der vorgeschlagenen Reihenfolge nicht wirklich, obwohl alles beeindruckend und auch so gespielt ist.

    Mir war - ehrlich gesagt - die CD immer zu kurz als dass ich dafür den Vollpreis bezahlen mochte. Die jugendlichen Gehversuche nehmen mehr als die Hälfte ein und dann bleiben noch 20 min "reife" Musik.

  • Hallo lutgra,


    anders als Wolfgang Rihm habe ich das Internet ein bisschen erforscht und bin auf folgende Dokumentation zu seinem 60. Geburtstag gestoßen. Wenn auch die Quartette an sich nicht besprochen werden, hilft vielleicht die Dokumentation, einiges an den Eigenheiten seiner Musik, insbesondere die direkte Verständlichkeit, nachzuvollziehen.




  • Lieber Axel

    vielen Dank für den Hinweis auf die Dokumentation, die ich noch nicht kannte. Ich bin Rihm zweimal begegnet ohne jetzt mit ihm gesprochen zu haben, einmal in Donaueschingen saß er abends in der Weinstube am Nebentisch und dann war er auch bei dem Arditti-Wochenende in Edenkoben dabei. Er kam da genauso rüber wie in dem Portrait.

    Bei Rihm ist für mich das Problem, dass sein Werk uferlos ist und man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Deshalb habe ich mich bisher n erster Linie auf die Quartette fokussiert, habe aber auch ein paar CDs mit Orchestermusik.

  • Lieber Lutgra


    auch ich bin ein begeisterten Hörer der Musik von Rihm. Ich habe ein paar Klavierstücke von ihm kennengelernt, da war ich sechzehn oder siebzehn und es hat mich damals umgehauen. Soweit es mir die Zeit erlaubte, habe ich immer wieder seine neuen Aufnahmen gekauft, und da kam wirklich einiges, speziell seine Klavier- und seine Streichquartettmusik. Das sind für mich die leichtest zugänglichen Werke. Ich habe kaum einen Überblick über sein Schaffen, finde das allerdings auch nicht so schlimm. Große Produktivität ist keineswegs immer ein Zeichen schlechter Qualität. Der Rückschluss ist natürlich völlig unzulässig. Er ist ein extrem inspirierter Musiker, dem offensichtlich einige Gaben zugeflogen sind, die er dann auch umsetzen konnte. Bei einigen Uraufführungen in Köln war ich dabei und kann zumindest aus der Ferne den persönlichen Eindruck von Dir von seiner Person bestätigen.


    Von meiner Seite würde ich Dir noch die Werke


    Klavierstück Nr. 5 Tombeau



    empfehlen. Man darf diese Werke trotzgleichartiger Bezeichnung nicht mit denen von Stockhausen verwechseln. Rihm hat, wie Du oben sagst, einen enorm direkten Zugang zur Musik und übermittelt den auch.


    Dann liebe ich seine Klaviertrios Fremde Szenen


    hier in einer Einspielung des Jean Paul Trios, die ich leider nicht kenne. Ich habe die mit dem Beethoven Trio, finde jetzt aber nicht Referenz.



    und es gibt den großen Chiffre Zyklus von ihm interpretiert vom Ensemble musikFabrik, in verschiedenen Besetzungen der einzelnen Chiffren.


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    Ich bin fest davon überzeugt, es hier mit herausragenden Kompositionen zu tun zu haben, ganz egal, wieviel Wolfgang Rihm sonst noch so komponiert. Es ist wahrscheinlich gar nicht so selten, dass sehr häufig erst posthum sogenannte Ordnungen im Werk eines Komponisten gefunden und untersucht werden.


    Ich würde ganz entspannt an den Genuss dieser Musik gehen. Im Gegensatz zu nicht wenigen anderen Komponisten findet man ja auch wirklich viel, was man sich anhören kann. Ich stelle noch eine Einspielung der Streichquartette 3,5,8 durch das arditti Quartett ein. Das kommt aber erst später...


    Beste Grüße,

    Axel

  • versprochen und nochgeholt. Ich habe mir noch einmal meine alte Aufnahme der Streichquartette 3,5,8 durch das arditti Quartett angehört


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    Du hast das dritte Streichquartett ja schon sehr ausführlich beschrieben. Sein Titel heißt "Im Innersten" und auch wenn Hans-Klaus Jungheinrich im Begleittext schreibt, dass man den Titel nicht "naiv adaptieren" darf, so hat er doch eine Bedeutung. Jungheinreich erwähnt die innersten Verdichtungen in einer Streichquartettkomposition. Da mag sicher etwas dran sein, aber Sprache ist nun einmal ambivalent und das ist sicher Wolfgang Rihm auch klar. Wir haben es also sicher auch mit einer wie man etwas altertümlich sagt "Seelenschau" zu tun. Alle Aufwühlung und Beruhigung kann ich zumindest sehr einfach damit in Bezug setzen.


    Das fünfte Streichquartett ähnelt dem dritten nicht unerhebiich, obwohl es nur einen Satz hat und dann doch sechs Jahre dazwischen liegen. Es wirkt wie eine Kondensierung des dritten. Es heißt "ohne Titel". Es scheint so zu sein, als wäre mit dem dritten noch keine Ruhe gekommen. ;) Es geht uns hier auch der naiv adaptierte Kontext verloren.


    Das achte Streichquartett ist einsätzig und wesentlich ruhiger. Man schaut in einen Raum, der durchaus auch unruhig sein kann. Diese Raumvorstellung kommt tatsächlich erdrückend schnell.


    Bei allen Quartetten fällt die wunderbare Behandlung der Klangmöglichkeiten des Ensembles auf. Man wird immer wieder zu interessanten Klängen und Überraschungen geführt. Es wechselt rhythmische Dynamik mit elegischer Klangfläche. Irgendwelche Verweise auf Vorgänger wirken angesichts des völlig eigenen Stiles hier nicht erhellend.


    Ich habe mir daraufhin das dritte Streichquartett in der von mir in der letzten Zeit präferierten Version mit dem Minguet Quartett angehört und war etwas erstaunt. Die Aufnahme mit den Ardittis ist über 10 Jahre älter und man meint das an der Schärfe der Aufnahme zu hören. Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Truppe insgesamt etwas agressiver und dynamischer und analytischer spielt. Dadurch wird dem Zuhörer natürlich etwas mehr zugemutet. An manchen Stellen hörte ich dann aber auch plötzlich Stellen, die im Spiel der Minguets mir nicht aufgefallen sind. Das ist natürlich nur ein spontaner Höreindruck und kann sehr gut eine kognitive Verzerrung (Bias) sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei Dauerhören der Ardittis das Spiel des Minguet Quartetts plötzlich besondere Reize hat. Viel kann hier der Hörsituation und leider auch der Aufnahmetechnik geschuldet sein.


    Beide Aufnahmen sind auf jeden Fall hervorragend.

  • Am 13. Maärz dieses Jahres wurde Wolfgang Rihm siebzig Jahre. Als kleine Ergänzung zwei Beiträge


    https://www.swr.de/swr2/musik-…wolfgang-rihm-70-100.html


    https://www.swr.de/swr2/musik-…-sprache-bringen-104.html


    und seine Beurteilung der SWR Doku


    https://bnn.de/karlsruhe/kompo…gluecklich-ueber-swr-doku


    Es scheint von Wolfgang Rihm noch ein dreizehntes Streichquartett aus dem Jahr 2011 zu existieren. Weiß jemand etwas über eine Einspielung?


    https://www.universaledition.c…/13-streichquartett-13950

  • Es gibt auf jeden Fall im Web zwei Einspielungen unterschiedlicher Länge


    einmal ca. 23 Minuten von 2011 vom Arditti



    und einmal über 30 Minuten vom Minguet. ISt allerdings von 2022. Wahrscheinlich wieder ein Work in progress. Rihm konnte die Fingerchen nicht still halten :)