Robert Volkmann - Sinfonien - Konzerte und Orchesterwerke

  • Liebe Freunde der deutschen Romantik,


    es mag hinterfragbar sein diesem Schaffensbereich Volkmanns einen eigenen Thread zu widmen. Einerseits dürfte es nicht allzuviele Mitglieder geben, die Aufnahmen aus diesem Bereich in ihrer Sammlung haben , andrerseits hält sich die Anzahl an Instrumentalwerken im überschaubaren Bereich


    Op.33 - Cello Concerto in a-moll (1855)
    Op.42 - Konzertstück in C-dur für Klavier und Orchester (1860)
    Op.44 - Sinfonie No.1 in d-moll (1863)
    Op.50 - Fest-Ouvertüre für Orchester (1865)
    Op.53 - Sinfonie No.2 in B-dur. (1866)
    Op.62 - Serenade No.1 in C-Dur für Streichorchester (1869)
    Op.63 - Serenade No.2 in F-Dur für Streichorchester (1869)
    Op.68 - Richard III, Overture für Orchester (1870)
    Op.69 - Serenade No.3 in d-moll für Streichorchester und Violinsolo (1870)
    Op.73 - Richard III, Zwischenaktsmusik für Orchester (1872)
    Ohne Opuszahl -Konzertouvertüre in C-Dur für Orchester (1863)


    Dennoch: Wir wollen es wagen....


    Volkmann war ein großer Bewunderer des Trios Haydn - Mozart - Beethoven.
    Stilistisch stellt er - wenn man dem Booklet das hier abgebildet ist trauen darf . eine Brücke zwischen Robert Schumann und Johannes Brahms dar, mit welchem er persönlich befreundet war. Volkmann war mit vielen Komponisten seiner Zeit bekannt und sehr geachtet. So äusserte sich beispielsweise Tschaikowsky positiv über seine Serenaden für Streichorchester


    Ich möchte heute das Augen - bzw Ohrenmerk auf das Cellokonzert op 33 richten, welches 1855 komponiert worden war - aber wegen Erkrankung des Widmungsträgers erst 2 Jahre später uraufgeführt wurde. Es gibt eine schriftliche Notiz -Volkmanns zu diesem Ereignis, wo er seine Zufriedenheit mit der Aufführung kundtut. Aber auch das Werk an sich ist bemerkens- und hörenswert - es ist einsätzig und wird gelegentlich jenem berühmteren von Antonin Dvorak an die Seite gestellt. Ob diese Behauptung im Detail einer Überprüfung standhielte weiß ich nich - hörenswert ist es allemal...


    Hier ein Brief an Johannes Brahms - welcher beweist, daß Volkmanns Cellokonzert 19 Jahre nach seinem Entstehen immer noch gefragt war....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die kleine Serenade in F war eines meiner allerersten Live-Erlebnisse als vielleicht Fünfzehnjähriger. Die spritzigen Melodien des lakonisch knappen Werks haben sofort Eindruck hinterlassen.


    Die Komposition dürfte wie der Komponist wenig bekannt sein. Dienen kann ich mittlerweile mit der folgenden CD:



    Das Label cpo, vom anderen Partner direkt vertrieben, hat sich auch um diesen freundlichen Volksromantiker (quasi nomen est omen ;) ) sehr verdient gemacht.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Die Serenaden von Volkmann finde ich sehr hörenswert! Sie haben viel Esprit und Charme. Die dritte Serenade ist eine Art Cellokonzert im Miniaturformat und die erste hat mich ein wenig an ein Händelsches Concerto grosso erinnert. Auf der von Wolfgang Z gezeigten CD ist übrigens auch eine hübsche Serenade von Reinecke, die allerdings nicht so herrlich konzise gearbeitet ist wie Volkmanns Serenaden. Über Volkmann Symphonien und Richard III. habe ich mich schon andernorts begeistert gezeigt. Das Cellokonzert spricht mich demgegenüber leider etwas weniger an. Ich finde die darin enthaltenen Themen weniger plastisch als sonst bei Volkmann üblich.

  • Heute vor 130 Jahren gestorben:


    [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…obert_Volkmann.jpg;Robert Volkmann[/timg]Friedrich Robert Volkmann
    geboren am 6. April 1815 in Lommatzsch (Sachsen), gestorben am 29. Oktober 1883 in Budapest, deutscher Komponist. Volkmann erhielt Klavier- und Orgelunterricht bei seinem Vater, studierte dann bei August Ferdinand Anacker in Freiberg und bei Karl Ferdinand Becker in Leipzig. 1839 kam er als Musiklehrer nach Prag, lebte dann seit 1840 in Ungarn, war von 1854 bis 1858 in Wien und seitdem in Budapest Professor für Harmonielehre und Kontrapunkt; freundschaftliche Beziehungen verbanden ihn mit Robert Schumann. Volkmann, der Ouvertüren, zwei Sinfonien, ein Cellokonzert, ein Klavierkonzert, zahlreiche Streichquartette und Lieder schrieb, wurde populär vor allem durch seine Serenaden, die auch heute noch aufgeführt werden.

    [Quelle: Schott's Führer durch die Musikwelt, S. 7200]

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Heute möchte ich auf die erste Sinfonie von Robert Volkmann - ebenfalls auf der abgebildeten Doppel-CD von cpo enthalten (und derzeit die einzige erhältliche Aufnahme am Markt) hinweisen.


    Ähnlich wie Brahms, ließ sich Robert Volkmann lange Zeit, bis er seine erste Sinfonie komponierte. Sie stammt aus dem Jahre 1862/63. Die Uraufführung war 1863 in Pest und ein großer Erfolg, die Moskauer Erstaufführung 1864 war ein Triumph. Mini-Auszüge einer Kritik nach einer Aufführung in Leipzig (1863) finden sich als Zitate am Ende meine Beitrags.
    Der erste Satz beginnt pathetisch- dramatisch hellt sich aber allmählich auf und wird feurig –bewegt., gelegentlich triumphierend., jedoch vereinzelt immer wieder von dunklen Stellen kontrastiert.


    Das Scherzo ist entgegen den üblichen Gepflogenheiten bei Volkmann nicht mendelssohnisch angehaucht, sondern schwermütiger. Der Leipziger Kritiker war von ihm nicht besonders angetan.


    Besonders beeindruckt haben mich die Sätze 3 und 4 die kraftvoll und mit Anklängen an Beethoven daherkommen und die ich für sehr effektvoll halte.Insgesamt eine Sinfonie, die auch auf heutigen Spielplänen – bei entsprechender Ausführung – eine gute Figur machen sollte.


    Interessant ist, dass einmal mehr die sogenannte „großen Konzertführer“ „Harenberg“ und Csampai/Holland das Werk totschweigen.


    Die zeitgenössische Kritik – hier im speziellen Fall jene der „Allgemeine Musikalische Zeitung“ Nr 48/49 vom November/Dezember 1863 – indes hat das Werk in genauestens analysiert und in 2 Ausgaben auf mehreren Seiten (!) versehen mit Notenbeispielen – auf Herz und Nieren geprüft – natürlich unter den Bedingungen der damaligen Zeit - und - wie ich meine - entgegen den selbst erstellten Ansprüchen an eine Kritik - doch auch sehr subjektiv. - Es mag aber durchaus sein, daß dieser Eindruck lediglich durch jenen Zeitraum von 150 Jahren entsteht, der seit dem Schreiben dieser Rezension verstrichen ist.


    Es wäre einerseits unmöglich – andrerseits sinnlos - auch nur 20 Prozent des Textes hier zu veröffentlichen – der heutige durchnittliche Klassik-Hörer wäre weder in der Lage den Inhalten zu folgen – noch wäre er bereit dazu.


    Daher nur ein paar Schlüsselsätze – wobei ich mir bewusst bin, dass Einzelzitate stets den Inhalt verfälschen – ich bin aber bemüht wenigstens ansatzweise aufzuzeigen, wie die Sinfonie von einer der damals einflussreichsten Musikzeitungen, bzw. einem ihrer Kritiker gesehen wurde. Jeder Einzelne mag für sich entscheiden, inwieweit das damals Geschriebene für ihn selbst heute noch Gültigkeit hat.


    Eine neue Sinfonie im Leipziger Gewandhause, mit einstimmigem Beifall, begrüsst vom Kapellmeister und Konzertmeister, duirch das ganze Orchester bis zu den Repräsentanten der verschiedenen kritischen Organe, zwar mit keinem enthusiastischen und unbedingten, aber mit jenem vernünftigen, gerechten Beifall, der auch die Schattenseiten nicht verschweigt oder verleugnet und dadurch erst Anspruch auf Beachtung erhält……


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    Die Volkmannsche Sinfonie ist als ein Produkt aus Beethoven und Schumann zu betrachten, dabei äusserlich ein wenig von berliozscher Art und Weise angehaucht…
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    ...... Anklängen an beide fehlt es nicht – ohne dass es dem Werk deshalb irgend an Selbständigkeit gebricht….
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    …Ob das, womit das Finale anfäng, ein Thema genannt weden kann, oder ob einso geartetes Thema an der Spitze eines Symphoniesatzes gutgeheissen werden dürfe – das ist eine Frage, die eine spezielle Untersuchung verdiente. Wenigstens ist nicht abzusehen, warum man von Kunstprinzipien, die eine grosse Reihe der bedeutendsten Kunstwerke hinter sich haben, zu gunsten der Laune eines einzelnen Künstlers abgehen sollte. Doch vielleicht ist die Sache nicht so schlimm, wie sie auf den ersten Blick scheint..
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    Im Ganzen der Sinfonie jedoch – wir wiederholen dies am Schluss noch einmal – erblicken wir eines der bedeutendsten Werke der Gegenwart. Denn selbst mit allen seinen Schwächen betrachtet, weist es die oft gewünschte Größe des Stils auf, ohne mehr als an einzelnen Stellen geschmacklos zu werden
    …...................................................................................
    Möge daher das interessante Werk in dem Repertoire unserer Gewandhauskonzerte sich fest einbürgern und auch sonst in Deutschland seinen Weg machen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die 3 Streicherserenaden von Robert Volkmann wurden hier schon mehrfach lobend erwähnt, aber es wurde ihnen dennoch keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Das soll sich jetzt ändern.Im Gegensatz zur den Sinfonien sind Volkmanns Serenaden leichter und intimer.
    Sie wurden von Volkmann als „kleine, harmlose Stücke“ bezeichnet., eine durchaus zutreffende Bemerkung, wenn man sie den großen Sinfonien der Romantik mit ihrem monströsen Orchesterapparat gegenüberstellt. Auch die Bezeichnung „Unterhaltungsmusik“ , „eingängig „ oder „volkstümlich“ wäre in diesen Fällen zutreffend - und keineswegs abwertend gemeint. Persönlich finde ich die Serenaden als angenehm zu hören, besonders die Serenade Nr3 in F-dur op 63 kann mit einigen ohrwurmverdächtigen Stellen aufwarten….auch das Attribut „gefällig“ wäre angebracht. Serenad3en waren nie dazu gedacht die Hörer zu erschüttern oder aufzurütteln. Interessant bei der fünfsätzigen Serenade Nr 1in C dur op 62 ist, dass das einleitende Marschthema des 1. Satzes ebenfalls den Finalsatz einleitet. Im Booklet werden die historischen Hintergründe für diese Entscheidung Volkmanns kurz erörtert. Bei der Serenade Nr 2 in F-dur op 63 hat mit der tänzerische 2. Satz sehr gut gefallen, auch der 3. Satz ist ein Walzer. Generell ist die viersätzige Serenade Nr 2 die vielleicht beschwingteste, lebensfrohste.
    Die dreisätzige Serenade Nr 3 in d-moll op 69 beginnt verträumt, melancholisch.
    Sie wartet im ersten Satz mit einem einschmeichelnd versonnenen Violoncello-Solo auf,
    aber auch die folgenden Sätze warten mit vielen melodiösen Einfällen auf, die ich zumindest erst bei mehrfachem Hören in ihrer vollen Schönheit bemerkt habe. Volkmanns Serenaden sind Kleinodien, die beim Ersthören (zumindest bei mir) sanft schimmern, die ihre Schönheit aber erst bei wiederholtem Hören preisgeben…..
    Hier gibt es keine vordergründig – plakativen Effekte…


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Anlässlich des 200. Geburtstages von Robert Volkmann (und nicht nur deshalb) habe ich mir soeben das auf der abgebildeten Doppel-CD enthaltene Cellokonzert op 33 angehört. Auch wenn es heute in keinem Konzertführer mehr aufscheint (was übrigens für den Komponisten selbst und seine anderen Werke ebenfalls gilt), so war es bis Ende des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Stück im Repertoire. So berichten es einige Quellen - und es gibt wenig Grund daran zu zweifeln.
    Im cpo-Booklet bezeichnet es die Autorin, Hilde Malcomess sogar "als eines der besten, die für dieses Instrument geschrieben wurden" und hält es für ebenbürtig gegenüber jenem von Dvorak. Ich sehe mich ausserstande dies zu bestätigen oder zu verneinen - indes ist das Konzert in der Tat eine Bereicherung des Repertoires und wir können uns glücklich schätzen daß es derzeit sogar mindestens drei Versionen auf CD gibt.


    Persönlich steht mir die cpo Version zur Verfügung, die derzeit sehr preiswert zu haben ist, das Klangbild ist -wie so oft bei Aufnahmen des WDR - ein wenig kompakt, aber prinzipiell ok.
    Das Konzert ist einsätzig konzipiert und hat eine ungefähre Spieldauer von knapp 17 Minuten. Es wurde zwischen 1853 und 1855 komponiert und war dem Cellisten Karl Schlesinger (1813-71) gewidmet. Wegen einer Erkrankung des Widmungsträgers wurde das Konzert erst im November 1857 uraufgeführt.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • … und wir können uns glücklich schätzen daß es derzeit sogar mindestens drei Versionen auf CD gibt.


    VIER – Und hier ist die vierte Version/Aufnahme:


    Es spielt das


    Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin,
    Hannu Lintu


    Alban Gerhardt, Cello


    Stereo 05 / 07: "Nach dem prächtigen Start der Reihe mit romantischen Cellokonzerten entpuppt sich auch die 2. Folge als ein Schatzkästlein. Das betrifft vor allem die längst aus dem Repertoire gefallenen Kompositionen von Volkmann, Dietrich und Gernsheim - Partituren mit wundervoll melancholischen Themen, tief gefühlter Harmonik, klanglich hinreißenden Passagen und einem melodisch angelegten Solopart."

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Heute vor 200 Jahren, am 6. April 1815, wurde Friedrich Robert Volkmann in Lommatzsch bei Meißen als Sohn eines Kantors geboren.



    Er hatte neben Gesangs- auch Klavier-, Orgel-, Violin- und Cellounterricht, nach nur kurzem Besuch des Gymnasiums in Freiberg (1832/33) besuchte er von 1833 bis 1835 ein Lehrerseminar, bekam aber gleichzeitig weiteren Musikunterricht. 1836 nahm Volkmann in Leipzig Privatstunden beim Kantor der Nikolaikirche, Carl Friedrich Becker. Nach Abschluss des Unterrichtes trat Volkmann 1839 eine Stelle als Gesangslehrer in Prag an, die ihm allerdings nicht sonderlich zusagte. 1841 zog er nach Budapest, wo er bis 1844 als Privatlehrer und Korrespondent der Allgemeinen Wiener Musikzeitung wirkte. 1848 zwangen ihn Geldnöte, eine kurze Periode freien Schaffens aufzugeben und erneut eine Stelle zu suchen: Er wurde Chordirektor und Organist am israelischen Reformtempel. 1854 ging Volkmann in der Hoffnung auf finanzielle Verbesserungen nach Wien, kehrte jedoch nach vier Jahren ernüchtert nach Budapest zurück, wo er den Rest seines Lebens verbrachte.


    Seit etwa 1870 komponierte er nur noch sehr wenig. 1875 ernannte man Volkmann zum Professor für Komposition an der Landesakademie in Budapest, eine Stelle, die er bis zu seinem Tode am 30. Oktober 1883 innehatte.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Auf der Suche nach Sinfonik aus dem deutschsprachigen Raum zwischen Schumann und Brahms, also etwa die Jahre zwischen 1851 und 1876 betreffend, die sinfonisch bekanntlich heutzutage einen ziemlich weißen Fleck darstellen, stieß ich dieser Tage auch auf den Namen Robert Volkmann, der mir zuvor bewusst noch nie begegnete. Wie trügerisch der Ruhm doch sein kann, zeigt seine Vita. Zu Lebzeiten hoch angesehen, mit Schumann bekannt und mit Brahms gar gut befreundet (die vertrauliche Anrede "Lieber Freund" taucht in ihrem Briefwechsel auf), verblasste seine Nachwirkung zunehmend. Volkmann lebte zwischen 1841 und seinem Tode 1883 hauptsächlich in Budapest, war aber auch außerhalb Ungarns angesehen. Besonders seine Sinfonie Nr. 1 d-Moll op. 44 (1862/63), die er erst im fortgeschrittenen Alter von 48 Jahren fertigstellte, erzielte überwältigende Erfolge. Die Enzyklopädie "Die Musik in Geschichte und Gegenwart" (MGG) nennt sie in ihrer 1966er Ausgabe sogar "die bedeutendste [Sinfonie] zwischen Schumann und Brahms". Dies kann man dank der bereits erwähnten cpo/WDR-Einspielung unter Werner Andreas Albert von 1993 nachprüfen. Ich muss gestehen, dass ich das sehr geneigte Urteil der MGG verstehen kann. Tatsächlich kommt Volkmanns Erste sehr dramatisch daher. Den mit Allegro patetico bezeichnete Kopfsatz zeichnet eine Wuchtigkeit aus, die ihn überzeugend der Linie Beethoven-Schumann zuordnet. Tatsächlich konzipierte ihn Volkmann zunächst als Konzertouvertüre, weswegen er auch für sich allein genommen stehen könnte. Erst im Laufe des Kompositionsprozesses, der ihm einiges an Mühen abverlangte (eben der gefürchtete Vergleich mit Beethoven), entschied er sich für eine vollwertige viersätzige Sinfonie. Dieser erste Satz ist schon insofern erstaunlich, scheint er doch ein berühmtes Motiv des Kopfsatzes der Sinfonie Nr. 2 von Alexander Borodin vorwegzunehmen (diese entstand erst zwischen 1869 und 1876). Sollte Borodin Volkmanns sinfonischen Erstling gekannt haben? Zeitlich möglich wäre dies. 1863 in Pest enthusiastisch uraufgeführt, kam es 1864 zu einer nicht weniger gefeierten Moskauer Aufführung. Die drei nachfolgenden Sätze haben zwar nicht ganz das Gewicht des Kopfsatzes, setzen das Werk aber absolut adäquat fort. Man könnte an dieser und jener Stelle auch einen Einfluss auf Brahms heraushören. Dass Volkmann ein großer Bewunderer von Haydn, Mozart und Mendelssohn war, hört man zumindest in seiner 1. Sinfonie nicht so unmittelbar wie die erwähnte Anlehnung an Beethoven und Schumann. Jedenfalls ein sehr lohnendes Werk und eine für mich großartige Entdeckung. Es dürfte gerne der Einspielungen mehrere geben.



    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    ....also etwa die Jahre zwischen 1851 und 1876 betreffend, die sinfonisch bekanntlich heutzutage einen ziemlich weißen Fleck darstellen

    Der weisse Fleck" ist IMO ein künstlicher, weil man nämlich etliches Gute aus diesem Zeitraum einfach negiert.

    Raff würde mir persönlich schon genügen, aber da gäbe es noch Jadassohn, Anton Rubinstein, Draeseke (die ersten beiden Sinfonien) und einiges bei den Franzosen.


    Ich bin vermutlich einer der Wenigen, die CDs von Volkmann in ihrer Sammlung haben. Und so habe ich dieses erneute Aufblühen dieses Threads zum Anlass genommen, mein geplantes Hörprogramm umzugestalten und die erste Sinfonie von Volkmann erneut zu hören.

    Ich beginne - typisch für mich - zuerst mit den Schwachpunkten: Ja - sie ist dramatisch - wird stellenweise gern mit Beethoven verglichen - aber ohne dessen Geschlossenheit und Eingängigkeit gleichzeitig zu erreichen. Dieses "Manko" haben seine Zeitgenonne weitgehen "übersehen" (wollen ?), weil sie dankbar waren, daß es zeitgenössische Sinfonien gab.

    Man kennt dieses Phänomen auch aus unserer Zeit. Alles was sich als "zeitgemäß" darstellt oder von "Fachleuten" so gesehen wird, bekommt - vorübergehend - einen gewissen "Gegenwartsbonus" - der dann erlischt - und sich - nach gegebener Zeit - dann ins Gegenteil verkehrt.

    Wir können das sehr deutlich bei den Sinfonien und Orchesterwerken des 19. Jahrhunderts sehen, wo (siehe weisser Fleck) viele Komponisten totgeschwiegen werden, weil sie uns heute nicht bedeutend genug erscheinen (und es vielleicht auch nicht sind) die zu Lebzeiten als Musikgenies gefeiert wurden.


    Zitat

    Im Ganzen der Sinfonie jedoch – wir wiederholen dies am Schluss noch einmal – erblicken wir eines der bedeutendsten Werke der Gegenwart. Denn selbst mit allen seinen Schwächen betrachtet, weist es die oft gewünschte Größe des Stils auf, ohne mehr als an einzelnen Stellen geschmacklos zu werden


    Hier haben wir eine eher wohlwollende, als begeisterte Kritik vor uns.

    In Ungarn indes war man begeistert - in Moskau noch mehr: Nach der Moskauer Aufführung 1864 sammelten die Mitglieder "Russischen Musikgesellschaft" 550 Gulden (heute ca 8.000 Euro ?) für den Komponisten. Der bedankte sich damit, daß er der Gesellschaft seine 2. Sinfonie widmete


    Mein persönlicher Einwand ist, daß ich mir nach mehrmaligem Hören kein einziges Thema merken konnte - ales war verschwunden - etwa im Gegensatz zum immer wieder gern zitierten Beethoven....

    Allerdings ist es die Frage inwieweit das als Kriterium gilt - denn im 19. Jahrhundert - und auch zuvor - hörte man üblicherweise eine Sinfonie nur einmal im Laufe seines Lebens.

    Die Musikgeschichte hat Volkmann übel behandelt: In den meisten Musiklexika wird er nicht mal erwähnt. Das ist ziemlich ungerecht, da er vermutlich einen ziemlichen Einfluß auf Brahms hatte. Unser Mitglied "Joseph II" hat dankenswerterweise eine Hörprobe im Thread verlinkt.

    An sich - bei allen Relativierungen - sollte ein Klassikliebhaber die gezeigte Doppel-CD - in der Sammlung haben. Am Preis (14.99€ für 2 CDs) sollte es nicht liegen...


    mfg aus Wien

    Alfred


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die von Alfred eingebrachten Einwände kann man nicht völlig außer Acht lassen. Es mag sein, dass man beim Ersthören über manches Manko hinweghören will. Allerdings finde ich, dass zumindest ein markantes Motiv des Kopfsatzes durchaus eingängig ist, nämlich jenes in den allerersten und allerletzten Takten (jeweils circa 20 Sekunden). Ich erwähnte bereits Borodins 2. Sinfonie. Man höre sich mal den Beginn und den Schluss des Kopfsatzes bei Borodin an. Eine frappierende Ähnlichkeit. Kann das bloßer Zufall sein? Bei diesem ist das noch verfeinerter und vor allem am Ende ungemein überwältigend, was ich indes zumindest teils auch dem phänomenalen Dirigat von Kurt Sanderling (die legendäre Eterna-Einspielung mit der Staatskapelle Dresden) zuschreiben würde. Da wie dort gilt: Der Kopfsatz würde m. E. auch als in sich geschlossenes Werk (nennen wir es Konzertouvertüre) funktionieren.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auf der Suche nach Sinfonik aus dem deutschsprachigen Raum zwischen Schumann und Brahms, also etwa die Jahre zwischen 1851 und 1876 betreffend, die sinfonisch bekanntlich heutzutage einen ziemlich weißen Fleck darstellen, stieß ich dieser Tage auch auf den Namen Robert Volkmann, der mir zuvor bewusst noch nie begegnete.

    Ein sehr schöner Zufall wollte es, dass auch ich mich mit Volkmann beschäftige. Mein neuer Vrrsuch, sich diesem Komponisten anzunährern begann mit der Ouvertüre Richard III.



    Das dunkle geheimnisvolle Blech gleich zu Beginn hat auf mich eine starke Sogwirkung. Ich höre viel Eigenständigkeit und fühle mich zumindest bei diesem Werk an kein Vorbild erinnert. Allenfalls meine ich, eine gewisse Nähe zu Dvorak und Smetana zu spüren.


    Mein persönlicher Einwand ist, daß ich mir nach mehrmaligem Hören kein einziges Thema merken konnte - ales war verschwunden

    Dann empfehle ich doch das Cello-Concerto op. 33. Es ist mit gut fünfzehn Minuten kurz genug, um es gleich mehrfach hören zu können. Mir geht es auch oft wie Alfred und ich weiß also, wovon er redet. Bei diesem Werk aber erging es mir so wie bei der Ouvertüre op. posth. Ich konnte alsbald innerlich mitsingen. Die Musik non Volkmann fliegt einem nicht eigentlich zu, aber sie nistet sich ein. Vielleicht bleibt sie dann länger bei einem. Ich bin gespannt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Gestern habe ich die 2. Sinfonie von Volkmann gehört, die im Booklet als freundlich , heiter beschrieben wird.Ein Neffe des Komonisten soll sie dereinest mit Haydns Heiterkeit verglichen haben - etwas, das ich nicht nachvollziehen kann. Ich empfinde Volkmann als durchaus anhörbar - aber nicht hervorragend. Vielleicht herausragend unter seinen Zeitgenossen und den Zeitgeschmack treffend (über "Zeitgeschmack" demnaächst in einem eigenen Thread mehr.

    Ich nutze meine Neuerwerbung, "PROPYLÄEN -Welt der Musik" (1989) von A. Baumgartner, um die dort gemachte Einschätzung nachzulesen.

    Dort wird Volkmanns Musik als "durchwegs gefällig" und "von den Zeitgenossen freundlich aufgenommen" beschrieben, wobei aber völlig richtig angemerkt wird, daß sie nach seinem Tod schnell vergessen wurde, mit dem Zusatz, daß seine Musik es verdienen würde, wieder öfter aufgeführt zu werden. Cpo bzw der WDR erfüllte diesen Wunsch zeitnah Die hier gezeigte Aufnahme mit der Nordwestdeutschen Philharmonie unter Werner Andreas Albert stammt von 1994. Wobei mir aufgefallen ist, daß "Welt der Musik" DREI Sinfonien Volkmanns erwähnt, auf der hier vorliegenden "Gesamtaufnahme aller Orchesterwerke" indes nur ZWEI enthalten sind. PROPYLÄEN scheint hier ein Fehler unterlaufen zu sein, denn all anderen Quellen erwähnen nur die zwei aufgenommenen

    WIKIPEDIA schreibt in Bezug auf Volkmanns Musik:

    Zitat

    Während seine kleineren Werke teilweise Gefahr laufen, biedermeierlich zu wirken, weisen einige seiner größeren manchmal eine gewisse Unfähigkeit zur Konzentration auf einen einzigen Gedanken auf. Andere jedoch machen diesen Mangel durch sehr geschlossene, konsequent durchgearbeitete Strukturen wieder wett.

    Der von mir fett hervorgehobene Text könnt die Ursache meine persönlichen Distanz zu Volkmanns Sinfonien sein, steht also lediglich meine Vorliebe für monothematische, ausgekostete Musik im Wege.

    Die historische Bedeutung der Sinfonien- zwischen Schumann und Brahms (mit letzterem war er persönlich befreundet)ist indes unbestritten.

    Das Cellokonzert werde ich in den nächsten erneut Tagen anhören. Ich beschrieb es weiter oben bereits 2015, kann aber meinem Text nicht entnehmen ob es mir damals gefallen hat.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Übrigens eine kleine Ergänzung.


    Der Grafiker von cpo hat für die Cover der Volkmann-Aufnahmen Werke eines Künstler ausgewählt, den man nicht als Urheber vermuten würde:

    Es ist Wilhelm Busch.


    Wilhelm Busch scheint die Selbstzweifel an seinen malerischen Fähigkeiten, die ihn befielen, als er sich in Antwerpen erstmals mit den alten niederländischen Malern auseinandersetzte, während seines Lebens niemals ganz verloren zu haben. Wenige seiner Gemälde empfand er als fertig. Er stapelte sie häufig noch feucht in Ecken seines Ateliers aufeinander, so dass sie sich unlösbar miteinander verklebten. Wurden die Bilderstapel zu hoch, verbrannte er sie im Garten.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Wobei mir aufgefallen ist, daß "Welt der Musik" DREI Sinfonien Volkmanns erwähnt, auf der hier vorliegenden "Gesamtaufnahme aller Orchesterwerke" indes nur ZWEI enthalten sind. PROPYLÄEN scheint hier ein Fehler unterlaufen zu sein, denn all anderen Quellen erwähnen nur die zwei aufgenommenen

    Von einem Fehler gehe ich auch aus. Nahe liegt eine Verwechslung mit den Serenaden, von denen es drei gibt.



    Gestern habe ich die 2. Sinfonie von Volkmann gehört, die im Booklet als freundlich , heiter beschrieben wird.Ein Neffe des Komonisten soll sie dereinest mit Haydns Heiterkeit verglichen haben - etwas, das ich nicht nachvollziehen kann.

    Bei dem Neffen handelt es sich wahrscheinlich um Hans Volkmann, der dieses Buch geschrieben hat, das 1903 erschien. Es ist bei Internet Archive digital zugänglich. Genauer habe ich mich damit aber noch nicht beschäftigt. Das Buch enthält ein ausführliches Werkverzeichnis von Volkmann und eine Liste aller gedruckten Kompositionen. Es werden beide Male zwei Sinfonien genannt. Ich bin auf die Bewertung gesannt.


    Volkmann-Buch-Tamino.jpg


    Selbst würde ich bei der 2. Sinfonie nicht von einem heiteren Werk sprechen. Vielmehr finde ich sie ziemlich dramatisch. Der Kopfsatz kommt stürmisch daher, das Hauptthema hat Ohrwurmcharkter. Beide Sinfonien finde ich meisterhaft instrumentiert. In den zurückliegenden Tagen habe ich sie immer und immer wieder hören müssen. Ein um das andere Mal wurden sie mir immer vertrauter. Es lohnt sich, dran zu bleiben. Wenn mich etwas an Haydn erinnert, dann allenfalls ganz entfernt die Stimmung in den langsamen Sätzen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent