Immer wieder nur die Lieblingsinterpreten?

  • Fast jeder hat Lieblingsaufnahmen gewisser Werke - und natürlich auch Lieblingsinterpreten. Mancher -obwohl ich es nicht glauben kann - sucht lange nach der jeweils "besten" Aufnahme eines Werkes - und macht sie anschliessend zum Maß aller Dinge.
    Er hat dann einige Alternativ-Aufnahmen im Schrank - jedoch er hört stets dieselbe - nämlich seine Lieblingsaufnahme.
    Realität oder Clichée ? Wer weiss das schon ?
    Manch einer mag ja vermuten, der Betreiber dieses Forums höre Mozart ausschliesslich von Karl Böhm dirigiert, auf einer historischen Betbank aus dem achtzehnten Jahrhundert knieend, mit festem Blick auf einen goldverzierten Marmorsockel mit der Büste des Meisters gerichtet......
    Die Realität schaut indessen anders aus. Ich höre immer wieder Alternativaufnahmen (Jochum, Krips, Walter, Szell, Klemperer, Vegh, Marriner, Gardiner und einige andere. Denn ich möchte vermeiden, daß sich eine bestimmte Aufnahme in meinen Ohren so festsetzt, daß ich sie für die einzig existierend halte. Experimenten stehe ich indes eher mit Abneigung gegenüber....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Fast jeder hat Lieblingsaufnahmen gewisser Werke - und natürlich auch Lieblingsinterpreten.

    Ja, selbstverständlich. Im Laufe der Zeit kristallisiert sich so etwas heraus, da man ja Vergleichsmöglichkeiten immer mehr kennengelernt hat. Das halte ich aber für völlig normal und legitim und ich denke, das wird wohl bewußt, vielleicht auch unbewußt, den meisten von uns so gehen. Auch langjährige, und dadurch manifestierte Hörgewohnheiten, spielen da wohl eine große Rolle. Ich hatte früher in der DDR nicht so viele Auswahl- und Vergleichsmöglichkeiten. Und so ist für mich z. B. das "Weihnachtsoratorium" von 1958 unter Kurt Thomas, nach wie vor das Maß aller Dinge.



    Mancher -obwohl ich es nicht glauben kann - sucht lange nach der jeweils "besten" Aufnahme eines Werkes - und macht sie anschliessend zum Maß aller Dinge.


    Er hat dann einige Alternativ-Aufnahmen im Schrank - jedoch er hört stets dieselbe - nämlich seine Lieblingsaufnahme.

    Doch, lieber Alfred, das kannst Du schon glauben. Auf mich trifft das vielfach zu.
    Ein Beispiel: eine meiner Lieblingsopern "La Boheme".
    Schon aus vergleichendem Interesse kenne und habe ich natürlich sehr viele Aufnahmen und Interpretationen. Aber hier muß ich nicht lange suchen. Von allen DVD-, CD-, LP- und TV- Aufnahmen die ich habe, bzw. kenne, gibt es nur ein Traumpaar. Pavarotti /Freni ist für mich das absolute Nonplusultra. Da reicht keiner auch nur ansatzweise ran. Die Aufnahmen mit ihnen sind, wenn man so will, für mich die einzig existierenden.
    Andere dürfen das gern anders sehen und werden ihre Favoriten haben.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Alfred Schmidt,


    ich sehe einen Unterschied, ob ich in wissbegieriger Weise alternative Aufnahmen zu meinen Lieblingsaufnahmen anhöre, also vergleichen will, oder ob ich gerade in Stimmung bin, mir eine Lieblingsoper oder ein Lieblinkgskonzert zu "gönnen": Dann greife ich eigentlich immer zu meinen Lieblingsinterpreten. Ein Beispiel aus meinem Vorgehen: Ich brenne mir gerne gleiche Opernarien von allen Interpreten, derer ich habhaft werden kann, z.B. die Gralserzählung oder Wotans Abschied und Feuerzauber. Ich höre mir die CD dann an und merke schnell, dass mich ein Interpret besonders anspricht. Habe ich dann mal irgendwie Lust nur auf die einzelne Arie (oder eine ganze CD) , greife ich mir den Lieblingsinterpreten heraus und genieße ihn.


    Gruß
    Lohengrin

  • Lieber Alfred, was heißt hier kniend davor.
    Ich hatte hier eher das Bild vor Augen, du mit beiden Händen die Büste festumklammert und dann gen Himmel erhoben, während deine Augen sehnsüchtig wie nach dem heiligen Gral schielend, in kniender Haltung versteht sich, nach oben eben zu jener Büste gerichtet anbetungswürdig hinauf sehen.

  • Wenn ich immer nur meine Leblingsinterpreten (es sind leider zuviele) hören würde, wär das doch auf Dauer etwas einseitig und würde zu dem den eigenen Horizont extrem einengen.
    Ich ertrappe mich heute eher dabei, da ich fast alle Referenzaufnahmen und solche die es werden wollen oder könnten gehört habe, dass ich immer mehr dazu neige, mich "gewissen Trash Aufnahmen" oder Sendungen zuzuwenden, um zu erleben (ich muß es natürlich nicht hören um es zu wissen) wie man es besser nicht machen sollte.
    Das empfinde ich stellenweise als doch recht unterhaltsam um es einmal dezent auszudrücken.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Fast jeder hat Lieblingsaufnahmen gewisser Werke - und natürlich auch Lieblingsinterpreten. Er hat dann einige Alternativ-Aufnahmen im Schrank - jedoch er hört stets dieselbe - nämlich seine Lieblingsaufnahme.
    Realität oder Clichée ? Manch einer mag ja vermuten, der Betreiber dieses Forums höre Mozart ausschliesslich von Karl Böhm dirigiert. Die Realität schaut indessen anders aus. Ich höre immer wieder Alternativaufnahmen (Jochum, Krips, Walter, Szell, Klemperer, Vegh, Marriner, Gardiner und einige andere. Experimenten stehe ich indes eher mit Abneigung gegenüber....


    Die Aufzählung ist ja interessant. Alles keine hippigen Neuinterpreten, sondern gediegene und z.T. recht betagte Hausmannskost (kann ja gut sein!). Mir geht es bei Mozart irgendwie ähnlich, da sind es außer Böhm oder Jochum im wesentlichen Namen wie Harnoncourt, Karajan, Bernstein und Suitner, das sind auch keine Hippies. Wie ist es aber bei anderen Komponisten?


    Ja, höre ich immer wieder die gleiche Aufnahme oder wechsle ich?
    1. Es gibt viele Werke, die ich nur einmal habe. Weil sie mir zwar wichtig, aber nicht so wichtig sind, dass man Vergleiche haben muss. Dazu gehören grundsätzlich Opern (da kaufe ich an sich nur wirklich gute Aufnahmen, sicher gäbe es oft auch gute andere, aber so viel Oper höre ich eigentlich nicht, dass ich davon noch einen Vergleich brauche.)
    2. Es gibt auch viele Werke, von denen ich mir irgendwann angepriesene oder empfohlene Vergleichsaufnahmen zugelegt habe. Da ist es dann so, dass ich, will ich dieses Werk hören, oft zu der letzt gekauften Einspielung greife, weil die mir ja so gut gefällt. Beispiel Beethoven-Sonaten. Da habe ich verschiedene Sonaten in diversen EinzelCDs. Und die recht preiswerte Gulda-Box, mit der ich mich lange zufrieden gab. Nun aber ist Buchbinder komplett dazu gekommen und der ist jetzt natürlich allererste Wahl.
    3. Es gibt Komponisten mit vielen Vergleichsaufnahmen wie Beethoven, Brahms, z.T. auch Bruckner, Mahler oder Tschaikowsky. Da geht es mir nicht nach Favoriten, ich höre mal das oder das, manchmal auch gerne lange liegen gelassenes. Beethoven Nr. 9 habe ich 22 mal auf CD, 5 mal auf DVD, da wechsle ich z.B. gerne.


    Bei einem mittlerweile großen CD-Archiv, ich habe auch seit langem wieder Platzprobleme, kommt von Mainstream-Komponisten wenig Neues dazu, warum auch. Meistens erweisen sich die dann doch in einer schwachen Stunde angeschafften Neuaufnahmen schließlich als überflüssig. Aus der 2. Gruppe denke ich da und dort den Horizont noch etwas zu erweitern. Aber das ist ein anderes Thema.


    Schöne Grüße


    :hello:
    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Natürlich höre auch ich immer wieder meine Lieblingsinterpreten, Gesamtaufnahmen und Konzertantes. Da mir das auf Dauer zu langweilig wird, forste ich immer wieder meine LP-, CD- und Schellacksammlumg durch. Dort finde ich oft lange nicht mehr Gehörtes und das bringt mir wieder Abwechslung beim Hören. Das kann ein Interpret sein, der mir auf einmal in gewissen Partien doch gut gefällt, eine Gesamtaufnahme die ich plötzlich als Alternative zu meiner besten Aufnahme sehe, oder das ein konzertantes Stück mir langsam näher kommt. Das ist mir dann so, als hätte ich etwas Neues erworben.

    W.S.

  • Die Aufzählung ist ja interessant. Alles keine hippigen Neuinterpreten, sondern gediegene und z.T. recht betagte Hausmannskost (kann ja gut sein!). Mir geht es bei Mozart irgendwie ähnlich, da sind es außer Böhm oder Jochum im wesentlichen Namen wie Harnoncourt, Karajan, Bernstein und Suitner, das sind auch keine Hippies. Wie ist es aber bei anderen Komponisten?

    Lieber timmiju,


    ich gehe davon aus, daß Harnoncourt aus Versehen in Deine Aufzählung geraten ist, denn gerade er ist ja einer der "Pioniere der hip". Gerade seine Concentus Musicus hat er ja gegründet, um "historisch informiert" spielen zu können.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert.


    Harnoncourt und hip!?!
    Nur weil sein Orchester teilweise lauter ist andere (Aida)!?!
    Wenn schon hip, dann denke ich hier eher an Dudamel (Latein-amerikanisches) oder Tilson-Thomas (dirigiert auch Uraufführungen), das ist für mich schon eher hip, als ständig der alte Brei neu aufgewärmt.
    Das ist nicht hip, sondern engenommen nur langweilig.

  • HIP hat mit Hipp Hopp nichts zu tun, sondern ist eine Abkürzung für "Historic informed Performance"
    Auch das Thema passt - wenn auch nur am Rande hierher. Ich konnte und kann natürlich auch mit historisierenden Interpretationen leben. Das Wichtigste sind hier die sogenannten "Originalinstrumente" Sie erfordern gewisse Spieltechniken die anders sind als die "moderner" Instrumente- Nicht leben aber kann ich mit Aufführungen, die ihr ruppiges, kreischendes und unschönes Spiel damit zu begründern versuchen, so sei es zu Zeiten der Komposition gespielt worden - jedoch inkonsequenter Weise moderne Instrumente benutzen. Wer sich durch diese Aussage zu Widerspruch oder Beifall angeregt fühlt - der möge einen eigenenThread zu diesem Thema eröffnen - aber bitte nicht diesen Thread durch weiterspinnen eines Seitenthemas zerstören.


    Zu den von mir genannten Dirigenten: Sie sind natürlich nicht alle, denn ich habe selbstverständlich auch Norrington, Rattle, Thielemann, Abbado,Mehta, Zinman, Welser Moest in meiner Sammlung. Ich weiche diesen Dirigenten nicht aus - würde mir aber nicht gerade ihretwegen eine Aufnahme anschaffen.....


    Und GELEGENTLICH kaufe ich auch ALTERNATIV, also einen eher unbekannten Dirigenten (Pianisten etc) und ein ebensolches Orchester. Das rundet mein Gesamtbild ab und hat mir schon viele interessante Aufnahmen beschert.


    Beim Nischenrepertoire stellt sich diese Frage indes erst gar nicht.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Also, lieber Alfred, deine Aufzählung "Jochum, Krips, Walter, Szell, Klemperer, Vegh, Marriner, Gardiner" ist nun nicht gar so weit entfernt von "mit festem Blick auf einen goldverzierten Marmorsockel mit der Büste des Meisters [Böhm? oder Mozart? d. Verf.] gerichtet" ;) :D
    Das ist nun ja nicht weiter schlimm, macht aber den thread im Wesentlichen obsolet: denn jeder hat klarerweise seine Lieblingsinterpret"ation"en. ;) Oder anders: der eine bevorzugt - etwa - Harnoncourt, der andere macht gerade um diese Art der Interpretation einen weiten Bogen.


    Ja, so ist das musikalische Leben, das nicht nur Musiker, sondern auch Hörer einbezieht. 8-) Gäbe es das nicht, wäre es doch langweilig - oder? ;)