Liebe Leute,
es wird langsam Zeit, mit dem Beethoven-Klaviersonatenprojekt voranzuschreiten. Als nächstes auf dem Plan ist diese sehr originelle Sonate, die etwas im Schatten ihrer berühmteren Schwester, der Mondscheinsonate, steht: die "Fantasie-Sonate" op. 27/1 in Es-Dur. Natürlich ist sie kein obskures stück und jeder, der seinen Beethoven halbwegs kennt, hat sie schon des öfteren gehört. Jetzt da ich die verschiedenen Aufnahmen, die ich habe, mit Noten verfolgt habe, ist mir noch mehr mehr als früher aufgefallen, wie bizarr das Stück doch eigentlich ist. Klassisch ist dieses Stück kaum mehr zu nennen. Die Sonate ist nominell viersätzig:
I: Andante - Allegro - Tempo I
II: Allegro molto e vivace
III: Adagio con espressione
IV: Allegro vivace
Tatsächlich aber sind der III und IV Satz durch Wiederkehr des Adagio-Themas kurz vor Ende des vierten Satzes verschränkt. Es dürfte sich hiermit um einen frühen Typus des zyklischen Kompositionsmodells handeln, das in der Romantik so beliebt war. Die Sonate weist aber auch sonstige Besonderheiten in großer Zahl auf. Es wimmelt beispielsweise von Unisono-Läufen in beiden Händen, etwas ziemlich untypisches in einer klassischen Klaviersonate. Das lässt eher an eine Etüde oder an ein barockes Klavierstück denken. Sehr seltsam ist auch das Scherzo, das aus gegenläufigen oder unisono geführten Triolen besteht und etwas von einer barocken Gigue hat. Im Finalsatz wiederum tauchen plötzlich fugierte Abschnitte auf. Leider liegt mir kein Buch über die Beethovensonaten vor. Vielleicht kann also ein anderer Tamino mehr über die Hintergründe dieses interessanten Werks beitragen.
Den Interpretationsvergleich erkläre ich hiermit feierlich für eröffnet!