Tonqualität - Ab wann ist sie für euch ausreichend ?

  • Tonqualität - Ab wann ist sie für euch ausreichend ?
    Leider ist es ja so, daß viele Aufnahmen bedeutender Interpreten aus der Steinzeit der Tonaufzeichnung stammen, wobei die oft unzumutbare Tonqualität mit "historisch" vornehm umschrieben wird. Die krassesten Beispiele sind hier wohl die Klavieraufnahme von Johannes Brahms auf einer Edison Walze, bzw die sogenannten Mapleson Cylinder. Das hier gewählte Beispiel ist der beste Cylinder dieser Serie, welche um 1903 live gemacht wurde



    Es gab verschiedene Etappen an Zinn und Wachswalzen und nicht alle waren so unanhörbar wie jene Laien-Aufnahmen von Mapleson aus der MET. (1903)
    Hier nun die Qualität eines Edison- Standard -Phonographen -professionale Aufnahmen 1903




    Die Krönung der Edison Phongraphen war wohl die Blue-Amberol-Serie.
    Die Tonqualitöt wurde durch einen größeren Durchmesser des Cylinders drastisch erhöht.
    Die Spieldauer war nun über 4 statt 2 oder 3 Minuten
    Die knallblaue Walze war nun ein spezieller Kunstoff oder so was ähnliches, welcher angeblich 2500 Abspielvorgänge ermöglichte - faktisch im Hausgebrauch unzerstörbar.
    Das System konnte sich indes gegen die neu entwickelte Schallplatte nicht durchsetzen, vor allem wegen des exorbitanten Preises.



    Es folgte dann die Schellackplatte mit Akustischer Aufnahmetechnik über einen Trichter (bis ca 1925)
    Danach wurde über Mikrophon aufgenommen, was den Frequenzgang verdoppelte. In den dreissiger Jahren wurden Schallplattenaufnahmen bereits über Tonband gemacht und um 1950 kamen die ersten Platten mit Microrillen heraus
    17 - 25 und 30 cm mit 45 bzw 33.33 UpM an Stelle der bisher gewohnten 78. Diese Platten waren unzerbrechlich und vom klang her besser als ihre Vorgänger, das Nadelrauschen war erstmals drastisch reduziert. Die Platten waren noch mono und abwohl man ab 1953 bereits in amerikanischen Studiuos in Stereo aufnahm dauerte es noch bis ca 1960 bis die ersten Haushalte in Europa Stereo-Plattenspieler und das dazu erforderliche Equipment anschaffte. es wurd teilweise bis ende der fünfziger Jahre noch Schellackplatten angeboten...


    Kommen wir nach dieser für manchen sicher ermüdenden Einleitung zur Kernfrage:
    Welche Tonqualität ist erforderlich um Euch "musikalischen Genuss" zu verschaffen ?
    Das wird bei jedem anders sein - und auch programmabhängig sein. Ein großes Sinfonieorchester ist kritischer wiederzugeben als eine Solo Singstimme mit einem Schubertlied.
    Ich selbst habe zahlreiche ältere Aufnahmen in meiner Sammlung - rein zur Information. Schellack-Aufnahmen von Orchestern (auch remasterte CD-Überspielungen) kann ich persönlich aus musikhistorischen Gründen geniessen - aus musikalischen jedoch kaum. Anders ist es bei mir mit Singstimmen - aber dazu später...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe relativ wenig Erfahrung mit akustischen Aufnahmen vor ca. 1925. Was ich davon gehört habe, fand ich oft ziemlich problematisch, da klanglich doch sehr seltsam (das mag auch an den Überspielungen liegen!)
    Dagegen reicht mir für Klavier- und Kammermusik die typische Qualität elektrischer Aufnahmen ab den späten 20er Jahren normalerweise aus, um die Musik mit Freude zu hören, nicht bloß "zur Information". Zwar höre ich nicht hauptsächlich Aufnahmen aus dieser Zeit, aber ich kann die Störgeräusche meistens ziemlich schnell ausblenden. Mehr als Rauschen, Knistern und etwas eingeschränktes Frequenz- und Dynamik-Spektrum stören mich Verzerrungen und Übersteuerungen, und die Qualität von Überspielungen/Restaurierungen ist auch sehr unterschiedlich.
    Bei Orchester/Opern kommt es etwas mehr auf die jeweilige Aufnahme/Überspielung an; insgesamt meine ich, dass die Qualitätsunterschiede bei historischen Aufnahmen (noch bis Ende der 1950er) ziemlich groß sein können.
    Ab Hifi-Mono (Ende der 1940er) vermisse ich normalerweise nicht allzuviel. Wobei ich insgesamt aber auch nicht so viel großbesetzte Orchester/Opernmusik höre, bei der die klanglichen Einschränkungen deutlicher sein mögen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Im Prinzip sammele ich STEREOAUFNAHMEN. Bei Mono muss es schon interpretatorisch etwas besonderes sein, also Furtwängler, Callas, Heifetz, Busch Quartett. Bei Kammermusik und Soloinstrument ist die Toleranzschwelle größer, weil ich es da für nicht so wichtig halte.


    Mit Rauschen kann ich gut leben, jedenfalls besser als mit einem Remastering, dass die Obertöne wegfängt. Speziell bei Violinmusik und Stimmen geht das für mich gar nicht.


    Tatsächlich schätze ich deshalb nach wie vor Vinyl bei Analogaufnahmen, ich kann bei historischen Aufnahmen besser mit einem leichten Rauschen und Knistern als mit einem sterilen CD-Remastering leben. Mit Plattenwäsche und Naßabspielung kann man das i.d.R. auch gut korrigieren.


    Mein Philosophie ist also - analoge Aufnahme - analoger Tonträger, digitale Aufnahme - digitaler Tonträger.


    Interessanterweise erzielen einige Digitalaufnahmen als Vinyl LPs Toppreise bei den Versteigerungen in der Bucht, z.B. Mahler-Symphonien dirigiert von Bernstein (DGG-Zyklus), ich habe da Preise von bis € 250 für EINE Aufnahme gesehen. Ich habe eine Vinylscheibe mit Sibelius VC von Mullova, hab ich für € 2 gekauft, geht in der Bucht für mindestens € 50 weg. Verrückte Welt.

  • Bei mir muss es interpretatorisch eigentlich IMMER was besonderes sein; ich habe nicht genügend Platz für nicht besondere Aufnahmen, es sei denn es gibt das Stück nur in suboptimalen... :D


    Leider habe ich z Zt. kein LP-setup (und Mono-Abnehmer oder gar 78er hatte ich noch nie), daher höre ich normalerweise von CD (oder historisches auch von Privatüberspielung per download). Es mag sein, dass es manchmal leider zu suboptimalen Ergebnissen führt, wenn digitale Technik auf histor. Aufnahmen trifft. Andererseits sind im Prinzip die Möglichkeiten subtiler Filter- und Verbesserungsmöglichkeiten in den letzten Jahren erheblich gewachsen; sie müssen nur geschickt eingesetzt werden.

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  • Die beste "Restaurierung" von akustischen Schellackplatten ist - KEINE Restaurierung. Und wenn möglich ein Original, welches über ein Trichtergrammohon abgespielt wird . Die hier von mir verlinkten Klangbeispieel demonstriert, wie so was klingen kann.




    Man verzeihe mir, wenn ich mich vom Thema ein wenig hinreissen habe lassen und die eigentliche Frage nicht beantwortet habe. Ich bin historischen Aufnahmen eher abgeneigt, weil die Komplexität eines Orchesters und seine Dynamik grade noch mit der besten heutigen Technik eingefangen werden können - Ein Hauch von Konserve bleibt indes immer noch.
    Somit ist das Limit hier etwa das Jahr 1955, wo die ersten Decca Aufnahmen in Stereo aufgenommen wurden (von ein paar Laborversuchen in den vergangenen Jahrzehnten mal abgesehen)


    Bei Singstimmen bin ich indes toleranter. Schon Mitte der dreißiger Jahre konnten männliche Singstimmen recht verfärbungsarm eingefangen werden, soll heissen das Timbre blieb erhalten - vorausgesetzt es wurde nicht - oder nur wenig gefiltert. Der Wahn, Nebengeräusche zu entfernen hat ganze Generationen von Tontechnikern infiziert - welche dann eigentlich recht passabel klingenden Tondokumente mit allerdings hohem Rauschpegel zu Tode optimiert haben...


    Also, Aufnahmen um 1936 herum konnten recht natürlich klingen - das sind rund 20 Jahre mehr als mit strenger Bewertung zu erreichen ist. Menschliche Stimmen sind stets einzigartig - um jede einzelne ist schade, die nicht für die Nachwelt erhalten wurde....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

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  • Rauschen erfreut mich gar nicht, ins Sterile führendes Mastering aber auch nicht, und so sind die ältesten Aufnahmen, die ich auf der Festplatte gespeichert habe, von 1947 - eine größere Sammlung von Walcha-Interpretationen. Der Klang ist einigermaßen erträglich, es rauscht kaum und das Mastering hat die eine oder andere Frequenz im Brillanz-Bereich belassen - dennoch habe ich den Walcha eigentlich nur als Interpretationsvergleich, nicht, um die Musik zu genießen. Dafür ist sie dann doch zu leblos.


    Genußvoll zu hörende Musik geht eigentlich erst in den 60ern los. Aus der Zeit dürften auch meine ältesten Schallplatten sein.

  • Bei Klavier bin ich ziemlich tolerant, aber bei Orchesterwerken, vor allem der späten Romantik oder der Moderne, muss die Tonqualität gut sein. Ich habe eine Box von Mahleraufnahmen aus den 20er, 30ern und 40ern (eine von diesen Documents-Boxen) - kann ich mir nicht anhören. Ebenso wenig die Bartókaufnahmen Menuhins (1950er Jahre). Den Vogel aber schießt eine Aufnahme der "Ersten Walpurguisnacht" unter Markevitch aus 1946 ab: das ist ein amorpher Lärmbrei, der alles sein könnte....

  • In dieser Frage bin ich eisenhart: Mir kommt kaum etwas in den Player, das vor ca. 1955 - also vor Einführung der Stereophonie - aufgenommen wurde. Das befriedigt meine Klangvorstellungen einfach nicht. Auch wenn 'spätes Mono' mitunter gar nicht sooooo unterirdisch klingt, stellt sich mir doch meistens die Frage gar nicht, zu einer Monoaufnahme zu greifen. Ich bin kein Interpretenfetischist. Ich muss Brahms von Furtwängler nicht gehört haben (habe ich aber sogar schon gehört, z.B. die Erste aus dem Titania-Palast in Berlin von 1951 auf einer DGG-CD, war mir aber zu suboptimal, das Klangbild). Es gibt so viel herausragenden Brahms, der nach Furtwängler aufgenommen wurde. Da kann ich gut damit leben, die Lesart von Fu nicht wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Tja, hätte der Mann seinen Beruf 10 Jahre länger ausüben können ... Und es reizt mich auch gar nicht, irgendeiner Aufzeichnung des Reichssenders Berlin aus irgendwelchen düsteren Kriegstagen zuzuhören, wobei man sich dann vorstellen kann, dass gerade die 8. US-Luftflotte kurs auf Berlin genommen hat und das eine Stunde nach Konzertende die Bomben fielen ... Nun ja.


    Ich bin definitiv und eindeutig der sonnige Stereo-Typ. Wobei ich schlechte Aufnahmen des Digital-Zeitalters ähnlich abstoßend finde wie die Mono-Geschichten. Besonders die EMI hat in den 90ern dumpf klingendes Zeug produziert - da hat man auch keine rechte Freude dran.


    Grüße,
    Garaguly

  • Ich bin, wenn ich Garagulys Eingangs-Statement wörtlich nehme, sein genaues Gegenteil - egal bei was und wofür: Beinhart liegt mir überhaupt nicht. Insofern habe ich in meinem Regal auch einige, wenn auch nicht viele, Mono-Aufnahmen; auch beispielsweise aus den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Und da ist, man nenne es merkwürdig, keine einzige dabei, die mein sicherlich auch vom Stereo-Klang verwöhntes Ohr beleidigen würde.


    Anders sieht es dabei mit Künstler-Boxen aus der Frühzeit der Schallplatten-Ära aus: Wenn ich da an einige Scheiben von Gigli oder auch Caruso (nicht gemeint ist unser Tamino-Freund!) oder auch Schaljapin und...und...und... denke, dann sind da doch einige bei, die ich nicht auflege, weil's mir doch zu grauslich klingt.


    Da treffe ich mich dann wieder mit Garaguly...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zwar glaube ich, dass man durch Gewöhnung erheblich toleranter werden kann, aber ich höre historische Aufnahmen jedenfalls nicht aus Masochismus oder rein historischem Interesse. Bei den ganz frühen Aufnahmen 1900-20 oder so gibt es vielleicht die Faszination, überhaupt eine Aufzeichnung aus dieser Zeit hören zu können. Aber nicht bei Sachen aus den 1930ern oder gar "Hifi-Mono" um 1950. Die kann ich tatsächlich weitestgehend genauso "genießen" wie spätere Einspielungen. Ich finde die Klangqualität solcher Aufnahmen fast immer viel besser als oft behauptet wird und es fällt mir eher schwer nachzuvollziehen, warum sich manche Hörer hier vollkommen verweigern.
    Wie man zB bei der Callas/de Sabata Tosca sich an leicht trockenem Mono-Klang (auf welchem Platz hätte man im Opernhaus ein Stereopanorama wie von CD?) so stören kann, dass man nicht sofort in den Bann der hochdramatischen Interpretation gezogen wird, ist mir schleierhaft. Wer mit Tonmeister-Ohren hört, wird auch auf fast allen analogen Stereo- und vielen Digitalaufnahmen Mängel finden...
    Bei Jazz oder alten Schlagern u.ä. hat man ja eh kaum eine Wahl, da es normalerweise um Interpreten und Stile geht, von denen es keine neueren Einspielungen gibt.
    Es gibt auch für mich Grenzen; manches habe ich aussortiert, weil ich es wegen der miesen Qualität letztlich nie angehört habe (wobei, wie gesagt, die Toleranz vermutlich gestiegen ist).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

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  • Im Prinzip kann ich mich Garaguly (Beitrag 8) anschliessen; da bin ich genau so mega-eisenhart !


    Ich mache es kurz:
    Ab 1957/58, als die ersten Stereo-Aufnahmen gemacht wurden, ist die Tonqualität für mich so ausreichend, dass der Hörspass da ist.
    Es gibt nur ganz wenige Notfallausnahmen (wie Schostakowitsch: VC Nr.1 mit Oistrach/Mrawinsky (Melodiya)).


    8-) Meine Einstellung dazuist ja auch bei Tamino bekannt !


    An dem historischen Monoschrott kann ich einfach null gefallen finden ... es gibt in den 55/56-Jahren bis heute einfach genug anständige Alternativen !
    Schlelllack - nie und nimmer = Horror !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • ehrlich gesagt, finde ich viele Beiträge hier sehr amüsant:


    ein Eingeständnis, nicht an Interpretationen interessiert zu sein, sondern nur am Klangerlebnis.


    ist schon ok, bloss ein Genusshörer zu sein...


    wer frühe Aufnahmen unverzichtbar findet, kann sie nicht gleichzeitig als Monoschrott bezeichnen...


    und deshalb auf Aufnahmen vor 1955 zu verzichten, empfinde (!) ich eigentlich als Disqualifikation in diesem Forum. (kein Smiley!)

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Dazu muß man natürlich sagen, daß zumeist Hörer, die professionell selbst Musik machen, die Ansprüche an die akustische Qualität der Wiedergabe eher gering ist. Dieses scheinbare Paradoxon beruht vermutlich auf der Tatsache, daß derjenige, der Musik töglich im Original hört stets den Qualitätsunterschied der Konserve - auch der heutigen - vor Ohren geführt bekommt -und in gewisser Weise resigniert hat. Tonaufzeichnungen sind für ihn eine Art akustisches Notizbuch. Damit kann man die Interpretation "hören". Was der Tonträger verfälscht wird durch das Gehirn ausgeglichen. Ähnlich auch beim Schellackplattenhörer. Ich habe oft die Leute bemitleidet, die vor ca 90 Jahren nichts Besseres kannten. Aber es ist so, daß man, wenn man an das Klangbild alter Schallplatten gewohnt ist, den Mangel kaum mehr wahr nimmt. Wir haben jahrelang in einen kleinen Holzkasten beblickt wo auf einer matten gewölbten Mini-Glasplatte ein grob gerastertes leicht flimmerndes Bild in Schwarz-Weiss zu sehen war - und waren eigentlich recht zufrieden damit......
    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zu meiner Startphase in klassischer Musik vor über 30 Jahren ließ ich nur sog. „Referenzplatten“ an mein Ohr. Klang mit allem Tschinderassabum war das einzige, was ich „zuließ“. Telarcs 1812 war die Messlatte, ach einfach die Telarcs rauf und runter, sowie alles, was in den Rezessionen der Fachblätter mindestens 6 von 5 Punkten bekam. Zwar legte sich dies im Laufe der Jahre etwas, ab letztendlich war mir Klang sehr wichtig. Ich stellte ihn über die Interpretation. Insofern kann ich Wolfgangs Dogma bisserl nachvollziehen.


    Mit der Zeit jedenfalls – auch (oder gerade dank) Tamino – veränderte sich mein Focus. Ich lernte viel mehr auf die Musik zu hören und konnte hier doch Unterschiede ausmachen, die mich ansprachen (ein klassisches Weiterentwickeln quasi). Gerade die Interpretationsgepflogenheiten früherer Zeiten sind für mich heute sehr reizvoll. Heute kann ich alte Aufnahmen (Furtwänglers Kriegsaufnahmen, Pfitzners oder Sabatas Beethoven, Toscaninis RCA-Aufnahmen, Vaclav Talichs tschechische Musik und sogar Mahlers Klangkolosse in den Aufnahmen Mitropoulos‘, Schurichts oder Scherchen gut hören. Halt „anders“ hören.


    Ich denke, und das ist meine Erfahrung, man sollte einen Fehler nicht machen, und historische Aufnahmen mit dem entsprechenden Klangbild über highendige Anlagen hören – das kann mE nur in die Hose gehen. Jede Unsauberkeit, jeder Schnitt, jeder Fehler, jedes Rauschen und Husten wird gnadenlos transportiert und offenbart. Ich höre solche Aufnahmen mit meiner „kleinen“, absolut betrachtet recht bescheidenen Anlage und hierüber hört es sich recht formidabel , weil wohlwollender und schmeichelnder, an. Klar historisch, aber mit Genuss zu hören. Zum begleitenden, also nicht aktiven Hören eignen sich mE solche Aufnahmen eh besser.


    Interessant ist, dass ich speziell Opern viel lieber in historischen Aufnahmen höre – das stellt sich für mich ein ganz anderes Hör-Feeling und Atmosphäre ein als eine lupenreine aktuelle Aufnahme.

  • Seit über 10 Jahren höre ich aus "audiophiler" Ecke häufig zwei Behauptungen, die hier auch wieder auftauchen:


    1) Musiker (besonders professionelle, aber auch sporadische Hobby-Musiker) benötigten keine guten Anlagen und/oder keine guten Aufnahmen.
    2) Weniger gute Aufnahmen klängen auf guten Anlagen noch schlechter.


    Beides halte ich für falsch. :D
    Zumindest bei These 2) kenne ich auch ein paar Audiophilisten, die das ähnlich sehen. Anlagen, auf denen nur ein paar spezielle Aufnahmen gut klingen, sind nicht wirklich gut und mit einer guten Anlage hört man bei jeder Aufnahme "mehr" von der Musik.


    Bei 1) gibt es anekdotische Belege in alle möglichen Richtungen. Es gibt Profimusiker (wie etwa hier im Forum durch Ex-Mitglied Schlechtriem belegt), die sehr viel Wert auf hochwertige Anlagen legen und andere. Es gibt (allein belegt durch die Verbreitung von mp3s) Millionen von Laienhörern, denen mittelmäßige Tonqualität auslangt.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

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  • Auch wenn ich mich hier ein ganz klein wenig vom eigentlichen Thema entferne, weise ich gern darauf hin, was eine höchstwertige Anlage eigentlich käönnen sollte: Musik realitätsnah und möglichst unverfärbt wiederzugeben. Hifi Händler nicken an dieser Stelle gern zustimmend, um anschliessend zu erklären, warum gerade das von ihnen vertriebene Equipment diesen Anspruch erfüllt.
    Die Wahrheit sieht indes so aus, daß hochwertigste Lautsprechersysteme, die auf verschiedenen physikalischen Theorien aufbauen auch sehr unterschiedlich klingen. Von Tontreue ist da nur wenig zu hören. Ich meine hier Hornlausprecher, Hochtonkalotten aus unterschiedlichsten Materialien (Imprägnierte Textilien, Supronyl, Bextrene und andere Kunststoffe, kohlenfaserverbindungen, künstliches Chitin, diverse Metalle und Metallverbindungen, bis hin zum Kunstedelstein bzw Kunstdiamant) Dagegen die Bändchen unterschiedlicher Bauart, Air-Motion. Transformer, Elektrostaten, Manger Schallwandeler und andere Breitbandsysteme. JEDES dieser Systeme verfärbt den Originalklang auf eine andere Art, verstärkt Aufnahmefehler oder schwächt sie ab. Bei jedem Lautsprecherwechsel hat sich auch das Kontingent meiner akustischen "Lieblingsaufnahmen" verändert.
    Zurück zum Thema: Es ist kaum zu leugnen, daß eine mittelmäßige Anlage mit leicht Abfallendem Frequnzgang zu den Höhen hin und einer einer dominanten (aber nicht dröhnenden !!) Tiefmittelton-Wiedergabe angenehmer klingt als auf einem "analytischen" Lautsprecher....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikforum

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  • Zwar legte sich dies im Laufe der Jahre etwas, ab letztendlich war mir Klang sehr wichtig. Ich stellte ihn über die Interpretation. Insofern kann ich Wolfgangs Dogma bisserl nachvollziehen.


    Durch Garaguly´s Satz: " Ich bin kein Interpretenfetischist.", dessen Beitrag 8 ich mich weitgehend angeschlossen habe, ist die Interpretationsfrage etwas in den Hintergrund getreten (sogar von tastenwolf falsch interpretiert worden).


    Im Gegensatz zu Garaguly bin ich nämlich ein Interpretationsfanatiker und ständig auf der Suche nach der für mich besten Interpretation. Von den mir wichtigen Komponisten habe ich nicht umsonst etliche Vergleichs-GA. Dabei ist der Klang letztendlich nicht von der grössten Bedeutung; sogar egal.
    ;) Denn bei meinen ausgewählten Stereo-Aufnahmen/Interpretationen bin ich zumindest klanglich meist auf der sicheren Seite, sodass dort tatsächlicher Klangmüll so gut wie gar nicht gegeben ist.
    :!: Jedenfalls stelle ich immer wieder fest, dass die alten Aufnahmen von der Interpretation oft (zum grösseren Prozentsatz als Neuaufnahmen) mehr zu bieten haben, als so manche neue Superduper-DDD-Aufnahme ("Alt" ist bei mir 1957 - ~1970). Gerade in dieser Zeit um und nach 1960 (als die Stereotrechnik schon wirklich fein ausgereift war) wurden doch unglaublich viele Aufnahmen gemacht, von denen wir heute auf bestens remasterte CD´s zurückgreifen können.



    Als Audiophilist sage ich auch (wie Johannes): Mit einer guten Anlage hört man bei jeder Aufnahme "mehr" von der Musik !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Im Gegensatz zu Garaguly bin ich nämlich ein Interpretationsfanatiker und ständig auf der Suche nach der für mich besten Interpretation. Von den mir wichtigen Komponisten habe ich nicht umsonst etliche Vergleichs-GA


    Also, um das klarzustellen: Natürlich ist mir Interpretation wichtig - sonst fänden sich zum Beispiel wohl kaum über 25 Beethoven-Symphonien-GA's in meiner Sammlung. Ich sagte, ich sei kein Interpretenfetischist, was dann doch etwas gänzlich anderes ist als zu sagen, mir seien Interpretationen unwichtig. Ich bezog mich dann auf Furtwängler, um den ja in Klassik-Kreisen (auch in diesem Forum) ein nicht unerheblicher - immer wieder aufblitzender - Kult betrieben wird. Mein Desinteresse an Furtwänglers Musikdeutungen begründet sich aus der schlechten Klangqualität der allermeisten seiner Aufnahmen. Und seit Einführung der Stereophonie sind mehr Aufnahmen von dauerhafter Weltgeltung von Beethoven, Brahms, Bruckner (und vielen anderen Komponisten) entstanden als in den Jahrzehnten vor ca. 1955. Ich habe also die volle Auswahl, ich verzichte nur auf den geringeren Teil dessen, was seit Beginn der Tonaufzeichnung auf Tonträger gebannt wurde.
    Das heißt: es kommt mir sehr wohl auf Interpretation an, aber sie muss anständig klingen und außerdem bin ich grundsätzlich nicht religiös veranlagt, d.h. kultische Verehrung eines Dirigenten oder Solisten ist mir vollständig fremd. Ich höre Brahms gerne von Karajan, von Solti, von Szell, Abbado, Chailly, Skrowaczewski, etc. etc. und ich freue mich auf den bald erscheinenden neuen Leipziger Brahms-Ansatz von Chailly. Alle sind sie sehr gut. Sie gewichten anders, stellen Details und Stimmungen anders dar. Manchmal ist mir der Abbado lieber als der Karajan, aber deswegen fliegt Letzterer doch nicht aus der Sammlung! Und Furtwängler hätte garantiert seinen Platz in meinen Regalwelten, wenn er in Stereo aufgenommen hätte.


    Grüße
    Garaguly


  • Also, um das klarzustellen: Natürlich ist mir Interpretation wichtig - sonst fänden sich zum Beispiel wohl kaum über 25 Beethoven-Symphonien-GA's in meiner Sammlung. Ich sagte, ich sei kein Interpretenfetischist, was dann doch etwas gänzlich anderes ist als zu sagen, mir seien Interpretationen unwichtig. Ich bezog mich dann auf Furtwängler, um den ja in Klassik-Kreisen (auch in diesem Forum) ein nicht unerheblicher - immer wieder aufblitzender - Kult betrieben wird. Mein Desinteresse an Furtwänglers Musikdeutungen begründet sich aus der schlechten Klangqualität der allermeisten seiner Aufnahmen. Und seit Einführung der Stereophonie sind mehr Aufnahmen von dauerhafter Weltgeltung von Beethoven, Brahms, Bruckner (und vielen anderen Komponisten) entstanden als in den Jahrzehnten vor ca. 1955. Ich habe also die volle Auswahl, ich verzichte nur auf den geringeren Teil dessen, was seit Beginn der Tonaufzeichnung auf Tonträger gebannt wurde.


    Du verwechselst numerische Quantität mit wirklicher Vielfalt. Ich wette, dass z.B. Furtwänglers Beethoven- oder Brahms-Interpretationen sich deutlich von Deinen 25 gesammelten unterscheiden und zwar oft weit stärker als ca. 20 von diesen 25 untereinander. D.h. wenn Du von Deinen 20 bloß die unterschiedlichsten 5 behältst und z.B. Furtwängler dazu nimmst, hast Du ein erheblich breiteres Spektrum als jetzt mit 25.
    Ich will Dir nichts einreden, aber das Argument der bloßen Anzahl zieht hier wirklich nicht.


    Natürlich betreibt mancher einen Kult (was freilich für neuere Aufnahmen oder Tonqualität ähnlich gelten kann). Aber normalerweise gibt es schon bessere Gründe, warum bestimmte historische Aufnahmen kaum je aus dem Katalog verschwunden sind, obwohl es schon einige Jahre nach ihrem Entstehen klangtechnisch Überlegenes gab. Anders als bei manchen Sängern würde ich im Falle Furtwängler nicht behaupten, dass diese Interpretationen *besser* seien als spätere. (Ich persönlich finde einige eher daneben...) Aber sie sind oft einzigartig und erschließen in ganz anderer Weise neue Dimensionen eines Werks als ein halbes dutzend aus dem "Mainstream".


    Zitat


    Das heißt: es kommt mir sehr wohl auf Interpretation an, aber sie muss anständig klingen und außerdem bin ich grundsätzlich nicht religiös veranlagt


    außer bei Stereo? :D

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    (Bob Dylan)

  • Dazu muß man natürlich sagen, daß zumeist Hörer, die professionell selbst Musik machen, die Ansprüche an die akustische Qualität der Wiedergabe eher gering ist.(...)

    Das kann ich insoweit bestätigen, als daß zwei mir bekannte Dirigenten - einer Kapellmeister am Hagener Stadttheater, der andere ein professioneller Chor-Dirigent - sagten, daß die Aufnahmequalität ihnen völlig wurscht war, sie lediglich auf den künstlerischen Ausdruck achten würden. Daß dabei auch die sich im Laufe der Zeit gewandelten Interpretationsstile oftmals Lacher, zumindest aber ein Schmunzeln hervorbrachten, sei am Rande vermerkt.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Somit ist das Limit hier etwa das Jahr 1955, wo die ersten Decca Aufnahmen in Stereo aufgenommen wurden

    Mir kommt kaum etwas in den Player, das vor ca. 1955 - also vor Einführung der Stereophonie - aufgenommen wurde.

    Ab 1957/58, als die ersten Stereo-Aufnahmen gemacht wurden, ist die Tonqualität für mich so ausreichend, dass der Hörspass da ist.

    Zur Erinnerung: die ersten kommerziell genutzten Stereoaufnahmen wurden ab März 1954 von der RCA gemacht (wurde schon ein paar Mal im Forum erwähnt).



    Dazu muß man natürlich sagen, daß zumeist Hörer, die professionell selbst Musik machen, die Ansprüche an die akustische Qualität der Wiedergabe eher gering ist. Dieses scheinbare Paradoxon beruht vermutlich auf der Tatsache, daß derjenige, der Musik täglich im Original hört stets den Qualitätsunterschied der Konserve - auch der heutigen - vor Ohren geführt bekommt -und in gewisser Weise resigniert hat.

    Was den ersten Satz betrifft: du hast auch schon das Gegenteil behauptet. ;)


    Mit der Erklärung des Phänomens bin ich auch nicht einverstanden.
    Erstens scheint es auch bei professionellen Musikern keinen großen Unterschied in Bezug auf Ansprüche bei der Qualität der Musikwiedergabe zur restlichen Bevölkerung zu geben. Von Ignoranten guter Wiedergabe bis zu ausgefuchsten Hi-End-Fanatikern findet man alles.
    Zweitens hören profesionelle Musiker tendenziell etwas anders als "Amateure". Sie horchen nämlich zumeist genau darauf, wie musiziert wird. Ab dem Zeitpunkt, wo die Aufnahme gut genug ist, dass der Musiker genau heraushören kann, was der /die Kollege(n) anstellt, sind die Qualitätsansprüche prinzipiell erfüllt. Alles mehr an Qualität ist ein Bonus, der anerkannt oder auch geschätzt wird - oder eben auch nicht.
    Drittens kann bei entsprechendem Aufwand die Wiedergabequalität heute so gut sein, dass von Resignation keine Rede mehr ist. Der Qualitätsunterschied zum "Original" kann sehr klein gemacht werden. Wobei das Hauptproblem darin liegt, wie man das Original überhaupt definieren soll. Was erlebt denn der durchschnittliche Orchestermusiker für eine Realität? Erstens hört er alle Klanggruppen des Orchesters nicht annähernd so gut und so ausgeglichen wie jeder Besucher im Auditorium, zweitens hört er in erster Linie sehr viel "Lärm", oft weit über 100dB laut, gegen den er sich kaum wehren kann (das ändert sich aber; es gibt schon viele Orchestermusiker, die sich Dämpfer ins Ohr stecken, damit der unweigerliche Gehörschaden möglichst weit ans Ende der Musikerlaufbahn verschoben wird). Der Cellist in der letzten Reihe, dem Trompete/Horn/Posaune einfach nur die Hucke voll blasen, ist meist froh, wenn das Stück zu Ende ist. Man muss jetzt beim Verallgemeinern etwas vorsichtig sein, aber objektiv klingen gut gemachte Aufnahmen eigentlich besser, als das, was viele ausübende Musiker selbst beim Spielen hören können!


    Die ganze Problematik mit der "Realität" zeigt eine nette Anekdote, die Suvi Raj Grubb in seinem Buch erzählt (Grubb war Produzent bei der EMI, mehrere Jahre lang Assistent von Walter Legge, dessen Posten er erbte; so produzierte er ab dem Abgang Legges bis auf eine alle späten Klemperer-Aufnahmen, die DiFiDi-EMI-Aufnahmen seiner Zeit und auch von Anfang an praktisch alle EMI-Aufnahmen von Daniel Barenboim). Es ging dabei um Violinaufnahmen von (ich glaube) Itzhak Perlman. Der Geiger spielte ein Stück (wohl eine Violinsonate) und kam dann in den Regieraum, um die Aufnahme abzuhören. Er zeigte sich mit seinem Spiel zufrieden, bemängelte aber den seiner Meinung nach zu rauhen Ton seines Instruments auf der Aufnahme. Grubb sah in fragend an, versicherte ihm aber, dass mit dem Ton alles in Ordnung sei. Perlman insistierte aber, dass er einen ganz anderen Klang im Ohr habe. Daraufhin ersuchte Grubb ihn, sein Instrument kurz seinem Tonmeister zur Verfügung zu stellen. Einigermaßen verwundert kam Perlman der Bitte nach und staunte nicht schlecht, als besagter Tonmeister im Regieraum einfach eine längere Passage des eben aufgenommenen Stücks solo vorspielte (Grubb hatte einen diplomierten Violonisten als Toningenieur!). Und mehr noch, Perlman musste zugeben, dass er seine Violine als Zuhörer völlig anders empfand denn als Spieler und dass die Aufnahme im Regiereaum tatsächlich weitgehend so klang, wie beim musizierenden Tonmeister.


    Man sieht an diesem Beispiel, dass ein ausübender Musiker Probleme haben kann, sein eigenes Instrument zu erkennen, wenn es von jemand anderem gespielt wird - allein schon aus der unterschiedlichen Hörperspektive! Es ist also furchtbar schwer, irgendeine "Realität" zu definieren, mit der sich eine Audiowiedergabe vergleichen kann. Es ist aber heutzutage technisch kein Problem, bei Audiotechnik jeglichen Qualitätstandard zu erfüllen. Es ist nur eine Frage des Aufwands und damit letztlich des Geldes, den man zu investieren bereit ist.



    Die Wahrheit sieht indes so aus, daß hochwertigste Lautsprechersysteme, die auf verschiedenen physikalischen Theorien aufbauen auch sehr unterschiedlich klingen. Von Tontreue ist da nur wenig zu hören. Ich meine hier Hornlausprecher, Hochtonkalotten aus unterschiedlichsten Materialien (Imprägnierte Textilien, Supronyl, Bextrene und andere Kunststoffe, kohlenfaserverbindungen, künstliches Chitin, diverse Metalle und Metallverbindungen, bis hin zum Kunstedelstein bzw Kunstdiamant) Dagegen die Bändchen unterschiedlicher Bauart, Air-Motion. Transformer, Elektrostaten, Manger Schallwandeler und andere Breitbandsysteme. JEDES dieser Systeme verfärbt den Originalklang auf eine andere Art, verstärkt Aufnahmefehler oder schwächt sie ab. Bei jedem Lautsprecherwechsel hat sich auch das Kontingent meiner akustischen "Lieblingsaufnahmen" verändert.

    Diese Aussagen geben ein vollkommen falsches Bild der tatsächlichen Gegebenheiten. Darüber näher einzugehen dauert aber ein wenig, so dass dieser Beitrag später von mir ergänzt werden wird.


    Als Vorgeschmack möchte ich nur noch anführen, dass hörbare Unterschiede wie von Alfred angegeben wirklich existieren, aber von ihm maßlos übertrieben werden. Tatsächlich kann man mit jeder Technik stupende Ergebnisse erzielen, die kaum voneinander unterschieden werden können, wenn es nicht etwas gäbe, das die Vergleichbarkeit von außen her stark beeinflusst. Doch davon später. Nebenbei bemerkt: jeder häufige Besucher eines klassischen Konzertsaals wie z.B. dem Wiener Musikverein oder dem Stefaniensaal im Grazer Kongress weiß, dass die unterschiedlichen Plätze im Saal - Parterre vorne/mitte/hinten, Balkon seitlich, Balkon hinten, Galerie - wesentlich größere klangliche Unterschiede aufweisen, und zwar um Größenordnungen! - als die angeblich ach so unterschiedlich klingenden Spitzenanlagen im gleichen Hörraum.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Und seit Einführung der Stereophonie sind mehr Aufnahmen von dauerhafter Weltgeltung von Beethoven, Brahms, Bruckner (und vielen anderen Komponisten) entstanden als in den Jahrzehnten vor ca. 1955.

    wie kommt man auf eine derart absonderliche Theorie??
    wird hier Weltgeltung mit Marktwert bzw. Verkaufszahlen verwechselt.


    jedenfalls finde ich die entgegengesetzte Meinung, dass Menschen, die in jungen Jahren möglicherweise Brahms, Bruckner oder Mahler etc. persönlich kennengelernt haben, ganz anderes über diese Musik aussagen konnten, als die späteren Generationen.
    Daher ist es ewig zu bedauern, dass keine Tondokumente aus dem 19.Jh erhalten sind, dann könnten wir für Clara Schumann Aufnahmen vielleicht die Hälfte unserer sogenannten Referenz wegwerfen...



    Zitat

    Dazu muß man natürlich sagen, daß zumeist Hörer, die professionell selbst Musik machen, die Ansprüche an die akustische Qualität der Wiedergabe eher gering ist. Dieses scheinbare Paradoxon beruht vermutlich auf der Tatsache, daß derjenige, der Musik töglich im Original hört stets den Qualitätsunterschied der Konserve - auch der heutigen - vor Ohren geführt bekommt -und in gewisser Weise resigniert hat.

    resigniert? warum?
    ich könnte anhand der Klaviere, die ich täglich spielen muss resignieren, wenn ich nur einen speziellen Klang irgendwelcher Aufnahmen im Ohr hätte, der ausschliesslich mit bestimmten Mikrophonpositionen zu erreichen ist.
    Seit dem Beginn der vielspurigen Aufnahmetechnik hat sich der Orchesterklang bei Aufnahmen nochmal grundsätzlich geändert, hier geht es bereits um technische Möglichkeiten , die der Wirklichkeit gar nicht entsprechen.
    Wenn man bei einer Aufnahme über alle Schnitte und technischen Manipulationen Bescheid wüsste - - würde man sie weiterhin als künstlerisches Ergebnis akzeptieren?


    die Grubb - Perlman Anekdote ist sehr wichtig in ihrer Aussage über die Klangvorstellung von Musikern.
    Übrigens: sind sich alle darüber im klaren, dass die Position des Dirigenten ebenfalls wenig mit dem Klangergebnis des Zuhörers zu tun hat. (in Konzertsälen noch eher, aber in Opernhäusern ist vieles ein blosses Ratespiel nach besten Kräften... manchmal lassen Dirigenten einen Assistenten vor das Orchester, um auch selbst den Gesamtklang einschätzen zu können.)


    ich gehöre zu jenen, die Aufnahme- bzw. Wiedergabequalität vernachlässigen.
    Schliesslich kann ich Musik - wie von Brahms gefordert - lesen und mir dabei den Klang vorstellen. An dieses Ergebnis kommt keine Realität heran.
    Wenn Aufnahmen, dann will ich Ideen hören.... was nützt mir die beste Klangqualität, wenn aalglatt und phantasielos gespielt wird...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    Schliesslich kann ich Musik - wie von Brahms gefordert - lesen und mir dabei den Klang vorstellen. An dieses Ergebnis kommt keine Realität heran.


    Das ist genau das, was ich mit meinem Gleichnis von der Aufnahme als "Notizbuch" gemeint habe. Derlei Aussagen habe ich oft von Berufsmusikern gehört. Ich selbst empfinde dies natürlich ganz anders.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Du verwechselst numerische Quantität mit wirklicher Vielfalt.


    Ne, verwechsele ich nicht. Die bloße Zahl ist mir - ob Du's mir glaubst oder nicht - völlig egal. Es könnten auch 'nur' zwölf oder mehr als 40 sein. Ich wollte damit nur sagen, dass mir Interpretation durchaus wichtig ist. Wenn sie mir ganz unwichtig wäre - wie tastenwolf mich missverstand - dann tät's auch nur eine Beethoven-GA.


    Grüße
    Garaguly

  • wie kommt man auf eine derart absonderliche Theorie??
    wird hier Weltgeltung mit Marktwert bzw. Verkaufszahlen verwechselt.


    Immer diese nassforschen Unterstellungen. Hier wird gar nichts verwechselt. Nur du scheinst dem Trugschluss zu unterliegen, dass die wahren Heiligtümer musikalischer Interpretation in der stereofreien Vorzeit aufgenommen worden seien. Nur weil Clara Schumann mit Robert verliebt, verlobt, verheiratet und mit Brahms innig verbunden gewesen war, soll man wegen ihres Brahms- und Schumannspiels (hätte man es auf Tonträger) die Hälfte der späteren Interpretationen in die Tonne treten können? Das erscheint mir nun tatsächlich eine Idee aus den Weiten Absurdistans zu sein. Wären Mozarts oder Beethovens eigene Interpretationen ihrer Klavierkonzerte wirklich so umwerfend wahnsinnig gut, dass ich Brendel auf den Müll werden müsste?


    Aber schon alleine anhand der zur Verfügung stehenden Jahrzehnte ist es logisch, dass seit Beginn der Stereophonie Mitte der 1950er Jahre bis heute (2013) nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ mehr Bedeutendes eingespielt wurde als in den Zeiten vor Stereobeginn. Wir haben jetzt rund 60 Jahre seit diesem klangtechnischen Urknall hinter uns. Wenn man von ca. 1955 60 Jahre zurückgeht, dann landet man 1895. Da wurde noch nix annähernd Nennenswertes aufgenommen. Wann beginnt es denn, dass man aus dem Klangbrei (gerade bei Orchesteraufnahmen) etwas herausdestillieren kann, das sich einigermaßen wiedererkennbar als Beethovens Fünfte definieren lässt? Ab ca. 1925 vielleicht. Das sind dann drei Jahrzehnte bis 1955. Also schon deutlich weniger Zeit. Und außerdem wurde vor den 1950er Jahren auch deutlich weniger aufgenommen. Denn wer konnte sich z. B. 1935 schon die entsprechenden Abspielgeräte leisten? Auch wurde erst der Tonträger Vinyl-LP wirklich preislich massentauglich. Erst ab dieser Zeit lohnte es sich für die Firmen auch ständig neue Beethoven- oder Brahms-Aufnahmen herauszubringen. Es hängt also mit einer Revolution der Klangtechnik, des Tonträgermaterials, der Abspielgerätetechnik und mit einem allgemeinen Anstieg des Wohlstands- und einer Verbreiterung des Bildungsniveaus zusammen, dass es seit den 50ern zu so vielen Einspielungen gekommen ist. Es wäre nun angesichts der hohen Qualität der Künstler (Dirigenten, Solisten, Orchester) geradezu lächerlich zu behaupten, da sei nicht auch in großer Zahl Bedeutendes entstanden.


    Grüße
    Garaguly

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  • Es wäre nun angesichts der hohen Qualität der Künstler (Dirigenten, Solisten, Orchester) geradezu lächerlich zu behaupten, da sei nicht auch in großer Zahl Bedeutendes entstanden.

    gerade das ist eine ziemlich lächerliche Behauptung: von welcher hohen Qualität redest du da eigentlich?


    ich fürchte, was die Beurteilung von Interpretationen betrifft, reden wir aneinander vorbei.gerade diese Zeit mit ihrem Perfektionswahn hat immer mehr auf musikalische Gestaltung zugunsten von technischer Sauberkeit verzichtet...



    Nur weil Clara Schumann mit Robert verliebt, verlobt, verheiratet und mit Brahms innig verbunden gewesen war, soll man wegen ihres Brahms- und Schumannspiels (hätte man es auf Tonträger) die Hälfte der späteren Interpretationen in die Tonne treten können?

    ist das ein Versuch, die Bedeutung von Clara Schumann zu relativieren?
    vielleicht geht es eher um die musikalische Ausbildung, die sie genossen hat, die Leute, die sie gekannt, mit denen sie musiziert hat...


    wobei: ja, man hätte sogar noch einen höheren Prozentsatz vernichten können, weil sich diese Interpreten bloss an Claras Spiel orientiert hätten...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Ich kann selbstverständlich akzeptieren, wenn jemand sagt, dass für ihn die Aufnahmequalität so wichtig ist, das er nur stereophone Musik hören möchte. Ich finde es aber nicht in Ordnung, die künstlerische Hinterlassenschaft von Jahrhundertmusikern wie Furtwängler, Rachmaninoff, Kreisler, Casals usw als "Monoschrott" zu bezeichnen. Damit disqualifiziert man sich m.E. in einer ernsthaften Diskussion über künstlerische Qualität. Ich finde es auch erstaunlich, dass sich jemand für die Interpretation von Beethoven-Symphonien so intensiv interessiert, dass er 25 Gesamtaufnahmen hat (ich habe nur 15), dann aber offensichtlich darunter weder die von Furtwängler, noch von Toscanini, Scherchen, Schuricht, Klemperer (live auf den Wiener Festwochen) und Walter (die bessere ist nämlich in mono). Aber o.k., jeder nach seiner Facon.
    Für mich sind jedenfalls Aufnahmen wie die von Furtwängler, Mitropoulos, Markevitch, Fricsay etc als Dirigenten unverzichtbar. Bei den Geiger wäre für mich das Bild ohne die Aufnahmen von Kreisler, Huberman, Heifetz, Neveu, Mehuhin u.v.a sehr unvollständig. Bei den Pianisten möchte ich nicht auf Lipatti, Gieseking, Fischer, Schnabel und Rachmaninoff verzichten. Ohne Busch und Budapest Quartett wäre meine Streichquartettsammlung inkomplett. Und zur Diskussion über die Misere des Wagnergesanges kann man ja wohl kaum etwas beitragen, wenn man die Aufnahmen der 30-50er Jahre nicht kennt. Und ohne die Callasaufnahmen hätte ich mich vermutlich nie für Belcanto und italienische Oper überhaupt groß interessiert.
    Natürlich sind inzwischen in vielen Bereichen die Referenzaufnahmen in Stereo erhältlich, bei Mahler z.B. Aber wer möchte ernsthaft auf die Mahler-Liedinterpretationen von Kathleen Ferrier verzichten? Auch bei Bruckner sind alle meine Lieblingsaufnahmen inzwischen Stereo, aber ich finde es trotzdem hochinteressant, zu hören, wie Bruckner früher dirigiert wurde und würde mich durchaus freuen, wenn ein heutiger Dirigent sich mal die Freiheiten nehmen würde, die sich z.B. Furtwängler bei Bruckner erlaubt hat.


    Zum Thema Qualität der Musikanlage bei Monoaufnahmen kann ich nur sagen, die bestmögliche ist gerade gut genug. Und ich wiederhole hier mal wieder mein Credo: Analogaufnahmen klingen in den allermeisten Fällen auf analogem Abspielgerät immer noch am besten. Das gilt auch für Monoaufnahmen (und ich habe dafür noch nicht einmal einen speziellen Abtaster).


    Das einzige, was auch bei mir nicht funktioniert, ist mono und Kopfhörer. Das muss ich als Einschränkung hinzufügen. Wer nur Kopfhörer hört, kann mono nicht genießen.

  • Ne, verwechsele ich nicht. Die bloße Zahl ist mir - ob Du's mir glaubst oder nicht - völlig egal. Es könnten auch 'nur' zwölf oder mehr als 40 sein. Ich wollte damit nur sagen, dass mir Interpretation durchaus wichtig ist.


    Meinem Eindruck nach zeigt Deine "technokratische" Argumentation (die ganz wesentlich auf der Anzahl von Einspielungen beruht!) in der Antwort an Tastenwolf sehr deutlich diese Verwechslung bzw. erkennst Du vermutlich mangels entsprechender Hörerfahrungen (oder nur "traumatischen" wegen fehlender Gewöhnung an seinerzeitigen Klang) mit Aufnahmen vor ca. 1960 die Vielfalt nicht an.


    Etwas überspitzt gleicht diese Argumentation der von jemandem, der sich weigert, den Käse von der Alm zu essen, weil der ja mit "vorsintflutlichen" Methoden hergestellt worden ist. Denn im Supermarkt gibt es 20 nach neueren Verfahren effizient hergestellte und lückenlos hygienisch überwachte Käsesorten, die sich alle tausendmal besser verkaufen als der vom Alm-Öhi.


    Ich will niemanden missionieren, aber Deine Argumente zeigen m.E. deutlich, dass Du nicht verstanden hast, worin für manche Hörer der Reiz dieser Aufnahmen liegt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • vielleicht darf ich zur Beruhigung der Lage folgendes erklären:


    ich bewundere diese technischen Errungenschaften durchaus, nur habe ich schon oft beobachtet, dass man im Streben nach dieser Form der akustischen Perfektion dasjenige aus den Augen verliert, was für mich Musik überhaupt ausmacht.


    und zwar den Zusammenhang zwischen der menschlichen Fähigkeit des Musizierens und dem klanglichen Ergebnis.


    wer sich nur noch an akustischen Idealzuständen berauscht, kann klarerweise kein einziges Livekonzert mehr hören, weil es diese idealen Plätze im idealen Konzertsaal nicht gibt, an denen man dieselbe Qualität geniessen kann, wie bei der eigenen Stereoanlage:


    als einfachstes Beispiel: ein Mahlerorchester ist so riesig, dass man entweder nahe sitzen muss, um alle Details verfolgen zu können, und dann wird man von den Klangmassen vermutlich erschlagen... oder man sitzt weiter weg und hört nicht mehr jedes Pianissimo der Streicher oder Flöten


    will man deshalb die Hörerfahrungen von Konzertbesuchern oder auch von aktiven Musikern relativieren, weil sie das Klangideal nicht erreichen bzw. selbst nicht hören können?
    oder ist nicht jene technische Aufbereitung der Musik eine gefährliche, verführerische Möglichkeit, uns ein Naturerlebnis unmöglich zu machen, ähnlich dem Einsatz von Geschmacksverstärkern in der Gastronomie?



    darf ich noch meine biographische Erklärung geben:... ich bin mit einem schlechten Klavier (Wiener Mechanik) aufgewachsen, und habe es trotzdem geschafft, vom Klavierspielen leben zu können und mir sogar schon ein besseres Instrument kaufen zu können. (dafür besitze ich kein Auto)


    am Theater spiele ich immer nur auf durchschnittlichen Klavieren, zwei, dreimal im Jahr darf ich den Steinway B-Flügel des Theaters spielen.


    soll ich meine Wahrnehmung auf jene seltenen Momente reduzieren, indem ich sage, nur am Steinway kann ich richtig musizieren?


    ich versuche, aus jeder Situation das Beste herauszuholen.


    wieviele Geiger gibt es auf der Welt - - und wieviele Stradivaris?


    das Instrument spielt letztlich keine Rolle, das was wir damit machen, ist entscheidend!

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Ich kann selbstverständlich akzeptieren, wenn jemand sagt, dass für ihn die Aufnahmequalität so wichtig ist, das er nur stereophone Musik hören möchte. Ich finde es aber nicht in Ordnung, die künstlerische Hinterlassenschaft von Jahrhundertmusikern wie Furtwängler, Rachmaninoff, Kreisler, Casals usw als "Monoschrott" zu bezeichnen. Damit disqualifiziert man sich m.E. in einer ernsthaften Diskussion über künstlerische Qualität. Ich finde es auch erstaunlich, dass sich jemand für die Interpretation von Beethoven-Symphonien so intensiv interessiert, dass er 25 Gesamtaufnahmen hat (ich habe nur 15), dann aber offensichtlich darunter weder die von Furtwängler, noch von Toscanini, Scherchen, Schuricht, Klemperer (live auf den Wiener Festwochen) und Walter (die bessere ist nämlich in mono). Aber o.k., jeder nach seiner Facon.
    Für mich sind jedenfalls Aufnahmen wie die von Furtwängler, Mitropoulos, Markevitch, Fricsay etc als Dirigenten unverzichtbar. Bei den Geiger wäre für mich das Bild ohne die Aufnahmen von Kreisler, Huberman, Heifetz, Neveu, Mehuhin u.v.a sehr unvollständig. Bei den Pianisten möchte ich nicht auf Lipatti, Gieseking, Fischer, Schnabel und Rachmaninoff verzichten. Ohne Busch und Budapest Quartett wäre meine Streichquartettsammlung inkomplett. Und zur Diskussion über die Misere des Wagnergesanges kann man ja wohl kaum etwas beitragen, wenn man die Aufnahmen der 30-50er Jahre nicht kennt.

    Das sind alles schöne Beispiele für das, was ich oben angedeutet habe. Für mich ist die eingeschränkte Tonqualität, obwohl sie mich nicht so sehr stört, natürlich auch ein Manko. Aber wenn der Rest so einzigartig oder herausragend ist, nehme ich das gerne in Kauf.
    Es gibt einige Beispiele, in denen es schlicht und einfach keinen akzeptablen modernen Ersatz gibt. Für mich sind z.B. die "Original cast" Aufnahmen der Dreigroschenoper (u.a. Songs) von ca. 1930 unersetzlich, weil schon gut 20 Jahre später die gealterte Lenya diesen überzogenen Diseusenstil (eine Oktav tiefer singend) zur "Brecht/Weill" (man beachte die Reihenfolge!) "Norm" erhoben hat und spätere Versuche oszillieren typischerweise zwischen dieser Art Gekrächze und Operngesang, was beides beinahe gleichweit von dem eher durch understatement geprägten Stil des Originals entfernt ist.


    Bei zigfach hervorragend eingespielten Standardwerken von Beethoven u.a. würde ich das so zwar nicht behaupten. Und die Vielfalt ist in den letzten 30 Jahre durch HIP u.ä. auch wieder etwas gewachsen. Aber wie gesagt, sind manche Interpretationsansätze mehr oder minder verschwunden. Und einzelne Interpretationen können für mich immer noch in vielen Aspekten überzeugender sein als alles, was ich an späteren gehört habe. ZB im anderen Thread erwähnt die Mondscheinsonate (u.a.) gespielt von Schnabel.
    Wie an in kleinen Vergleichen, die ich vor ca. 2 Jahren mal bei einigen Beethovensätzen (5. Sinf. und Adagio der 9., in den entsprechenden Threads zu finden) angestellt habe, deutlich wurde, können histor. Aufnahmen sogar was Transparenz und Deutlichkeit betrifft, erstaunlicherweise Stereo-"Referenzen" übertreffen!


    Ich finde auch den "HIP"-Aspekt histor. Aufnahmen bei Komponisten der Spätromantik und klass. Moderne nicht zu vernachlässigen. Selbstverständlich hat ein Komponist oder ihm nahestehende Musiker kein Privileg in alle Ewigkeit auf seine Musik. Aber ich könnte jemanden nicht allzu ernst nehmen, der sich intensiv für Rachmaninoff, Elgar oder Stravinsky interessierte, aber deren Aufnahmen eigener Werke prinzipiell ignorieren würde, weil sie nicht in Super-duper-Digital-Surround aufgezeichnet wurden.



    Zitat

    Auch bei Bruckner sind alle meine Lieblingsaufnahmen inzwischen Stereo, aber ich finde es trotzdem hochinteressant, zu hören, wie Bruckner früher dirigiert wurde und würde mich durchaus freuen, wenn ein heutiger Dirigent sich mal die Freiheiten nehmen würde, die sich z.B. Furtwängler bei Bruckner erlaubt hat.

    Die Frage ist eben immer, ob sich ein einzigartiger Zugang imitieren lässt. Es ist eben ein großer Unterschied, ob bestimmte Freiheiten bei tempo u.ä. "organischer" Bestandteil einer Tradition/Interpretation sind, oder ob man sie bewusst einfügt. Bei solchen Nuancen entscheidet sich oft, was als übertrieben und manieriert und was als "organischer Fluss" empfunden wird.



    Zitat

    Das einzige, was auch bei mir nicht funktioniert, ist mono und Kopfhörer. Das muss ich als Einschränkung hinzufügen. Wer nur Kopfhörer hört, kann mono nicht genießen.

    Das ist gewöhnungsbedürftig, aber ich habe auch in Zeiten, in denen ich aus unterschiedlichen Gründen hauptsächlich per Kopfhörer gehört habe, schon historische Aufnahmen gehört. Über Lautsprecher merke ich gerade bei Hifi-Mono oft nicht einmal, ob es nun mono oder stereo ist bzw. "vergesse" oder ignoriere ich das innerhalb kurzer Zeit...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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