Kadenzen in Klavierkonzerten

  • Hallo


    Ja über die Kadenzen von Violinkonzerten hab ich mich gar nicht erst mal drübergetraut, habt ihr doch den Theread "Lieblingsgeiger" geflissentlich "übersehen" :)


    Ich finde, daß eine interessante Kadenz oft (für notorische Sammler) einen gewissen Kaufanreiz bieten kann, bzw könnte, sind doch markante Kadenzen heutzutage geradezu eine Rarität. Wenn Mozart oder Beethoven beispielsweise eine Kadenz zu einem ihrer Klavierkonzerte "geschrieben" haben, dann scheint es momentan geradezu gegen ein ungeschriebenes Gesetz zu verstoßen, eigene oder Kadenzen eines anderen großen Pianisten bei einer Aufnahme zu spielen - ein Sakrileg gewissermaßen.


    Eigentlich ist ja gedacht, daß der Solist an der dafür vorgesehenen Stelle spontan über das Thema "fantasiert", aber das dürfte schon zu Mozarts Zeiten selten gewesen sein, sonst gäbe es nicht soviele überlieferte Kadenzen des Komponisten.....


    Was hier am Beispiel der Wiener Klassik beklagt wurde, zieht sich jedoch durch die gesamte Musikgeschichte.


    Was ich suche, wären "berühmte Kadenzen".
    Immer wieder gab es Ausnahmeerscheinungen unter den Solisten, als auch solche, die wirklich frei improvisierten und dann ihre Fantasien teilweise für die Nachwelt zur Papier brachten.Teilweise sind sie auf Schallplatte (CD) überliefert.


    Und genau das ist das Thema:
    Kadenzen zu Klavierkonzerten, die nicht der Komponist geschrieben hat, glücklicherweise gibt es da mehr als man glaubt....


    Gruß aus Wien


    Alfred


    Wie wichtig sind Kadenzen überhaupt für Euch ??

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Für mich sind kadenzen sehr wichtig...wenn ich ein Klavierkonzert spiele.
    Hab mal eines improvisiert bei mozarts kk kv 467 c-dur.


    Es ist zum einen eine genugtuung (weil man sich während des konzerts zurückhält)und zum anderen ein wenig angeberei,um zu zeigen was man solistisch drauf hat.

  • Klassikliebhaber schrieb:


    Zitat

    Für mich sind kadenzen sehr wichtig...wenn ich ein Klavierkonzert spiele.
    Hab mal eines improvisiert bei mozarts kk kv 467 c-dur.


    Es ist zum einen eine genugtuung (weil man sich während des konzerts zurückhält)und zum anderen ein wenig angeberei,um zu zeigen was man solistisch drauf hat.



    Hallo Klassikliebhaber,


    Ein wenig Angeberei schadert in diesem Fall nie, aber es ist eigentlich nicht das richtige Wort, weil Angeberei ist ja immer etwas vorzutäuschen, was gar nicht da ist. Das ist im Falle von Kadenzen ja nun leider nicht möglich. Viele, auch große Pianisten drücken sich vor "eiigenen " Kadenzen, weil sie wahrscheinlich zu wenig Phantasie haben. Dabei würden gerade diese erlaubten Einfügungen etliche Sammler zum Kennenlernen neuer Pianisten einladen


    Ob Du nun preisgibst, ob Du Profi- oder Amateurpianist bist, bleibt natürlich Dir üblerlassen :yes:


    Gruß aus Wien
    und willkommen im Forum
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • viele drücken sich vor eigenen Kadenzen.
    Das muss nicht zwangsläufig heissen dass die Pianisten zu wenig oder gar keine Fantasie haben.
    Wenn z.B. bei einem KK von...sei es beethoven oder mozart eine Kadenz perfekt passt...dann würde ich persönlich die Kadenz nehmen,die vom Komponisten vorgegeben ist.
    Eine perfekte Kadenz zu "überbieten",das kann niemand.
    Nur wenn die Kadenz zu einem KK(satz) absolut nicht passt (selbst wenn sie eben vom komponisten selbst stammt),würde ich selbst was improvisieren.


    Mozart hat leider wenig Kadenzen für seine Klavierkonzerte hinterlassen (weil man ihm seine Ideen immer geklaut hatte,hat er die Kadenzen für sich behalten im Kopf).
    Da kann sich niemand mehr drücken,eine eigene Kadenz zu kreiiren.
    Oder man spielt eine Kadenz von jemand anderem (die gut zum kk passt,und/oder wenn man nichts besseres improvisieren kann).




    Bin Amateuermusiker.

  • Klassikliebhaber schrieb:



    Zitat

    Mozart hat leider wenig Kadenzen für seine Klavierkonzerte hinterlassen (weil man ihm seine Ideen immer geklaut hatte,hat er die Kadenzen für sich behalten im Kopf


    Hallo Klassikliebhaber


    Also ob das der Grund war, bezweifle ich.
    Es war doch so, daß korrekt betrachtet, die Kadenz frei aus dem Kopf improvisiert werden sollte, ein einmaliges unwiederholbares Erlebnis gewissermaßen, sie war ja gar nicht dazu gedacht, notiert zu werden.
    (laut Überlieferung soll übrigens Beethoven ein hervorragender Improvisator gewesen sein, natürlich nur in jungen Jahren, solange er noch einigermaßen hörte.)
    Irgendwann machte man dann doch schriftliche Aufzeichnungen.
    Wenn ich mich richtig entsinne, ist Robert Levin (spezialisier für alte Historische Hammerflügel, spiel aber auch auf modernen) einer der wenigen zeitgenössischen Pianisten (wenn nicht der einzige)m der Kadenzen noch improvisiert, sogar bei Schallplattenaufnahmen !!!


    Wo viel Licht ist , ist auch viel Schatten, daher sind diese Kadenzen zwar oft sehr spontan, nicht immer aber ein Geniestreich erster Güte.


    Ich persönlich hör jedoch sehr gerne persönliche Kadenzen großer Interpreten, wobeies mir nicht sosehr darauf ankomnt , ob sie zum Konzert passen. Sehr interessant sind beispielsweise Wilhelm Kempffs Kadenzen zu den Beethoven Klavierkonzerten: Darauf bedacht romantisch-modern zu sein, wirken diese Kadenzen heute historisch verfehlt und altmodisch, dennoch sind sie interessant, weil unverwechselbar.



    Gruß aus Wien


    Alfred



    BTW: Wodurch wurdest Du auf dieses Forum aufmerksam?

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • "Also ob das der Grund war, bezweifle ich."


    Ich bin nur am zweifeln...dann hätte mozart das klavierkonzert gleich auch im kopf behalten können.


    Aber ich habs irgendwo in einem buch gelesen,als ich mich in mozart verliebt hatte.


    bin auf dieses forum durch einen nutzer aufmerksam geworden,der mich im hifi-forum.de mit einer pn angesprochen hatte.

  • Klassikliebhaber schrieb:


    Zitat

    Ich bin nur am zweifeln...dann hätte mozart das klavierkonzert gleich auch im kopf behalten können.


    Aber ich habs irgendwo in einem buch gelesen,als ich mich in mozart verliebt hatte.


    Genau. Mozart war ja in erster Linie Komponist.
    Er hatte keine Angst vor Plagiaten, soweit ich weiß.
    Ein Werk war damals ja nach ein oder zwei Aufführungen
    bereits "wertlos", wel die Leute was neues hören wollten.


    Bei Paganini beispielsweise war das anders:
    Er war in erster Linie Violinvirtuose. Die Violinkonzerte schrieb
    er lediglich zum eigenen Gebrauch. Er musste tatsächlich
    fürchten, daß ein anderer Virtuose seine Werke stahl und zur
    Aufführung brachte. Deshalb verwahrte er auf seinen Reisen
    Solostimmen und Orchesterstimmen an verschiedenen Orten.
    Die führte übrigens dazu, daß eines seiner Konzerte erst im 20. Jahrhundert komplett aufgefunden wurde.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    um das hier mal wieder aufzugreifen:


    Mozart schrieb zu folgenden [eigenen] Klavierkonzerten selbst Kadenzen:


    KV 175, zum ersten und zweiten Satz jeweils 2 Fassungen
    KV 238. zu allen drei Sätzen
    KV 242, zum ersten und zweiten Satz
    KV 246, zum ersten Satz drei, zum zweiten Satz 4 Varianten
    KV 271, zum ersten und zweiten Satz je zwei Kadenzen, zum dritten Satz je zwei Fassungen zu zwei Eingängen
    KV 365, je eine zum ersten und dritten Satz
    KV 413, zum ersten und zweiten satz je eine Kadenz
    KV 414, zum ersten und dritten Satz zwei Kadenzen, zum zweiten zwei nebst zwei Eingängen
    KV 415, zu allen drei Sätzen je eine, ein Übergang
    KV 449, eine Kadenz zum ersten Satz
    KV 450, zum ersten und dritten Satz eine Kadenz, zum Rondo einen Eingang
    KV 451, zum ersten und dritten Satz
    KV 453, vier Versionen zum ersten Satz
    KV 456, zum ersten drei, zum dritten zwei Kadenzen, eine "Fermata nel Rondo"
    KV 459, zum ersten und dritten Satz je eine nebst Eingang für's Rondo
    KV 466, niente
    KV 467, niente
    KV 482, niente
    KV 488, Kadenz zum ersten Satz
    KV 491, niente
    KV 503, niente
    KV 537, niente
    KV 595, Kadenzen zum ersten und dritten Satz nebst Fermate


    Sofern zu einzelnen Sätzen keine Kadenzen angegeben worden sind, erfordert der Satz keine. Wenige sind es demnach nicht, aber auffallend ist, dass ab KV 466 mit zwei Ausnahmen keine Kadenzen Mozart's schriftlich überliefert sind. Es ist anzunehmen, dass Mozart hier jeweils individuell improvisierte, da er die Konzerte für sich selbst komponierte. Die vorangehenden Konzerte haben entweder Widmungsträger, denen auch eine Kadenz zugedacht war, oder sie wurden zu Mozarts Lebzeiten im Druck veröffentlicht, was einen Kadenzvorschlag notwendig machte.


    Zitat

    Ich bin nur am zweifeln...dann hätte mozart das klavierkonzert gleich auch im kopf behalten können.


    Dem war auch teilweise so. Besonders ist dies bei den Konzerten KV 537 und KV 491 zu beobachten, dass der Klavierpart nicht vollständig ausgeführt wurde; es fehlt entweder vollständig die linke Hand, oder die rechte wurde teils nur andeutungsweise [in großen Noten] notiert.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • hallo,


    als erstes berühmtes beispiel würde ich beethovens kadenzen zu mozarts 20. konzert d-moll KV 466 erwähnen. zumindest bei diesem konzert spielen sogut wie alle berühmten interpreten diese kadenzen (rubinstein, gulda, argerich, benedetti michelangeli). bei geza anda bin ich mir nicht sicher, da ich seine aufnahme auf mc zuletzt vor gut 20 jahren hörte, aber ich habe irgendwie in erinnerung, dass er eine eigene kadenz zu diesem konzert benutzte.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Salut,


    das ist richtig. Obwohl sich die Kadenz nicht an den Tonumfang des Mozartischen Klaviers hält, sind es natürlich die Kadenzen schlechthin. Nicht zu verachten auch die Brahms'schen Kadenzen, da gibt es:


    KV 453 Kadenz zum ersten und zweiten Satz
    KV 466 Kadenz zum ersten Satz unter Verwendung einer Kadenz von Clara Schumann
    KV 491 Kadenz zum ersten Satz


    Leider habe ich noch keine Aufnahme dieser technisch überaus schwierigen Kadenzen bewusst wahrgenommen.


    Weiterhin gibt es von Brahms Kadenzen zu Beethovens Klavierkonzerten:


    G-Dur Op. 58, erster Satz und Rondo
    c-moll Op. 37, erster Satz.


    bien cordialement
    Ulli

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  • Nochmal zu dieser berühmten oben erwähnten Beethoven-Kadenz für Mozarts d-moll-Konzert:
    Ich habe schon mehrfach gelesen, dass Musikwissenschaftler (oder sonstige Experten) diese Kadenzen von Beethoven stilistisch für völlig unpassend halten - sie würden sich nicht in den Kontext des Konzerts einpassen und damit "unsensibel" mit der Gesamtaussage des Stückes umgehen.
    Ich kann diese Kiritk nicht ganz nachvollziehen, obwohl ich zugeben muss, dass vor allem die Kadenz im 1 .Satz schon einen recht dramatischen Gestus hat und irgendwie "typisch" nach Beethoven klingt! Aber das macht ja gerade den Reiz dieser Kadenz aus: Mozart und Beethoven in einem Stück quasi als "Team" hören zu können, wo gibt es das schon? Wahrscheinlich wird diese Kadenz deshalb so häufig gespielt, weil sie mit diesem 2. großen Namen aufwarten kann, obwohl sie halt stilistisch gesehen nicht ganz in den Rahmen passen will...


    Ansonsten kann ich Alfreds Vermutung nur bestätigen: Eine interessante Kadenz ist für mich dirchaus ein Kaufanreiz, mir eine weitere Aufnahme eines Konzerts zuzulegen, das ich eigentlich schon habe (so z. B. geschehen bei Beethovens 1. Klavierkonzert in der 1996er EMI-Aufnahme mit Lars Vogt u. Simon Rattle: Da gab's Kadenzen von Glenn Gould aus dem Jahr 1954 - die MUSSTE ich hören!!!)

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    dazu gehört, was ich bereits sagte, dass die Kadenzen natürlich nicht den damaligen Tonumfang von Mozarts "Klavier" berücksichtigen. Das halte ich im Prinzip für extrem wichtig, denn der Höhepunkt des Satzes, ein f''' also, sollte natürlich durch die Kadenz nicht überschritten werden. Wenn man sich die Notentexte zu den Mozart-Kozerten, im Besonderen die D-Dur- und G-Dur- und F-Dur-Konzerte anschaut, merkt man deutlich, wie Mozart "panscht", weil es eben nicht höher geht... z.B. KV 459, 1. Satz, Takt 351 Mitte wird das "Thema" leicht verändert, damit es wieder "passt"...


    Auch die Rückungen nach F-Dur in den D-Dur-Konzerten passieren nicht unbedingt auf tonartlicher Basis... das fis''' war einfach nicht machbar [spielbar]...


    Hätte Beethoven nicht diese wunderbaren Kadenzen geschrieben, hätten wir gar keine, von Zacharias vielleicht mal abgesehen.


    Das M-B-Theam gibt es auch noch in Form der Variationen für Klavier und Violoncello von Ludwig van Beethoven über das Thema "Wenn Männer, welche Liebe fühlen..." aus der Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart.



    [Offenbar war sich Beethoven mit dieser Variation noch nicht ganz einig...]


    bien cordialement
    Ulli

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  • @ Ulli:


    Kann es eigentlich sein, dass die von Dir oben zitierten gesammelten Kadenzen zu den eigenen Klavierkonzerten im Köchelverzeichnis eine eigene Nummer zugewiesen bekommen haben - KV 623 oder so?


    Glaube ich mal irgendwo gesehen zu haben - ist natürlich an drittletzter Stelle des Köchelverzeichnisses in chronologischer Sicht ziemlich deplatziert, denn ich nehme mal nicht an, dass Mozart alle Kadenzen am Stück im Herbst 1791 quasi noch auf dem Krankenlager verfasst hat....


    Wahrscheinlich wollte der gute Ritter von Köchel die Kadenzen einfach nur der Vollständigkeit halber noch irgendwo in seinem Verzeichnis unterbringen - und da hat er es eben kurz vor dem Requiem KV 626 getan ?(;)

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    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    Nein. KV 623 ist natürlich die berühmte "Kleine Freymaurerkantate". Was Du meinst ist KV 626a [624]. Dort sind alle aufgefürt. Nett, dass ich das auch mal sehe... [ich habe nämlich mühselig alle herausgesucht...]. 626a besateht aus zwei Teilen:


    I. Kadenzen zu eigenen Klavierkonzerten
    II. Kadenzen zu Konzerten fremder Komponisten,


    wobei ich hierzu anmerken MUSS, dass auch ich hier zwei Kadenzen entdeckt, wie auch zwei "unterschobene Werke" enttarnt habe. In der nächsten Auflage des KV wird also auch mein Name erscheinen. Lebensziel erreicht... :D


    bien cordialement
    Ulli

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  • Echt? Hat Mozart auch Kadenzen zu Konzerten fremder Komponisten geschrieben? Wusste ich gar nicht. Ich dachte, er wäre ausschließlich mit seinen eigenen Werken aufgetreten? Oder hat er das für seine Schüler getan?
    Wessen Konzerte hat er denn "bereichert"? Clementi oder so jemanden?

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  • Salut,


    es handelt sich dabei natürlich nicht um heutzuage weltberühmte KLavierkonzerte, sondern um solche von Joh. Chr. Bach, Joh. Sam. Schröter, Ignaz v. Beeke, L. Honauer. Mozart hat sie selbst gerne gespielt und auch oft als Vorlage genommen - natürlich dann "verbessert"...


    bien cordialement
    Ulli

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  • Stimmt - jetzt weiß ich, was Du meinst: Unter KV 107 sind doch z. B. 3 Konzerte von Joh. Chr. Bach zusammengefasst, die von Mozart bearbeitet wurden. Und die vorangehenden noch früheren Klavierkonzerte sind meines Wissens Bearbeitungen von Sonatensätzen von Herren wie Raupach und Schonauer (oder irgendwie so ähnlich...)


    Und für diese Werke hat er zusätzlich zur Bearbeitung noch eigene Kadenzen verfasst? Naja, war bestimmt eine gute Übung für ihn und hat ihm später ja noch sehr genutzt :yes:

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    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • bei meiner klavierlehrerin läuft es so:
    wenn einer ihrer schüler ein klavierkonzert (bei dem eine kadenz verlangt wird), spielen soll, dann setzt sich derjenige hin und komponiert selber etwas. es gab auch schon den fall, dass dann improvisiert wurde, aber sie ist der überzeugung, dass man als pianist ahnung vom komponieren haben sollte - und wie setzt man sich besser mit den ideen eines klavierkonzertes außeinander als durch das komponieren einer kadenz?

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Hallo Sebastian - erstmal herzlich willkommen hier!


    Deine Klavierlehrerin hat Recht: Gibt wahrscheinlich keine bessere Übung für einen Solisten, sich sowohl im Komponieren zu Üben, als auch gleichzeitig sich mit der musikalischen Substanz eines Konzerts auseinanderzusetzen!


    Im Prinzip passiert zwar beim Improvisieren auch nix anderes, aber da ist ja alles Gespielte gleich wieder futsch und Deine Lehrerin kann dann nix mehr korrigieren ;)


    Aber mit dem Improvisieren kannst Du ja immer noch anfangen...

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Stimmt - jetzt weiß ich, was Du meinst: Unter KV 107 sind doch z. B. 3 Konzerte von Joh. Chr. Bach zusammengefasst, die von Mozart bearbeitet wurden. Und die vorangehenden noch früheren Klavierkonzerte sind meines Wissens Bearbeitungen von Sonatensätzen von Herren wie Raupach und Schonauer (oder irgendwie so ähnlich...)


    Und für diese Werke hat er zusätzlich zur Bearbeitung noch eigene Kadenzen verfasst? Naja, war bestimmt eine gute Übung für ihn und hat ihm später ja noch sehr genutzt :yes:


    Salut,


    Nein! Die Kadenzen unter KV 626a haben mit diesen frühen Sonaten-Bearbeitungen nur bedingt zu tun. Es gibt natürlich Kadenzen zu KV 107 Nr. 1,1 und 107 Nr. 1,2 und 40,1. Es geht hier definitiv um Kandenzen zu Klavierkonzerten dieser komponisten. Im Detail:


    - Kadenz zum 1. Satz des Konzertes D-Dur op. III Nr. 4 von J. S. Schröter
    - Kadenz zum 1. Satz des Konzertes Es-Dur op. III. Nr. 6 von J. S. Schröter
    - Kadenz zum 2. Satz des Konzertes Es-Dur [s.o.]
    - Kadenz zum 1. Satz des Konzertes F-Dur op. III. Nr. 1 von J. S. Schröter
    - Kadenz zum 2. Satz des Konzertes in D-Dur von I. v. Beeke
    - Kadenz zum 1. Satz eines unbekannten Klavierkonzertes C-Dur*
    - Kadenz zum 2. Satz eines unbekannten Klavierkonzertes C-Dur*


    * J. S. Schröter, Klavierkonzert C-Dur op III. Nr. 2 (c) by mir


    bien cordialement
    Ulli

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  • hallo,


    ich möchte noch auf drei einspielungen mit mozart-konzerten hinweisen, wo kadenzen recht bekannter komponisten, allerdings zum teil aus völlig anderen epochen stammend, verwendet wurden:


    c-moll KV 491 arthur rubinstein/josef krips - j.n. hummel


    a-dur KV 488 vladimir horowitz/c.m. giulini - ferrucio busoni


    es-dur KV 482 sviatoslav richter/r. muti - benjamin britten.


    während hummels und busonis kadenzen zwar pianistisch brilliant dafür aber stilistisch rücksichtsvoll sind, fällt die britten-kadenz doch deutlich aus dem rahmen. da richter sie auch recht kompakt, ja fast klobig spielt, will sich diese kadenz nicht recht integrieren. man empfindet sie eher als störfaktor.


    gruß, siamak

    Siamak

    Einmal editiert, zuletzt von AcomA ()

  • Hallo Siamak


    Du gibst diesem Thread eine interessante Wendung, nämlich Hinweise auf Aufnahmen die heute ehe unübliche Kadenzen einspielen.
    Vielen Klassikeinsteigern ist ja die Tatsache, daß es sowas gibt, und wie sich das auswirkt gar nicht bekannt, obwohl es sich ja zumeist nur um eine ganz kurze Zeitspanne handelt, kann eine Kadenz (zumindest aus meiners Sicht) doch sehr prägend auf den Gesamteindruck wirken.


    Die "Kadenz als Fremdkörper" wie sie Benjamin Britten und in späterer Folge auch Wilhelm Kempff praktizierte war Absicht. Man wollte zeigen, daß eine "neue Zeit " angebrochen war, und gestaltete aus diesem Blickwinkel auch die Kadenzen . Allen diesen mir bekannten Versuchen ist gemeinsam, daß sie nach einiger Zeit antiquierter wirken, als zeitlose, unauffällige bzw historisierense Kadenzen....


    Dennoch sollte man sie erwähnen -Interessant sind sie allemal


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    kennst Du in dem Zusammenhang die weiter oben von mir erwähnte Glenn Gould-Kadenz von 1954 im 1. KK von Beethoven?


    Wenn ja, würde mich mal interessieren, wie Du die einordnen würdest - eher als "Störfaktor" oder eher stilistisch angemessen....
    Zeitlich gesehen würde sie ja in die von Dir beschriebene Benjamin Britten- und Wilhelm Kempff-Zeit passen.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marcus


    Leider, die Aufnahme kenne ich nicht......


    Ich möchte nur festhalten, daß von meiner Seite aus jedoch NIE von einem "Störfaktor" die Rede war, sondern von einem "Fremdkörper"einem bewusst eingesetzten Fremdkörper wohlgemerkt.


    Es war dies ein gewollter Akzent, ähnlich wie mah heute Bühnenwerke der Vergangenheit "beleben" will, indem man das Thema an die heutige Zeit anpasst. (was -da wage ich jede Prognose - in 30 Jahren als "Geschmacksverirrung" gesehen werden wird)


    Heutige Tendenz ist ja , den Interpreten dazu zu bringen eine eigene, aber stilgerecht angebrachte Kadenz zu spielen - wie es ja immer schon gedacht war. Sehr schön realisiert in einigen Aufnahmen der Beethoven Klavierkonzerte mit Immerseel bzw mit Robert Levin.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • hallo Alfred,


    ich gebe dir recht. 'fremdkörper' trifft die sache weitaus besser als 'störfaktor'. ich wollte im speziellen fall mit der britten-kadenz auch formulieren, dass sviatoslav richter die kadenz hätte zurückhaltener bzw. filigraner spielen können. dann wäre die kadenz der zeitgemäße fremdkörper und weniger störend empfunden worden. in diesem zusammenhang verweise ich (obwohl es keine klavierkonzerte sind) auf gelungene 'aktualisierungen':


    2. ungarische rhapsodie für piano-solo von liszt in der interpretation von marc-andre hamelin mit hamelins eigener modern bis jazziger kadenz


    brahms' violinkonzert in der interpretation mit gidon kremer/wiener philh./leonard bernstein, wo kremer als kadenz ein präludium f. violine-solo von max reger in d-moll spielt, also der parallelen molltonart.


    ich finde, dass die kadenzen in beiden fällen einen modernen, jedoch musikalisch gut integrierten zusammenhang schaffen.


    gruß, siamak

    Siamak

    Einmal editiert, zuletzt von AcomA ()

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  • Hallo Siamak,


    Ich behaupte mal, daß (fast)ALLE "modernen" Kadenzen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung "gelungene Aktualisierungen" sind.Erst wenn die Zeitstömung, in der das entstanden ist, Vergangenheit ist - wird der Bruch zwische den beiden Stilen sichtbar - und manchmal unangenehm.


    Dies ist ein Phänomen der Tonaufzeichnung, das hat es naturgemäß frühger nicht gegeben.


    Freundliche Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich muss das mit dem "Störfaktor" kurz entkräften: Ich habe beim Schreiben aus Bequemlichkeit nicht nochmal nachgeschaut, welchen Begriff Alfred verwendet hat (*Schande über mich!*) - die Bezeichnung "Fremdkörper" passt natürlich wesentlich besser, denn wenn eine moderne Kadenz wirklich schon vom "Fremdkörper" zum "Störfaktor" mutiert sein sollte, ist eh schon alles zu spät - dann hat der Solist bewiesen, dass er nix von seinem Geschäft versteht und wer wollte dies einem Benjamin Britten und Wilhelm Kempff unterstellen :D


    In diesem Zusammenhang -von wegen "Fremdkörper": Es gibt doch im ersten Satz des 1. Klavierkonzerts von Beethoven eine Kadenz aus des Meisters eigener Feder (er hat meines Wissens mehrere hierzu verfasst), die er wohl deutlich später mal so fixiert hat und über die ich in Kritiken schon gelesen habe, dass sie in diesem Satz ebenfalls wie ein Fremdkörper wirke, obwohl sie vom selben Komponisten stammt.
    Sie ist auch wirklich vor allem im Verhältnis zur Länge des 1. Satzes extrem umfangreich und führt zu einer Spieldauer des Satzes von knapp 20 Minuten, was irgendwie das Gleichgewicht auch der übrigen Sätze untereinander etwas aus dem Gefüge bringt.
    Wie ich finde ein interessantes Beispiel dafür, dass eine als "Fremdkörper" aufgefasste Kadenz nicht unbedingt aus späterer Zeit stammen muss. Ich persönlich finde sie sehr schön, weil sie das Satzende herauszögert und die Spannung so schön steigert, aber das ist ja Geschmackssache... :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne


    In diesem Zusammenhang -von wegen "Fremdkörper": Es gibt doch im ersten Satz des 1. Klavierkonzerts von Beethoven eine Kadenz aus des Meisters eigener Feder (er hat meines Wissens mehrere hierzu verfasst), die er wohl deutlich später mal so fixiert hat und über die ich in Kritiken schon gelesen habe, dass sie in diesem Satz ebenfalls wie ein Fremdkörper wirke, obwohl sie vom selben Komponisten stammt.
    Sie ist auch wirklich vor allem im Verhältnis zur Länge des 1. Satzes extrem umfangreich und führt zu einer Spieldauer des Satzes von knapp 20 Minuten, was irgendwie das Gleichgewicht auch der übrigen Sätze untereinander etwas aus dem Gefüge bringt.
    Wie ich finde ein interessantes Beispiel dafür, dass eine als "Fremdkörper" aufgefasste Kadenz nicht unbedingt aus späterer Zeit stammen muss. Ich persönlich finde sie sehr schön, weil sie das Satzende herauszögert und die Spannung so schön steigert, aber das ist ja Geschmackssache... :]


    Ich dachte eigentlich, nur im 2. Konzert op.19 sei die übliche Beethovenkadenz ca. 1810 oder so (mehr als 10 Jahre nachher) hinzugefügt worden, denn die fällt stilistisch wirkliich aus dem Rahmen dieses eher bescheiden angelegten Konzerts (erinnert eher an den marschähnlichen Satz aus op.101). Dennoch wird sie meistens gespielt. Die mir vertraute Kadenz fürs erste Konzert ist zwar lang aber nicht aus dem Rahmen fallend. Ohne alles nachzuhören, sind mir hier nur zwei Alternativen bekannt:
    -Michael Roll (auf diversen Billiglabels mit dem Royal Philharmonic, aber sehr ordentliche Aufnahme) spielt eine Kurzfassung der bekannten Kadenz
    -Gould spielt seine notorische eigene Kadenz, IIRC inspiriert durch Beethovens Kadenz fürs 2. Konzert. Trotz der iidiosynkratischen Kadenz ist Gould/Golshmann meine Lieblingseinspielung des Konzerts, kaum einer arbeitet den "militärischen" Charakter des Kopfsatzes so heraus.


    Kannst Du eine Aufnahme nennen, auf der die von Dir gemeinte Kadenz enthalten ist

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    ich bin nicht 100% sicher, ob LvB die erwähnte Kadenz zum 1. KK sehr viel später hinzugefügt hat, aber sie ist im Verhältnis zum ganzen ersten Satz sehr lang -vor allem für ein KK der klassischen Epoche "sprengt" sie eindeutig den Rahmen!
    In der mir vorliegenden Taschenpartitur gibt es zum 1. Satz drei Kadenzen zum 1. Satz, die vom Komponisten selber stammen. Während die ersten beiden "normale" Dimensionen aufweisen, ist eben die dritte abgedruckte mit knapp 130 Takten (im Verhältnis zu den "regulären" 478 Takten des übrigen 1. Satzes) doch ziemlich ausgedehnt.


    Sehr schön zu hören ist diese Kadenz in der Rattle-Aufnahme (bei EMI erschienen) mit seinen Birminghamern und Lars Vogt als Solist (auf einer Bonus-CD spielt er das ganze 1. KK nochmal, dann mit den erwähnten Kadenzen aus 1954 von Glenn Gould im 1. und 3. Satz).
    Der ganze 1. Satz dauert hier 18 Minuten 10 Sekunden, die "Lang-Kadenz" von Beethoven beansprucht hierbei allein etwas mehr als 5 Minuten!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Sagitt meint:


    Ich will nur auf die Kadenzen hinweisen, die Geza Anda bei den Mozart-Konzerten leider spielt-wahrscheinlich eigene. Immer wenn ich sie höre, denke ich, bitte ,lG, lass bald wieder Mozart kommen. Es ist so ein Gefälle zwischen dem, was Anda einfällt und dem , was Mozart so eingefallen ist, dass dies - die Kadenzen- ein Grund sein könnte, die sonst sehr schöne Aufnahme der Mozart-Klavierkonzerte nicht zu kaufen. Ich wäre vielleicht ein wenig zu hart, wenn ich schriebe, Anda fehlt einfach die Inspiration. Wenn dies so wäre, sollte er lieber die Kadenzen gespielt haben, die zu den Konzerten von Mozart selbst vorliegen.

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